Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 01.07.2021, Az. I ZB 31/20

1. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 4425

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Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen: Sichtbarkeit eines ein Muster verkörpernden Bauelements; bestimmungsgemäße Verwendung eines komplexen Erzeugnisses durch den Endbenutzer - Sattelunterseite


Leitsatz

Sattelunterseite

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 3 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (ABl. EG L 289 vom 28. Oktober 1998, S. 28) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist ein Bauelement, das ein Muster verkörpert, bereits dann "sichtbar" im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 98/71/EG, wenn es objektiv möglich ist, das Design in eingebautem Zustand des Bauelements erkennen zu können, oder kommt es auf die Sichtbarkeit unter bestimmten Nutzungsbedingungen oder aus einer bestimmten Betrachterperspektive an?

2. Wenn Frage 1 dahin zu beantworten ist, dass die Sichtbarkeit unter bestimmten Nutzungsbedingungen oder aus einer bestimmten Betrachterperspektive maßgeblich ist:

a) Kommt es für die Beurteilung der "bestimmungsgemäßen Verwendung" eines komplexen Erzeugnisses durch den Endbenutzer im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 98/71/EG auf den vom Hersteller des Bauelements oder des komplexen Erzeugnisses intendierten Verwendungszweck oder die übliche Verwendung des komplexen Erzeugnisses durch den Endbenutzer an?

b) Nach welchen Kriterien ist zu beurteilen, ob die Verwendung eines komplexen Erzeugnisses durch den Endbenutzer "bestimmungsgemäß" im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 98/71/EG ist?

Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem [X.] werden zur Auslegung von Art. 3 Abs. 3 und 4 der [X.]/[X.] und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen ([X.]. [X.] vom 28. Oktober 1998, [X.]) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist ein Bauelement, das ein Muster verkörpert, bereits dann "sichtbar" im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der [X.]/[X.], wenn es objektiv möglich ist, das Design in eingebautem Zustand des Bauelements erkennen zu können, oder kommt es auf die Sichtbarkeit unter bestimmten Nutzungsbedingungen oder aus einer bestimmten Betrachterperspektive an?

2. Wenn Frage 1 dahin zu beantworten ist, dass die Sichtbarkeit unter bestimmten Nutzungsbedingungen oder aus einer bestimmten Betrachterperspektive maßgeblich ist:

a) Kommt es für die Beurteilung der "bestimmungsgemäßen Verwendung" eines komplexen Erzeugnisses durch den Endbenutzer im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und 4 der [X.]/[X.] auf den vom Hersteller des Bauelements oder des komplexen Erzeugnisses intendierten Verwendungszweck oder die übliche Verwendung des komplexen Erzeugnisses durch den Endbenutzer an?

b) Nach welchen Kriterien ist zu beurteilen, ob die Verwendung eines komplexen Erzeugnisses durch den Endbenutzer "bestimmungsgemäß" im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und 4 der [X.]/[X.] ist?

Gründe

1

I. Für die Designinhaberin ist beim [X.] seit dem 3. November 2011 das am 9. September 2011 angemeldete Design Nr. 40 2011 004 383-0001 für die Erzeugnisse "Sättel für Fahrräder oder Motorräder" mit folgender einziger Darstellung eingetragen, die die Unterseite eines Sattels zeigt:

Abbildung

2

Die Antragstellerin hat am 27. Juli 2016 die Feststellung der Nichtigkeit des Designs beantragt. Sie macht geltend, dem Design fehlten die [X.] der Neuheit und Eigenart. Vor allem sei es nach § 4 [X.] vom Schutz ausgeschlossen, weil es als Bauelement der komplexen Erzeugnisse "Fahrrad" und "Motorrad" bei deren bestimmungsgemäßer Verwendung nicht sichtbar sei.

3

Die Designabteilung des [X.]s hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das [X.] das Design für nichtig erklärt ([X.], 246). Hiergegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde der Designinhaberin, deren Zurückweisung die Antragstellerin beantragt.

4

II. Das [X.] hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren relevant - angenommen, auf die zulässige Beschwerde sei nach § 33 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, §§ 2, 4, 1 Nr. 4 [X.] die Nichtigkeit des angegriffenen Designs festzustellen, weil es über keine Neuheit und Eigenart verfüge. In seiner naheliegenden Erscheinungsform als Unterseite eines [X.] könne das angegriffene Design bei einem Erzeugnis benutzt werden, das als Bauelement in das komplexe Erzeugnis "Fahrrad" eingefügt werden könne. Bei der bestimmungsgemäßen Verwendung des Fahrrads durch den [X.], die den [X.] und das Auf- und Absteigen umfasse, werde die designgegenständliche Unterseite eines [X.] nicht sichtbar.

