Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2015, Az. StB 16/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 906

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BUND[X.]SG[X.]RICHTSHOF

B[X.]SCHLUSS

StB 16/15
vom
10. Dezember 2015
in dem [X.]rmittlungsverfahren
gegen

wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung
hier:
Beschwerde des Beschuldigten gegen den Haftbefehl des [X.]rmittlungs-richters des [X.] vom 8.
Oktober 2015

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie des Beschwerdeführers und seines Verteidigers am 10.
Dezember 2015 gemäß § 304 Abs. 5, § 116 Abs. 1 StPO beschlossen:

1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird der
Haftbefehl des [X.]rmittlungsrichters des [X.] vom 8. Oktober 2015 -
2 [X.] 468/15 -
außer Vollzug gesetzt.

2. Der Beschuldigte wird angewiesen,

a)
vorhandene Personalpapiere -
Personalausweis
und Reise-pass -
beim Generalbundesanwalt zu 2 [X.] 81/15-9 zu [X.],

b)
unverzüglich nach der Haftentlassung in der [X.] [X.]ltern in

, Wohnsitz zu nehmen und jeden Wohnsitzwechsel dem Ge-neralbundesanwalt anzukündigen und gleichzeitig die neue Wohnanschrift zum oben genannten Aktenzeichen mitzutei-len,

c)
sich dreimal wöchentlich -
montags, mittwochs und freitags -
bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Polizeirevier zu melden, erstmals am Montag, dem 14. Dezember 2015.

Bei jeder Zuwiderhandlung gegen diese Anweisungen hat der Beschuldigte mit sofortiger Wiederinvollzugsetzung des Haftbe-fehls zu rechnen.

3. Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.
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4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschul-digten dadurch entstandenen Auslagen trägt die St[X.]tskasse.

Gründe:
Der Beschuldigte wurde aufgrund des Haftbefehls des [X.]rmittlungsrich-ters des [X.] vom 8. Oktober 2015 -
2 [X.] 468/15 -
am 9.
Oktober 2015 festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.

Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte, ein deut-scher St[X.]tsangehöriger, habe sich als Heranwachsender von März bis Anfang Juli 2015 in [X.] als Mitglied an der dort bestehenden Vereinigung "Islami-scher St[X.]t im [X.] und in [X.] ([X.])" -
seit dem 29. Juni 2014 auftre-tend unter "Islamischer St[X.]t ([X.])" -
beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkei-ten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen; mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland außerhalb der Mitgliedst[X.]ten der [X.], strafbar nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 StGB, § 105 Abs. 1 JGG.

Mit der durch [X.] vom 12. November 2015 eingelegten Beschwerde beantragt der Beschuldigte, den Haftbefehl des [X.]rmittlungsrichters des [X.] aufzuheben, hilfsweise, ihn gegen geeignete Auflagen außer Vollzug zu setzen.

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Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teiler-folg.

1. Der Beschuldigte ist des ihm in dem Haftbefehl vorgeworfenen [X.] dringend verdächtig.

a) Nach gegenwärtigem [X.]rkenntnisstand ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

[X.]) "Islamischer St[X.]t im [X.] und in [X.]/[X.] fil-Iraq [X.] ([X.]/DAA[X.]H)"

Beim "Islamischen St[X.]t im [X.] und in [X.]" handelte es sich um eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen [X.] und die [X.] "ash-Sham" -
die heutigen St[X.]ten [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] -
umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Got-tesst[X.]t" zu errichten. Wer sich
den Ansprüchen dieser Vereinigung entgegen-setzte, wurde begriffen als "Feind des Islam"; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre [X.]inschüchterung durch Gewaltakte hielt sie für ein legitimes Mittel des Kampfes.

Die Organisation geht zurück auf die von Abu
Musab [X.] Anfang 2004 als [X.] gegen die [X.] im [X.] gegründete "Ja-ma'at [X.]" ("[X.] und des Kampfes"). Im Oktober 2004 leistete [X.] die bai'at (den Treueeid) auf [X.] bin Laden und dessen "[X.]", worauf sich die Gruppierung umbe-4
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nannte in "[X.] fi Bilad [X.]" ("Organisation der Basis des [X.] im [X.]") und bekannt wurde als "[X.] im [X.] ([X.])". Im Dezember 2005 ernannte bin Laden [X.] zu seinem Stellvertreter im [X.]. Die "[X.]" trat zunächst hervor mit Angriffen auf zivile Angehörige westli-cher St[X.]ten im [X.], die Opfer von Anschlägen, [X.]ntführungen und -
auf so-dann verbreiteten Videofilmen festgehaltenen -
Hinrichtungen wurden. Ab [X.] 2005 verlegte sie sich auf medienwirksame Sprengstoffanschläge, vor-nehmlich in [X.] und im [X.], aber am 9. November 2005 auch auf mehrere Hotels in [X.]/[X.].

