Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.02.2013, Az. III ZR 266/12

3. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8006

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Formular-Kleingartenpachtvertrag: Wirksamkeit von Vereinbarungen für den Fall des Nichtvorhandenseins eines Nachpächters für den abgebenden Pächter


Leitsatz

In einem (Formular-)Kleingartenpachtvertrag kann wirksam vereinbart werden, dass der abgebende Pächter für den Fall, dass kein Nachpächter vorhanden ist, den Kleingarten bis zur Neuverpachtung unter Fortzahlung der vereinbarten Entgelte und Gebühren zu bewirtschaften oder die Baulichkeiten einschließlich Fundamente, befestigte Wege und Anpflanzungen zu entfernen und den Kleingarten im umgegrabenen Zustand zu übergeben hat.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] vom 13. August 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger, ein Kleingartenverein, verpachtete an den Beklagten im Oktober 2002 einen Kleingarten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes. In dem [X.] sind unter anderem folgende Regelungen enthalten:

"§ 2 Pachtdauer und Kündigung

1. …

2. Der Pächter ist berechtigt, das Pachtverhältnis bis zum 3. Werktag im August zum 30. November eines Jahres zu kündigen. Für die Beendigung des Pachtvertrages gelten die Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes (BKleingG).

3. …

4. …

5. Sobald der Vorstand Kenntnis von der Kündigung des Pachtverhältnisses erhält, [stellt] er möglichst kurzfristig fest, welche unzulässigen störenden und dem [X.] nicht zumutbaren Gegenstände zu entfernen sind.

6. - 7. …

§ 4 [X.]

1. Der Pächter ist verpflichtet, seinen Kleingarten kleingärtnerisch zu nutzen…

2. - 4. …

§ 6 Pächterwechsel

1. Nach Beendigung des [X.] ist der Garten in einem solchen Zustand herauszugeben, wie er sich aus einer kleingärtnerischen Nutzung gem. § 1 Ziffer 1 BKleingG ergibt. Alle unzulässigen, störenden und dem [X.] nicht zumutbaren Einrichtungen und Gegenstände sind auf Verlangen des Verpächters vom ausscheidenden Pächter zu entfernen. Dies bezieht sich auf Baulichkeiten und Aufwuchs. Der Verpächter setzt zur Beseitigung eine Frist. Bei Nichteinhaltung der Frist kann der Verpächter die entsprechenden Maßnahmen auf Kosten des Garteninhabers durchführen lassen. Dieser ist zur Duldung der Maßnahmen und zur Erstattung der damit verbundenen Kosten verpflichtet. Der Verpächter sorgt für eine fachgerechte Wertermittlung der im Kleingarten verbleibenden Baulichkeiten und Anpflanzungen. Die Kosten der Wertermittlung trägt [der] ausscheiden[d]e Pächter.

2. Der abgebende Pächter verpflichtet sich, die in der Wertermittlung erfassten Baulichkeiten und Anpflanzungen gegen Erstattung des wertermittelten Betrages auf den [X.] zu übertragen.

3. - 5. …

6. Ist kein [X.] vorhanden, ist über den Verbleib der Baulichkeit und der Anpflanzungen eine schriftliche Vereinbarung zwischen [dem] abgebenden Pächter und [dem] Verpächter zu schließen. Der Verpächter ist in diesem Fall nicht zur Zahlung des [X.] verpflichtet. Der abgebende Pächter hat den Garten bis zur [X.] nach § 4 [[X.]] zu bewirtschaften, die Pacht, Verwaltungsgebühr sowie die Umlagen des Vereins zu zahlen und sonstige Leistungen zu erbringen oder die Baulichkeiten einschließlich Fundamenten, befestigte Wege und Anpflanzungen zu entfernen und den Kleingarten im umgegrabenen Zustand zu übergeben."

2

Der Beklagte kündigte das Pachtverhältnis fristgerecht zum 30. November 2010. Ein [X.] stand nicht zur Verfügung. Nach dem 30. November 2010 bewirtschaftete der Beklagte den Kleingarten nicht mehr.