5

III. [X.] von der Auslegung von Art. 3 Abs. 3 und 4 der [X.]/[X.] ab, der durch § 4 in Verbindung mit § 1 Nr. 4 [X.] in das nationale Recht umgesetzt worden ist.

6

1. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist ein eingetragenes Design nichtig, wenn das Design nicht neu ist oder keine Eigenart hat. Ein Design, das bei einem Erzeugnis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, gilt gemäß § 4 [X.] nur dann als neu und hat nur dann Eigenart, wenn das Bauelement, das in ein komplexes Erzeugnis eingefügt ist, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt und diese sichtbaren Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzungen der Neuheit und Eigenart erfüllen. Eine bestimmungsgemäße Verwendung ist nach § 1 Nr. 4 [X.] die Verwendung durch den [X.], ausgenommen Maßnahmen der Instandhaltung, Wartung oder Reparatur.

7

2. Ein Fahrrad- oder Motorradsattel stellt ein Erzeugnis im Sinne des § 1 Nr. 2 Halbsatz 1 [X.] dar. Dieser Begriff umfasst jeden industriellen oder handwerklichen Gegenstand einschließlich von Einzelteilen, die zu einem komplexen Erzeugnis zusammengebaut werden sollen.

8

3. Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet ist das [X.] davon ausgegangen, dass ein Fahrrad ein komplexes Erzeugnis und ein Fahrradsattel ein Bauelement dieses komplexen Erzeugnisses ist.

9

a) Ein komplexes Erzeugnis ist nach § 1 Nr. 3 [X.] ein Erzeugnis aus mehreren Bauelementen, die sich ersetzen lassen, so dass das Erzeugnis auseinander- und wieder zusammengebaut werden kann. Der Begriff des Bauelements ist mangels Definition in der [X.]/[X.] nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu bestimmen. Mit der Wendung "Bauelemente eines komplexen Erzeugnisses" werden die verschiedenen Einzelteile bezeichnet, die zu einem komplexen industriellen oder handwerklichen Gegenstand zusammengebaut werden sollen und sich ersetzen lassen, so dass ein solcher Gegenstand auseinander- und wieder zusammengebaut werden kann, und deren Fehlen dazu führen würde, dass das komplexe Erzeugnis nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann (zu Art. 3 Buchst. [X.] ([X.]) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster [nachfolgend: [X.]] vgl. [X.], Urteil vom 20. Dezember 2017 - [X.]/16 und [X.]/16, [X.], 284 Rn. 64 f. = [X.], 308 - Acacia und [X.] [Acacia/[X.]]); [X.], Beschluss vom 30. Januar 2020 - [X.], GRUR 2020, 392 Rn. 18 = [X.], 478 - Front kit).

b) Danach hat das [X.] ohne Rechtsfehler angenommen, ein regelmäßig über ein Sattelrohr fest verbundener, jedoch ohne Weiteres austauschbarer Sattel sei ein Bauelement eines Fahrrads und der Sattel bilde eine Funktionseinheit mit dem komplexen Erzeugnis "Fahrrad", da ein Fahrrad ohne Sattel nicht seiner Bestimmung entsprechend als Fortbewegungsmittel genutzt werden könne. Das [X.] hat seinen Blick jedoch auf die aus seiner Sicht naheliegende Erscheinungsform des Designs als Unterseite eines [X.] verengt, ohne auf eine mögliche Verwendung als Unterseite eines Motorradsattels einzugehen. Im Fall einer Zurückverweisung wird es entsprechende Feststellungen nachzuholen haben.

4. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist davon auszugehen, dass die in Rede stehenden Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzungen der Neuheit und Eigenart erfüllen (§ 4 in Verbindung mit § 2 [X.]). Dies hat das [X.] ohne abschließende Sachprüfung unterstellt.

5. Mit Blick auf das vom [X.] geprüfte komplexe Erzeugnis "Fahrrad" hängt der Erfolg der Rechtsbeschwerde davon ab, ob die Unterseite eines [X.], der in ein Fahrrad eingefügt ist, im Sinne von § 4 und § 1 Nr. 4 [X.] bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung durch den [X.] sichtbar bleibt. Diese Vorschriften setzen Art. 3 Abs. 3 und 4 der [X.]/[X.] in das nationale Recht um und sind daher richtlinienkonform auszulegen. Gemäß Art. 3 Abs. 3 der [X.]/[X.] gilt das Muster, das bei einem Erzeugnis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, nur dann als neu und hat nur dann Eigenart, a) wenn das Bauelement, das in das komplexe Erzeugnis eingefügt ist, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt und b) soweit diese sichtbaren Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzungen der Neuheit und Eigenart erfüllen. Nach Art. 3 Abs. 4 der [X.]/[X.] bedeutet "bestimmungsgemäße Verwendung" im Sinne des Absatzes 3 Buchst. a die Verwendung durch den [X.], ausgenommen Maßnahmen der Instandhaltung, Wartung oder Reparatur. Ähnliche Regelungen für das Gemeinschaftsgeschmacksmuster finden sich in Art. 4 Abs. 2 und 3 [X.].

