Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 02.06.2016, Az. I ZR 226/14

1. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10610

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Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung: Anwendungsbereich der Schutzschranke der sog. Reparaturklausel - Kraftfahrzeugfelgen


Leitsatz

Kraftfahrzeugfelgen

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. Nr. L 3 vom 5. Januar 2002) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.  Ist die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 auf formgebundene, das heißt solche Teile beschränkt, deren Form durch das Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses prinzipiell unveränderlich festgelegt und damit vom Kunden nicht - wie etwa Felgen von Kraftfahrzeugen - frei wählbar ist?

2.  Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Ist die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 allein auf das Angebot von identisch gestalteten, also auch farblich und in der Größe den Originalerzeugnissen entsprechenden Erzeugnissen beschränkt?

3.  Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Greift die Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 zugunsten des Anbieters eines grundsätzlich das Klagemuster verletzenden Erzeugnisses nur dann ein, wenn dieser Anbieter objektiv sicherstellt, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung oder der Individualisierung des Gesamterzeugnisses erworben werden kann?

4.  Falls die Frage 3 bejaht wird:

Welche Maßnahmen muss der Anbieter eines grundsätzlich das Klagemuster verletzenden Erzeugnisses ergreifen, um objektiv sicherzustellen, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung oder der Individualisierung des Gesamterzeugnisses erworben werden kann? Reicht es aus,

a) dass der Anbieter in den Verkaufsprospekt einen Hinweis aufnimmt, dass ein Verkauf ausschließlich zu Reparaturzwecken erfolgt, um das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses wiederherzustellen oder

b) ist es erforderlich, dass der Anbieter eine Belieferung davon abhängig macht, dass der Abnehmer (Händler und Verbraucher) schriftlich erklärt, das angebotene Erzeugnis allein zu Reparaturzwecken zu verwenden?

Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem [X.] werden zur Auslegung des Art. 110 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster ([X.]. Nr. L 3 vom 5. Januar 2002) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 6/2002 auf formgebundene, das heißt solche Teile beschränkt, deren Form durch das Erscheinungsbild des [X.] prinzipiell unveränderlich festgelegt und damit vom Kunden nicht - wie etwa Felgen von Kraftfahrzeugen - frei wählbar ist?

2. Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Ist die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 6/2002 allein auf das Angebot von identisch gestalteten, also auch farblich und in der Größe den Originalerzeugnissen entsprechenden Erzeugnissen beschränkt?

3. Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Greift die Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 6/2002 zugunsten des Anbieters eines grundsätzlich das [X.] verletzenden Erzeugnisses nur dann ein, wenn dieser Anbieter objektiv sicherstellt, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung oder der Individualisierung des [X.] erworben werden kann?

4. Falls die Frage 3 bejaht wird:

Welche Maßnahmen muss der Anbieter eines grundsätzlich das [X.] verletzenden Erzeugnisses ergreifen, um objektiv sicherzustellen, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung oder der Individualisierung des [X.] erworben werden kann? Reicht es aus,

a) dass der Anbieter in den Verkaufsprospekt einen Hinweis aufnimmt, dass ein Verkauf ausschließlich zu Reparaturzwecken erfolgt, um das ursprüngliche Erscheinungsbild des [X.] wiederherzustellen oder

b) ist es erforderlich, dass der Anbieter eine Belieferung davon abhängig macht, dass der Abnehmer (Händler und Verbraucher) schriftlich erklärt, das angebotene Erzeugnis nur zu Reparaturzwecken zu verwenden?

Gründe

1

A. Die Klägerin ist die Herstellerin der [X.]-Fahrzeuge. Sie ist Inhaberin der Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 000290770 (angemeldet und eingetragen am 4. Februar 2005, bekanntgemacht am 5. April 2005), Nr. 000267505 (angemeldet und eingetragen am 13. Dezember 2004, bekanntgemacht am 22. Februar 2005), [X.] (angemeldet und eingetragen am 15. April 2008, bekanntgemacht am 8. Januar 2010) und [X.] (angemeldet und eingetragen am 19. April 2004, bekanntgemacht am 13. Juli 2004), die Räder für Fahrzeuge zeigen.

2

Die [X.] zu 1, deren Geschäftsführer der [X.] zu 2 ist, produziert Felgen für Personenkraftwagen verschiedener Automobilhersteller. Zu ihrem Sortiment zählen die Leichtmetallfelgen "W1050 [X.]", "W1051 [X.]", "[X.]" und "[X.]", die die oben genannten Gemeinschaftsgeschmacksmuster der Klägerin nachbilden. Auf den Felgen der [X.]n zu 1 sind deren Marke "[X.]" und der Hinweis "[X.]" angebracht.

3

Die [X.] zu 1 bietet ihre [X.] auf ihrer in [X.] in [X.] abrufbaren Internetseite "[X.]" an. Über die an Endverbraucher gerichtete Internetseite können die Felgen einzeln oder zu mehreren erworben werden. Auf dieser Internetseite findet sich der englischsprachige Hinweis, dass es sich um nachgebaute oder ähnlich gebaute Nachrüsträder handele, die vollständig kompatibel zu den angegebenen Fahrzeugen und ausschließlich zu deren Reparatur bestimmt seien, um ihr ursprüngliches Erscheinungsbild wiederherzustellen. Bei den für Fahrzeuge der Klägerin bestimmten [X.]n gibt die [X.] zu 1 an, es handele sich um Ersatzfelgen, die nur für [X.] verwendbar seien.

