Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.06.2011, Az. 27 W (pat) 166/10

27. Senat | REWIS RS 2011, 5417

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Figurzauber" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 004 554.2

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 28. Juni 2011 durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin am Landgericht Werner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat beim [X.] die Eintragung der Wortmarke

2

Figurzauber

3

für eine Vielzahl von Waren der Klasse 25 beantragt.

4

Die Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschluss vom 19. Mai 2009 teilweise, nämlich für

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Bekleidungsstücke (einschließlich gewirkter, gestrickter und gewebter und Lederbekleidungsstücke) für [X.], Herren, Kinder, insbesondere Ober-, Unter-, Freizeit-, Berufs- und Sportbekleidungsstücke; Bademodenbekleidung einschließlich Badeanzüge, Badehosen, Bademäntel, Bandanas (Tücher für [X.]); Pelze (Bekleidung); Bekleidung aus Lederimitat; Lederbekleidung; Bekleidung für Autofahrer; Hemden; Radfahrerbekleidung; Trikotbekleidung; Konfektionskleidung; Gürtel (Bekleidung); konfektionierte [X.]; Strumpfhosen; Unterwäsche (Bekleidungsstücke) und [X.] einschließlich [X.] ([X.], Bodys); Büstenhalter, [X.], [X.], [X.], Unterhemden, Unterhosen, Korsagen, Schlüpfer, Slips, Mieder, [X.] mit und ohne Bein, Taillenformer, Unterröcke; Korsettleibchen,

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zurückgewiesen.

7

Die dagegen eingelegte Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 mangels Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das ist damit begründet, bei Bekleidungsstücken sei es vielfach das entscheidende Kaufargument, dass der Käufer in dem Kleidungsstück eine „gute Figur“ mache. Damit vermittle „Figurzauber“ lediglich die werbeüblich komprimierte Aussage, dass die so gekennzeichneten Waren aufgrund besonderer Eigenschaften oder Gestaltung geeignet seien, die Figur des Trägers wie durch einen Zauber zu verbessern. Eine Internetrecherche habe ergeben, dass der Begriff „Figurzauber“ in Produktbeschreibungen in diesem Sinn verwendet werde (Anlage 1-3). Aussagen, wie „purer Figurzauber mit sexy freier offener Schulter - frech und schick“ oder „Bruststraffmöglichkeit für Sitz nach selbstbestimmbarer Laune - herrlicher Figurzauber“ oder „perfekter Figurzauber .... ultrakaschierend“, werde der Verbraucher ohne weiteres in ihrer beschreibenden Bedeutung verstehen. Auch schlagwortartig in Alleinstellung behalte der Begriff „Figurzauber“ diesen Charakter. Daher fehle dem Anmeldezeichen jegliche Eignung, als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der entsprechend gekennzeichneten Produkte zu wirken.

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Bei den Voreintragungen „Bio Zauber“ und „Seifenzauber“ handle es sich um [X.] mit schutzfähigen Bildbestandteilen.

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Der Erinnerungsbeschluss wurde am 11. Oktober 2010 als Einschreiben zur Post gegeben.

Die Anmelderin hat am 18. Oktober 2010 dagegen Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, „Figurzauber“ sei keine sprachübliche Bezeichnung für Bekleidung. Schon die Kombination der Wörter „Figur“ und „Zauber“ sei ungewöhnlich und daher mehrdeutig.

Die Markenstelle habe sich mit entsprechenden Voreintragungen, insbesondere der Marke 399 11 868 „[X.]“, nicht bzw. nicht ausreichend auseinandergesetzt.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle insoweit aufzuheben als dem angemeldeten Zeichen die Eintragung versagt worden sei.

II.

1)

Nachdem die Anmelderin keine mündliche Verhandlung beantragt hat, kann ohne diese entschieden werden.

2)

Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen die [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] entgegen.

a)

§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren dienen können.

Der Ausschluss solcher zur Beschreibung geeigneter Angaben dient dazu, dass sie jedermann frei verwenden kann. Es ist daher nicht erlaubt, solche Angaben durch eine Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorzubehalten (vgl. [X.] GRUR Int. 2003, 632, [X.]. 73 - Linde).

Nach der von der Markenstelle durchgeführten Internet-Recherche ist „Figurzauber“ im Modebereich ein verwendeter Begriff, der eine korrigierende Wirkung von Bekleidung auf die Figur der Träger beschreibt. Auch der Senat, der nach Geschäftsverteilungsplan Fälle aus der [X.] (Mode) bearbeitet, kennt diese Bezeichnung mit der von der Markenstelle ihren Beschlüssen zu Grunde gelegten Bedeutung im Modebereich.

b)

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verbraucher zu beurteilen, wobei die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren maßgeblich ist. Ausgehend hiervon besitzen Marken keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen das angesprochene Publikum für die fraglichen Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel wirken (vgl. [X.], 1153, 1154 - antiKALK; WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch).

„Figurzauber“ stellt sich nach dem unter a) Ausgeführten als bloße Sachaussage dar.

c)

Der Anmelder kann auch aus der Eintragung - seiner Ansicht nach - vergleichbarer Marken keinen Anspruch auf Registrierung im vorliegenden Fall herleiten. Voreintragungen - selbst identischer Marken - führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage. Die Schutzfähigkeit einer neu angemeldeten Marke ist bezogen auf den konkreten Einzelfall ausschließlich anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen; einer vorgängigen Amtspraxis (des [X.]s oder eines ausländischen Markenamts) kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. z. B. [X.] GRUR 2009, 676, Nr. 19 - Schwabenpost; [X.], 1093, Nr. 18 - [X.]; [X.], 425 - Volksflat).

Die von der Anmelderin zitierte Marke „[X.]“, die u. a. auch für Reinigungsgeräte eingetragen ist, kann aber mit „Figurzauber“ ohnehin nicht gleichgestellt werden, da dabei ein Adjektiv oder Adverb mit „Zauber“ kombiniert wurde, was als etwas ungewöhnlicher angesehen worden sein mag als die hier zu beurteilende Kombination eines Substantivs in Pluralform mit „Zauber“. Letzteres ist sprachüblicher (Küchenzauber, Feuerzauber, Liebeszauber etc.). Die Markenstelle hat sich im Übrigen mit Voreintragungen ausreichend auseinandergesetzt.

Meta

27 W (pat) 166/10

28.06.2011

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.06.2011, Az. 27 W (pat) 166/10 (REWIS RS 2011, 5417)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5417

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

26 W (pat) 508/18

30 W (pat) 39/12

27 W (pat) 71/12

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