Anfang 2006 schloss sich die "[X.]" zunächst unter der Dachorganisation "[X.] der [X.] im [X.]" mit weiteren Gruppierungen zusam-men. Nach [X.] Tod im Juni 2006 rief dessen Nachfolger [X.] im Oktober 2006 einen das Gebiet von [X.] und mehrere Nordwest-provinzen umfassenden islamischen St[X.]t aus und benannte den [X.] um in "[X.] fil-Iraq" ("Islamischer St[X.]t im [X.]", "[X.]I"). Die von [X.] gegen den "[X.]I" ins Leben gerufene und mit Waffen ausge-rüstete, zeitweise bis zu 100.000 Stammesangehörige umfassende "[X.]rwe-ckungsbewegung" führte zu keiner entscheidenden Schwächung. So fielen den Autobomben-
und Selbstmordanschlägen des "[X.]I" im [X.] allein 2007 etwa 1.900 Menschen zum Opfer; 2008 bis 2012 kam es bei Anschlägen vor allem auf schiitische Moscheen und Pilger sowie auf frequentierte Märkte zu insge-samt etwa 3.000 Toten.

Im Frühjahr 2010 wurde [X.] bei einer [X.] und der [X.] Regierungstruppen getötet. Sein Nachfolger wurde schließlich [X.]. Unter dessen Führung beteiligte sich der "[X.]I" nach dem am 11. Februar 2012 veröffentlichten Aufruf des zwischenzeitlichen [X.]-10
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Anführers [X.] an die Muslime des Nahen Ostens, den Kampf gegen das Assad-Regime aufzunehmen, auch am [X.]. [X.] kooperierte er unter anderem mit der 2011 als Arm von "[X.]" in [X.] gegründeten, vom [X.] [X.] angeführten Kämpfergruppe "Jabhat [X.] li Ahl ash-Sham" ("[X.] für das syrische Volk"; "[X.]-Front"), deren Aktionen sich
vornehmlich gegen [X.]inrichtungen und An-gehörige der [X.] richteten. Im April 2013 verkündete [X.] die Vereinigung von "[X.]I" und "[X.]" zum "Islamischen St[X.]t im [X.] und in [X.]/[X.] fil-Iraq [X.] ([X.]/DAA[X.]H)". Dem widersprach [X.] und leistete seinerseits die bai'at auf [X.], wo-rauf dieser den Zusammenschluss annullierte und beide Parteien zur Beilegung ihrer Streitigkeiten auf der Grundlage einer Gebietsabgrenzung -
"[X.]" im [X.], "[X.]" in
[X.] -
aufrief. Dies führte zum Bruch [X.]s sowohl mit "[X.]" als auch mit "[X.]". In [X.]en vom 15. und 28. Juni 2013 warf er [X.] die "Heiligsprechung" des [X.] vor und erklärte "[X.]" zum Teil des "[X.]" sowie [X.] zum "Abtrün-nigen".

Dem "[X.]" gelang es, sich in einigen Regionen [X.] als Ord-nungsmacht festzusetzen. Aus dem Kampf gegen das Assad-Regime zog sich die Organisation in der Folge weitgehend zurück und konzentrierte sich auf die Machterhaltung in den von ihr beherrschten Gebieten. Angehörige anderer [X.] sowie die Teile der Zivilbevölkerung, die den [X.] "[X.]" in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrich-tung ausgesetzt. Im August 2013 kam es bei Operationen mehrerer Gruppen in der [X.] unter der Führung des "[X.]" zu Massakern unter der regie-rungstreuen alawitischen Zivilbevölkerung, denen 190 Menschen zum Opfer fielen; weitere ca. 200 wurden entführt. Unter den
syrischen Oppositionsgrup-12
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pen ist die Organisation wegen des von ihr eingeschlagenen Weges zwischen-zeitlich isoliert; teils im offenen Kampf gegen den "[X.]" haben andere Grup-pierungen in einigen Regionen wieder die Oberhand gewonnen. Auch "[X.]" distanzierte sich Mitte Mai 2014 ausdrücklich vom Vorgehen des "[X.]".