4

Die Klägerin sieht in den [X.]n "W1050 [X.]", "W1051 [X.]", "[X.]" und "[X.]" Verletzungen ihrer Gemeinschaftsgeschmacksmuster (im Folgenden [X.]). Sie hat behauptet, die [X.] zu 1 biete die fraglichen Felgen auch in Farben und Radgrößen an, die nicht den Originalprodukten entsprächen.

5

Die Klägerin hat beantragt, die [X.]n unter Androhung von [X.] zu verurteilen, es zu unterlassen,

[X.]fahrzeugräder gemäß den nachfolgenden Abbildungen in der Bundesrepublik [X.] anzubieten, zu bewerben, abzubilden oder in die Bundesrepublik [X.] einzuführen oder sonstwie in den Verkehr zu bringen:

Abbildung Abbildung
Abbildung Abbildung

6

Ferner hat die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzpflicht der [X.]n begehrt und sie auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen.

7

Die [X.]n sind der Klage entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht, bei den angegriffenen [X.]n handele es sich um Ersatzteile, die der Reparatur von beschädigten [X.]-Fahrzeugen dienten und deshalb nach Art. 110 der Verordnung ([X.]) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (nachfolgend: [X.]) nicht vom Schutz der [X.] erfasst seien.

8

Das [X.] hat die [X.]n antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der [X.]n ist ohne Erfolg geblieben (vgl. [X.], [X.], 380). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die [X.]n ihren auf Abweisung der Klage gerichteten Antrag weiter.

9

B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 110 Abs. 1 [X.] ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 A[X.] eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.

I. Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig und die gegen die [X.]n geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Auskunftserteilung für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:

Die [X.] Gerichte seien international zuständig. Der [X.] liege in [X.], weil die Internetseite der [X.]n zu 1 auf die Wahrnehmung ihres werblichen Verhaltens in [X.] ausgerichtet sei. Der Zulässigkeit der Klage stehe nicht entgegen, dass die Klägerin die [X.]n auch vor anderen Gerichten wegen Geschmacksmusterverletzungen in Anspruch nehme. Dieses Vorgehen sei nicht rechtsmissbräuchlich.

Die mit den [X.]n optisch übereinstimmenden Felgen der [X.]n zu 1 verletzten die Geschmacksmusterrechte der Klägerin. Ihr Vertrieb sei nicht nach der sogenannten [X.] des Art. 110 [X.] privilegiert.

Ein Leichtmetallrad eines [X.]fahrzeugs falle ohnehin nicht unter die eng auszulegende Ausnahmevorschrift des Art. 110 [X.]. Die dort geregelte [X.] erfasse nur Bauelemente, die untrennbarer Bestandteil des Erscheinungsbilds eines [X.]fahrzeugs seien. [X.] seien für das Gesamterscheinungsbild eines [X.]fahrzeugs nicht konstitutiv, sondern als Variante der individuellen [X.]utung eines Fahrzeugs frei wählbar und jederzeit austauschbar und stellten daher ein eigenständiges Gestaltungsmerkmal dar. Das Erscheinungsbild eines Fahrzeugs müsse daher im Schadensfall nicht notwendigerweise durch die Verwendung optisch identischer Felgen wiederhergestellt werden. Die [X.], die Regelung [X.] der [X.] ([X.]/[X.]) oder die gegenüber dem [X.] Gesetzgeber gegebene Zusicherung des [X.] Automobilherstellerverbands, Geschmacksmuster für Einzelteile einer Fahrzeugkarosserie nicht gegen [X.] einzusetzen, ließen ebenfalls kein für die [X.]n günstigeres Ergebnis zu.

Im Streitfall fehle es außerdem an der weiteren Voraussetzung der Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 [X.], wonach das Muster mit dem Ziel verwendet werden müsse, die Reparatur eines komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen. Die [X.]n hätten nicht nachgewiesen, sichergestellt zu haben, dass ihre Kunden die [X.] ausschließlich zu [X.] einsetzten.

II. Die Revision der [X.]n ist uneingeschränkt zulässig. Der [X.] nimmt außerdem an, dass die Klage zulässig ist. Das Berufungsgericht ist weiter rechtsfehlerfrei von der Schutzfähigkeit der [X.] ausgegangen und hat zutreffend angenommen, dass die angegriffenen Felgen die Geschmacksmuster der Klägerin gemäß Art. 10 und 19 [X.] verletzen, weil sie in ihrer Gestaltung und damit in ihrem Gesamteindruck mit den [X.]n übereinstimmen.

III. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt deshalb davon ab, ob sich die [X.]n auf die Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 [X.] berufen können. Insoweit stellen sich klärungsbedürftige Auslegungsfragen.

Gemäß Art. 110 Abs. 1 [X.] besteht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem auf Vorschlag der [X.] Änderungen zu der Verordnung ([X.]) Nr. 6/2002 in [X.] treten, für ein Muster, das als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne des Artikels 19 Abs. 1 [X.] mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, kein Schutz als Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Bei der Auslegung dieser Vorschrift bestehen ungeklärte Fragen, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der [X.] gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 A[X.] notwendig machen. Es ist zu klären, ob die Anwendung der sogenannten "[X.]" im Sinne von Art. 110 Abs. 1 [X.] von vornherein auf formgebundene, das heißt solche Teile beschränkt ist, deren Form durch das Erscheinungsbild des [X.] prinzipiell unveränderlich festgelegt und damit vom Kunden nicht frei wählbar ist (dazu unter [X.] 1). Für den Fall, dass die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 6/2002 nicht auf formgebundene Teile beschränkt ist und daher grundsätzlich auch Felgen von [X.]fahrzeugen unter diese Bestimmung fallen können, stellt sich weiter die Frage, ob allein das Angebot von identisch gestalteten, also auch farblich und in der Größe den Originalrädern entsprechenden Felgen privilegiert ist (dazu unter [X.] 2). Außerdem stellt sich die weitere Frage, ob die Schutzschranke nur dann zugunsten des Anbieters eines grundsätzlich das [X.] verletzenden Erzeugnisses eingreift, wenn dieser Anbieter sicherstellt, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu [X.] und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung oder Individualisierung des [X.] erworben werden kann (dazu [X.] 3).

