Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.09.2016, Az. IX ZR 250/15

9. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 5468

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Gegenstand

Insolvenzanfechtung wegen einer unentgeltlichen Leistung: Kaufpreiszahlung des Schuldners für einen objektiv wertlosen GmbH-Geschäftsanteil


Leitsatz

Entrichtet der Schuldner den vereinbarten Kaufpreis für einen nach den tatsächlichen Gegebenheiten objektiv wertlosen GmbH-Geschäftsanteil an den Verkäufer, scheidet eine Anfechtung wegen einer unentgeltlichen Leistung aus, wenn beide Teile nach den objektiven Umständen von einem Austausch-Marktgeschäft ausgegangen und in gutem Glauben von der Werthaltigkeit des Kaufgegenstands überzeugt sind.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 10. Dezember 2015 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Verwalter in dem über das Vermögen der [X.] (nachfolgend auch: Schuldnerin) am 1. Januar 2008 eröffneten Insolvenzverfahren.

2

Der Beklagte war Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der [X.] (nachfolgend: [X.]), die sich mit der Entwicklung, der Fertigung und dem Vertrieb von immobilisierten chemischen und biologischen Inhaltsstoffen und den hiermit zusammenhängenden Verfahren und Anlagen befasste. An dieser Technologie interessierte Großinvestoren beabsichtigten, sich als Gesellschafter unmittelbar an der [X.] zu beteiligen. Die Umsetzung dieses Vorhabens scheiterte jedoch daran, dass die stillen Gesellschafter der [X.] nicht bereit waren, ihre Ansprüche auf die vereinbarte Festvergütung zu vermindern.

3

Um eine mittelbare Beteiligung von Investoren an der [X.] zu ermöglichen, erwarb die [X.], deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagte war, durch notariellen Vertrag vom 20. Dezember 2004 51 vom Hundert und die [X.] 49 vom Hundert der Geschäftsanteile an der zu diesem [X.]punkt als [X.] firmierenden Schuldnerin, einer mit einem Stammkapital von 25.000 € gegründeten Vorratsgesellschaft. Unmittelbar nach dem Anteilserwerb wurde die [X.] in die C.    m.      GmbH mit dem Unternehmensgegenstand der Herstellung und des Vertriebs von verkapselten biologischen und chemischen Zusatzstoffen umfirmiert. Der Beklagte wurde unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB zum Geschäftsführer bestellt.

4

Am 22. Dezember 2004 veräußerte der Beklagte als Gesellschafter einen Teilgeschäftsanteil an der [X.] im Nennbetrag von 5.400 € zum Kaufpreis von 175.000 € an die von ihm als Geschäftsführer vertretene Schuldnerin. Die [X.] hatte sich gegenüber der Schuldnerin verpflichtet, zur Finanzierung des Kaufpreises 175.000 € in die Kapitalrücklage einzulegen. Nach Zahlung seitens der [X.] entrichtete die Schuldnerin durch drei Überweisungen in der [X.] vom 18. März bis 14. April 2005 insgesamt 175.000 € an den Beklagten. Danach wurde das Stammkapital der Schuldnerin zum Zweck der Aufnahme mehrerer namhafter Investoren erhöht. Über das Vermögen der [X.] wurde am 1. Februar 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet.

5

Der Kläger nimmt den Beklagten, der die Einrede der Verjährung erhebt, auf Erstattung des gezahlten Kaufpreises in Anspruch, weil die von der Schuldnerin an der [X.] erworbenen Geschäftsanteile tatsächlich wertlos gewesen seien. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist nicht begründet.

I.

7

Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ausgeführt, dem Kläger stehe ein Erstattungsanspruch aus § 143 Abs. 1, § 134 Abs. 1 [X.] gegen den Beklagten nicht zu, weil die von der Schuldnerin an ihn bewirkte Kaufpreiszahlung nicht unentgeltlich erfolgt sei. Der Schutz der Insolvenzgläubiger erfordere eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit. Der von dem Beklagten veräußerte Geschäftsanteil sei bei rückschauender Betrachtung nach Auffassung des Sachverständigen Dr. J.  objektiv wertlos. Daraus folge bei der gebotenen Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht, dass der Kaufpreis als unentgeltliche Leistung anzusehen sei.