3

Der Kläger verlangt von dem Beklagten (nach Erlass eines Anerkenntnisteilurteils über 120,26 €) noch die Zahlung des [X.] für das [X.] in Höhe von 410 € (einschließlich Nebenkosten) und - nach Wahl des Beklagten - entweder die Bewirtschaftung des [X.] unter Tragung der damit verbundenen Entgelte und Gebühren oder die Entfernung sämtlicher auf der Parzelle befindlichen Baulichkeiten, Anpflanzungen, beweglichen Sachen einschließlich Fundamente sowie die Rückgabe der gesamten Parzelle im vollständig geräumten und umgegrabenen Zustand.

4

Die Parteien haben über die Wirksamkeit der Regelung in § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags sowie darüber gestritten, ob eine Abnahme des [X.] durch den Vorstand des [X.] als ordnungsgemäß erfolgt ist und inwieweit der Beklagte die Parzelle von Anpflanzungen, Baulichkeiten und beweglicher Habe geräumt hat.

5

Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Bestimmung in § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags sei gemäß § 307 Abs. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Pächters unwirksam. Die hiergegen eingelegte Berufung des [X.] hat das [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7

Das Berufungsgericht hält § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags im [X.] an das Amtsgericht gemäß § 307 Abs. 1 BGB für unwirksam. Diese vertragliche Regelung benachteilige den Pächter unangemessen. Während in § 6 Nr. 1 des Pachtvertrags ein angemessener Interessenausgleich für den Fall gefunden werde, dass ein [X.] für die Parzelle zur Verfügung stehe, fehle in § 6 Nr. 6 für den Fall, dass kein [X.] gefunden werde, ein solcher angemessener Ausgleich. Diese Bestimmung differenziere nicht danach, ob die Gegenstände, die sich im Garten befinden, der üblichen kleingärtnerischen Nutzung entsprechen und von wem sie eingebracht worden seien. Sie ziele ausschließlich darauf ab, dass der Kläger ein völlig geräumtes und "im Urzustand" befindliches Grundstück zurückerhalte. Danach, in welchem Zustand sich der Garten insgesamt befinde, ob er beispielsweise mit einer aufgebrachten Gartenlaube und Fundamenten gepachtet worden sei, werde nicht unterschieden. Damit [X.] jegliche Berücksichtigung des Vereinszwecks, zu dessen Durchsetzung der Kläger sich als Verein gegründet habe. Da die Alternative zur vollständigen Räumung und zum Umgraben darin bestehe, dass der kündigende Pächter sich so verhalten müsse, als wenn der Vertrag nicht gekündigt worden wäre, schließe die Regelung in § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags faktisch eine Kündigung des Pächters aus, wenn ein [X.] nicht gefunden werde. Die Klausel ziele darauf ab, das Risiko der Nichtverpachtung auf den kündigenden Pächter zu verlagern.

II.

8

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

9

1. Die Auffassung beider Vorinstanzen, die formularvertragliche Bestimmung in § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags sei gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam, vermag der Senat nicht zu teilen.

a) § 6 des [X.], den der Senat selbständig auslegen kann, weil eine unterschiedliche Auslegung durch verschiedene Berufungsgerichte in Betracht kommt (s. etwa Senatsurteile vom 4. März 2010 - [X.], [X.], 345, 347 Rn. 10 und vom 23. September 2010 - [X.], [X.], 86, 94, Rn. 26, jeweils mwN), regelt den "Pächterwechsel". Er unterscheidet hierbei den Fall, in dem ein [X.] zur Verfügung steht (§ 6 Nr. 1 bis 5), von der hier im Streit stehenden Konstellation, dass "kein [X.] vorhanden" ist (§ 6 Nr. 6). § 6 Nr. 6 des Vertrags bestimmt für den letzterwähnten Fall des fehlenden [X.]s, dass der (abgebende) Pächter den Kleingarten bis zur Neuverpachtung unter Fortzahlung der vereinbarten Entgelte und Gebühren zu bewirtschaften oder die Baulichkeiten einschließlich Fundamente, befestigte Wege und Anpflanzungen zu entfernen und den Kleingarten im umgegrabenen Zustand zu übergeben hat. Dies stellt unter gebotener Berücksichtigung der Vorgaben des dispositiven Gesetzesrechts, des Zwecks eines [X.] und der berechtigten Interessen beider Vertragsteile keine unangemessene Benachteiligung des Pächters dar.

b) Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders im Sinne von § 307 BGB ist gegeben, wenn der Verwender durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr.; s. etwa Senatsurteile vom 17. Januar 2008 - [X.], [X.], 102, 107 f Rn. 19; vom 4. März 2010 - [X.], [X.], 345, 355 f Rn. 31 und vom 13. Januar 2011 - [X.], NJW 2011, 1726, 1728 Rn. 24 mwN). So liegt es hier nicht.

aa) Soweit dem Pächter - nach seiner Wahl, anstelle einer Weiterbewirtschaftung - auferlegt wird, auf dem von ihm gepachteten Kleingarten befindliche Baulichkeiten einschließlich der Fundamente, befestigte Wege und Anpflanzungen zu entfernen und den Kleingarten im umgegrabenen Zustand zurückzugeben, steht dies - jedenfalls im [X.]gehalt - im Einklang mit dem Leitbild der gesetzlichen Vorschriften. Danach stehen die betreffenden Sachen im Eigentum des [X.] und sind von ihm nach Beendigung des Pachtvertrags zu entfernen, sofern keine Übernahme durch den Verpächter oder einen [X.] vereinbart wird.

(1) Werden Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen von einem Pächter auf dem von ihm genutzten Grundstück eingebracht und mit diesem fest verbunden, so spricht eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Pachtverhältnisses und damit nur zu einem vorübergehenden Zweck im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB geschehen sollte, mit der Folge, dass diese eingebrachten Sachen als bloße "Scheinbestandteile" nicht gemäß §§ 93, 94 BGB in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergehen, sondern im Eigentum des Pächters verbleiben (vgl. hierzu Senatsurteil vom 13. Februar 2003 - [X.], [X.] 2003, 391, 392; [X.], Urteile vom 4. Juli 1984 - [X.], [X.]Z 92, 70, 73 f; vom 31. Oktober 1986 - [X.], NJW 1987, 774; vom 20. Mai 1988 - [X.], [X.]Z 104, 298, 301 und vom 22. Dezember 1995 - [X.], NJW 1996, 916, 917; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 95 Rn. 8, 10). Diese Vermutung wird nicht schon bei einer massiven Bauart des Gebäudes oder bei langer Dauer des Vertrags entkräftet (Senatsurteil vom 13. Februar 2003 aaO; [X.], Urteile vom 4. Juli 1984 aaO [X.] und vom 22. Dezember 1995 aaO mwN). Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass der Pächter bei der Einbringung den Willen hat, die Sache bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in das Eigentum des Verpächters beziehungsweise eines dritten Grundstückseigentümers fallen zu lassen (Senatsurteil vom 13. Februar 2003 aaO; [X.], Urteile vom 4. Juli 1984 aaO; vom 20. Mai 1988 aaO und vom 22. Dezember 1995 mwN; [X.]/[X.] aaO).

Nach diesen Grundsätzen befinden sich Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen, die entweder vom Kleingartenpächter selbst errichtet oder von einem Vorpächter eingebracht und sodann vom Pächter übernommen worden sind, im Eigentum des [X.] und nicht im Eigentum des Verpächters oder eines dritten Grundstückseigentümers ([X.], [X.], 10. Aufl., § 3 Rn. 45 und § 4 Rn. 21; vgl. auch Senatsurteil vom 13. Februar 2003 aaO). Dies spiegelt sich in § 6 Nr. 2 des Pachtvertrags wider, der mit der Begründung der Verpflichtung des abgebenden Pächters, die Baulichkeiten und Anpflanzungen gegen Erstattung des wertermittelten Betrags auf den [X.] zu übertragen, voraussetzt, dass nicht der Grundstückseigentümer oder der Verpächter, sondern der (abgebende) Pächter Eigentümer dieser Sachen ist (vgl. zur Anwendung der §§ 929 ff [X.] etwa [X.], Urteil vom 31. Oktober 1986 aaO mwN).

