Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2000, Az. NotZ 17/00

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2000, 468

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[X.]/00vom20. November 2000in dem Verfahrenwegen vorläufiger [X.]:ja[X.]Z:[X.]:[X.] § 50 Abs. 1 Nr. 8a) [X.]lechte wirtschaftliche Verhältnisse des Notars können die Interessen [X.] gefährden, auch wenn weder Vermögenslosigkeit noch Über-schuldung eingetreten sind (hier: hohe Verbindlichkeiten zu sofortiger Tilgung; il-liquide eigene [X.] 2 -b) [X.] des Notars kann, auch wenn sich schlechte wirt-schaftliche Verhältnisse nicht feststellen lassen, die Interessen der [X.] gefährden (z.B. bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen Nichtregulie-rung berechtigter [X.], [X.]. v. 20. November 2000 - [X.] 17/00 - [X.], [X.], hat am 20. November 2000durch [X.] [X.], [X.] und Dr. Kurzwellysowie die Notare [X.] und [X.]:Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den aufgrundder mündlichen Verhandlung vom 20. März 2000 ergangenen Be-schluß des Senats für Notarsachen bei dem [X.] wird zurückgewiesen.Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des [X.] zu tragen und die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfah-ren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.Der Geschäftswert wird für beide Rechtszüge auf 50.000 [X.] fest-gesetzt.Gründe:[X.] 1942 geborene Antragsteller wurde 1973 zur Rechtsanwaltschaftund als Rechtsanwalt bei dem [X.] und dem [X.]. Am 28. Oktober 1977 wurde er zum Notar mit dem Amtssitz in [X.]. be-stellt. Mit Verfügung vom 10. November 1999 enthob der Antragsgegner [X.] vorläufig seines Amtes als Notar, da dringende Gründe dafür- 4 -sprächen, daß er sich in Vermögensverfall befinde und seine [X.] sowie die Art seiner Wirtschaftsführung die Interessen [X.] gefährdeten. Der hiergegen gerichtete Antrag auf gerichtlicheEntscheidung blieb ohne Erfolg. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt [X.] seinen Antrag, die Verfügung vom 10. November 1999 aufzuhe-ben, weiter.[X.] Rechtsmittel ist nach § 111 Abs. 4 [X.] statthaft (irrig: [X.]ippel/Vetter, [X.], 7. Aufl., § 54 Rdn. 8, der sich zu Unrecht auf die im [X.] einstweiligen Anordnung ergangene Entscheidung des Senats vom 13. [X.], [X.] 24/92, D[X.] 1993, 65, beruft) und wahrt die gesetzliche Form undFrist. Es hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.Die vorläufige Amtsenthebung ist aufrechtzuerhalten, denn eine endgül-tige Enthebung von dem Amte ist jedenfalls wegen der Gefährdung der Inter-essen der Rechtsuchenden durch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antrag-stellers und die Art seiner Wirtschaftsführung (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 50Abs. 1 Nr. 8) zu erwarten. Der Antragsteller hat sein unter diesen Vorausset-zungen gegebenes Ermessen rechtsfehlerfrei angewendet, denn die vorläufigeMaßnahme ist zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgütergeboten und wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ([X.] 44, 105,118; 48, 292, 296).