Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.12.2015, Az. StB 16/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 902

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Gegenstand

Untersuchungshaft: Haftverschonung bei dringendem Tatverdacht der mitgliedschaftlichen Beteiligung eines Heranwachsenden an der Terror-Organisation "IS"


Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.] vom 8. Oktober 2015 - 2 [X.] 468/15 - außer Vollzug gesetzt.

2. Der Beschuldigte wird angewiesen,

a) vorhandene Personalpapiere - Personalausweis und Reisepass - beim [X.] zu 2 [X.] 81/15-9 zu hinterlegen,

b) unverzüglich nach der Haftentlassung in der Wohnung seiner Eltern in                                                                       , Wohnsitz zu nehmen und jeden Wohnsitzwechsel dem [X.] anzukündigen und gleichzeitig die neue Wohnanschrift zum oben genannten Aktenzeichen mitzuteilen,

c) sich dreimal wöchentlich - montags, mittwochs und freitags - bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Polizeirevier zu melden, erstmals am Montag, dem 14. Dezember 2015.

Bei jeder Zuwiderhandlung gegen diese Anweisungen hat der Beschuldigte mit sofortiger Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls zu rechnen.

3. Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschuldigten dadurch entstandenen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

1

Der Beschuldigte wurde aufgrund des Haftbefehls des [X.]rmittlungsrichters des [X.] vom 8. Oktober 2015 - 2 [X.] 468/15 - am 9. Oktober 2015 festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.

2

Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte, ein [X.] Staatsangehöriger, habe sich als Heranwachsender von März bis Anfang Juli 2015 in [X.] als Mitglied an der dort bestehenden Vereinigung "[X.] im [X.] und in [X.] ([X.])" - seit dem 29. Juni 2014 auftretend unter "[X.] ([X.])" - beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen; mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der [X.], strafbar nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 StGB, § 105 Abs. 1 JGG.

3

Mit der durch [X.] vom 12. November 2015 eingelegten Beschwerde beantragt der Beschuldigte, den Haftbefehl des [X.]rmittlungsrichters des [X.] aufzuheben, hilfsweise, ihn gegen geeignete Auflagen außer Vollzug zu setzen.

4

Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg.

5

1. Der Beschuldigte ist des ihm in dem Haftbefehl vorgeworfenen Tatgeschehens dringend verdächtig.

6

a) Nach gegenwärtigem [X.]rkenntnisstand ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

7

aa) "[X.] im [X.] und in [X.]/ad-Dawla al-Islamiya fil-Iraq [X.] ([X.]/DAA[X.]H)"

8

Beim "[X.] im [X.] und in [X.]" handelte es sich um eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen [X.] und die historische Region "ash-Sham" - die heutigen [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] - umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesstaat" zu errichten. Wer sich den Ansprüchen dieser Vereinigung entgegensetzte, wurde begriffen als "Feind des Islam"; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre [X.]inschüchterung durch Gewaltakte hielt sie für ein legitimes Mittel des Kampfes.

9

Die Organisation geht zurück auf die von [X.] Anfang 2004 als [X.] gegen die [X.] im [X.] gegründete "Ja-ma'at [X.]" ("[X.] und des Kampfes"). Im Oktober 2004 leistete [X.] die bai'at (den Treueeid) auf [X.] bin Laden und dessen "[X.]", worauf sich die Gruppierung umbenannte in "[X.] Qa'idat al-[X.] fi Bilad [X.]" ("Organisation der Basis des [X.] im [X.]") und bekannt wurde als "[X.] im [X.] ([X.])". Im Dezember 2005 ernannte bin Laden [X.] zu seinem Stellvertreter im [X.]. Die "[X.]" trat zunächst hervor mit Angriffen auf zivile Angehörige westlicher [X.] im [X.], die Opfer von Anschlägen, [X.]ntführungen und - auf sodann verbreiteten Videofilmen festgehaltenen - Hinrichtungen wurden. Ab [X.] 2005 verlegte sie sich auf medienwirksame Sprengstoffanschläge, vornehmlich in [X.] und im [X.], aber am 9. November 2005 auch auf mehrere Hotels in [X.]/[X.].