1. Es ist ungeklärt, ob die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 [X.] von vornherein auf formgebundene, das heißt solche Teile beschränkt ist, deren Form durch das Erscheinungsbild des [X.] prinzipiell unveränderlich festgelegt ist, und deshalb nicht vom Kunden frei gewählt werden kann.

a) Nach der in [X.] in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Auffassung ist der Anwendungsbereich der [X.] gemäß Art. 110 Abs. 1 [X.] auf solche Bauelemente beschränkt, deren originalgetreues Erscheinungsbild zur Reparatur objektiv notwendig ist ("must match"). Für Teile, die - wie Felgen und [X.]n für [X.]fahrzeuge - über eine eigenständige und unabhängige Stilfunktion verfügen, die das Ergebnis einer Wahl des Designs darstellt und vom Design des übrigen Erzeugnisses unbeeinträchtigt bleibt, kommt nach dieser Ansicht eine Privilegierung dagegen nicht in Frage (vgl. [X.], Urteil vom 30. April 2015 - 14c [X.]/13, juris Rn. 66; [X.], Urteil vom 18. September 2015 - 308 [X.], juris Rn. 71 ff.; [X.], [X.], 2. Aufl., Art. 110 Rn. 29; [X.], [X.] 2014, 56 und [X.] 2015, 12; [X.], [X.] 2015, 481; [X.]/[X.], [X.], 348, 349; [X.], [X.], 753, 754; Kur, [X.], 20, 22). Diese Einschätzung teilen zahlreiche Gerichte anderer Mitgliedstaaten (vgl. die angeführten Entscheidungen bei [X.]/[X.], [X.], 348, 349; [X.], [X.], 753, 754 [X.]. 8).

Dagegen hat sich die [X.] im Interesse der [X.]freiheit gegen eine enge Auslegung der Schutzschranke im Sinne einer Beschränkung auf formgebundene Teile ausgesprochen und will die [X.] auch auf Felgen von [X.]fahrzeugen anwenden (vgl. Entscheidung vom 25. September 2013, Nr. 3678/13, [X.]. 3300/201). In der Literatur wird teilweise ebenfalls vertreten, dass Felgen grundsätzlich unter die Privilegierung der Schutzschranke fallen können, sofern es um eine Benutzung zum Zwecke der Reparatur und nicht um eine Handlung zu anderen, etwa Tuningzwecken, geht (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Designgesetz, 5. Aufl., § 73 Rn. 4).

b) Im Streitfall kommt es auf die Klärung der Frage an, ob die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 [X.] von vornherein auf formgebundene Teile beschränkt ist, die nicht vom Kunden frei wählbar sind.

aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die nach den [X.]n gestalteten Felgen keine Teile in dem Sinne, dass deren Form durch das Erscheinungsbild des [X.]fahrzeugs als Gesamterzeugnis prinzipiell unabänderlich festgelegt ist. Für das Erscheinungsbild eines [X.]fahrzeugs seien Felgen der in Rede stehenden Art nicht konstitutiv, weil sie bei der Erstausstattung frei wählbar und im Zuge der Umrüstung des Fahrzeugs willkürlich durch anders gestaltete Felgen auswechselbar seien. Durch den Austausch der Felgen gegen solche in einem anderen Design werde die vom Erwerber individuell geschaffene ästhetische [X.]utung seines Fahrzeugs variiert, aber seine Grundentscheidung für den gewählten Fahrzeugtyp nicht verändert. Die Felgen bildeten daher keinen untrennbaren Bestandteil des Erscheinungsbilds eines [X.]-Fahrzeugs, sondern seien im Gesamterscheinungsbild des Fahrzeugs ein eigenständiges Gestaltungsmerkmal. Da sie nicht fester Bestandteil der äußeren Gestaltung eines beschädigten Fahrzeugs seien, müssten Felgen nicht notwendigerweise im vorherigen Design wieder angebracht werden.

bb) Diese tatrichterliche Beurteilung ist im Streitfall der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen.