Die Auslegung der Begriffe "bei bestimmungsgemäßer Verwendung" und "sichtbar" in Art. 3 Abs. 3 und 4 der [X.]/[X.] ist nicht eindeutig und bedarf daher der Klärung durch den Gerichtshof der [X.].

a) Zutreffend hat das [X.] angenommen, dass es auf die Sichtbarkeit des auf der [X.] enthaltenen Designs nach dem Einbau des Bauelements (Sattel) in das komplexe Erzeugnis (Fahrrad), nicht aber vor dem Einbau oder nach dem Ausbau des Bauelements ankommt.

aa) Das [X.] hat ausgeführt, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 [X.] sei es erforderlich, dass ein in das komplexe Erzeugnis "eingefügtes" Bauelement sichtbar bleibe. Hingegen könne eine erst durch oder bei Trennung des Bauelements von dem komplexen Erzeugnis sich eröffnende Sicht keine dem [X.] entgegenwirkende Sichtbarkeit begründen. Letzteres sei der Fall, wenn die Unterseite des [X.] erst mit dessen Ausbau zu den Zwecken des Austauschs gegen einen anderen Sattel oder des [X.] sichtbar werde. Gleiches gelte für eine Sichtbarkeit vor Einbau des Bauelements in das komplexe Erzeugnis, zum Beispiel beim Kauf eines [X.] als Einzelteil.

bb) Diese von der Rechtsbeschwerde nicht beanstandete Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Nach dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 der [X.]/[X.] und des seiner Umsetzung dienenden § 4 [X.] muss das Bauelement, das in das komplexe Erzeugnis "eingefügt" ist, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleiben; die Prüfung der Neuheit und Eigenart erstreckt sich auf "diese sichtbaren Merkmale" des Bauelements. Darüber hinaus soll sich der durch ein Design vermittelte Schutz nach Erwägungsgrund 12 Satz 1 der [X.]/[X.] nicht auf Merkmale eines Bauelements erstrecken, die unsichtbar sind, wenn das Bauelement eingebaut ist. Danach unterliegt es keinem Zweifel, dass allein auf den Zustand abgestellt werden kann, in dem das Bauelement eingebaut ist (vgl. auch [X.], [X.]. 2003, 973, 980 f. mit Ausführungen zur Entstehungsgeschichte der Richtlinie).

b) Den unionsrechtlichen Vorgaben lässt sich hingegen nicht zweifelsfrei entnehmen, ob mit dem Erfordernis der "Sichtbarkeit" des Bauelements eines komplexen Erzeugnisses "bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung" eine Einschränkung auf bestimmte Nutzungsbedingungen und eine bestimmte Betrachterperspektive verbunden ist oder ob die objektive Möglichkeit genügt, das Design in eingebautem Zustand des Bauelements erkennen zu können. Dies soll mit der Vorlagefrage 1 geklärt werden.

aa) Das [X.] hat angenommen, es sei erforderlich, dass das Bauelement im Rahmen einer bei einer bestimmungsgemäßen Verwendung durch den [X.] anfallenden Benutzungshandlung für den [X.] oder auch für einen Dritten "sichtbar" bleibe. Auf Grundlage eines nach dem Bedeutungsgehalt möglichen Verständnisses von "sichtbar" im Sinne von "einsehbar" genügte es zwar, dass die Unterseite eines [X.], die in aller Regel offen sei und nicht abgedeckt werde, an[X.] als ein vollständig in ein komplexes Erzeugnis verbautes Bauelement insbesondere auch bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung durch einen einfachen Blick von unten ganz oder zumindest zu einem Teil äußerlich einsehbar bleibe. § 4 [X.] sei aber eine Sonderregelung, bei der nicht auf den Gegenstand der Anmeldung und damit auf die Sichtbarkeit der darin sichtbar wiedergegebenen Merkmale, sondern auf die Verwendung eines designmäßigen Erzeugnisses abgestellt werde. Die designgegenständliche Unterseite eines [X.] bleibe bei bestimmungsgemäßer Verwendung des komplexen Erzeugnisses "Fahrrad" durch den [X.] weder für diesen noch für einen Dritten sichtbar. Die in der Rechtsprechung bisher nicht geklärte Frage, ob es allein auf die Sichtbarkeit für den [X.] ankomme oder auch die Sichtbarkeit für einen Dritten einem [X.] nach § 4 [X.] entgegenwirke, könne daher offenbleiben.