Anfang 2006 schloss sich die "[X.]" zunächst unter der Dachorganisation "[X.] der [X.] im [X.]" mit weiteren Gruppierungen zusammen. Nach [X.] Tod im Juni 2006 rief dessen Nachfolger [X.] im Oktober 2006 einen das Gebiet von [X.] und mehrere Nordwestprovinzen umfassenden [X.] Staat aus und benannte den Zusammenschluss um in "[X.] fil-Iraq" ("[X.] im [X.]", "[X.]I"). Die von [X.] gegen den "[X.]I" ins Leben gerufene und mit Waffen ausgerüstete, zeitweise bis zu 100.000 Stammesangehörige umfassende "[X.]rweckungsbewegung" führte zu keiner entscheidenden Schwächung. So fielen den Autobomben- und Selbstmordanschlägen des "[X.]I" im [X.] allein 2007 etwa 1.900 Menschen zum Opfer; 2008 bis 2012 kam es bei Anschlägen vor allem auf schiitische Moscheen und Pilger sowie auf frequentierte Märkte zu insgesamt etwa 3.000 Toten.

Im Frühjahr 2010 wurde [X.] bei einer [X.] und der [X.] Regierungstruppen getötet. Sein Nachfolger wurde schließlich [X.]. Unter dessen Führung beteiligte sich der "[X.]I" nach dem am 11. Februar 2012 veröffentlichten Aufruf des zwischenzeitlichen [X.]-Anführers [X.] an die Muslime des Nahen Ostens, den Kampf gegen das Assad-Regime aufzunehmen, auch am [X.]. Dabei kooperierte er unter anderem mit der 2011 als Arm von "[X.]" in [X.] gegründeten, vom [X.] [X.] [X.] angeführten Kämpfergruppe "Jabhat [X.] li Ahl ash-Sham" ("[X.] für das syrische Volk"; "[X.]-Front"), deren Aktionen sich vornehmlich gegen [X.]inrichtungen und Angehörige der [X.] richteten. Im April 2013 verkündete [X.] die Vereinigung von "[X.]I" und "[X.]" zum "[X.] im [X.] und in [X.]/[X.] fil-Iraq [X.] ([X.]/DAA[X.]H)". Dem widersprach [X.] und leistete seinerseits die bai'at auf [X.], worauf dieser den Zusammenschluss annullierte und beide Parteien zur Beilegung ihrer Streitigkeiten auf der Grundlage einer Gebietsabgrenzung - "[X.]" im [X.], "[X.]" in [X.] - aufrief. Dies führte zum Bruch [X.]s sowohl mit "[X.]" als auch mit "[X.]". In Veröffentlichungen vom 15. und 28. Juni 2013 warf er [X.] die "Heiligsprechung" des [X.] vor und erklärte "[X.]" zum Teil des "[X.]" sowie [X.] zum "Abtrünnigen".

Dem "[X.]" gelang es, sich in einigen Regionen [X.] als Ordnungsmacht festzusetzen. Aus dem Kampf gegen das Assad-Regime zog sich die Organisation in der Folge weitgehend zurück und konzentrierte sich auf die Machterhaltung in den von ihr beherrschten Gebieten. Angehörige anderer Oppositionsgruppen sowie die Teile der Zivilbevölkerung, die den Herrschaftsanspruch des "[X.]" in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrichtung ausgesetzt. Im August 2013 kam es bei Operationen mehrerer Gruppen in der [X.] unter der Führung des "[X.]" zu Massakern unter der regierungstreuen alawitischen Zivilbevölkerung, denen 190 Menschen zum Opfer fielen; weitere ca. 200 wurden entführt. Unter den [X.] Oppositionsgruppen ist die Organisation wegen des von ihr eingeschlagenen Weges zwischenzeitlich isoliert; teils im offenen Kampf gegen den "[X.]" haben andere Gruppierungen in einigen Regionen wieder die Oberhand gewonnen. Auch "[X.]" distanzierte sich Mitte Mai 2014 ausdrücklich vom Vorgehen des "[X.]".

