Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2003, Az. NotZ 15/03

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2003, 919

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[X.] 15/03Verkündet am:3. November 2003F r e i t a g ,[X.] dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: ja[X.] § 50 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 2, § 111a)Maßgeblich für die Feststellung eines Amtsenthebungsgrundes im gerichtlichenVorabverfahren ist der Schluß der mündlichen Verhandlung oder der an [X.] tretende Zeitpunkt (im Anschluß an Senat, [X.], 230).b)Der Amtsenthebungsgrund des [X.] erfordert über den Eintritt un-geordneter schlechter finanzieller Verhältnisse, die sich in absehbarer Zeit nichtbeheben lassen (wirtschaftliche Verhältnisse im Sinne des § 50 Abs. 1 Nr. 8[X.]), hinaus, daß der Notar außerstande ist, seinen laufenden Verpflichtungennachzukommen.[X.], [X.]uß v. 3. November 2003 - [X.] 15/03 - OLG [X.]wegen Amtsenthebung- 2 -Der [X.], [X.], hat durch den VorsitzendenRichter Dr. [X.], [X.] und [X.] sowie die [X.]. [X.] und [X.]:Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den [X.]ußdes Notarsenats des [X.] in [X.] vom 16. Mai 2003 wird mit der Maßgabe zu-rückgewiesen, daß auch die Amtsenthebungsgründe des § 50Abs. 1 Nr. 8 [X.] vorliegen.Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des [X.] zu tragen und die dem Antragsgegner im [X.] entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 festgesetzt.Gründe:[X.] 1946 geborene Antragsteller ist seit 1976 als Rechtsanwalt bei [X.] und [X.] zugelassen und seit 1. Dezember 1981 Notar mitdem Amtssitz in [X.]. Am 25. September 2002 eröffnete ihm der Antragsgeg-ner, daß seine Amtsenthebung als Notar wegen [X.] beabsich-- 3 -tigt sei. Das [X.] hat festgestellt, daß die Voraussetzungen [X.] aus diesem Grunde vorliegen. Hiergegen wendet sich die [X.] Beschwerde des Antragstellers.[X.] Rechtsmittel ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.1. [X.] ist allerdings die Auffassung des [X.]s,maßgeblich für die Feststellung der Voraussetzungen der Amtsenthebung imVorabverfahren nach § 50 Abs. 3 Satz 3 [X.] sei der Zeitpunkt des "[X.]" der Landesjustizverwaltung, nämlich deren Mitteilung, daß und auswelchem Grunde sie die Amtsenthebung in Aussicht nehme. Die statusrechtli-chen Überlegungen, die das [X.] für seine Auffassung anführt,treffen auf die Amtsenthebung selbst (§ 50 Abs. 3 Satz 1 [X.]), nicht aberauf die Eröffnung an den Notar nach Satz 3 der Vorschrift zu. Nach der Recht-sprechung des Senats ([X.], 230; [X.]. v. 31. März 2003, [X.] 34/02)können sogar noch Umstände, die nach Abschluß des Verfahrens oder nachAblauf der dafür bestimmten Frist eingetreten sind, bei der Entscheidung, obdie Amtsenthebung auszusprechen ist, Berücksichtigung finden. Erst der Zeit-punkt der Amtsenthebung selbst legt den im anschließenden Verfahren nach§ 111 [X.] zu berücksichtigenden Streitstoff fest. Im Vorabverfahren nach§ 50 Abs. 3 Satz 2 [X.] liegen der gerichtlichen Feststellung die [X.] der mündlichen Verhandlung oder in dem Zeitpunkt zugrunde, deran seine Stelle tritt (§ 111 Abs. 4 [X.], § 40 Abs. 2 [X.]). [X.] sindmithin auch die Erwägungen des [X.]s, (jedenfalls) wenn