Die Revision wendet dagegen vergeblich ein, bei den Fahrzeugen der Klägerin handele es sich um Luxusgüter, bei denen der Verbraucher Wert darauf lege, dass sie mit auf das Karosseriedesign abgestimmten Felgen der Klägerin und nicht mit erkennbar von anderen Anbietern stammenden Felgen ausgestattet würden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gehören die nach den [X.]n gestalteten Felgen nicht zur Standardausstattung der Fahrzeuge der Klägerin. Vielmehr könnten die Erwerber bei der Erstausstattung ihres [X.]-Fahrzeugs zwischen Felgen der Klägerin und Felgen unabhängiger Hersteller in unterschiedlicher Gestaltung wählen. Das Angebot von [X.] und unabhängigen Felgenherstellern zeige, dass Erwerber von [X.]-Fahrzeugen auch auf nicht von der Klägerin stammende Felgen zurückgriffen. Diese tatrichterliche Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und ist daher für die rechtliche Prüfung im Streitfall maßgeblich. Ein [X.]-Fahrzeug weist demnach hinsichtlich seiner Felgen kein von vornherein feststehendes Erscheinungsbild auf, das im Reparaturfall möglichst genau wiederhergestellt werden muss.

c) Der Gerichtshof der [X.] hat zu der vorliegend relevanten Frage noch nicht Stellung genommen. In seiner Entscheidung "[X.]/[X.]" ist er davon ausgegangen, dass Art. 110 [X.] einen Hersteller von [X.]fahrzeugersatzteilen und -zubehör wie [X.]n nicht berechtigt, auf seinen Waren ein mit der Marke des [X.]fahrzeugherstellers identisches Zeichen anzubringen, weil sich Art. 110 [X.] nicht auf den Markenschutz bezieht (Beschluss vom 6. Oktober 2015 - [X.]/14, [X.], 77 Rn. 45 - [X.]/[X.]). Diese Entscheidung lässt nicht erkennen, dass der Gerichtshof davon ausgegangen ist, eine einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster nachgebildete und als Ersatzteil vertriebene [X.] werde grundsätzlich von Art. 110 [X.] erfasst (Kur, [X.], 20, 22; [X.], [X.] 1/2016 [X.]. 4 unter E).

d) Der [X.] neigt der Ansicht zu, dass nicht formgebundene Bauteile - wie die im Streitfall in Rede stehenden Felgen - nicht in den Anwendungsbereich der Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 [X.] fallen.

aa) Nach dem Wortlaut des Art. 110 Abs. 1 [X.] erfasst die dort geregelte Privilegierung nicht jede Ersetzung eines geschmacksmusterrechtlich geschützten Fahrzeugteils durch ein formidentisches Nachahmungsprodukt. Die Bestimmung des Art. 110 Abs. 1 [X.] betrifft vielmehr nur die Verwendung solcher Bauelemente, die eine Reparatur des komplexen Erzeugnisses mit dem Ziel der Verleihung des ursprünglichen Erscheinungsbildes ermöglichen. Diese im Wortlaut des Art. 110 Abs. 1 [X.] durch das Merkmal der Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes angelegte Differenzierung liefe leer, wenn auch solche Bauteile privilegiert wären, die zwar äußerlich sichtbar, aber nicht fester Bestandteil des ursprünglichen Erscheinungsbildes sind (vgl. [X.]/[X.], [X.], 348, 349). Von einer Verwendung mit dem Ziel, ein komplexes Erzeugnis zu reparieren, um diesem sein ursprüngliches Erscheinungsbild wieder zu verleihen, kann nur gesprochen werden, wenn die Reparatur unter Verwendung eines abweichend gestalteten Ersatzteils nicht möglich wäre (vgl. [X.] aaO Art. 110 Rn. 29). Davon kann mit Blick auf Felgen für [X.]fahrzeuge, die in einer Vielzahl von unterschiedlichen Designs sowohl von Originalherstellern als auch von herstellerunabhängigen Unternehmen angeboten und an demselben Fahrzeugmodell angebracht werden, nicht ausgegangen werden (vgl. [X.], [X.], 753, 754).

bb) Sinn und Zweck des Art. 110 Abs. 1 [X.] sprechen ebenfalls dagegen, nicht formgebundene, sondern frei wählbare Bauteile wie Felgen als vom Geschmacksmusterschutz ausgenommene Bauelemente eines Fahrzeugs anzusehen.

Der Sinn und Zweck der [X.], im Interesse der [X.]freiheit das Angebot von [X.] zu privilegieren und eine Monopolisierung des [X.] für die Reparatur und Wartung durch den Hersteller des komplexen Erzeugnisses als Schutzrechtsinhaber zu verhindern (vgl. den Vorschlag der [X.] zur Änderung der [X.]/[X.] vom 14. September 2004, [X.] f.; [X.], [X.]. 1993, 49, 62), kommt im Hinblick auf Teile, die über eine eigenständige und vom ursprünglichen Erscheinungsbild des Erzeugnisses unabhängige ästhetische Funktion verfügen, nicht zum Tragen (Kur, [X.], 20, 22). Der Schutz der streitgegenständlichen Geschmacksmuster hindert Hersteller von Zubehörprodukten nicht daran, Aluminiumräder für [X.]fahrzeuge auf den Markt zu bringen, die sich im Gesamteindruck von den [X.]n hinreichend unterscheiden. Der Wettbewerb auf dem Markt der Felgen für die Fahrzeuge der Klägerin bleibt bestehen, und Wettbewerbern der Klägerin werden nicht der Anreiz und die Möglichkeit genommen, neue Felgengestaltungen zu entwickeln (vgl. [X.], [X.]. 1993, 49, 62).

cc) Für eine enge Auslegung der Bestimmung des Art. 110 Abs. 1 [X.] spricht ferner, dass Art. 26 Abs. 2 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums ([X.]) Ausnahmen vom Schutz gewerblicher Muster und Modelle nur in begrenzten Ausnahmefällen zulässt. Solche Ausnahmen dürfen nicht unangemessen im Widerspruch zur normalen Verwertung geschützter gewerblicher Muster oder Modelle stehen und die berechtigten Interessen des Inhabers des geschützten Musters oder Modells nicht unangemessen beeinträchtigen, wobei auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen sind.

dd) Bei der Auslegung des Art. 110 Abs. 1 [X.] ist ferner darauf zu achten, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch die Unionsrechtsordnung geschützten anwendbaren Grundrechten besteht und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist (vgl. [X.], Urteil vom 27. März 2014 - [X.], [X.], 468 Rn. 46 = [X.], 540 - UPC Telekabel).