bb) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, es reiche für die Schutzfähigkeit des Designs aus, wenn es in eingebautem Zustand erkennbar sei. An der Sichtbarkeit fehle es nur dann, wenn das Design - als Teil des komplexen Erzeugnisses in der Gestalt, die das komplexe Erzeugnis bei seiner bestimmungsgemäßen Verwendung von außen habe - vollständig verdeckt werde. Es sei irrelevant, ob das Design aus einer vermeintlich typischen Perspektive auf das komplexe Erzeugnis leicht zu sehen oder ob hierfür eine ungewöhnliche Körperhaltung einzunehmen sei. Auch auf eine Sichtbarkeit unter bestimmten (Nutzungs-)Bedingungen könne es schon deswegen nicht ankommen, weil sehr kleine Bauteile nur aus kurzem Abstand und bewegliche Teile nur im Ruhezustand erkennbar seien, die Dimensionierung oder Funktionsweise eines Bauteils aber mit seiner Schutzwürdigkeit nichts zu tun habe.

Der [X.] hat jedoch Zweifel, ob diese Auslegung des Art. 3 Abs. 3 der [X.]/[X.] und des diesen umsetzenden § 4 [X.] zutrifft.

(1) Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass die Entstehungsgeschichte der [X.]/[X.] auf den eng begrenzten Regelungszweck hindeutet, innenliegende Bauteile von Kraftfahrzeugen durch eine Sonderregelung vom Designschutz auszunehmen. Damit soll einem Missbrauch des [X.] zur Monopolisierung von in eingebautem Zustand nicht sichtbaren Bauteilen entgegengewirkt werden (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] [X.], 6. Aufl., § 4 [X.] Rn. 2; [X.]/[X.], 7. Edition [Stand 15. Februar 2021], § 4 [X.] Rn. 1; [X.], [X.]. 1996, 859, 875 f.; [X.]., [X.]. 1998, 252, 255; Kur, [X.]. 1998, 977, 979; [X.]-Broich, [X.]. 2008, 201, 203; zu Art. 4 Abs. 2 [X.] vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] aaO Art. 4 [X.] Rn. 4; Hasselblatt/Hasselblatt, Community Design Regulation, 2. Aufl., Art. 4 Rn. 24 f.).

(2) Jedoch sind diese Gesichtspunkte weder in den Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 und 4 noch in die Erwägungsgründe der [X.]/[X.] eingeflossen (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] aaO § 4 [X.] Rn. 2; [X.]-Broich, [X.]. 2008, 201, 203 f.). Der Zweck dieser Vorschriften ist der [X.]/[X.] nicht klar zu entnehmen. Soweit die Rechtsbeschwerdeerwiderung (unter Verweis auf [X.], [X.]. 2003, 973, 981) die Meinung vertritt, der Regelung liege die allgemeine Erwägung zugrunde, dass einem Hersteller, der keinen Wert auf die Sichtbarmachung eines Designs lege, ein schützenswertes Interesse an der Inanspruchnahme von Musterschutz abzusprechen sei, greift dies aus Sicht des [X.]s zu kurz. Es besteht keine zwingende Identität zwischen Designinhaber, Hersteller des Bauelements und Hersteller des komplexen Erzeugnisses, so dass der Designinhaber die Sichtbarkeit des Designs nicht immer beeinflussen kann (vgl. hierzu auch [X.], [X.]. 2017, 253).

(3) Die Regelung des Art. 3 Abs. 3 und 4 der [X.]/[X.] ist anhaltender Kritik des Schrifttums ausgesetzt (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] aaO § 4 [X.] Rn. 16; [X.]/[X.] aaO § 4 [X.] Rn. 8 bis 11; Eingabe zum geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des [X.] und des Rates über den Rechtsschutz von Mustern, GRUR 1996, 741 f.; [X.], [X.]. 1996, 859, 875; Kur, [X.]. 1998, 353, 357; [X.], [X.]. 2000, 195, 197; [X.], [X.] 2001, 157, 161 bis 163; Kur, GRUR 2002, 661, 666; [X.]-Broich, [X.]. 2008, 201, 204 bis 206; [X.], [X.]. 2017, 253 f.; zu Art. 4 Abs. 2 [X.] vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] aaO Art. 4 [X.] Rn. 20; [X.] in [X.]/[X.], Gemeinschaftsgeschmacksmuster, 3. Aufl., Art. 4 Rn. 10; [X.]/[X.] aaO Art. 4 [X.] Rn. 11). Die Regelung sei systemwidrig, weil sie nicht auf die Erscheinungsform des Designs, sondern auf die Verwendung des mit dem Design versehenen Erzeugnisses abstelle. Damit laufe sie dem Grundsatz zuwider, dass die Schutzfähigkeit eines Designs bereits bei dessen Eintragung feststehen müsse, und greife in grundrechtlich geschützte Positionen ein, insbesondere in den Schutz des geistigen Eigentums nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 und 3 sowie Abs. 2 [X.]. Zudem stehe sie in einem Spannungsverhältnis zu Art. 26 Abs. 2 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights, [X.]), das auch für die [X.] gilt. Nach dieser Vorschrift können die Mitglieder begrenzte Ausnahmen vom Schutz gewerblicher Muster vorsehen, sofern solche Ausnahmen nicht unangemessen im Wi[X.]pruch zur normalen Verwertung geschützter gewerblicher Muster stehen und die berechtigten Interessen des Inhabers des geschützten Musters nicht unangemessen beeinträchtigen, wobei auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen sind.

