Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.05.2019, Az. 25 W (pat) 77/17

25. Senat | REWIS RS 2019, 6944

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2016 012 777 – [X.]/16 Lösch

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] sowie des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

1. Die Beschwerde des Antragsgegners und Markeninhabers wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner und Markeninhaber trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

Die am 27. April 2016 angemeldete Bezeichnung

2

[X.]

3

ist am 2. Juni 2016 unter der Nr. 30 2016 012 777 als [X.]e in das beim Deutschen Patent- und [X.]enamt ([X.]) geführte Register eingetragen worden und genießt Schutz für die nachfolgenden Waren:

4

Klasse 9: Tonübertragungsgeräte; Tonverstärker; Tonwiedergabegeräte;

5

Klasse 15: elektronisches Musikinstrument;

6

Klasse 16: Druckerzeugnisse.

7

Mit Schriftsatz vom 2. August 2016, eingegangen beim [X.] am 3. August 2016, hat die Löschungsantragstellerin gestützt auf § 50 Abs. 1 [X.]enG i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.]enG die Löschung der beschwerdegegenständlichen [X.]e beantragt. Dem an den [X.]eninhaber per Einschreiben zugestellten Löschungsantrag, abgesandt am 25. August 2016, hat dieser mit Schriftsatz vom 12. September 2016 (eingegangen vorab per Telefax beim [X.] am 15. September 2016) widersprochen.

8

Mit Beschluss vom 4. Juli 2017 hat die [X.]enabteilung 3.4 des [X.] die Löschung der beschwerdegegenständlichen [X.]e angeordnet. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Löschungsantrag zulässig sei. Der [X.]eninhaber habe gemäß § 54 Abs. 3 [X.]enG dem Löschungsantrag fristgerecht widersprochen. Der Löschungsantrag habe in der Sache Erfolg, da der [X.]eninhaber bei der Anmeldung der [X.]e [X.] im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.]enG gehandelt habe. Er habe insbesondere den Gebrauch der Kennzeichnung „[X.]“ für Musikinstrumente (nämlich sogenannte „[X.]“) durch die Löschungsantragstellerin gekannt und kein eigenes billigenswertes Interesse an der [X.]enanmeldung gehabt. Er habe sich mit der Anmeldung nur in eine kennzeichenrechtlich vorteilhafte Position gegenüber der Löschungsantragstellerin bringen wollen. Der [X.]eninhaber habe selbst dargelegt, dass er die angegriffene [X.]e angemeldet habe, weil er in dem Gebrauch der Bezeichnung „[X.]“ durch die Löschungsantragstellerin einen Angriff auf seine eigene „[X.]enfamilie“ gesehen habe. Für die Anmeldung der angegriffenen [X.]e habe jedoch auch unter diesem Gesichtspunkt keine Veranlassung bestanden. Der [X.]eninhaber habe zwar schon vor der beschwerdegegenständlichen Anmeldung mehrere [X.]en mit dem übereinstimmenden Bestandteil „Kick“ zur Kennzeichnung von Musikinstrumenten benutzt. Diese [X.]en seien jedoch mit der angegriffenen [X.]e nicht vergleichbar. Von einem Einbruch in eine fremde [X.]enserie könne nur ausgegangen werden, wenn sich die neue [X.]e in jeder Hinsicht so in die ältere [X.]enserie einfüge, dass sie als deren Bestandteil verstanden werden könne. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall, da die [X.]enserie des [X.]eninhabers, bestehend aus den Kennzeichen „[X.] [X.] I“, „[X.] [X.] II“ und „[X.] [X.] III“ bzw. „[X.] Kick“, „[X.]“, „[X.]“ und „[X.] Kick“ anders aufgebaut sei. Der Bestandteil „Kick“ sei zudem schon aus Rechtsgründen als Stammbestandteil einer [X.]enserie ungeeignet, da er im Bereich der Musikinstrumente dahingehend beschreibend sei, dass das entsprechende Instrument mit einem Fußtritt („Kick“) bedient werden könne. Weiterhin sei entgegen des Vortrags des [X.]eninhabers nicht erkennbar, dass die Löschungsantragstellerin mit dem Kennzeichen „[X.]“ den Produkten des [X.]eninhabers zu nahe gekommen sei. Zunächst seien dessen Produkte gar nicht eindeutig als Hufeisen ([X.] „horse shoe“) erkennbar, da sie die Form eines auf einer Seite offenen Rechtecks aufwiesen, während ein Hufeisen schmäler und abgerundet sei. Gegen eine bewusste Annäherung der Löschungsantragstellerin an die Produkte des [X.]eninhabers spreche zudem, dass deren Produkte nicht an ein Hufeisen erinnerten. Der [X.]eninhaber habe auch keinen eigenen Benutzungswillen dargelegt. Er verwende andere, eigene Kennzeichnungen und habe die angegriffene [X.]e bisher nicht benutzt. Aus seinem Vortrag, dass er mit der [X.]enanmeldung nur seine [X.]enfamilie mit dem Bestandteil „kick“ habe verteidigen wollen, sei zu folgern, dass er mit der angegriffenen [X.]e nur die Verwendung der Bezeichnung „[X.]“ durch die Löschungsantragstellerin verhindern wollte. Er habe damit lediglich versucht, einen Wettbewerber zu behindern.