8

Sämtliche Beteiligten hätten den [X.] als entgeltliches Austauschgeschäft gewollt. Weder die Schuldnerin noch deren Gesellschafter hätten dem Beklagten als Veräußerer den Kaufpreis schenken wollen. Keiner der Beteiligten sei davon ausgegangen, dass der übertragene Anteil weniger wert gewesen sei als der vereinbarte Kaufpreis. Im Gegenteil habe sich der Kaufpreis auf der Grundlage einer seinerzeit durchgeführten Unternehmensbewertung als rechnerisch deutlich zu niedrig dargestellt. Die Einigung auf einen Kaufpreis in Höhe von 175.000 € habe darauf beruht, dass die [X.] nicht bereit oder in der Lage gewesen sei, der Schuldnerin einen höheren Betrag als Kaufpreis zur Verfügung zu stellen.

9

Vor diesem Hintergrund werde es den Vorstellungen der Parteien zum damaligen [X.]punkt nicht gerecht, maßgebend auf die objektiven Verhältnisse abzustellen, wie sie sich erst bei rückschauender Betrachtung nach Erstattung eines Sachverständigengutachtens ergäben. Die von allen Beteiligten erstrebte mittelbare Beteiligung der Investoren an der [X.] habe zwingend den Erwerb eines Geschäftsanteils an dieser Gesellschaft erfordert. Bei dieser Beteiligung habe es sich, wie den Beteiligten bewusst gewesen sei, um ein Risikogeschäft gehandelt. Dass sich dieses Risiko realisiert und letztlich beide Gesellschaften in Insolvenz gefallen seien, führe nicht dazu, den Geschäftsanteil zum maßgebenden [X.]punkt des Anteilserwerbs als gänzlich oder teilweise wertlos und die Kaufpreiszahlung deshalb als unentgeltlich zu bewerten.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand. Im Streitfall ist ein Anfechtungsanspruch nach § 143 Abs. 1, § 134 Abs. 1 [X.] nicht gegeben.

1. Gemäß § 134 Abs. 1 [X.] ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, die innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde. Als Leistung im Sinne des § 134 Abs. 1 [X.] ist jede Rechtshandlung zu verstehen, die dazu dient, einen zugriffsfähigen Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners zu entfernen ([X.], Urteil vom 21. Januar 1993 - [X.], [X.]Z 121, 179, 182; vom 26. April 2012 - [X.], [X.], 1131 Rn. 38). Die Überweisungen der Schuldnerin an den Beklagten sind wegen der damit verbundenen Vermögensminderung als Leistung einzustufen ([X.], Urteil vom 8. November 2012 - [X.], [X.], 2340 Rn. 30).

2. Die Zahlungen haben entgegen der Auffassung des Beklagten eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 [X.]) ausgelöst.

a) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die [X.] vermehrt oder die [X.] verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten ([X.], Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 21; vom 28. Januar 2016 - [X.], [X.], 427 Rn. 24; vom 4. Februar 2016 - [X.], [X.], 518 Rn. 10). Die Überweisungen der Schuldnerin an den Beklagten in Höhe von 175.000 € haben wegen des [X.] eine Gläubigerbenachteiligung herbeigeführt ([X.], Urteil vom 7. Mai 2015 - [X.], [X.], 1202 Rn. 8; vom 17. Dezember 2015 - [X.], [X.], 172 Rn. 13).

b) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann eine Gläubigerbenachteiligung nicht aus der Erwägung abgelehnt werden, dass die Schuldnerin verpflichtet gewesen wäre, eine vor Verfahrenseröffnung von dem Beklagten erlangte Kaufpreisrückzahlung an die [X.] abzuführen, weil diese der Schuldnerin den Kaufpreis verauslagt habe.

Die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Rechtshandlung und der Gläubigerbenachteiligung ist aufgrund des realen Geschehens zu beurteilen. Für hypothetische, nur gedachte Kausalverläufe ist insoweit kein Raum ([X.], Urteil vom 20. Januar 2011 - [X.], [X.], 371 Rn. 14; vom 17. Juli 2014 - [X.], [X.], 1588 Rn. 13; vom 4. Februar 2016, aaO Rn. 17; vom 9. Juni 2016 - [X.], [X.], 1455 Rn. 30). Mithin ist die hypothetische Überlegung ohne Bedeutung, ob die Schuldnerin verpflichtet gewesen wäre, eine von dem Beklagten vor Verfahrenseröffnung erlangte Rückzahlung an die [X.] auszukehren (vgl. [X.], Urteil vom 14. Mai 2009 - [X.], [X.]Z 181, 132 Rn. 28).

c) Ein etwaiger, nach Stattgabe der vorliegenden Klage und Zahlung des [X.] durch den Beklagten der [X.] gegen die Schuldnerin zukommender Erstattungsanspruch würde einer Gläubigerbenachteiligung ebenfalls nicht entgegenstehen.