zumZeitpunkt des "[X.]" der Vermögensverfall feststehe, sei von [X.] 4 -Beweislastumkehr zum Nachteil des Notars auszugehen. Der Vermögensverfall(§ 50 Abs. 1 Nr. 6 [X.]) oder die sonstigen auf das Wirtschaften des [X.] (§ 50 Abs. 1 Nr. 8) müssen für den [X.] Zeitpunkt festgestellt werden. Liegen sie vorher vor, so [X.] keine tatsächliche Vermutung für ihr Fortbestehen in dem Sinne, daß eine"Beweislastumkehr" zum Nachteil des Notars stattfände. Das bedeutet nicht,daß krisenhafte Entwicklungen des Notariats in der Vergangenheit oder gardas Eintreten einer Lage, in der ein Amtsenthebungsgrund zu bejahen ist, fürdie Zukunft ohne Bedeutung seien. Je nach den Umständen kann vom Fortbe-stehen dieses Zustandes, ohne daß es umfangreicher weiterer Feststellungenbedarf, ausgegangen werden. Besteht zu den Umständen ein zeitlich relevan-ter Zusammenhang, ist jedenfalls ein gewichtiges Indiz für das Erfordernis, [X.] wegen Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden seines [X.], vorhanden. Vor allem aber ist es Sache des Notars, der den Antragnach § 111 [X.] stellt und damit ein echtes Streitverfahren der freiwilligenGerichtsbarkeit auslöst (Senat [X.]Z 44, 65), an der Aufklärung des [X.] mitzuwirken. Er hat, da es sich bei der Amtsenthebung aus den genann-ten Gründen um sein Wirtschaften handelt, es vornehmlich in der Hand, dienotwendige Aufklärung zu vermitteln. Dies gilt zunächst im Verfahren vor [X.], wo § 64a Abs. 2 [X.] die Mitwirkung des Notars [X.] der Ermittlungen macht und an deren Ausbleiben [X.], genauso aber im anschließenden Gerichtsverfahren (vgl. [X.]. 20. März 2000, [X.] 22/99, [X.], 404, 405). Behörde und [X.] unmittelbaren Zugang zu amtlichen und öffentlich dokumentierten Bele-gen des wirtschaftlichen Zerfalls (Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, [X.] Maßnahmen, Strafverfahren). Unbeschadet der Möglichkeiten zurAufsicht über die Amtsführung (§ 93 [X.]) sind aber die [X.] -mens- und Vermögensverhältnisse des Notars nicht in gleicher Weise einseh-bar und brauchen dies auch nicht zu sein. Hier setzen die Mitwirkungsmöglich-keiten und Obliegenheiten des Notars ein. Die Bereitschaft und Fähigkeit desNotars, die zur Beurteilung des Amtsenthebungsgrundes erforderlichen Tatsa-chen vollständig und zutreffend mitzuteilen, ist für die Beurteilung des öffentli-chen Interesses an der Amtsenthebung mit [X.] Danach hat die Feststellung des Berufungsgerichts, der Amtsenthe-bungsgrund des [X.] (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 [X.]) liege vor, auchim [X.] Bestand. Der Vermögensverfall, der als insolvenz-ähnlicher Tatbestand (zur Gesetzesgeschichte vgl. [X.]/[X.]/[X.],[X.], 2000, § 50 Rdn. 31) im Gegensatz zu § 50 Abs. 1 Nr. 8[X.] die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden in sich schließt,setzt über den Eintritt ungeordneter schlechter finanzieller Verhältnisse, diesich in absehbarer Zeit nicht beheben lassen (wirtschaftliche Verhältnisse [X.] des § 50 Abs. 1 Nr. 8, [X.]. [X.]) voraus, daß der Notar außerstandeist, seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen (vgl. bereits [X.]