Diese Argumente könnten dafür sprechen, Art. 3 Abs. 3 und 4 der [X.]/[X.] eng auszulegen (vgl. auch [X.]/[X.] aaO § 4 [X.] Rn. 11; zu Art. 4 Abs. 2 [X.] [X.] in [X.]/[X.] aaO Art. 4 Rn. 11; [X.]/[X.] aaO Art. 4 [X.] Rn. 12, 14 bis 20, 25 f. und 33; Hasselblatt/Hasselblatt aaO Art. 4 Rn. 27 und 34; Auler in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., Art. 4 [X.] Rn. 3; [X.]/[X.]/Hellwig/[X.], Designschutz in [X.] und [X.] mit [X.], [X.], [X.] und [X.], 4. Aufl., Rn. 109; [X.] [2003] E.I.P.R. 450, 451).

(4) Gleichwohl ist fraglich, ob das von der Rechtsbeschwerde befürwortete Verständnis des Art. 3 Abs. 3 der [X.]/[X.] von dessen Wortlaut gedeckt ist. Zwar ist der Rechtsbeschwerde darin zuzustimmen, dass die allgemeinsprachliche Bedeutung des Wortes "sichtbar" ein objektives Verständnis nahelegt, das sich auf die Möglichkeit der Wahrnehmung bezieht. Zweifelhaft erscheint jedoch ihre weitere Annahme, auch die Formulierung "bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung" lasse keine Beschränkung auf eine vertypte Perspektive auf das komplexe Erzeugnis zu. Die Rechtsbeschwerde bezieht sich hierfür auf die Definition des Begriffs "bestimmungsgemäße Verwendung" in Art. 3 Abs. 4 der [X.]/[X.] und macht geltend, deren erster Teil ("Verwendung durch den [X.]") beschreibe lediglich die insgesamt zu betrachtende äußere Erscheinung des komplexen Erzeugnisses und deren zweiter Teil ("ausgenommen Maßnahmen der Instandhaltung, Wartung oder Reparatur") schließe lediglich Perspektiven aus, die einen Blick in das Innere des komplexen Erzeugnisses erst ermöglichten. Mit diesen Ausführungen nimmt die Rechtsbeschwerde jedoch nicht hinreichend in den Blick, dass die Wendung "bestimmungsgemäße Verwendung" in Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der [X.]/[X.] mit dem Wort "bei" eingeleitet wird. Diese Verknüpfung legt nahe, dass auf die Sichtbarkeit des Designs in einer Verwendungssituation abzustellen ist.

Auch das systematische Argument der Rechtsbeschwerde, es hätte bei einem solchen Verständnis nicht der Ausnahme für Maßnahmen der Instandhaltung, Wartung oder Reparatur bedurft, überzeugt nicht. Zwar ist es richtig, dass die bei diesen Maßnahmen eröffneten Perspektiven häufig nicht den vom [X.] typischerweise eingenommenen Perspektiven entsprechen. Aus diesem Umstand folgt jedoch nicht zwingend, dass es allein auf die objektive Möglichkeit ankommt, das Design in eingebautem Zustand des Bauelements einsehen zu können, und Nutzungsbedingungen oder Betrachterperspektiven keine Bedeutung haben.

cc) Die Vorlagefrage ist entscheidungserheblich. Genügt die objektive Möglichkeit, das Design in eingebautem Zustand des Bauelements zu erkennen, hat die Rechtsbeschwerde Erfolg. Das [X.] hat festgestellt, dass die Unterseite eines [X.] in aller Regel offen sei und nicht abgedeckt werde, so dass sie durch einen einfachen Blick von unten ganz oder zumindest zu einem Teil von außen einsehbar bleibe. Diese Beurteilung steht mit der Lebenserfahrung ohne Weiteres im Einklang.