(1) Die vermögenswerten Aspekte des Geschmacksmusterrechts sind Teil des geistigen Eigentums und genießen den Schutz des Art. 17 Abs. 2 [X.]. Zum spezifischen Gegenstand eines Geschmacksmusters gehört der Schutz für Ersatzteile (vgl. [X.], Urteil vom 5. Oktober 1988 - 53/87, Slg. 1988, 6039 = [X.]. 1990, 140 Rn. 11 - CICRA/[X.]; Urteil vom 5. Oktober 1988 - 238/87, Slg. 1988, 6211 = [X.]. 1990, 141 Rn. 8 - [X.]/Veng).

(2) Der Ausschluss von Geschmacksmusterrechten an als Ersatzteile vorgesehenen Felgen ist nicht durch die berechtigten Interessen von unabhängigen Felgenherstellern oder der Verbraucher gerechtfertigt.

Die durch Art. 16 [X.] geschützte unternehmerische Freiheit der unabhängigen Felgenhersteller gebietet keinen Ausschluss der Geschmacksmusterrechte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts können die Wettbewerber Felgen in anderen auf [X.]-Fahrzeuge abgestimmten Designs vertreiben, die bei der Erstausstattung oder Umrüstung angebracht und als Ersatzteile bezogen werden. Die [X.] zu 1 erhielte unangemessene Vorteile, wenn sie sich die gestalterischen Entwicklungsleistungen der Klägerin für eigene geschäftliche Zwecke ohne eigene Investitionen zunutze machen könnte. Das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision unbeanstandet - festgestellt, dass die niedrigeren Preise der Felgen der [X.]n zu 1 unter anderem auf die Einsparung der von der Klägerin aufgewendeten Entwicklungskosten zurückzuführen sind.

Das Interesse des Verbrauchers, bei der Beschädigung einer einzelnen Felge ein identisch gestaltetes Produkt als preisgünstiges Ersatzteil zu erwerben, gebietet ebenfalls nicht die Zulassung eines Preiswettbewerbs zwischen den nach dem [X.] gestalteten Felgen der Klägerin und identischen Konkurrenzprodukten. Der Verbraucher wird durch die Bindung an die Klägerin im Fall des [X.] nicht unangemessen benachteiligt. Sein Bedürfnis, eine Ersatzfelge in einer bestimmten Gestaltung bei der Klägerin zu erwerben, ist keine notwendige Folge des Erwerbs eines [X.]-Fahrzeugs. Es beruht auf der Entscheidung des Verbrauchers, das Fahrzeug mit den geschmacksmusterrechtlich geschützten Felgen der Klägerin und nicht mit abweichend gestalteten Felgen eines anderen Herstellers auszustatten.

Entgegen der Ansicht der Revision kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin den Ersatzteilbedarf ihrer Kunden durch ungebührlich hohe Preise für ihre Felgen ausnutzt. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen muss sich die Klägerin bei der Erstausstattung dem Preiswettbewerb mit unabhängigen Felgenherstellern stellen, welcher im Fall der Ersatzbeschaffung fortwirkt. Dabei schlägt sich in den höheren Preisen der Felgen der Klägerin die Wertschätzung der Fahrzeuge als Luxusgüter nieder. Die im Verhältnis zu den Felgen der [X.]n zu 1 höheren Preise folgen daraus, dass die vom Verbraucher gewählten Felgen der Klägerin ohnehin teurer als diejenigen von unabhängigen Felgenherstellern sind. Soweit die Revision die von der Klägerin (auch) im Reparaturfall verlangten Felgenpreise für monopolistisch überhöht hält, ersetzt sie in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beurteilung durch ihre eigene Sichtweise, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.

ee) Nach Ansicht des [X.]s gebietet der Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit nicht, den Vertrieb identisch nachgebauter Felgen zu [X.] gemäß Art. 110 Abs. 1 [X.] vom Geschmacksmusterschutz auszunehmen. Nach Art. 36 A[X.] kann der freie Warenverkehr beschränkt werden, wenn die beeinträchtigende Maßnahme zur Wahrung der Rechte erforderlich ist, die den spezifischen Gegenstand des gewerblichen Eigentums ausmachen (vgl. [X.], Urteil vom 17. Oktober 1990 - [X.], Slg. 1990, [X.] = [X.]. 1990, 960 Rn. 12 - [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.]/A[X.], 4. Aufl., Art. 36 A[X.] Rn. 208; [X.]/Streinz in [X.]/Hilf/[X.], Das Recht der [X.], Stand: Januar 2015, Art. 36 A[X.] Rn. 35). Das Geschmacksmusterrecht zählt zum gewerblichen Eigentum (vgl. [X.], Urteil vom 14. September 1982 - Rs. 144/81, Slg. 1982, [X.] = BeckEuRS 1982, 97926 Rn. 14 - [X.]Nany Kean Gifts). Zu seiner Substanz gehört die Befugnis des Inhabers des Geschmacksmusters, die Einfuhr von Erzeugnissen, die das Muster verkörpern, durch Dritte zwecks Verkaufs auf dem Binnenmarkt zu verhindern. Die Bestimmungen über den freien Warenverkehr stehen daher der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften nicht entgegen, nach denen der Hersteller von [X.]fahrzeugen als Inhaber eines Geschmacksmusterrechts an [X.] für die von ihm hergestellten Fahrzeuge befugt ist, [X.] die Einfuhr geschützter Teile aus anderen Mitgliedstaaten, die dort ohne seine Erlaubnis hergestellt wurden, und den Verkauf im Inland zu untersagen (vgl. [X.], [X.]. 1990, 140 Rn. 11 und 13 - CICRA/[X.]). Diese Grundsätze sind auf die Rechte aus einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster übertragbar.

