Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2017, Az. I ZR 196/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 608

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:141217BIZR196.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZR 196/15
vom
14. Dezember 2017
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der I. Zivilsenat des [X.] hat am 14. Dezember 2017 durch [X.]
Dr.
Büscher, [X.]
Dr.
Koch, Dr.
Löffler, die Richterin Dr.
[X.] und den Richter Feddersen

beschlossen:

Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung gegen den [X.] vom 29.
Juni 2017 werden auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Antrag der Beklagten auf Beiordnung eines Notanwalts wird zurückgewiesen.

Gründe:

1. Der Senat hat mit Beschluss vom 29.
Juni 2017 die von der Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Die Prozessbevoll-mächtigten der Beklagten haben danach das Mandat niedergelegt. Nach dem Vorbringen der Beklagten haben sie es abgelehnt, gegen den Senatsbeschluss vom 29.
Juni 2017 Anhörungsrüge zu erheben.

2. Die von der Beklagten gegen den Senatsbeschluss vom 29.
Juni 2017 eingelegten Rechtsbehelfe sind unzulässig.

1
2
-
3
-
a) Die von der Beklagten persönlich mit Schreiben vom 21.
Juli 2017 er-hobene Gegenvorstellung, ergänzt durch mehrere Schreiben, wird mit der [X.], insbesondere mit der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör begründet. Sie ist deshalb insoweit als Anhörungsrüge (§
321a Abs. 1 ZPO) auszulegen. Diese ist unzulässig, weil sie nicht von einem beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde besteht Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO); dies gilt auch für eine in diesem Verfahren erhobene Anhörungsrüge ([X.], Beschluss vom 25. April 2012 -
IX [X.]) oder eine Gegenvorstel-lung.

b) Eine von einem beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt eingelegte Anhörungsrüge wäre auch unbegründet.

aa) Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem [X.] gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht ([X.] 86, 133, 144; [X.], NJW-RR 2004, 1710, 1712). Die [X.] hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ih-rem Vorbringen befasst ([X.], Beschluss vom 3. April 2014 -
I [X.], Mar-kenR 2014, 343 Rn. 2 -
BAVARIA; Beschluss vom 18. Dezember 2014
-
I
ZR 228/12, juris Rn. 2; Beschluss vom 21. Januar 2016 -
I [X.], juris Rn. 2).

[X.]) Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 29. Juni 2017 die Angrif-fe der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten in vollem Umfang geprüft, jedoch sämtlich nicht für durchgreifend erachtet. Die Erforderlichkeit einer Vor-3
4
5
6
-
4
-
lage der Sache an den [X.] ist in der umfang-reichen Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht vorgetragen [X.]. Es ist im Hinblick auf die darin vorgetragenen Zulassungsgründe auch nicht ersichtlich, dass eine solche Vorlage notwendig wäre. Soweit die Beklagte mit
der Gegenvorstellung und Anhörungsrüge nunmehr geltend macht, es sei ein Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] zu richten, kann sie damit keinen Erfolg haben. Das Verfahren der Anhörungs-rüge und der Gegenvorstellung soll dazu dienen, [X.] zu beseiti-gen. Es dient jedoch nicht dazu, erstmalig Gründe für die Zulassung der [X.] vorzutragen. Die Begründung für die Nichtzulassungsbeschwerde ist [X.] gesetzlich geregelter Fristen bei dem Revisionsgericht einzureichen, in-nerhalb derer die Zulassungsgründe dargelegt werden müssen. Aus diesem Grund kann im Verfahren der Anhörungsrüge auch nicht geltend gemacht wer-den, der beim [X.] zugelassene Anwalt habe es trotz einer ent-sprechenden Bitte der von ihm vertretenen [X.] unterlassen, von ihr für maß-geblich gehaltene Umstände in die Begründung der [X.] aufzunehmen. Es stellt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Ge-hör dar, wenn sich das Gericht nicht mit Vorbringen befasst, das
ihm nicht un-terbreitet worden ist.

cc) Soweit die Beklagte mit der Anhörungsrüge auf den Vortrag zur [X.] Bezug nimmt, kann die Anhörungs-rüge damit nicht begründet werden. Nach der vom [X.] gebilligten Rechtsprechung des [X.] können mit der Anhörungs-rüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden ([X.], NJW 2008, 2635 f.; [X.], Mar-kenR 2014, 343 Rn. 4 -
BAVARIA).