9

Hiergegen wendet sich der [X.]eninhaber mit seiner Beschwerde. Er (bzw. seine GmbH) vertreibe sei dem [X.] digitale „[X.]“ unter den Namen „[X.] [X.] I“, „[X.] [X.] II“ und „[X.] [X.] III“, sowie analoge „[X.]“ mit dem Namen „[X.]“. Die Bezeichnung „[X.]“ sei für den [X.]eninhaber als [X.]e eingetragen. Seit dem [X.] vertreibe dessen GmbH weitere „[X.]“ mit dem [X.]ennamen „[X.]“ bzw. weitere Musik-Produkte mit den eingetragenen [X.]ennamen „[X.]“, „[X.] Kick“ und „[X.] Kick“. Zwischen den Verfahrensbeteiligten habe es Gespräche gegeben, die einen möglichen Vertrieb der „[X.]“ des [X.]eninhabers (insbesondere des Produkts „[X.]“) durch die Löschungsantragstellerin zum Gegenstand gehabt hätten. Der Löschungsantragstellerin sei zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen, dass der [X.]eninhaber den Bestandteil „Kick“ zur Kennzeichnung einer Vielzahl seiner Produkte benutzt habe. Nach dem Scheitern der Gespräche habe die Löschungsantragstellerin offenbar beschlossen, eigene „[X.]“ mit der Bezeichnung „[X.]“ bzw. „[X.] PRO“ auf den [X.]t zu bringen. Der [X.]eninhaber habe hierin ein Eindringen der Löschungsantragstellerin in seine [X.]enserie „Kick“ gesehen und beschlossen, als erste [X.] die beschwerdegegenständliche [X.]e anzumelden. Da die Löschungsantragstellerin die Bezeichnung „Horse Kick“ zwar benutze, aber nicht als [X.]e angemeldet habe, habe der [X.]eninhaber sich nicht mit einem Widerspruch nach § 42 [X.]enG gegen die Benutzung der Bezeichnung „[X.]“ wehren können. Dabei komme hinzu, dass sich das als „[X.]“ gekennzeichnete Produkt der Löschungsantragstellerin technisch und gestalterisch sehr stark an die „[X.]“ des [X.]eninhabers anlehne. Die Keilform des Produkts der Löschungsantragstellerin nähere sich in ihrer Geometrie bis auf die abgerundete Vorderkante der „[X.]“ des [X.]eninhabers nahezu gleich an. Dieses Produkt sei entgegen der Auffassung der [X.]enabteilung auch hufeisenförmig. Da die [X.]en des [X.]eninhabers stets aus zwei Bestandteilen bestünden, nämlich aus dem Bestandteil „Kick“, der mit einem weiteren [X.] Wort kombiniert werde, sei die angegriffene [X.]e strukturell identisch aufgebaut und füge sich in diese [X.]enserie ein. Dabei komme dem Bestandteil „Kick“ insoweit auch eine prägende Bedeutung zu. Er sei keineswegs beschreibend, da das Wort „Kick“ im Zusammenhang mit „[X.]“ nicht gebräuchlich sei. Das Spielen auf einer „[X.]“ werde allgemein als „taping“ und nicht als „kicking“ bezeichnet. Im Übrigen könne eine „[X.]“ auch mit der Hand gespielt werden. Darüber hinaus seien die [X.]en des [X.]eninhabers Wortneuschöpfungen. Er sei der Erste gewesen, der „[X.]“ mit dem Bestandteil „Kick“ bezeichnet habe und zudem auch der Erste, der überhaupt digitale „[X.]“ angeboten habe.