ff) Der [X.] sieht auch nicht, dass der Verordnungsgeber eine allgemeine Freigabe der Benutzung von geschmacksmusterrechtlich geschützten Bauelementen bei der Reparatur komplexer Erzeugnisse angestrebt hat. Die [X.] im Sinne von Art. 110 Abs. 1 [X.] bezieht sich vielmehr nur auf solche Ersatzteile, die mit dem Originalteil identisch sind ("must-match"-Ersatzteile), wobei im [X.]fahrzeugsektor insbesondere sogenannte "body parts" oder "crash parts" wie [X.], [X.] und [X.] betroffen sein sollen (vgl. den Vorschlag der [X.] zur Änderung der [X.]/[X.] vom 14. September 2004, [X.] f., 6 f.; [X.]/[X.], [X.], 348, 349; [X.], [X.], 753, 754). Damit sind vom Verbraucher frei wähl- und austauschbare Bauteile wie Felgen nicht vergleichbar.

gg) Anders als die Revision meint, hält der [X.] eine Auslegung des Art. 110 [X.], nach der als Ersatzteile angebotene Felgen Bauelemente zur Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbilds eines [X.]fahrzeugs seien, auch nicht mit Blick auf die [X.] oder die Regelung [X.] [X.]/[X.] für geboten.

(1) Die Revision macht geltend, die mit der Verordnung ([X.]) Nr. 461/2010 ([X.]) bezweckte Freigabe des Angebots von [X.] - wozu nach deren Artikel 1 Absatz 1 Buchst. h Felgen zählten - durch unabhängige Händler und Hersteller würde unterlaufen, wenn Automobilhersteller mithilfe von [X.] den Wettbewerb auf dem Kfz-Ersatzteilemarkt einschränken oder verhindern könnten. Dieser Sichtweise der Revision möchte sich der [X.] nicht anschließen.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass einem Gleichlauf der [X.] und des Art. 110 Abs. 1 [X.] - auch in Ansehung des übereinstimmenden Ziels der Liberalisierung des Ersatzteilemarkts - die unterschiedlichen Regelungsbereiche und Tatbestandsvoraussetzungen der Bestimmungen entgegenstehen. Die [X.] untersagt nach ihrem Erwägungsgrund 17 und ihrem Artikel 5 im Interesse eines wirksamen [X.] auf den [X.] vertikale Vereinbarungen, die die Möglichkeiten eines [X.]s beschränken, solche Teile an zugelassene oder unabhängige Händler, zugelassene oder unabhängige Werkstätten oder Endverbraucher zu verkaufen. Sie trifft keine Regelung zu [X.], die als Bauelemente von [X.]fahrzeugen geschmacksmusterrechtlich geschützt sind. Für solche Bauelemente sieht Art. 110 Abs. 1 [X.] eine Liberalisierung des Ersatzteilemarkts im Hinblick auf das Schutzrecht des Inhabers des Geschmacksmusters nur unter der zusätzlichen - vorliegend nach Ansicht des [X.]s nicht gegebenen - Voraussetzung vor, dass das Bauelement die Reparatur des Fahrzeugs ermöglichen soll, um ihm wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen.

(2) Entgegen der Ansicht der Revision spricht für eine Erstreckung des Art. 110 Abs. 1 [X.] auf die angegriffenen Felgen ferner nicht, dass die [X.] der [X.]n zu 1 über eine [X.]-Typgenehmigung als Nachrüsträder verfügen.

Die Vorschriften der Richtlinie 2007/46/[X.] zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von [X.]fahrzeugen und [X.]fahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge vom 5. September 2007 und die Bestimmungen der [X.] [X.]/[X.] regeln nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2007/46/[X.] und den Ziffern 4.1 und 6 [X.]/[X.] die technischen Anforderungen an den zulässigen Vertrieb von Nachrüsträdern. Der Umstand, dass die streitbefangenen [X.] die technischen Voraussetzungen als Ersatzteile zu den [X.]n der Klägerin erfüllen, besagt nicht, dass die optisch-ästhetischen Voraussetzungen für ein Bauelement zur Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbilds eines [X.]-Fahrzeugs im Sinne des Art. 110 Abs. 1 [X.] vorliegen. Die [X.]-Typgenehmigungen enthalten keine Entscheidungen über die geschmacksmusterrechtliche Zulässigkeit des Vertriebs der [X.] und entfalten insoweit keine Legalisierungswirkung.