(2) Der Verpächter muss grundsätzlich nicht hinnehmen, dass der Pächter die in dessen Eigentum stehenden Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen auf dem Grundstück belässt. Vielmehr kann er vom Pächter die Entfernung dieser Sachen verlangen.

Gemäß § 546 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 581 Abs. 2 BGB, § 4 Abs. 1 [X.] ist der Pächter verpflichtet, den Kleingarten zurückzugeben. Die Pflicht zur Räumung umfasst neben der Übergabe des unmittelbaren Besitzes an dem Grundstück auch die Entfernung von Baulichkeiten, Anlagen, Einrichtungen und Anpflanzungen, die der Pächter eingebracht oder von seinem Vorpächter übernommen hat, soweit diese Sachen nicht vereinbarungsgemäß vom Verpächter oder vom nachfolgenden Pächter zu übernehmen sind (vgl. dazu [X.], Urteile vom 8. Juli 1981 - [X.], NJW 1981, 2564 f; vom 23. Oktober 1985 - [X.], [X.]Z 96, 141, 144 und vom 26. April 1994 - [X.], NJW-RR 1994, 847, 848 mwN; [X.], NJW-RR 1991, 11; [X.], [X.], 767; [X.] aaO § 4 Rn. 21 und vor §§ 7 bis 10 Rn. 8). Darauf, ob die Baulichkeiten, Anlagen, Einrichtungen und Anpflanzungen der kleingärtnerischen Nutzung (§ 4 des Pachtvertrags) dienen oder nicht, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. § 596 Abs. 1 BGB, wonach der Pächter verpflichtet ist, die Pachtsache in dem Zustand zurückzugeben, der einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht - danach dürften beziehungsweise müssten zumindest die üblichen Anpflanzungen auf dem Grundstück verbleiben (vgl. [X.]/[X.] aaO § 95 Rn. 10) -, ist nicht einschlägig; § 4 [X.] ordnet die subsidiäre Geltung der Vorschriften des allgemeinen Pachtrechts und nicht der speziellen Bestimmungen über den [X.] (§§ 585 bis 597 BGB) an ([X.] aaO § 4 Rn. 4).

(3) Hiernach enthält die in § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags für den Fall des Fehlens eines [X.]s statuierte Pflicht des Pächters, den Kleingarten von Anpflanzungen, Baulichkeiten und Anlagen zu beseitigen und gewissermaßen im "Urzustand" (umgegraben) zurückzugeben, keine erhebliche Abweichung von den Vorgaben der gesetzlichen Regelung.

bb) Soweit der Pächter in § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags anstelle der Beseitigung der Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen zur Fortzahlung der vereinbarten Entgelte und Gebühren verpflichtet wird, steht diese Regelung (zumindest: im [X.]) ebenfalls im Einklang mit dem dispositiven Gesetzesrecht (s. § 584b BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1 [X.]).

cc) Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen folgt eine Unwirksamkeit von § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB auch nicht aus dem Zweck des [X.] und der Abwägung der berechtigten Interessen beider Vertragsteile.