Wegen der Parteinahme der [X.] "[X.]" für das Assad-Regime verübte der "[X.]" ferner am 2. Januar 2014 einen Bombenanschlag in einem schiitischen Wohngebiet in [X.], der vier Menschen tötete und 77 verletzte. Daneben kam es zu weiteren Aktionen im [X.], so zu dem Überfall auf die Gefängnisse in [X.] und [X.] am 22. Juli 2013 sowie einen Selbstmordanschlag in [X.] am 29. September 2013 mit jeweils mehreren Todesopfern.

In der Folge verlagerte der "[X.]" seine Aktivitäten zunehmend in den [X.], wo es ihm Anfang Juni 2014 u.a. gelang, die Stadt [X.] unter seine Gewalt zu bringen.

Die Führung des "[X.]" bestand aus [X.], dem "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche unterstellt waren, so ein "[X.]" und ein "Propagandaminister". Der Führungsebene zugeordnet waren beratende "[X.]" sowie "Gerichte", die über die [X.]inhaltung der Regeln der Sharia wachten. Veröffentlichungen wurden in der Medienabteilung "[X.]" produziert und über die Medienstelle "al-I'tisam" verbreitet. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der Vereinigung bestand aus dem "Prophetensiegel", einem weißen Oval mit der Inschrift: "[X.] - [X.] - [X.]", auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem [X.] Glaubensbekenntnis. Die etwa 10.000 Kämpfer - im [X.] sunnitische Teile der ehemaligen [X.] von [X.] - waren dem "[X.]" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.

Am 29. Juni 2014 verkündete der Sprecher des "[X.]", Abu [X.] al-Adnani, in einer [X.] die [X.]rnennung des "[X.]mirs" [X.] zum "Khalifen" (Nachfolger des Propheten) und die Umbenennung des "[X.]" in "[X.]/[X.] ([X.])". Dies verdeutlicht - bei Beibehaltung der bisherigen ideologischen Ausrichtung - eine Abkehr von der regionalen Selbstbeschränkung auf ein "[X.]" und die [X.]rhebung eines Führungs- und Herrschaftsanspruchs in Bezug auf das gesamte "[X.]". Zugleich eingeleitete organisatorische Veränderungen, so die Bildung von "Räten" für [X.], die [X.]inteilung der besetzten Gebiete in [X.] und die [X.]inrichtung eines [X.] zielen auf die Schaffung totalitärer staatlicher Strukturen.

bb) Die Tathandlungen des Angeschuldigten

Der damals 18-jährige, einem [X.] Verständnis des Islam zuneigende Beschuldigte fasste Anfang des Jahres 2015 den [X.]ntschluss, sich in [X.] dem "[X.]" anzuschließen. Mit Unterstützung eines über den Nachrichtendienst "[X.]" gefundenen [X.] flog er am 1. März 2015 von [X.] nach [X.], reiste von dort aus auf dem Landwege über [X.] und [X.] in das türkisch-syrische Grenzgebiet und begab sich am 2. März 2015 über die Grenze nach [X.], wo er von Kämpfern des "[X.]" in [X.]mpfang genommen wurde. In einem hinter der Grenze gelegenen Ausbildungslager des "[X.]" erhielt er in der Folge eine 20-tägige Schulung im Umgang mit Kriegswaffen und wurde anschließend nach [X.] zur Kampfeinheit "Katiba al Ghurabah" verlegt. Von dort sollte er nach weiterer zweitägiger Ausbildung zusammen mit anderen Freiwilligen zum Kampfeinsatz nach [X.] verbracht werden. Wegen seiner bereits zu diesem Zeitpunkt aufkommenden Bedenken gegen den Kampf mit der Waffe wies man ihn stattdessen aber dem nicht unmittelbar an Kämpfen beteiligten Bataillon "[X.]" zu. Dort erhielt er am 25. Mai 2015 Personaldokumente des "[X.]", lautend auf den Kampfnamen "A.                    " und versehen mit der Funktionsbezeichnung "Kämpfer".