Der [X.] möchte sich auch nicht der Meinung der Revision anschließen, wonach die vom Gesetzgeber angenommene Regelung zu Nachrüsträdern in Ziffer 2.4 der [X.] [X.]/[X.] zeige, dass er Räder, die den Originalrädern entsprächen, in den Anwendungsbereich des Art. 110 Abs. 1 [X.] habe aufnehmen wollen, weil andernfalls die Regelungen zur [X.]-Typgenehmigung für Nachrüsträder wegen des weit verbreiteten Designschutzes für Felgen weitgehend leerlaufen würden. Der Schutz eines nachgebauten Leichtmetallrads als Geschmacksmuster ist weder rechtlich zwingend noch tatsächlich in jedem Fall gegeben. Dass alle namhaften Automobilhersteller ihre Felgen als Geschmacksmuster haben schützen lassen und dies dem Unionsgesetzgeber bei der Annahme der Regelungen [X.] [X.]/[X.] zur [X.]-Typgenehmigung von Nachrüsträdern bekannt gewesen ist, macht auch die Revision nicht geltend.

2. Für den Fall, dass die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 6/2002 nicht auf formgebundene Teile beschränkt ist und daher grundsätzlich auch Felgen von [X.]fahrzeugen unter diese Bestimmung fallen können, stellt sich weiter die Frage, ob allein das Angebot von identisch gestalteten, also auch farblich und in der Größe den Originalrädern entsprechenden Felgen privilegiert ist.

Der [X.] ist der Auffassung, dass angesichts der vorstehenden Erwägungen eine Anwendung der Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 6/2002 jedenfalls auf Erzeugnisse beschränkt ist, die den [X.] in Farbe und Größe entsprechen. Die Frage ist entscheidungserheblich, weil die [X.] zu 1 nach Darstellung der Klägerin die Felgen auch in anderen Farben und Größen als die Originalfelgen anbietet und von diesem Vortrag mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts im Revisionsverfahren auszugehen ist.

3. Für den Fall, dass die Frage zu 1 verneint wird, stellt sich weiter die Frage, ob die Schutzschranke im Einzelfall nur dann zugunsten des Anbieters eines grundsätzlich das [X.] verletzenden Erzeugnisses eingreift, wenn dieser Anbieter sicherstellt, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu [X.] und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung und Individualisierung des [X.] erworben werden kann.

a) Das Berufungsgericht hat die Anwendung der Schutzschranke im Streitfall nicht nur mit der Begründung verneint, dass nicht formgebundene, frei wählbare Bauteile wie Felgen von vornherein nicht von der Privilegierung des Art. 110 Abs. 1 [X.] erfasst sind. Es hat außerdem angenommen, die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien auch deshalb nicht erfüllt, weil die [X.] zu 1 nicht sichergestellt habe, dass die streitbefangenen Felgen ausschließlich mit dem Ziel vertrieben würden, die Reparatur von [X.]-Fahrzeugen zu ermöglichen.

b) Hintergrund der Beurteilung des Berufungsgerichts ist der Umstand, dass die Nachfrage nach Felgen für [X.]fahrzeuge auf dem Sekundärmarkt in mehrerlei Weise besteht. Zum einen kommt ein Ersatzbedarf in Betracht, wenn eine oder mehrere Felgen beschädigt worden oder - etwa durch Diebstahl - abhandengekommen sind. Zum anderen besteht ein [X.] im Hinblick auf den zusätzlichen Erwerb von Sommer- oder Winterreifen. Schließlich werden [X.] aus ästhetischen Gründen, etwa zum Zwecke des "Tuning" eines Fahrzeugs, erworben. Im Hinblick auf Bauteile, die nicht nur zu [X.], sondern auch aus anderen Gründen nachgefragt werden, stellt sich deshalb die Frage, ob es für die Anwendung der Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 [X.] ausreicht, dass der Anbieter des Ersatzteils subjektiv zu dem Zweck handelt, die Reparatur eines komplexen Erzeugnisse zu ermöglichen, oder ob der Anbieter außerdem objektiv sicherstellen muss, dass das Ersatzteil vom Erwerber ausschließlich zu [X.] verwendet wird, um dem [X.]fahrzeug wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen.

c) Dazu wird angenommen, dass dem Hersteller von [X.] auferlegt werden müssen, um jede zusätzliche Gefährdung des Schutzrechtsinhabers zu vermeiden. Der Hersteller von [X.] dürfe deshalb ausschließlich solche Abnehmer beliefern, bei denen sichergestellt sei, dass sie das Teil nur als Austauschteil zur Reparatur verwendeten. Der Hersteller könne deshalb selbst Reparaturdienstleistungen anbieten und das jeweilige Teil selbst einbauen. Er könne außerdem an Reparaturbetriebe liefern, soweit von diesen sichergestellt werde, dass die Ersatzteile nur zu [X.] verwendet werden. Eine Auslieferung in unüblichen großen Mengen komme dagegen nicht in Betracht, weil dies für eine bezweckte Weiterveräußerung spreche. Eine Auslieferung an Wiederverkäufer scheide von vornherein aus (vgl. [X.] aaO Art. 110 Rn. 32).

Nach dieser Auffassung, der sich das [X.] und das Berufungsgericht angeschlossen haben, reicht es für die Anwendung des Art. 110 Abs. 1 [X.] nicht aus, dass der Hersteller zu dem Zweck handelt, eine Reparatur zu ermöglichen. Zusätzlich zu diesem ausdrücklich geregelten subjektiven Merkmal sei erforderlich, dass die Einhaltung des [X.] durch die Begrenzung des Abnehmerkreises auch objektiv sichergestellt werde.

d) Es ist ungeklärt, ob über den Wortlaut der Bestimmung des Art. 110 Abs. 1 [X.] hinaus die objektive Sicherstellung der Einhaltung des subjektiven [X.] gefordert werden kann.