Wegen der Parteinahme der [X.] "[X.]" für das Assad-Regime verübte der "[X.]" ferner am 2. Januar 2014 einen Bombenanschlag in einem schiitischen Wohngebiet in [X.], der
vier Menschen tötete und 77 ver-letzte. Daneben kam es zu weiteren Aktionen im [X.], so zu dem Überfall auf die Gefängnisse in [X.] und [X.] am 22. Juli 2013 sowie einen Selbstmordanschlag in [X.] am 29. September 2013 mit jeweils mehreren
Todesopfern.

In der Folge verlagerte der "[X.]" seine Aktivitäten zunehmend in den [X.], wo es ihm Anfang Juni 2014 u.a. gelang, die Stadt [X.] unter seine Ge-walt zu bringen.

Die Führung des "[X.]" bestand aus [X.], dem "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche unterstellt waren, so ein "[X.]" und ein "Propagandaminister". Der Führungsebene [X.] waren beratende "[X.]" sowie "Gerichte", die über die [X.]inhaltung der Regeln der Sharia wachten. [X.]en wurden in der [X.]" produziert und über die Medienstelle "al-I'tisam" verbreitet. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der [X.] aus dem "Prophetensiegel", einem weißen Oval mit der Inschrift: "Allah -
Rasul -
Muhammad", auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem islami-schen Glaubensbekenntnis. Die etwa 10.000 Kämpfer -
im Kern sunnitische Teile der ehemaligen [X.] von [X.] -
waren 13
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dem "[X.]" unterstellt
und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.

Am 29. Juni 2014 verkündete der Sprecher des "[X.]", [X.], in einer [X.] die [X.]rnennung des "[X.]mirs" [X.] zum "Khalifen" (Nachfolger des Propheten) und die Umbenennung des "[X.]" in "[X.]/Islamischer St[X.]t ([X.])". Dies verdeutlicht
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bei Beibehaltung der bisherigen ideologischen Ausrichtung -
eine Abkehr von der regionalen Selbstbeschränkung auf ein "[X.]" und die [X.]rhebung ei-nes Führungs-
und Herrschaftsanspruchs in Bezug auf das gesamte "[X.]". Zugleich eingeleitete organisatorische Veränderungen, so die Bildung von "Räten" für [X.], die [X.]inteilung der besetzten Gebiete in [X.] und die [X.]inrichtung eines [X.] zielen auf die Schaffung totalitärer st[X.]tlicher Strukturen.

bb) Die Tathandlungen des Angeschuldigten

Der damals 18-jährige, einem [X.] Verständnis des Islam zu-neigende Beschuldigte fasste Anfang des Jahres 2015 den [X.]ntschluss, sich in [X.] dem "[X.]"
anzuschließen. Mit Unterstützung eines über den Nachrichten-dienst "Twitter"
gefundenen [X.] flog er am 1. März 2015 von [X.] nach [X.], reiste von dort aus auf dem Landwege über [X.] und [X.] in das türkisch-syrische Grenzgebiet und begab sich am 2.
März 2015 über die Grenze nach [X.], wo er von Kämpfern des "[X.]"
in [X.]mpfang genommen wurde. In einem hinter der Grenze gelegenen [X.] des "[X.]"
erhielt er in der Folge eine 20-tägige Schulung im Umgang mit Kriegswaffen und wurde anschließend nach [X.] zur Kampfeinheit "Ka-tiba al Ghurabah"
verlegt. Von dort sollte er nach weiterer zweitägiger Ausbil-16
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dung zusammen mit anderen Freiwilligen zum Kampfeinsatz nach [X.] werden. Wegen seiner bereits zu diesem Zeitpunkt aufkommenden Be-denken gegen den Kampf mit der Waffe wies man ihn stattdessen aber dem nicht unmittelbar an Kämpfen beteiligten Bataillon "[X.]"
zu. Dort erhielt er am 25. Mai 2015 Personaldokumente des "[X.]", lautend auf den Kampfnamen "A.

"
und versehen mit der Funktionsbezeich-nung "Kämpfer".