Dabei würde es sich um eine bloße Insolvenzforderung im Sinne von § 38 [X.] handeln. Insolvenzgläubiger sind persönliche Gläubiger, die einen zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Insolvenzschuldner haben. Der anspruchsbegründende Tatbestand muss bereits vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen sein (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Oktober 2011 - [X.], [X.], 2188 Rn. 7). Begründet in diesem Sinne ist ein Anspruch, wenn das Schuldverhältnis vor Verfahrenseröffnung bestand, selbst wenn sich hieraus eine Forderung erst nach Verfahrenseröffnung ergibt ([X.], Urteil vom 6. November 1978 - [X.], [X.]Z 72, 263, 265 f; Beschluss vom 7. April 2005 - [X.], Z[X.] 2005, 537, 538). Ein etwaiger Erstattungsanspruch der [X.] wäre bereits vor Antragstellung aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung entstanden (vgl. [X.], Beschluss vom 7. April 2005, aaO). Die gegen die Schuldnerin gerichtete Kaufpreisforderung, die durch Mittel der [X.] getilgt wurde, stellte eine Insolvenzforderung dar. Für den Rückgriffsanspruch könnte nichts anderes gelten ([X.], Beschluss vom 6. Dezember 2007 - [X.], [X.], 260 Rn. 3). Da eine mögliche Rückgriffsforderung nur quotenmäßig zu befriedigen wäre, liegt in der vollständigen Zahlung dieses Betrages an den Beklagten eine Gläubigerbenachteiligung (vgl. [X.], Urteil vom 26. April 2012 - [X.], [X.], 1131 Rn. 26).

3. Jedoch fehlt es an der Unentgeltlichkeit der von der Schuldnerin an den Beklagten bewirkten Zahlung über 175.000 €, selbst wenn der von dem Beklagten aufgrund des Kaufvertrages im Gegenzug abgetretene Geschäftsanteil objektiv wertlos war. Eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung nach § 134 Abs. 1 [X.] scheidet aus, wenn beide Vertragsteile - wie hier - im Rahmen eines vertraglichen Austauschgeschäftes aufgrund eigenverantwortlicher Willensausübung ein ausgewogenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zugrunde gelegt haben.

a) Die Regelung des § 134 Abs. 1 [X.] will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Verfügungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten [X.]raums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit ([X.], Urteil vom 5. März 2015 - [X.], [X.]Z 204, 231 Rn. 49 mwN).

aa) Der anfechtungsrechtliche Begriff der unentgeltlichen Verfügung ist umfassender als bei der Schenkung nach § 516 [X.] und setzt eine vertragliche Einigung über die Unentgeltlichkeit als solche nicht voraus ([X.], Urteil vom 13. März 1978 - [X.], [X.]Z 71, 61, 69; vom 3. März 2005 - [X.], [X.]Z 162, 276, 280 f). Unentgeltlich ist im hier gegeben [X.] eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des [X.] zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem [X.] ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll ([X.], Urteil vom 13. März 2008 - [X.], [X.], 1033 Rn. 7; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - [X.], [X.], 484 Rn. 10; Urteil vom 5. März 2015, aaO).

bb) Für die Bewertung ist in erster Linie die objektive Wertrelation zwischen der Leistung des Schuldners und der Gegenleistung des Empfängers ausschlaggebend ([X.], Urteil vom 29. November 1990 - [X.], [X.]Z 113, 98, 102; vom 28. Februar 1991 - [X.], [X.]Z 113, 393, 395 f; vom 3. März 2005, aaO). Andernfalls könnten die Beteiligten allein dadurch, dass sie einer für den Schuldner objektiv wertlosen Leistung in ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen einen subjektiven Wert beimessen, den Zweck des Gesetzes vereiteln ([X.], Urteil vom 28. Februar 1991, aaO S. 396 f).