Im Amtsverfahren hatte der [X.]eninhaber mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2016 vorgetragen, dass er (bzw. seine GmbH) eine sich noch im Ausbau befindliche Produktfamilie in Hufeisenform anbiete. Diese Produkte würden zwar derzeit mit der [X.]e „[X.]“ gekennzeichnet. Aufgrund der Tatsache, dass „Hufeisen“ auf [X.] „horse shoe" heiße, sei eine zukünftige Benutzung der angegriffenen [X.]e beispielsweise für diesen Produktbereich alles andere als fernliegend.

Der [X.]eninhaber beantragt sinngemäß,

den Beschluss der [X.]enabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und [X.]enamts vom 4. Juli 2017 aufzuheben und den Löschungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Löschungsantragstellerin beantragt,

die Beschwerde des [X.]eninhabers zurückzuweisen.

Die Löschungsantragstellerin ist der Auffassung, die [X.]enabteilung habe zutreffend festgestellt, dass der [X.]eninhaber [X.] im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.]enG gehandelt habe. Es sei unstreitig, dass die Löschungsantragstellerin die Bezeichnung „[X.]“ deutlich vor dem Anmeldetag entwickelt und entsprechend gekennzeichnete Produkte auf Messen vorgestellt habe. Es sei auch unstreitig, dass der [X.]eninhaber vor der Anmeldung der angegriffenen [X.]e hiervon Kenntnis gehabt habe. Dies sei nach seiner eigenen Einlassung gerade erst der Anlass für die Anmeldung gewesen. Der [X.]eninhaber habe damit unstreitig eine Situation schaffen wollen, in der die Weiterbenutzung der Bezeichnung „[X.]“ seitens der Antragstellerin wegen drohender Unterlassungsklagen und [X.] unmöglich gewesen wäre. Der [X.]eninhaber habe sich auch nachträglich nicht darum bemüht, diese Situation abzumildern und der Löschungsantragstellerin beispielsweise die Einräumung einer [X.] verweigert. Er berufe sich weiterhin zu Unrecht darauf, dass die Anmeldung der angegriffenen [X.]e lediglich der Fortentwicklung seiner angeblichen [X.]enserie gedient habe. Eine solche [X.]enserie könne von vorneherein nicht entstehen, weil der Bestandteil „Kick“ für Musikinstrumente rein beschreibend sei. Der Begriff sei nicht nur im Sinne von „Tritt“ allgemein verständlich, sondern habe im Bereich der Musikinstrumente eine spezielle Bedeutung, da durch einen Fußtritt ein spezieller akustischer Erfolg erzielt werde. So werde beim Schlagzeug eine große Trommel auch als „Kick-Drum“ bezeichnet. „[X.]“ seien genau wie dieses Schlaginstrument mit dem Fuß zu spielen. Weiterhin gebe es sogenannte „Kick Pads“ für elektronische Schlagzeuge, die gleichfalls mit dem Fuß zu spielen seien. Im Übrigen füge sich die Bezeichnung „[X.]“ mit der Bezeichnung eines Tieres in keiner Weise in die bisherige [X.]enserie des [X.]eninhabers ein, die den [X.] „Kick“ mit Begriffen wie „[X.]“, „[X.]“ und Ähnlichem kombiniere. Die Bezeichnung „[X.]“ sei insoweit ein ganz anders gebildeter, sprechender Ausdruck („[X.]“). Der [X.]eninhaber habe schließlich auch keine eigene Benutzungsabsicht dargelegt. Er mache zwar geltend, dass die Bezeichnung „[X.]“ zu einem hufeisenförmigen Produkt passe. Dieses konkrete Produkt, auf das er insoweit Bezug nehme, lasse tatsächlich aber keine Assoziationen zu einem Pferdehuf bzw. einem Hufeisen aufkommen. Zudem habe der [X.]eninhaber für dieses spezielle Produkt bereits die Bezeichnung „[X.]“ verwendet, so dass die Absicht fern liege, dieses Zeichen durch die [X.]e „[X.]“ zu ersetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der [X.]enabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten, den Ladungszusatz des Senats vom 30. April 2019, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2019, zu der trotz beiderseitig gestellter Terminsanträge nach § 69 Nr. 1 [X.]enG kein Verfahrensbeteiligter erschienen ist, sowie auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach § 66 [X.]enG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die [X.]enabteilung 3.4 des [X.] hat zu Recht eine [X.]e Anmeldung der streitgegenständlichen [X.]e im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.]enG a.F. bzw. des im Wortlaut identischen § 8 Abs. 2 Nr. 14 [X.]enG n.F. bejaht.