c) Sollte die Vorlagefrage 1 hingegen dahin zu beantworten sein, dass es für die "Sichtbarkeit" im Sinne des Art. 3 Abs. 3 der [X.]/[X.] nicht allein auf die objektive Möglichkeit ankommt, das Design in eingebautem Zustand des Bauelements erkennen zu können, sondern bestimmte Nutzungsbedingungen oder Betrachterperspektiven einzubeziehen sind, stellt sich die weitere Frage, ob es für die Beurteilung der "bestimmungsgemäßen Verwendung" eines komplexen Erzeugnisses durch den [X.] im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und 4 der [X.]/[X.] auf den vom Hersteller des Bauelements oder des komplexen Erzeugnisses intendierten Verwendungszweck oder die übliche Verwendung des komplexen Erzeugnisses durch den [X.] ankommt. Dies soll mit der Vorlagefrage 2 a geklärt werden.

aa) Das [X.] hat ausgeführt, maßgeblich sei nach §§ 4, 1 Nr. 4 [X.] die bestimmungsgemäße Verwendung des komplexen Erzeugnisses durch den [X.], ausgenommen Maßnahmen der Instandhaltung, Wartung oder Reparatur. [X.] sei nur der Fahrer des Fahrrads, nicht aber ein Mitfahrer oder ein das Fahrrad betrachtender Dritter. Die aus Sicht des Herstellers zu definierende "bestimmungsgemäße" Verwendung eines Fahrrads sei seine Benutzung als Fortbewegungsmittel; diese umfasse den [X.] und - was zugunsten der Designinhaberin unterstellt werden könne - auch das Auf- und Absteigen. Während dieser Handlungen sei die Unterseite des Sattels vollständig von der Oberseite und den Seitenteilen des Sattels verdeckt. Sichtbar werde sie nur durch einen Blick "von unten", der jedoch völlig unüblich sei. Weitere bestimmungsgemäße Verwendungen ließen sich nicht feststellen. Zu Gunsten der Designinhaberin könne ferner unterstellt werden, dass die [X.] bei einem Abstellen des Fahrrads in dafür vorgesehenen Vorrichtungen und bei dessen Aufbewahrung sichtbar werde. Jedoch seien Maßnahmen der Aufbewahrung und auch des Transports des Fahrrads der bestimmungsgemäßen Verwendung vor- oder nachgelagert, nicht aber Teil von ihr. An[X.] verhielte es sich nur, wenn die "übliche" von der "bestimmungsgemäßen" Verwendung mitumfasst wäre. Davon könne jedoch nicht ausgegangen werden. Zwar sprächen die [X.] und [X.] Fassung des Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der [X.]/[X.] von "normal use" beziehungsweise "[une] utilisation normale"; die [X.] Fassung und die nationalen Vorschriften stellten aber unmissverständlich auf die "bestimmungsgemäße" Verwendung ab.

bb) Der [X.] vermag dieser Auffassung nicht beizutreten. Den unionsrechtlichen Vorgaben lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob auf einen vom Hersteller des Bauelements oder des komplexen Erzeugnisses intendierten Verwendungszweck oder die übliche Verwendung des komplexen Erzeugnisses durch den [X.] abzustellen ist.

(1) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das [X.] neben der [X.]n auch andere Sprachfassungen des Art. 3 Abs. 3 Buchst. a und Nr. 4 der [X.]/[X.] in den Blick genommen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] kann die in einer der Sprachfassungen einer Vorschrift des [X.]srechts verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder Vorrang vor den übrigen Sprachfassungen beanspruchen. Die Vorschriften des [X.]srechts müssen nämlich im Licht der Fassungen in allen Sprachen der [X.] einheitlich ausgelegt und angewandt werden. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines Textes des [X.]srechts voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift nach der allgemeinen Systematik und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (vgl. nur [X.], Urteil vom 8. Oktober 2020 - [X.]/19, juris Rn. 31 - [X.]). Die vom [X.] zitierte [X.] und [X.] Sprachfassung und auch die [X.] ("[X.]"), [X.] ("la normale utilizzazione") und [X.] ("normaal gebruik") Sprachfassung des Art. 3 Abs. 3 Buchst. a und Abs. 4 der [X.]/[X.] legen nahe, dass der in der [X.]n Sprachfassung verwendete Begriff "bestimmungsgemäß" im Sinne von "normal" oder "üblich" auszulegen ist. Hierauf weist die Rechtsbeschwerde mit Recht hin (vgl. hierzu auch [X.], [X.] 2001, 157, 162).

(2) Darüber hinaus kann die Definition des Begriffs "bestimmungsgemäße Verwendung" in Art. 3 Nr. 4 der [X.]/[X.] so verstanden werden, dass der Richtliniengeber grundsätzlich jede Verwendung durch den [X.] als bestimmungsgemäß angesehen und daher nur die in der Vorschrift genannten Ausnahmen für regelungsbedürftig erachtet hat. Allerdings fehlt das klarstellende Wort "jede" im [X.]n [X.]; Entsprechendes gilt auch für die weiteren genannten Sprachfassungen. Der einschlägige Erwägungsgrund 12 sowie die Systematik und die Entstehungsgeschichte der [X.]/[X.] liefern insoweit keine zusätzlichen Anhaltspunkte.