Zunehmend über die Verhältnisse schockiert und aus Sorge um seine zwischenzeitlich erkrankte Mutter entschloss sich der Beschuldigte während des weiteren Aufenthalts in [X.] zur Rückkehr nach [X.]. Beim [X.], die Stadt per Anhalter zu verlassen, wurde er allerdings aufgegriffen und für zwei Wochen inhaftiert. Anschließend kam er in [X.] mit zwei der in [X.] kämpfenden kurdischen "[X.] ([X.]; Volksverteidi-gungseinheiten)"
nahe stehenden Personen in Kontakt, die ihm eine [X.] in die [X.] anboten, ihn aber lediglich auf von der "[X.]"
kontrolliertes Gebiet in [X.] verbrachten. Dort wurde er am 7./8. Juli 2015 von Kämp-fern dieser Organisation in Gewahrsam genommen. Am 29. Juli 2015 übergab man den Beschuldigten schließlich in [X.]/[X.] seinen [X.]ltern. [X.] in der [X.] festgenommen wurde er am 9. Oktober 2015 an die Bundesrepublik [X.] ausgeliefert.

b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus der Gesamtschau der im Haftbefehl des [X.]rmittlungsrichters des [X.] im [X.]inzelnen aufge-führten Beweismittel.

[X.]) Der Beschuldigte hat zwar in [X.] bislang keine Angaben gemacht. Indes bestehen bei vorläufiger Würdigung keine durchgreifenden 19
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Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Behördenerklärung des Bundesnach-richtendienstes vom 31. Juli 2015, welche über Angaben des Beschuldigten gegenüber Angehörigen der "[X.]"
zu den Geschehnissen in [X.] -
wie oben dargestellt -
berichtet, denn sie wird in wesentlichen Punkten durch objektive Beweisanzeichen bestätigt. So haben die Gewährsleute des [X.] auch Ablichtungen der nach dem Bericht vom Beschuldigten [X.] Personaldokumente des "[X.]"
zur Verfügung gestellt. Dasselbe gilt für einen dem Beschuldigten im "[X.]"-Gewahrsam abgenommenen [X.], auf dem zwischenzeitlich drei am 2. Mai 2015 aufgenommene Lichtbilder gesichert werden konnten. Sie zeigen eine städtische Straßenszene im arabischsprachigen Raum, in welcher der Beschuldigte in Tarnkleidung und mit einer Langwaffe ausgestattet posiert (Bericht des [X.] vom 19. November 2015; Auswertung [X.] 6.1.1.1).
Weiter wurde bei der Durchsuchung der Wohnung der [X.]ltern des [X.] am 17. August 2015 ein mit "S.

W.

"
überschriebenes Schriftstück sichergestellt, das die Nachforschungen der [X.]ltern nach dem Verbleib ihres [X.] und ihre Skype-Kontakte mit diesem dokumentiert (Bericht des [X.] vom 7. September 2015; Auswertung [X.] 2.1.1.1). Darin ist etwa unter dem 2. März
2015
festgehalten: "Abend Meldung S.

bin in [X.] [Kalifat] ca.
21:00". [X.]ine auf [X.]nde März 2015 be-zogene Notiz lautet: "S.

mittlerweile möchte Gruppe wechseln wegen Sprachproblemen (Auffanglager)?". Später heißt es: "S.

seit Anfang Mai in Trainingslager ohne Außenverbindungsmöglichkeit".

bb) Nach vorläufiger Beurteilung geht der Senat auch nicht davon aus, dass die Offenbarungen des Beschuldigten gegenüber den Angehörigen der "[X.]"
deshalb einem Verwertungsverbot unterliegen werden, weil ein reales Risiko bestehe, sie seien unter Folter oder unter unmenschlicher oder [X.]
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gender Behandlung erlangt worden. Zwar lässt der Beschuldigte vortragen, er sei über einen Zeitraum von ca. zehn Tagen in einem engen [X.]rdloch ohne Licht und Fenster untergebracht und häufigen, teilweise stundenlangen Verhören ausgesetzt gewesen, bei denen man ihm teilweise die Augen verbunden und immer wieder ins Gesicht geschlagen habe. Diesem wenig konkreten Vorbrin-gen steht die Aussage des [X.] gegenüber, er verfüge über keine Hinweise darauf, dass die "[X.]"
die Informationen unter Anwen-dung von Gewalt erhalten habe. Allgemein zugängliche Quellen vermögen auch
nicht zu belegen, dass Menschenrechtsverletzungen der "[X.]"
bei Verhören insbesondere von Inhaftierten allgemeine Praxis sind. Die vom Verteidiger zi-tierte [X.] der [X.]", der eine Be-sichtigung von [X.] der "[X.]"
und Gespräche mit Inhaftierten gestattet worden war, berichtet im Wesentlichen über Fälle von [X.] [X.] Oppositioneller. Die in der Presse veröffentlichte Verlautbarung von "[X.]"
bezieht sich ebenfalls auf diesen Personenkreis und bemängelt insoweit willkürliche Verhaftungen und unfaire Prozesse.