1. Der Löschungsantrag ist zulässig. Das geltend gemachte absolute Schutzhindernis der Bösgläubigkeit wurde in der Begründung des Löschungsantrags unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.]enG a.F. benannt. Der [X.]eninhaber hat dem Löschungsantrag fristgemäß nach § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.]enG widersprochen; mithin war das Löschungsverfahren mit Sachprüfung des geltend gemachten Löschungsgrundes durchzuführen.

2. Der Löschungsantrag ist begründet, so dass die Beschwerde in der Sache erfolglos bleibt. Die [X.]enabteilung 3. 4. des [X.] hat die angegriffene [X.]e zu Recht gelöscht, da der Inhaber der angegriffenen [X.]e bei deren Anmeldung [X.] gewesen war.

a) Nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 a.F. bzw. Nr. 14 [X.]enG wird eine [X.]e auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie [X.] angemeldet worden ist. Von einer Bösgläubigkeit des Anmelders im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 14 [X.]enG ist dann auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ([X.], 380 Rn. 16 – Glückspilz; GRUR 2016, 482 Rn. 16 – [X.]; [X.], 780 ff. – [X.]). Die rechtliche Beurteilung, ob eine [X.]e [X.] angemeldet worden ist, hat dabei umfassend und unter Berücksichtigung aller im Einzelfall erheblichen Faktoren zu erfolgen ([X.] [X.], 763 Rn. 37, 51-53 – [X.]/[X.]; [X.] a.a.[X.] – [X.]). Ein Anmelder handelt dabei nicht allein deshalb unlauter, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für dieselben Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben (vgl. [X.] GRUR Int. 2013, 792 Rn. 37 – [X.]); ein Vorbenutzungsrecht in diesem Sinne ist dem [X.]enrecht fremd. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen lassen. Ausgehend hiervon kann ein [X.]er [X.]enerwerb nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] insbesondere darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes eines Vorbenutzers ohne rechtfertigenden Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche [X.]e für gleiche oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen anmeldet mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der [X.]e zu sperren ([X.] [X.], 1034 – [X.]; [X.], 1032, 1034 – [X.] 2000; [X.], 621 Rn. 21 – [X.]). Darüber hinaus kann der Erwerb eines formalen [X.]enrechts, unabhängig vom Bestehen eines schutzwürdigen Besitzstandes eines [X.], auch dann [X.] sein, wenn sich die Anmeldung der [X.]e unter anderen Gesichtspunkten als wettbewerbs- oder sittenwidrig darstellt. Das wettbewerblich Verwerfliche kann insoweit insbesondere darin gesehen werden, dass ein [X.]enanmelder die mit der Eintragung der [X.]e verbundene – an sich unbedenkliche – Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzt (vgl. [X.] [X.], 917 Rn. 20 – [X.]; [X.], 621 Rn. 21 – [X.]). Ein Verhalten überschreitet die Schwelle der Bösgläubigkeit erst dann, wenn seine Wirkungen über eine als bloße Folge des [X.] hinausgehen und es bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen [X.] gerichtet ist (vgl. [X.] a. a. [X.] Rn. 28 – [X.]; [X.] [X.], 917 Rn. 23 – [X.]; [X.] a. a. [X.] Rn. 32 – [X.]). Für eine Behinderungsabsicht kann dabei vor allem sprechen, dass zwischen [X.]enanmelder und Drittem eine ersichtliche [X.]situation besteht und die Verhinderung oder auch nur Erschwerung der Benutzung der [X.]e durch den [X.] erkennbar zumindest ein wesentliches Motiv der Anmeldung darstellt, wobei es sich nicht um den einzigen Beweggrund handeln muss (vgl. [X.] GRUR 1986, 74, 77 – [X.]; [X.], 1034, 1036 – [X.]; [X.], 1032, 1034 – [X.] 2000; [X.], 621 – [X.], [X.], 917 – [X.]; [X.], 1032, 1034 – [X.]). Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit ist der Zeitpunkt der [X.]enanmeldung maßgeblich ([X.] GRUR a. a. [X.] Rn. 14 – Glückspilz; [X.] a.a.[X.] Rn. 14 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten). Dies schließt jedoch eine Berücksichtigung des Verhaltens des Anmelders vor und nach der [X.]enanmeldung nicht aus, denn aus diesem Verhalten können sich Anhaltspunkte für oder gegen eine zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht ergeben (vgl. [X.] a. a. [X.] Rn. 14 – Glückspilz; [X.], Beschluss vom 15. November 2017, 29 W (pat) 16/14 – [X.]; [X.]/Hacker/ Thiering, [X.]enG, 12. Aufl., § 8 Rn. 912).

b) Nach diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Löschung der angegriffenen [X.]e wegen Bösgläubigkeit schon nach dem eigenen Vortrag des [X.]eninhabers ohne Weiteres gegeben. Er hat selbst vorgetragen, dass er die angegriffene [X.]e hat eintragen lassen, um eine Sperrwirkung zu erreichen, wobei diese Sperrwirkung sich nach seinem Vortrag im Ergebnis auch als zweckwidriges Mittel im [X.]kampf darstellt.

Die Verfahrensbeteiligten sind Wettbewerber. Sie bieten jeweils spezielle Musikinstrumente an, nämlich sogenannte „[X.]“. Dabei handelt es sich um Perkussionsinstrumente, die im Wesentlichen wie ein Stück Holz aussehen bzw. ein Stück Holz sind und über elektronische Steckverbindungen verfügen können. Dabei werden die erwünschten Geräusche akustisch oder auch elektronisch erzeugt bzw. übertragen. Der [X.]eninhaber räumt ein, dass ihm bereits vor der Anmeldung der angegriffenen [X.]e bekannt war, dass die Löschungsantragstellerin die Bezeichnung „[X.]“ zur Kennzeichnung von solchen „[X.]“ benutzte ohne ein eigenes [X.]enrecht erworben zu haben. Weiterhin bezweckte der [X.]eninhaber nach seinem eigenen Vortrag mit der [X.]enanmeldung eine „[X.]“ gegen genau diese Benutzung der Bezeichnung „[X.]“. Er sah sich nämlich durch den Gebrauch der Bezeichnung durch einen Wettbewerber in seiner geschäftlichen Tätigkeit gestört. Der [X.]eninhaber hat insbesondere nicht vorgetragen, dass er bei der Anmeldung der angegriffenen [X.]e die Absicht hatte, diese selbst zu benutzen. Eine solche Absicht kann seinem Sachvortrag auch bei wohlwollender Auslegung nicht hinreichend deutlich entnommen werden. Zudem war er unstreitig nicht dazu bereit, der Löschungsantragstellerin trotz der bekannten Vorbenutzung der Bezeichnung „[X.]“ eine [X.] einzuräumen. Damit war es die alleinige Absicht des [X.]eninhabers, die Sperrwirkung der [X.]e zur Behinderung der Löschungsantragstellerin zu benutzen. Diese Behinderungsabsicht betrifft sowohl die Ware der Klasse 15 (elektronisches Musikinstrument), die als Oberbegriff auch digitale „[X.]“ umfassen, als auch die übrigen, mit der Anmeldung beanspruchten Waren. [X.], [X.] und Tonwiedergabegeräte (Klasse 9) können Teil einer digitalen „[X.]“ sein oder mit einer solchen bestimmungsgemäß zur Erzeugung von Musik verbunden bzw. gemeinsam benutzt werden. Druckerzeugnisse (Klasse 16) können auch Notenhefte, Lehrbücher oder Gebrauchsanweisungen für das Spielen einer „[X.]“ sein, so dass auch insoweit ein ausreichend enger Warenzusammenhang besteht.