(3) Danach lässt sich der [X.]/[X.] nicht eindeutig entnehmen, ob für die Auslegung des Begriffs "bestimmungsgemäße Verwendung" des komplexen Erzeugnisses durch den [X.] der vom Hersteller des Bauelements oder des komplexen Erzeugnisses intendierte Verwendungszweck oder die übliche Verwendung des komplexen Erzeugnisses durch den [X.] maßgeblich ist (unklar insoweit zu Art. 4 Abs. 2 [X.] auch [X.], Urteile vom 20. Januar 2015 - [X.]/13, [X.]/13 und [X.]/13, BeckRS 2016, 80111, 80112 und 80113 Rn. 14 und 16 - [X.]/[X.] - ACV Manufacturing).

Als Argument für eine Anknüpfung an die übliche Verwendung durch den [X.] wird angeführt, dass ein solches Verständnis den Anwendungsbereich der Regelung minimieren und sich zu Gunsten der Schutzfähigkeit von Designs auswirken könnte. Dies gälte insbesondere dann, wenn alle nicht völlig fernliegenden oder offensichtlich konstruierten Verwendungen berücksichtigt würden (vgl. [X.]-Broich, [X.]. 2008, 201, 210 f.; zu Art. 4 Abs. 2 [X.] vgl. [X.]/[X.] aaO Art. 4 [X.] Rn. 25 f.; [X.] in [X.]/[X.] aaO Art. 4 Rn. 19).

Hingegen könnte ein Abstellen auf den herstellerseitig intendierten Verwendungszweck einen [X.] dadurch vermeiden, dass sich im [X.]kreis eine abweichende Verwendung durchsetzt. Hierbei muss aber auch berücksichtigt werden, dass der Hersteller des Bauelements und der Hersteller des komplexen Erzeugnisses nicht zwingend identisch sind. Daher kann ein [X.] auch infolge einer Umwidmung des vom Hersteller des Bauelements intendierten Verwendungszwecks durch den Hersteller des komplexen Erzeugnisses eintreten. Dieser Umstand spräche dafür, auf die Intention des Herstellers des Bauelements abzustellen, der in der Regel entweder selbst Designinhaber ist oder das Bauelement mit dessen Einverständnis produziert.

cc) Die Frage ist entscheidungserheblich. Das [X.] hat zu Gunsten der Designinhaberin unterstellt, dass die Unterseite eines [X.] bei der üblichen Verwendung des Fahrrads sichtbar wird. Sollte die übliche Verwendung maßgeblich sein, könnte der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben und müssten hierzu Feststellungen getroffen werden. Entgegen der Ansicht des [X.]s steht der Wortlaut des § 1 Nr. 4 [X.], der auf die "bestimmungsgemäße" Verwendung abstellt, einer richtlinienkonformen Auslegung dahin nicht entgegen, dass es auf die bei den [X.]n übliche Verwendung ankommt. Dies folgt schon daraus, dass der Begriff "bestimmungsgemäß" offenlässt, wer die maßgebliche Bestimmung trifft.

d) Daran anknüpfend stellt sich die weitere Frage, nach welchen Kriterien zu bestimmen ist, ob die Verwendung eines komplexen Erzeugnisses durch den [X.] "bestimmungsgemäß" im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und 4 der [X.]/[X.] ist. Dies soll mit der Vorlagefrage 2 b geklärt werden.

aa) Das [X.] hat nur die unmittelbar den Verwendungszweck verwirklichende Handlung des Fahrradfahrens als bestimmungsgemäß erachtet und darüber hinaus zugunsten der Designinhaberin unterstellt, auch das Aufsteigen auf das und das Absteigen vom Fahrrad seien eingeschlossen. Maßnahmen der Aufbewahrung und des Transports hat es als nicht von der bestimmungsgemäßen Verwendung umfasst angesehen.