c) Danach ist der Beschuldigte dringend verdächtig, sich als Heranwach-sender mitgliedschaftlich an einer terroristischen Vereinigung im Ausland au-ßerhalb der Mitgliedst[X.]ten der [X.] beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 StGB, § 105 Abs. 1 JGG). Der Beschuldigte hat sich getragen von einem einvernehmlichen Willen
in die Befehlsstrukturen des "[X.]"
eingeordnet, auf dessen Veranlassung hin mitgliedschaftliche Betätigungs-handlungen vollzogen und so die Ziele und die Zwecke dieser Organisation von innen her gefördert (vgl. [X.], Beschluss vom 13. September 2011 -
StB 12/11, NStZ-RR
2011, 372). Zwar hat der Beschuldigte nicht an Kampfeinsätzen teil-genommen. Jedoch hat er sich auf Weisung übergeordneter Hierarchieebenen einer ihm abgeforderten militärischen Ausbildung unterzogen und so (zunächst) 23
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bewusst die Möglichkeiten der Organisation gestärkt, auf ausgebildete Kämpfer zurückzugreifen.

d) Das [X.] hat am 13. Oktober 2015 unter Neufassung seiner bisherigen [X.]rklärungen die nach §
129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche [X.]rmächtigung zur strafrechtlichen Ver-folgung von bereits begangenen und künftigen Taten im Zusammenhang mit der sich als "Islamischer St[X.]t im [X.] und [X.]"
sowie als "Islamischer St[X.]t"
bezeichnenden ausländischen terroristischen Vereinigung erteilt ([X.] zu 4030 [X.] (1326) -
21 495/2015).

2. [X.]s besteht der Haftgrund der [X.] (§ 112 Abs. 3 StPO). Nach den Umständen kann nicht ausgeschlossen werden, dass ohne die [X.] die alsbaldige Ahndung und Aufklärung der Tat gefährdet wäre. Auch für den Fall der Anwendung von Jugendstrafrecht muss der Beschuldigte wegen des ihm vorgeworfenen Tatgeschehens mit [X.] rechnen. Zwar spricht alles dafür, dass er sich zwischenzeitlich vom "[X.]"
gelöst hat und zur Unterstützung eventueller Fluchtpläne auf dessen Netzwerk nicht mehr zurückgreifen kann. [X.]benso ist er aus eigenem [X.]ntschluss nach [X.] zurückgekehrt und hatte sich insbesondere mit einer vereinfachten Auslieferung aus der [X.]
einverstanden erklärt. Gleichwohl ist nicht sicher, dass der Beschuldigte, auf freien Fuß gesetzt, den von der Straferwartung aus-gehenden [X.] schließlich widerstehen wird. Bereits das [X.] belegt seine Fähigkeit, ungeachtet vorhandener [X.] Bindungen nach eigenen Impulsen zu handeln. So hat er seine schulische Ausbildung aus freien Stücken abgebrochen und ist zunächst ohne Wissen seiner [X.]ltern nach [X.] ausgereist.

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Der Zweck der Untersuchungshaft ist jedoch auch durch weniger ein-schneidende Maßnahmen als deren Vollzug zu erreichen (§ 116 Abs. 1 StPO). Die aus der [X.] ersichtlichen Maßnahmen erscheinen geeignet, die noch bestehende Besorgnis, der Beschuldigte werde sich dem weiteren Verfahren entziehen, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuräumen und insbesondere seinen weiteren Verbleib in [X.] sicherzustellen.

3. Unter diesen Voraussetzungen steht der Fortbestand des Haftbefehls auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe.

[X.]Hubert Mayer

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Meta

StB 16/15

10.12.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2015, Az. StB 16/15 (REWIS RS 2015, 906)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 906

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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