aa) Für ein solches, neben die Reparaturabsicht tretendes zusätzliches objektives Erfordernis spricht, dass die Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 [X.] eine Privilegierung allein für die Verwendung eines Musters zu [X.] vorsieht und im Interesse des Schutzes des Inhabers des [X.] ein Bedürfnis besteht, die Einhaltung der Voraussetzungen der Schutzschranke sicherzustellen. Es liegt im Interesse des Schutzrechtsinhabers, eine Umgehung des [X.] zu verhindern, die etwa durch die nicht ernstgemeinte schlichte Äußerung des Anbieters droht, er verkaufe lediglich zu [X.].

bb) Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Forderung eines zusätzlichen - nach den herkömmlichen Grundsätzen vom Anbieter des [X.] und gegebenenfalls zu beweisenden - Tatbestandsmerkmals der Sicherstellung des [X.] in dem Sinne, dass der Anbieter von [X.] einen Einsatz außerhalb des [X.] objektiv auszuschließen hat, in der Praxis auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen und die Interessen des Anbieters von [X.] sowie das Allgemeininteresse an der Gewährleistung eines freien [X.] auf dem Sekundärmarkt für Erzeugnisse im Sinne von Art. 110 Abs. 1 [X.] erheblich beeinträchtigen kann. Dies gilt insbesondere im Bereich des auch im Streitfall in Rede stehenden Internethandels, bei dem eine Überprüfung der Angaben des Käufers zu dem von ihm verfolgten Erwerbszweck durch die besondere Anonymität des Onlinekontakts erschwert wird. Diese Schwierigkeiten könnten dafür sprechen, kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der objektiven Sicherstellung der Einhaltung des [X.] zu verlangen, sondern es ausreichen zu lassen, dass der Anbieter des Ersatzteils in einem Streitfall darlegt und gegebenenfalls beweist, dass seine Absicht auf ein Angebot ausschließlich zu [X.] gerichtet war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Schutzrechtsinhaber die Möglichkeit offensteht, im Einzelfall durch entsprechend gestaltete Testkäufe nachzuweisen, dass der Hersteller Felgen wissentlich in nicht unerheblichem Umfang objektiv auch außerhalb eines Reparaturbedarfs vertreibt und deshalb Zweifel an dem Angebot der Felgen ausschließlich zu [X.] bestehen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts dürfte insoweit allerdings der nachgewiesene Vertrieb eines kompletten Rädersatzes nicht ausreichen. Zwar kommt bei der Lieferung von vier Felgen ein Erwerb zum Zwecke des Tunings oder der Aufrüstung mit Sommer- oder Winterreifen in Betracht. Ein Reparaturbedarf kann aber nicht ausgeschlossen werden. Es liegt auf der Hand, dass sich im Falle eines Unfalls oder eines Diebstahls ein Reparaturbedarf auch auf alle vier Räder eines [X.]fahrzeugs beziehen kann.

e) Für den Fall, dass der Anbieter eines grundsätzlich das [X.] verletzenden Erzeugnisses sicherzustellen hat, dass sein Produkt ausschließlich zu [X.] erworben werden kann, stellt sich die weitere Frage, welche Maßnahmen er insoweit ergreifen muss. Insbesondere ist fraglich, ob es ausreicht, dass er - wie im Streitfall - in seinem Verkaufsprospekt den Hinweis aufnimmt, dass ein Verkauf ausschließlich zu [X.] erfolgt, um das ursprüngliche Erscheinungsbild des [X.] wiederherzustellen. In Betracht kommt ferner, dass der Anbieter eine Belieferung davon abhängig macht, dass der Abnehmer (Händler und Verbraucher) schriftlich erklärt, das angebotene Erzeugnis nur zu [X.] zu verwenden.

4. Die aufgeworfenen Fragen sind im Streitfall entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, die [X.] zu 1 habe nicht nachgewiesen, dass sie die streitgegenständlichen Felgen ausschließlich im freigestellten Segment des Vertriebs zu [X.] veräußert habe. Der Hinweis in ihrem Internetauftritt, es handele sich um kompatible Nachrüsträder für ein konkretes Fahrzeug, für dessen Reparatur sie ausschließlich bestimmt seien, vermöge nicht sicherzustellen, dass sich die Kunden an diese Vorgabe hielten. Der Vortrag der [X.]n zu 1, sie verwende ab August 2013 ein Kontrollsystem, bei dem Bezieher der Felgen - Händler wie Endabnehmer und Verbraucher - schriftlich erklären müssten, die Felgen nur zu [X.] zu verwenden, und sie anderenfalls Garantieansprüche verlören, stehe einem Unterlassungsanspruch nicht entgegen. Eine bloße Aufgabe der bisherigen Geschäftstätigkeit lasse eine Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Erforderlich sei vielmehr eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Es könne deshalb offenbleiben, ob das behauptete Kontrollsystem überhaupt tauglich sei, einen Vertrieb ausschließlich in der [X.] zu gewährleisten.

[X.]

                 [X.]                        [X.]

Meta

I ZR 226/14

02.06.2016

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 11. September 2014, Az: 2 U 46/14, Urteil

Art 110 Abs 1 EGV 6/2002, Art 267 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 02.06.2016, Az. I ZR 226/14 (REWIS RS 2016, 10610)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 48-49 REWIS RS 2016, 10610


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 226/14

Bundesgerichtshof, I ZR 226/14, 26.07.2018.

Bundesgerichtshof, I ZR 226/14, 02.06.2016.


Az. 2 U 46/14

Oberlandesgericht Hamm, 2 U 46/14, 19.01.2015.


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20 U 124/17 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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