bb) Diese Beurteilung wirft die Frage auf, ob nur der Hauptverwendungszweck des komplexen Erzeugnisses maßgeblich ist, oder ob und unter welchen Bedingungen gegebenenfalls auch weitere Verwendungszwecke des komplexen Erzeugnisses in Betracht zu ziehen sind (für eine Begrenzung auf den [X.], Urteil vom 27. April 2005 - 2/6 O 427/04, unveröffentlicht, zitiert nach [X.]-Broich, [X.]. 2008, 201, 207; für eine Betrachtung aller Verwendungszwecke [X.], [X.], 3. Aufl., § 4 Rn. 7; [X.] in [X.]/[X.] aaO Art. 4 Rn. 11 und 20 f.; [X.], [X.]. 2003, 973, 981; wohl auch [X.], Dritte Beschwerdekammer, Entscheidung vom 12. Februar 2015 - [X.]/2013-3, BeckRS 2015, 122447 Rn. 41; für eine weite Auslegung Hasselblatt/Hasselblatt aaO Art. 4 Rn. 34 f.; mit abstrakter Betrachtung [X.], Nichtigkeitsabteilung, Entscheidung vom 13. Dezember 2011 - [X.] 8335, BeckRS 2011, 141108 Rn. 11; Entscheidung vom 3. Januar 2012 - [X.] 8368, BeckRS 2012, 212559 Rn. 12; offenlassend [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] aaO § 4 [X.] Rn. 6 mwN). In den zuvor genannten Sprachfassungen der [X.]/[X.] ist dem Begriff "Verwendung" teilweise der bestimmte, teilweise der unbestimmte und teilweise kein Artikel vorangestellt (vgl. [X.] [2003] E.I.P.R. 450, 453). Daran anschließend stellt sich die Frage, ob die "bestimmungsgemäße Verwendung" auf solche Handlungen beschränkt ist, die unmittelbar der Verwirklichung des oder eines Verwendungszwecks dienen, oder auch mittelbar damit zusammenhängende Handlungen eingeschlossen sind.

Auch wenn - abhängig von der Antwort auf die Vorlagefrage 2 a - nicht auf einen vom Hersteller intendierten Verwendungszweck des komplexen Erzeugnisses, sondern auf dessen übliche Verwendung durch den [X.] abzustellen sein sollte, bedarf es der Klärung, ob und wie die in Frage kommenden Benutzungshandlungen einzugrenzen sind.

cc) Für ein weites Verständnis des Begriffs "bestimmungsgemäße Verwendung" spricht Art. 3 Abs. 4 der [X.]/[X.]. Der Richtliniengeber ist offensichtlich davon ausgegangen, dass Maßnahmen der Instandhaltung, Wartung oder Reparatur grundsätzlich zur bestimmungsgemäßen Verwendung zählen; andernfalls hätte es der dort geregelten Ausnahmen nicht bedurft.

Darüber hinaus minimierte ein weites Begriffsverständnis die Auswirkungen des als systemwidrig angesehenen Art. 3 Abs. 3 der [X.]/[X.]. Demgegenüber führte ein enges Begriffsverständnis zu einer größeren Ungleichbehandlung der Inhaber von Designs, mit denen Bauelemente von komplexen Erzeugnissen versehen werden, im Vergleich zu den Inhabern von sonstigen Designs, bei denen die Verwendung der mit dem Design hergestellten Erzeugnisse für die Schutzfähigkeit des Designs irrelevant ist. Im Schrifttum wird daher befürwortet, alle nicht völlig fernliegenden oder offensichtlich konstruierten Verwendungen zu berücksichtigen (vgl. [X.]-Broich, [X.]. 2008, 201, 211). Die Rechtsprechung des Gerichts der [X.], nach der rein hypothetische Verwendungsweisen außen vor bleiben, steht dem nicht entgegen (zu Art. 4 Abs. 2 [X.] vgl. [X.], Urteil vom 3. Oktober 2014 - [X.]/13, juris Rn. 28).

dd) Auch diese Frage ist entscheidungserheblich. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass das [X.] bei Anlegung eines weniger engen Verständnisses des Begriffs "bestimmungsgemäße Verwendung" zusätzliche Handlungen wie etwa Maßnahmen der Aufbewahrung und des Transports des Fahrrads hiervon umfasst gesehen hätte. Im Fall einer Zurückverweisung hätte es sich auch mit dem bislang nicht in seine Überlegungen einbezogenen beweisbewehrten Vorbringen der Designinhaberin auseinanderzusetzen, bei einem Faltrad sei die Unterseite des Sattels in zusammengefaltetem Zustand für den [X.] sichtbar.

Koch     

      

Löffler     

      

Schwonke

      

Fed[X.]en     

      

Odörfer     

      

Meta

I ZB 31/20

01.07.2021

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: ZB

vorgehend BPatG München, 27. Februar 2020, Az: 30 W (pat) 809/18, Beschluss

Art 3 Abs 3 EGRL 71/98, Art 3 Abs 4 EGRL 71/98, § 1 Nr 4 GeschmMG 2004, § 4 GeschmMG 2004, Art 267 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 01.07.2021, Az. I ZB 31/20 (REWIS RS 2021, 4425)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 1147-1148 GRUR 2021, 1186 REWIS RS 2021, 4425


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZB 31/20

Bundesgerichtshof, I ZB 31/20, 15.06.2023.

Bundesgerichtshof, I ZB 31/20, 01.07.2021.


Az. 30 W (pat) 809/18

Bundespatentgericht, 30 W (pat) 809/18, 27.02.2020.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

I ZB 31/20

Zitiert

I ZR 187/16

I ZB 31/20

I ZR 1/19

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