7
-
5
-
dd) In der Rechtsprechung des [X.]s ist im Übri-gen geklärt, dass eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung von [X.] wegen regelmäßig keiner Begründung bedarf ([X.], NJW 2011, 1497 Rn. 12). Das gilt auch für Entscheidungen des [X.], mit denen -
wie hier -
eine Beschwer-de gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 544 Abs. 4 ZPO zurückge-wiesen worden ist ([X.], NJW 2011, 1497 Rn. 12). Eine Begründung ist nur dann ausnahmsweise geboten, wenn vom eindeutigen Wortlaut einer Norm ab-gewichen wird und der Grund hierfür nicht ohne weiteres erkennbar ist, oder wenn ein im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde beste-hender [X.] vor der Entscheidung über diese wegfällt und deswe-gen eine Prüfung der Erfolgsaussichten auf der Grundlage anderer als der von der Vorinstanz als tragend angesehenen Gründe erforderlich ist ([X.], NJW 2011, 1497 Rn. 13). Eine solche Ausnahme ist jedoch weder dargetan noch sonst ersichtlich.

3. Der Antrag der Beklagten vom 21.
Juli 2017 auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nach §
78b Abs.
1 ZPO ist unbegründet.

a) Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts für die Beklagte gemäß §
78b Abs. 1 ZPO ist zwar rechtzeitig innerhalb der Frist für die Einlegung einer Anhörungsrüge gestellt worden (§ 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO).

b) Die Voraussetzungen des § 78b Abs. 1 ZPO für die Beiordnung eines Notanwalts sind jedoch nicht erfüllt. Nach der genannten Vorschrift kann einer [X.] ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

8
9
10
11
-
6
-
aa) Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass die [X.] trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden und ihre entsprechenden Bemühungen dem Gericht substantiiert dargelegt und nachgewiesen hat ([X.], Beschluss vom 22. August 2011 -
IV ZR 77/11, juris Rn. 5; Beschluss vom 19. Oktober 2011 -
I [X.], juris Rn. 2). Hiervon ist auszugehen. Die Beklagte hat ausreichend dargelegt, dass sich weder ihr [X.] Prozessbevollmächtigter noch einer der übrigen beim Bundesgerichts-hof zugelassenen Rechtsanwälte bereitgefunden hätte, für sie eine Anhörungs-rüge zu erheben.

[X.]) Eine Beiordnung eines Notanwalts kommt nicht in Betracht, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtslos erscheint. Gegen den die [X.] zurückweisenden Beschluss vom 29.
Juni 2017 ist kein Rechtsmittel gegeben. Eine Anhörungsrüge nach §
321a ZPO und eine Gegenvorstellung wären aus den dargelegten Gründen unbegründet.

c) Hinzu kommt, dass es Ziel der Anhörungsrüge und Gegenvorstellung der Beklagten ist, auf Umstände
hinzuweisen, die ihr Prozessbevollmächtigter im [X.] nicht als geeignet angesehen hat, um die Zulassung der Revision zu erreichen. Die Beiordnung eines am Bundesge-richtshof zugelassenen Rechtsanwalts allein zu dem Zweck, einen [X.] entgegen dem Rat des Prozessbevollmächtigten einzulegen und durchzu-führen und hierbei die rechtlichen Überlegungen der Beklagten zur Grundlage eines Begründungsschriftsatzes zu machen, würde dem Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung zuwiderlaufen, der darin besteht, die Rechtspflege durch eine leistungsfähige und in Revisionssachen besonders qualifizierte An-waltschaft zu stärken und die Rechtsuchenden kompetent zu beraten ([X.], Beschluss vom 13.
Dezember 2016 -
VIII
ZR 241/15, NJW-RR 2017, 187 Rn.
6). Die Anwaltschaft beim [X.] leistet einen wesentlichen 12
13
14
-
7
-
Beitrag dazu, den [X.] von unzulässigen Rechtsmitteln zu entlas-ten und in den [X.] das Vorbringen auf dieje-nigen Darlegungen zu beschränken, die für die Beurteilung der Frage erforder-lich sind, ob ein Grund zur Zulassung der Revision in Betracht kommt.

Büscher
Koch
Löffler

[X.]
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.03.2011 -
16 O 84/10 -

KG Berlin, Entscheidung
vom 15.04.2015 -
5 [X.] -

Meta

I ZR 196/15

14.12.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2017, Az. I ZR 196/15 (REWIS RS 2017, 608)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 608

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 195/15 (Bundesgerichtshof)


I ZR 195/15 (Bundesgerichtshof)

Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren: Beiordnung eines Notanwalts wegen Nichterhebung einer Anhörungsrüge durch den ehemaligen Prozessbevollmächtigten


XI ZR 14/23 (Bundesgerichtshof)


II ZR 210/21 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 124/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

I ZR 195/15

I ZR 137/12

I ZR 98/11

I ZR 196/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.