Der Zweck des [X.] liegt in der - sozialpolitisch und städtebaulich erwünschten (s. [X.] aaO Einl. Rn. 3 ff) - Nutzung eines Grundstücks zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf und zur Erholung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) im Rahmen einer hierfür bereit gestellten Anlage (Kleingartenanlage, § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) und innerhalb einer Gemeinschaft von Kleingärtnern, deren Organisation ([X.]) regelmäßig die Gemeinnützigkeit zuerkannt wird (§ 2 [X.]). Sowohl der verpachtende [X.] als auch der Kleingartenpächter nehmen hierauf bezogen ihre Aufgaben und Funktionen wahr und sind insoweit beiderseits schutzwürdig. Der Pächter hat ein vom Gesetz anerkanntes Interesse an einer preisgünstigen und ihm gegenüber nur unter besonderen Voraussetzungen kündbaren Kleingartennutzung (s. §§ 5, 6 und 8 ff [X.]). Dem verpachtenden [X.] obliegt es, die ordnungsgemäße kleingärtnerische Nutzung sicherzustellen und das Wohl der [X.] in der betroffenen Anlage zu fördern.

Will ein Pächter den Kleingartenpachtvertrag durch eigene Kündigung beenden und die Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen auf dem Grundstück belassen, findet sich jedoch kein [X.], so kann er nicht darauf vertrauen, dass der verpachtende Verein und somit die Gemeinschaft der in der Anlage verbliebenen Kleingartenpächter - auf eigene Kosten - dafür sorgt, dass der Kleingarten ordnungsgemäß weiterbewirtschaftet wird oder die darauf befindlichen Sachen entfernt werden, um auf diese Weise einen Verfall der Baulichkeiten und Anlagen und eine "Verwilderung" des [X.] abzuwenden. Die vollständige Beräumung des von ihm genutzten Grundstücks obliegt dem Pächter, der - wie oben ausgeführt - auch Eigentümer der eingebrachten Sachen ist. Dies mag für den Pächter im Einzelfall eine erhebliche Belastung darstellen. Es ist aber nicht zu verkennen, dass diese Belastung sonst den verpachtenden Verein träfe und kein tragfähiger Grund ersichtlich ist, warum das Kostenfreihaltungsinteresse des Pächters das Kostenfreihaltungsinteresse des verpachtenden Vereins überwiegen sollte. [X.] (in der betreffenden Anlage) von [X.] in ausreichendem Maße nachgefragt, so wird es regelmäßig keine großen Schwierigkeiten bereiten, einen [X.] zu finden, der bereit ist, die vom Pächter eingebrachten oder übernommenen Sachen (gegen Zahlung eines [X.]) seinerseits zu übernehmen (§ 6 Nr. 2 des Pachtvertrags, §§ 929 ff BGB); in diesem Falle werden weder Pächter noch Verpächter mit besonderen Kosten belastet. Gibt es aber in der betroffenen Anlage nur wenig oder gar keine Nachfrage nach [X.], so könnte es für den verpachtenden [X.] zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen, müsste er seinerseits, trotz geringer eigener, ihm verbleibender Einnahmen, die Kosten für die kleingärtnerische Weiterbewirtschaftung oder die vollständige Beräumung der von Pächtern gekündigten Parzellen tragen.

Einer Differenzierung danach, ob die Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen vom kündigenden Pächter oder einem Vorpächter eingebracht - und vom kündigenden Pächter sodann übernommen (§ 6 Nr. 2 des Pachtvertrags) - worden sind oder ob sie der üblichen kleingärtnerischen Nutzung entsprechen oder nicht, bedarf es nicht. Der Pächter, der die Sachen auf eigene Kosten selbst eingebracht hat, ist nicht geringer oder höher schutzwürdig als der Pächter, der diese Sachen gegen Zahlung eines [X.] übernommen hat. Das mit der Beseitigung der Sachen verbundene wirtschaftliche Opfer ist in beiden Fällen gleich. Auf die Frage, ob die Einbringung der üblichen kleingärtnerischen Nutzung entspricht, kommt es deshalb nicht an, weil eine Einbringung von Sachen, die im Widerspruch zur ordnungsgemäßen kleingärtnerischen Nutzung steht, ohnehin nicht gestattet ist und es bei der Räumung des Kleingartengrundstücks in aller Regel (wegen der Nichtanwendbarkeit des § 596 Abs. 1 BGB) gerade um die "üblicherweise" (im Rahmen einer ordnungsgemäßen kleingärtnerischen Nutzung) eingebrachten Sachen geht.