- 5 -1. [X.] des Antragstellers rechtfertigt [X.] Aufrechterhaltung der vorläufigen Maßnahme. Denn sie gefährdet, [X.] zu Recht ausgeht, die Interessen der [X.] 50 Abs. 1 Nr. 8, 2. Alt. [X.]).a) Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzsind gegen den Antragsteller seit 1995 von verschiedenen GläubigernZwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen Geldforderungen eingeleitet worden(Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 807 ZPO we-gen eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000 [X.]; [X.] § 758 ZPO wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge in [X.] 4.291,97 [X.]; Pfändungs- und [X.] wegen einer Ko-stenforderung in Höhe von 3.486,91 [X.]). Eine Wirtschaftsführung des Notars,die Gläubiger dazu zwingt, wegen berechtigter Forderungen Zwangsmaßnah-men zu ergreifen, ist nach der Rechtsprechung des Senats schon als solchenicht hinnehmbar ([X.]. v. 12. Oktober 1990, [X.] 21/89, [X.]R [X.] § 50Abs. 1 Nr. 7, Interessengefährdung 1). Dies gilt selbst dann, wenn, anders alsim Falle des Antragstellers (s. im nachfolgenden), die Zwangsmaßnahmennicht auf schlechte wirtschaftliche Verhältnisse zurückzuführen sind (grund-sätzlich zu § 50 Abs. 1 Nr. 7, jetzt Nr. 8, [X.].: [X.]. v. 16. März 1998,[X.] 14/97, [X.]R [X.] § 50 Abs. 1 Nr. 7, Interessengefährdung 2). Daß dieangeführten Beitreibungsmaßnahmen zum Teile kleinere Forderungen [X.] haben, entlastet den Antragsteller nicht. Die Pfändung auch [X.] Beträge weist vielmehr aus, daß sich die Ungeordnetheit der Geschäftsfüh-rung des Antragstellers bereits in den laufenden Angelegenheiten niederge-schlagen hat. Besonders schwer wiegt in diesem Zusammenhang die [X.] an die zuständige Kasse. Die bis in- 6 -das Jahr 1998 reichenden Vorgänge können, entgegen der Auffassung [X.], auch nicht als in der Vergangenheit abgeschlossen gelten. [X.] vielmehr durchaus geeignet die vorläufige Maßnahme zu stützen. Dies giltzum einen im Hinblick auf die Kürze der zurückliegenden [X.], zum anderenaber auch angesichts der Tatsache, daß der finanzielle Spielraum des Antrag-stellers durch eine vom [X.] wegen [X.] ausgebrachte Sicherungshypothek in Höhe von 237.578,78 [X.] drastischbeschnitten ist. Damit einher gehen Rechtsstreitigkeiten mit Mandanten wegenüberhobener Gebühren ([X.]) und der Zurückhaltung treuhände-risch empfangener Gelder (Urt. des [X.] vom 6. Juni 2000, 2 [X.]). Imersten Falle hat der Antragsteller zwar zwischenzeitlich die geforderte [X.] [X.] gezahlt; die Mitteilung, die Mandantin habe [X.] getilgt, erklärt das Verhalten des Antragstellers aber nicht. Auf dieRechtskraft des Urteils vom 6. Juni 2000 kommt es nicht entscheidend an. [X.] (5.829,02 [X.]) ist nach dessen Tatbestand unstrei-tig; unstreitig ist auch, daß [X.] für Honorarforderungendes Antragstellers nicht vorliegen. Streitigkeiten der festgestellten Art mit [X.] fallen bei der negativen Bewertung der Wirtschaftsführung ins Gewicht.Daß sie ihren Grund in der anwaltlichen Tätigkeit des Antragstellers haben,macht sie für die Beurteilung seiner Zuverlässigkeit als Notar nicht irrelevant.b) Im gerichtlichen Verfahren sind keine Anhaltspunkte hervorgetreten,die der vorläufigen Maßnahme die Grundlage entziehen könnten. Nach [X.] des [X.] hat der für die Praxis des Antragstel-lers bestellte Verwalter diese in einem ungeordneten Zustand angetroffen. Beider Bearbeitung der laufenden Vorgänge hat sich gezeigt, daß die dem [X.] erteilten Aufträge zum Teil nicht kenntlich gemacht waren und die- 7 -Weiterbearbeitung von Akten beim