b) In der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist die Frage offen geblieben, ob ein Irrtum beider Teile über die tatsächlichen Voraussetzungen der Werthaltigkeit einer Gegenleistung die Anwendung des § 134 Abs. 1 [X.] ausschließt (vgl. [X.], aaO S. 396). Sie ist nunmehr dahin zu beantworten, dass § 134 Abs. 1 [X.] jedenfalls nicht einschlägig ist, wenn beide Teile nach den objektiven Umständen der Vertragsanbahnung, der Vorüberlegungen der Parteien und des Vertragsschlusses selbst von einem Austauschgeschäft ausgehen und zudem in gutem Glauben von der Werthaltigkeit der dem Schuldner gewährten Gegenleistung überzeugt sind, die sich erst aufgrund einer nachträglichen Prüfung als wertlos erweist ([X.]/[X.], [X.], 2008, § 134 Rn. 20; FK-[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 134 Rn. 11; [X.], [X.], 249, 256 f; a.A. MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 134 Rn. 40; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 134 Rn. 32; [X.] in Kübler/Prütting/[X.],[X.], 2012, § 134 Rn. 45; HmbKomm-[X.]/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 134 Rn. 17; HK-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 134 Rn. 13; [X.]/[X.]/[X.],[X.], § 134 Rn. 13; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 49 Rn. 11; [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier, [X.], 2. Aufl., § 134 Rn. 6).

aa) Im Streitfall haben die Schuldnerin und der Beklagte durch den Geschäftsanteilskaufvertrag (§§ 433, 453 [X.]) ein vertragliches Austauschgeschäft vereinbart. In seinem Rahmen unterliegt es aufgrund der Vertragsfreiheit der Entschließung der Beteiligten, die wechselseitig zu erbringenden Leistungen zu konkretisieren. Dabei ist davon auszugehen, dass jeder Vertragsteil zum Schutz gegen eine Übervorteilung seine eigenen Interessen bei der Bewertung von Leistung und Gegenleistung hinreichend wahrnimmt. Deshalb bildet der Irrtum über den Wert einer Sache keinen Beschaffenheitsmangel(Erman/Grunewald, [X.], 14. Aufl., § 434 Rn. 50; MünchKomm-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 434 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 434 Rn. 23), so dass die Wirksamkeit des ohne Täuschung über das Wertverhältnis begründeten synallagmatischen [X.] nicht berührt wird. Eine Leistung ist nicht unentgeltlich, wenn der Schuldner zu der Leistung verpflichtet gewesen ist (vgl. [X.], Urteil vom 13. März 1978 - [X.], [X.]Z 71, 61, 66; vom 29. November 1990 - [X.], [X.]Z 113, 98, 103; Beschluss vom 9. Oktober 2014 - [X.], Z[X.] 2015, 305 Rn. 3). Der von der Rechtsordnung bei der Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung (§ 134 Abs. 1 [X.]) zu beachtende Beurteilungsspielraum wird darum jedenfalls dann nicht verlassen, sofern beide Parteien subjektiv in gutem Glauben der Überzeugung sind, bei der Bemessung von Leistung und Gegenleistung einen interessengerechten Ausgleich gefunden zu haben. Nachträgliche bessere Erkenntnisse sind nicht geeignet, die von den Parteien in Wahrnehmung ihrer eigenen Belange ohne [X.] frei verantwortete Preisgestaltung in Frage zu stellen.

bb) In dieser Weise verhält es sich im Streitfall. Nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] haben beide Seiten den Geschäftsanteilskauf als entgeltliches Geschäft gewollt. Aufgrund einer Unternehmensbewertung durch die künftigen Investoren war für den von der Schuldnerin erworbenen Geschäftsanteil ein Wert von 450.000 € ermittelt worden. Der Kaufpreis wurde nur deshalb auf 175.000 € ermäßigt, weil die Schuldnerin zu einer höheren Zahlung nicht imstande war. Bei dieser Sachlage sind beide Seiten, auch wenn sich der Geschäftsanteil nach dem Inhalt des im vorliegenden Rechtsstreit eingeholten Sachverständigengutachtens tatsächlich als wertlos erweist, in freier Willensausübung von einem entgeltlichen, der Schuldnerin sogar besonders günstigen Geschäft ausgegangen. Sie trachteten nicht etwa danach, durch den Geschäftsanteilsvertrag eine unentgeltliche Leistung der Schuldnerin an den Beklagten zu verschleiern. Vielmehr befanden sich die Beteiligten lediglich in einem gemeinsamen Irrtum über den Wert der an die Schuldnerin zu erbringenden Gegenleistung. Dieser Irrtum stellt nicht den Willen der Parteien in Frage, eine dem Anwendungsbereich des § 134 Abs. 1 [X.] entzogene entgeltliche Übereinkunft zu treffen und zu erfüllen.

[X.]                           [X.]                           Grupp

                 [X.]                        [X.]

Meta

IX ZR 250/15

15.09.2016

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Koblenz, 10. Dezember 2015, Az: 6 U 885/14

§ 134 Abs 1 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.09.2016, Az. IX ZR 250/15 (REWIS RS 2016, 5468)

Papier­fundstellen: WM 2016, 2312 REWIS RS 2016, 5468

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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