Den Interessen des kündigenden Pächters wird § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags hinreichend dadurch gerecht, dass die mit der vollständigen Beräumung des Grundstücks verbundenen Kosten durch Beibringung eines [X.]s (dann findet die Regelung in § 6 Nr. 1 bis 5 des Pachtvertrags Anwendung) oder durch Weiterbewirtschaftung des [X.] abgewendet werden können. Die Begründung der Vorinstanzen, § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags wirke sich für den Pächter faktisch als Kündigungshindernis aus, berücksichtigt nicht, dass die Pflicht zur vollständigen Räumung des Grundstücks, also einschließlich der Entfernung von dort eingebrachten Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen, zu den vom Gesetz vorgesehenen Folgen der wirksamen Beendigung eines Pachtvertrags zählt. Soweit der Pächter anstelle der Räumung (Beseitigung) zu einer Weiterbewirtschaftung unter Fortzahlung der vereinbarten Entgelte und Gebühren verpflichtet wird, findet auch dies in den gesetzlichen Vorgaben eine Stütze (s. § 584b Satz 1 und 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 [X.]). Dementsprechend kann die in § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags niedergelegte alternative Verpflichtung des Pächters (zur Räumung/Beseitigung oder entgeltlicher Weiterbewirtschaftung) im Grundsatz nicht als eine unbillige Belastung oder Kündigungserschwerung gewertet werden. Das "Risiko der Nichtweiterverpachtung des Grundstücks" liegt insofern - nämlich: hinsichtlich der Kosten der Beräumung des Grundstücks oder einer Weiterbewirtschaftung - nach dem Leitbild des Gesetzes beim Pächter.

Erscheint eine Aufrechterhaltung der Bewirtschaftung des [X.] samt der dort eingebrachten Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen gerade auch im Interesse des Vereinszwecks geboten, weil zu erwarten ist, dass sich in nicht ferner Zeit ein übernahmewilliger [X.] findet, so ist es dem Pächter regelmäßig zumutbar, in der Zwischenzeit für die Weiterbewirtschaftung seiner Parzelle zu sorgen. Sollte dies dem Pächter ausnahmsweise - aus besonderen Gründen - nicht zumutbar sein, so führen solche Sonder- und Einzelfälle nicht zur Unwirksamkeit der Klausel in § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags wegen unangemessener Benachteiligung des Pächters (§ 307 Abs. 1 und 2 BGB); vielmehr käme dann ein Einwand aus § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben; hier: unzulässige Rechtsausübung) in Betracht.

2. Nach alldem kann der Klage nicht mit der Begründung der Erfolg versagt werden, dass § 6 Nr. 6 des Pachtvertrags unwirksam sei. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Es fehlen insbesondere noch Feststellungen zu den weiteren Einwänden des Beklagten gegen den [X.] (Abnahme durch den Vorstand als ordnungsgemäß; genauer Umfang der [X.]), die das Berufungsgericht nachzuholen haben wird.

[X.]

                Tombrink                            [X.]

Meta

III ZR 266/12

21.02.2013

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Braunschweig, 13. August 2012, Az: 8 S 565/11

§ 95 Abs 1 BGB, § 307 BGB, § 546 Abs 1 BGB, § 581 Abs 2 BGB, § 584b BGB, § 4 Abs 1 BKleingG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.02.2013, Az. III ZR 266/12 (REWIS RS 2013, 8006)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8006

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 266/12 (Bundesgerichtshof)


III ZR 249/12 (Bundesgerichtshof)


III ZR 163/03 (Bundesgerichtshof)


211 C 137/23 (Amtsgericht Köln)


III ZR 355/17 (Bundesgerichtshof)

Kleingartenpachtvertrag: Kündigung des Hauptpachtvertrages durch den Zwischenpächter; Herausgabeanspruch des Hauptverpächters gegen den Endpächter; Einwand der …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.