Zunehmend über die Verhältnisse schockiert und aus Sorge um seine zwischenzeitlich erkrankte Mutter entschloss sich der Beschuldigte während des weiteren Aufenthalts in [X.] zur Rückkehr nach [X.]. Beim Versuch, die Stadt per Anhalter zu verlassen, wurde er allerdings aufgegriffen und für zwei Wochen inhaftiert. Anschließend kam er in [X.] mit zwei der in [X.] kämpfenden kurdischen "[X.] ([X.]; Volksverteidigungseinheiten)" nahe stehenden Personen in Kontakt, die ihm eine Schleusung in die [X.] anboten, ihn aber lediglich auf von der "[X.]" kontrolliertes Gebiet in [X.] verbrachten. Dort wurde er am 7./8. Juli 2015 von Kämpfern dieser Organisation in Gewahrsam genommen. Am 29. Juli 2015 übergab man den Beschuldigten schließlich in [X.]/[X.] seinen [X.]ltern. Anschließend in der [X.] festgenommen wurde er am 9. Oktober 2015 an die Bundesrepublik [X.] ausgeliefert.

b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus der Gesamtschau der im Haftbefehl des [X.]rmittlungsrichters des [X.] im [X.]inzelnen aufgeführten Beweismittel.

aa) Der Beschuldigte hat zwar in [X.] bislang keine Angaben gemacht. Indes bestehen bei vorläufiger Würdigung keine durchgreifenden Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Behördenerklärung des [X.] vom 31. Juli 2015, welche über Angaben des Beschuldigten gegenüber Angehörigen der "[X.]" zu den Geschehnissen in [X.] - wie oben dargestellt - berichtet, denn sie wird in wesentlichen Punkten durch objektive Beweisanzeichen bestätigt. So haben die Gewährsleute des [X.] auch Ablichtungen der nach dem Bericht vom Beschuldigten mitgeführten Personaldokumente des "[X.]" zur Verfügung gestellt. Dasselbe gilt für einen dem Beschuldigten im "[X.]"-Gewahrsam abgenommenen [X.], auf dem zwischenzeitlich drei am 2. Mai 2015 aufgenommene Lichtbilder gesichert werden konnten. Sie zeigen eine städtische Straßenszene im arabischsprachigen Raum, in welcher der Beschuldigte in Tarnkleidung und mit einer Langwaffe ausgestattet posiert (Bericht des [X.] vom 19. November 2015; Auswertung [X.] 6.1.1.1).Weiter wurde bei der Durchsuchung der Wohnung der [X.]ltern des Beschuldigten am 17. August 2015 ein mit "S.     W.     " überschriebenes Schriftstück sichergestellt, das die Nachforschungen der [X.]ltern nach dem Verbleib ihres [X.] und ihre Skype-Kontakte mit diesem dokumentiert (Bericht des [X.] vom 7. September 2015; Auswertung [X.] 2.1.1.1). Darin ist etwa unter dem 2. März 2015 festgehalten: "Abend Meldung S.     bin in [X.] [Kalifat] ca. 21:00". [X.]ine auf [X.]nde März 2015 bezogene Notiz lautet: "S.     mittlerweile möchte Gruppe wechseln wegen Sprachproblemen (Auffanglager)?". Später heißt es: "S.     seit Anfang Mai in Trainingslager ohne Außenverbindungsmöglichkeit".

bb) Nach vorläufiger Beurteilung geht der Senat auch nicht davon aus, dass die Offenbarungen des Beschuldigten gegenüber den Angehörigen der "[X.]" deshalb einem Verwertungsverbot unterliegen werden, weil ein reales Risiko bestehe, sie seien unter Folter oder unter unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung erlangt worden. Zwar lässt der Beschuldigte vortragen, er sei über einen Zeitraum von ca. zehn Tagen in einem engen [X.]rdloch ohne Licht und Fenster untergebracht und häufigen, teilweise stundenlangen Verhören ausgesetzt gewesen, bei denen man ihm teilweise die Augen verbunden und immer wieder ins Gesicht geschlagen habe. Diesem wenig konkreten Vorbringen steht die Aussage des [X.] gegenüber, er verfüge über keine Hinweise darauf, dass die "[X.]" die Informationen unter Anwendung von Gewalt erhalten habe. Allgemein zugängliche Quellen vermögen auch nicht zu belegen, dass Menschenrechtsverletzungen der "[X.]" bei Verhören insbesondere von Inhaftierten allgemeine Praxis sind. Die vom Verteidiger zitierte Veröffentlichung der [X.]", der eine Besichtigung von [X.] der "[X.]" und Gespräche mit Inhaftierten gestattet worden war, berichtet im Wesentlichen über Fälle von Misshandlungen [X.] Oppositioneller. Die in der Presse veröffentlichte Verlautbarung von "[X.]" bezieht sich ebenfalls auf diesen Personenkreis und bemängelt insoweit willkürliche Verhaftungen und unfaire Prozesse.