Auftreten von [X.]wierigkeiten abgebrochenworden war. Dies hatte zu einer Anhäufung unerledigter Zwischenverfügungendes [X.], von Erinnerungen mit Fristsetzungen und der [X.] der Zurückweisung gestellter Anträge geführt. Wegen Verletzung dernotariellen Amtspflicht ist der Antragsteller am 22. Juni 2000 zu [X.]adenser-satz verurteilt worden ([X.]). Die dem Rechtsstreit zugrun-deliegende Pflichtverletzung (Fehler bei der Benennung des zur Annahme ei-nes Vertragsangebots berechtigten Dritten) steht fest, die umstrittene Berech-nung des entstandenen [X.]adens tritt für die im Verfahren über die vorläufigeAmtsenthebung zu treffende Entscheidung in den Hintergrund.2. Das Interesse der Rechtsuchenden wird darüber hinaus durch diewirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers gefährdet (§ 50 Abs. 1 Nr. 8,[X.]. [X.]). Die fällige und beitreibbare Steuerschuld des Antragstellers istinzwischen auf ca. 430.000 [X.] angewachsen. Ihr stehen, auch unter [X.] des Antragstellers, keine [X.] oder Einkünfte gegenüber, die begründete Aussicht auf eine [X.] oder jedenfalls die Abwendung der Gefahr von Vollstreckungshandlun-gen böte. Das im Miteigentum der Eheleute stehende Hausgrundstück in E., indem sich die eheliche Wohnung befindet, ist über die Zwangshypothek zugun-sten des Steuerfiskus hinaus mit Grundpfandrechten der [X.] über183.000 [X.] und der Volksbank [X.]. über 30.000 [X.] belastet. Auch wenn, wieder Antragsteller vorträgt, das Recht der [X.] nur noch mit ca.122.000 [X.] valutiert, scheidet die [X.]affung von Liquidität durch weitere Be-leihung des Objekts, dessen Wert der Antragsteller mit 500.000 [X.] angibt,aus. Der Antragsteller stellt auch, entgegen früherem Vortrag, auf eine solcheMöglichkeit nicht mehr ab, äußert vielmehr die Absicht, das Objekt verkaufen- 8 -zu wollen. Seine Angaben hierzu beschränken sich indessen darauf, das Ob-jekt sei einem Makler an die Hand gegeben worden. Nähere Angaben über dievon diesem eingeleiteten [X.]ritte, die Gewinnung von Interessenten und dieMöglichkeit, das Objekt zum angegebenen Wert zu veräußern, die der [X.] in Kenntnis des örtlichen Grundstücksmarkts bezweifelt, fehlen.Die ebenfalls im Miteigentum der Eheleute stehende Eigentumswohnung in [X.] 1995 für 136.401,60 [X.] gekauft worden war, ist mit 100.000 [X.] zugunstender Volksbank H. belastet. Ein Gewinn ist im Falle einer Veräußerung nicht zuerwarten. Den Verkehrswert des im Alleineigentum der Ehefrau [X.] in [X.]. gibt der Antragsteller mit 650.000 [X.] bis700.000 [X.] an. Dies zieht der Antragsgegner in Zweifel. Jedenfalls kommt ei-ne Veräußerung des ungeteilten Objekts, das (dinglich) mit einer Grundschuldzugunsten der Volksbank [X.]. über 220.000 [X.] belastet ist, nicht in Frage, dader Antragsteller in dem Gebäude seine Notar- und Anwaltspraxis unterhält.Wie im Falle E. trägt sich der Antragsteller mit Verkaufsabsichten unter Auftei-lung in Wohnungseigentum. Die Aufteilung sollte, wie der Antragsteller [X.] Mai 2000 mitgeteilt hat, "in wenigen Tagen" beurkundet werden. [X.] nicht bekannt. Der Antragsgegner geht, wie das [X.] in [X.] Entscheidung, davon aus, die Belastung valutiere noch voll. [X.] des verbleibenden Vermögenswertes des Antragstellers, nämlichdes [X.] dreier Lebensversicherungen mit insgesamt 199.000 [X.],habe über den Betrag von 303.480 [X.] hinausgehende Verbindlichkeiten ge-genüber der Volksbank abgegolten. Der Antragsteller behauptet [X.], legt indessen Belege über den Vorgang, insbesondere Kontoauszügeüber das Darlehen, eine Löschungsbewilligung oder eine Übertragungserklä-rung hinsichtlich des dinglichen Rechtes nicht vor.