. v. 20. November 2000, [X.] 17/00, [X.] 2001, 117; [X.] aaO,Rdn. 32; zum inhaltsgleichen Begriff in § 7 Nr. 9 [X.]: [X.] BRAK-Mitt. 2000,144; vgl. demgegenüber § 14 Nr. 7 [X.], der die Möglichkeit des [X.] der Gefährdung Dritter offen läßt). Hiervon ist auszugehen. Gegen [X.] bestanden bei Mitteilung der [X.] September 2002 titulierte Forderungen in Höhe von [X.]aus der Bürogemeinschaft in Höhe von 50.000 Höhe von 300.000 <$=<ä-gig, denn für die Schadensersatzforderung des [X.] 6 -war die Haftpflichtversicherung des Antragstellers eingetreten. Die tituliertenVerbindlichkeiten gegenüber der [X.] (121.840,26 [X.] in das Wohnungseigentum des Antragstellers in [X.]-Sch. zum Teil Tilgung gefunden hatten, waren aufgrund nicht näher mit-geteilter Umstände nach einem Schreiben der Bank vom 23. Oktober 2002 auf2.841,85 rbindlichkeiten gegenüber der [X.],mit 51.129,19 M M§ 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.] vor.a) Sie in das durch die Mitteilung vom 25. September 2002 ausgelösteVorabverfahren nach § 50 Abs. 3 Satz 3 [X.] einzubeziehen, trägt der [X.]. Die Mitteilung weist zwar als Amtsenthebungsgrund nur [X.] hin. Dies geht aber darauf zurück, daß das [X.] eingeleitete Verfahren zum Widerruf der Anwaltszulas-sung des Antragstellers, auf das die Mitteilung des Antragsgegners [X.], nur den Vermögensverfall (§ 14 Abs. 3 Nr. 7 [X.]), nicht aber einen§ 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.] entsprechenden [X.] kennt. Nach demGesamtzusammenhang der Mitteilung und dem in bezug genommenen [X.] ergibt sich zweifelsfrei, daß die [X.] des Antragstellers und die Art seiner Wirtschaftsführung unterjedem notarrechtlichen Gesichtspunkt Grundlage der beabsichtigten Amtsent-hebung sind. Eine Wesensveränderung des Ermittlungsstoffes (vgl. [X.]. v. 8. Juli 2002, [X.] 7/02 und 2/02; weiter [X.]. v. 18. [X.], [X.] 30/94, D[X.] 1997, 171, 172) liegt nicht vor.b) Die allenfalls knappe Liquidität des Antragstellers bietet keineGrundlage zu der Annahme, dieser könne in absehbarer Zeit seinen [X.] verläßlich abtragen. Eine so gekennzeichnete Vermögenslage läßt inder Regel, auch wenn Vermögenslosigkeit oder Überschuldung nicht eingetre-ten sind ([X.]. v. 20. November 2000, [X.] 17/00, [X.] 2001, 117),den Schluß auf eine Gefährdung des Publikums zu (§ 50 Abs. 1 Nr. 8, [X.].[X.]; [X.]. v. 20. März 2000, [X.] 19/99, [X.]R [X.] § 50 Abs. 1- 9 -Nr. 8, Interessengefährdung 1; v. 20. November 2000, [X.] 19/00, [X.] = D[X.] 2001, 571). Von der Regelfolge abzuweichen, bietet der Fallkeinen Anlaß. Das Tilgungsstreckungsbemühen des Antragstellers beruht aufunsicherer Grundlage. Das Wohnungseigentum in [X.], dessen Erlös er [X.] der [X.] verwenden will, ist für [X.] und die [X.] mit Grundschulden über 118.000 [X.] 100.000 DM belastet. Daß diese die Pfandfreigabe auf der Grundlage un-gesicherter Ratenzahlungsleistungen des Antragstellers erklären werden, istkaum vorstellbar. Der Antragsteller bleibt jedenfalls eine Erklärung hierfürschuldig. Scheitert aber der Verkauf an der Belastung des Objekts, sind [X.] gegenüber der [X.] und dem [X.] ungedeckt. Die [X.], die in der Vergangenheit [X.] des Objekts in [X.]bereits betrieben hat, könnte [X.], dies ist jedenfalls nicht ausgeräumt, wieder aufnehmen. [X.] von monatlich 2.000 M50 Abs. 1 Nr. 8, 2. Alt. [X.]).Eine mit dem Amt nicht zu vereinbarende Wirtschaftsführung liegt, auch wennsich schlechte wirtschaftliche Verhältnisse im Einzelfall nicht nachweisen [X.] ([X.]