c) Danach ist der Beschuldigte dringend verdächtig, sich als Heranwachsender mitgliedschaftlich an einer terroristischen Vereinigung im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der [X.] beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 StGB, § 105 Abs. 1 JGG). Der Beschuldigte hat sich getragen von einem einvernehmlichen Willen in die Befehlsstrukturen des "[X.]" eingeordnet, auf dessen Veranlassung hin mitgliedschaftliche Betätigungshandlungen vollzogen und so die Ziele und die Zwecke dieser Organisation von innen her gefördert (vgl. [X.], Beschluss vom 13. September 2011 - StB 12/11, NStZ-RR 2011, 372). Zwar hat der Beschuldigte nicht an [X.] teilgenommen. Jedoch hat er sich auf Weisung übergeordneter Hierarchieebenen einer ihm abgeforderten militärischen Ausbildung unterzogen und so (zunächst) bewusst die Möglichkeiten der Organisation gestärkt, auf ausgebildete Kämpfer zurückzugreifen.

d) Das [X.] hat am 13. Oktober 2015 unter Neufassung seiner bisherigen [X.]rklärungen die nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche [X.]rmächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von bereits begangenen und künftigen Taten im Zusammenhang mit der sich als "[X.] im [X.] und [X.]" sowie als "[X.]" bezeichnenden ausländischen terroristischen Vereinigung erteilt ([X.] zu 4030 [X.] (1326) - 21 495/2015).

2. [X.]s besteht der Haftgrund der [X.] (§ 112 Abs. 3 StPO). Nach den Umständen kann nicht ausgeschlossen werden, dass ohne die Anordnung der Untersuchungshaft die alsbaldige Ahndung und Aufklärung der Tat gefährdet wäre. Auch für den Fall der Anwendung von Jugendstrafrecht muss der Beschuldigte wegen des ihm vorgeworfenen Tatgeschehens mit Freiheitsentzug rechnen. Zwar spricht alles dafür, dass er sich zwischenzeitlich vom "[X.]" gelöst hat und zur Unterstützung eventueller Fluchtpläne auf dessen Netzwerk nicht mehr zurückgreifen kann. [X.]benso ist er aus eigenem [X.]ntschluss nach [X.] zurückgekehrt und hatte sich insbesondere mit einer vereinfachten Auslieferung aus der [X.] einverstanden erklärt. Gleichwohl ist nicht sicher, dass der Beschuldigte, auf freien Fuß gesetzt, den von der Straferwartung ausgehenden Fluchtanreizen schließlich widerstehen wird. Bereits das Tatgeschehen belegt seine Fähigkeit, ungeachtet vorhandener [X.] Bindungen nach eigenen Impulsen zu handeln. So hat er seine schulische Ausbildung aus freien Stücken abgebrochen und ist zunächst ohne Wissen seiner [X.]ltern nach [X.] ausgereist.

Der Zweck der Untersuchungshaft ist jedoch auch durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug zu erreichen (§ 116 Abs. 1 StPO). Die aus der [X.] ersichtlichen Maßnahmen erscheinen geeignet, die noch bestehende Besorgnis, der Beschuldigte werde sich dem weiteren Verfahren entziehen, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuräumen und insbesondere seinen weiteren Verbleib in [X.] sicherzustellen.

3. Unter diesen Voraussetzungen steht der Fortbestand des Haftbefehls auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe.

[X.]

Meta

StB 16/15

10.12.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend BGH, 8. Oktober 2015, Az: 2 BGs 468/15

§ 112 Abs 3 StPO, § 116 Abs 1 StPO, § 129a Abs 1 Nr 1 StGB, § 129b Abs 1 StGB, § 105 Abs 1 JGG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.12.2015, Az. StB 16/15 (REWIS RS 2015, 902)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 902

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Anordnung der Untersuchungshaft: Wiedereinreise eines Mitglieds des ISIS nach Deutschland


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