- 9 -Der Gewinn aus der Notariats- und Anwaltspraxis ist von 175.668 [X.] [X.] auf 68.223 [X.] im Jahre 1997 zurückgegangen. Eine vorgelegte"betriebswirtschaftliche Auswertung" zum 31. Dezember 1998 hat zu einer Li-quiditätsunterdeckung von 23.607,64 [X.] geführt. Die entsprechende [X.] für die Monate Januar bis Oktober 1999 schließt zwar mit einem Liquidi-tätsüberschuß von 53.926,60 [X.]. Dies ist jedoch auf Privateinlagen in [X.] 32.622,45 [X.] zurückzuführen, mithin für eine Gewinnprognose nicht aus-sagekräftig. Wiewohl die dargelegten Umstände [X.]lüsse auf eine Vermö-genslosigkeit oder Überschuldung des Antragstellers nahelegen, bedarf es fürden Tatbestand des § 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.] (in beiden Alternativen) einer sol-chen Feststellung nicht ([X.], [X.]. v. 12. Oktober 1990, [X.] 21/89, [X.]R[X.] § 50 Abs. 1 Nr. 7, Interessengefährdung 1). [X.]lechte wirtschaftlicheVerhältnisse, die der [X.] nach § 50 Abs. 1 Nr. 8, [X.].[X.] allerdings voraussetzt, liegen zweifelsfrei vor. Sie lassen bereits alssolche die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch Vollstrek-kungsmaßnahmen besorgen. Diese sind darüber hinaus, wie sich aus [X.] zu 1) im einzelnen ergibt, in vielfacher Weise eingeleitet [X.]. Der Feststellung des [X.], daß sich das Finanzamt [X.] Vereinbarung mit dem Antragsteller, welche eine sofortige weitere Voll-streckung [X.], eingelassen hat, vermag dieser nichts entgegenzuset-zen. Nach dem vom Antragsteller vorgelegten [X.]reiben des Finanzamts [X.] ist dieses zwar bereit, von weiteren Vollstreckungsmaß-nahmen abzusehen, jedoch nur unter der Bedingung, daß das Hausgrundstückin [X.]. veräußert wird und der gesamte Erlös an das Finanzamt fließt. [X.] dieser Bedingung ist, wie oben ausgeführt, in hohem Grade ungewiß.Die gegen die Ehefrau in Höhe von 750 [X.] monatlich ausgebrachte Lohn-pfändung und die Abschlagszahlungen des Antragstellers selbst in Höhe von- 10 -1.500 [X.] bieten keine Grundlage für eine, die Vermögensverhältnisse konsoli-dierende und den Zusammenbruch durch Zwangsmaßnahmen ausschließendeAbmachung.3. Ob der Antragsteller sich darüber hinaus im Vermögensverfall im [X.] des § 50 Abs. 1 Nr. 6 [X.], eingefügt (als Nr. 5) durch Art. 15 des [X.] zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 ([X.] 2911,2916), befindet, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben. Es [X.] auch keiner Erörterung, ob Vermögensverfall im Sinne des [X.] Notare im gleichen Sinne zu verstehen ist, wie im Berufsrecht der Rechts-anwälte (§ 7 Nr. 9, § 14 Abs. 2 Nr. 8 [X.]), das einen § 50 Abs. 1 Nr. 8[X.] vergleichbaren Tatbestand nicht kennt ([X.] BRAK-Mitt. 1995, 28 u. 29:Unvermögen, den finanziellen Verpflichtungen nachzukommen).[X.]Tropf [X.]

Meta

NotZ 17/00

20.11.2000

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2000, Az. NotZ 17/00 (REWIS RS 2000, 468)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 468

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