. v. 20. November 2000, [X.] 17/00, [X.]R [X.], § 50Abs. 1 Nr. 8, Wirtschaftsführung 1 = [X.] 2001, 117) vor, wenn Gläubigergezwungen sind, wegen berechtigter Forderungen gegen den Notar Zwangs-maßnahmen zu ergreifen ([X.]. v. 20. November 2000 aaO; v. 8. Juli2002, [X.] 1/02, NJW 2002, 2791 = [X.] 2002, 406). Es ist bereits als [X.] nicht hinzunehmen, daß der Notar in diese Lage gerät ([X.]. [X.], [X.] 21/89, D[X.] 91, 94; v. 8. Juli 2002, aaO). [X.] begründen Gefahren für die Unabhängigkeit, die [X.] die Integrität des Notars ([X.]. v. 20. März 2000, [X.] 19/99, NJW2000, 2359 = [X.], 284; v. 8. Juli 2002, aaO). Gegen den Antragstellerwurde, zunächst auf Antrag des Finanzamts [X.]wegen einer [X.] 17.442,16 [X.]-Sch. betrieben. Dem Verfahren schlossen sich die [X.] und die [X.] an. Die am Schluß allein betreibende [X.] fiel mit 68.016,45 g hatte dieDr. Bank vollstreckt; gegenwärtig ist der dargestellte Versuch der freihän-digen Verwertung im Gange. Die Vollstreckungsmaßnahmen gehen auf [X.] 2000 bis 2002 zurück, liegen also in jüngster Vergangenheit. Ihre Fort-setzung (Objekt [X.] ) steht ernstlich im Raum.[X.] -Das Ausbleiben des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung gabkeinen Anlaß, die Sache zu vertagen. Der Antragsteller war, nachdem er [X.] gestellt hatte, die am 29. September 2003 verfügte Ladung mit (vorbe-reitetem) Empfangsbekenntnis erhalten zu haben, am 27. Oktober 2003 perFax erneut geladen worden. Die Ladungsfrist (§ 111 Abs. 4 [X.], § 42 Abs. 6[X.], § 217 ZPO) ist gewahrt.Das Ausbleiben des Antragstellers ist auch nicht entschuldigt. [X.] am 27. Oktober 2003 dem Vorsitzenden fernmündlich erklärt hatte, er sei [X.] wegen Mandantenbesprechungen in den neuen [X.] und er daraufhin auf Bedenken gegen die hinreichende [X.] hingewiesen worden war, änderte der Antragsteller,mit einem am 31. Oktober 2003, 16.11 Uhr (Freitag vor dem Terminstag) auf-gegebenen Fax, seinen Vortrag: Er habe "seit Wochen mit Mandanten [X.] in [X.] für den 3. November und anschließend in [X.] vereinbart," wobei offen sei, ob er auch noch in den neuen [X.] wahrnehmen müsse. Dies erweckt Zweifel an der [X.], wahrheitsgemäß vorzutragen. Wenn Besprechungs-termine in [X.] und [X.] seit Wochen feststanden, solche in denneuen Bundesländern aber nicht, ist es nicht nachvollziehbar, wieso der [X.] am 27. Oktober sein Ausbleiben mit Besprechungen in diesen [X.] begründete. Vor allem aber besteht das inhaltliche Ungenügen [X.], auf das der Antragsteller hingewiesen wurde, fort. Der [X.] hat nicht dargelegt, daß ihm die Teilnahme an der [X.] nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Ein Satz der Lebenserfahrung,nach dem Besprechungstermine mit Mandanten, gleich was ihr Anlaß ist, un-- 12 -aufschiebbar sind, besteht nicht. Jeglicher Vortrag, der eine Unaufschiebbar-keit erklärlich machen würde, fehlt.[X.] Tropf Kurzwelly[X.] Eule

Meta

NotZ 15/03

03.11.2003

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2003, Az. NotZ 15/03 (REWIS RS 2003, 919)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 919

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