Der Vortrag des [X.]eninhabers im Löschungsverfahren vor dem [X.] (Schriftsatz vom 26. Oktober 2016), wonach eine zukünftige Nutzung der angegriffenen [X.]e beispielsweise für die (nach seiner Auffassung) hufeisenförmigen „[X.]“, die er derzeit noch mit der [X.]e „[X.]“ kennzeichne, „alles andere als fernliegend“ sei, reicht nicht aus, um die Bösgläubigkeit in Frage zu stellen. Unabhängig davon, dass es auch insoweit entscheidend auf den Zeitpunkt der [X.]enanmeldung ankommt, zu dem der [X.]eninhaber nach eigenen Angaben eine „[X.]“ ergriffen hat, lässt dieser Vortrag keine ausreichend konkrete Benutzungsabsicht erkennen. Der [X.]eninhaber hat lediglich abstrakt die Möglichkeit einer Benutzung nicht ausgeschlossen. Im Übrigen sind von der Anmeldung der angegriffenen [X.]e bis zur mündlichen Verhandlung drei Jahre vergangen, ohne dass der [X.]eninhaber konkrete Vorbereitungshandlungen zur Benutzung der [X.]e ergriffen hätte. Schließlich spricht auch der Umstand, dass der Antragsgegner zur vorgeblichen (bzw. nach seiner Darlegung theoretisch möglichen) Absicht, die angegriffene [X.]e zu benutzen, im Beschwerdeverfahren weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, gegen eine tatsächliche Absicht einer Benutzung.

c) Soweit sich der [X.]eninhaber darauf beruft, dass die Löschungsantragstellerin mit der Benutzung der Bezeichnung „[X.]“ in seine [X.]enserie eingedrungen sei, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen hat die [X.]enabteilung zu Recht darauf hingewiesen, dass sich der [X.] „Kick“ im Zusammenhang mit „[X.]“ schon aus Rechtsgründen nicht als Stammbestandteil einer Zeichenserie eignet. Der Begriff „Kick“ ist in diesem Zusammenhang rein beschreibend und für sich genommen nicht schutzfähig. Ein Musikinstrument, das mit dem Fuß zu spielen ist bzw. bestimmungsgemäß durch einen Fußtritts Geräusche erzeugt, wird auch nach dem inländischen Sprachgebrauch „gekickt“ bzw. mit einem „Kick“ (= Fußtritt) gespielt. Der Umstand, dass ein entsprechendes Musikinstrument auch mit der Hand bespielt werden kann, ändert an diesem rein sachbeschreibenden Verständnis der angesprochenen inländischen Verkehrskreise genau so wenig wie der Umstand, dass das Spielen einer „[X.]“ auch als „tapping“ bezeichnet werden kann. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Spielen einer „[X.]“ mit dem Fuß vor allem deswegen naheliegt, weil der Musiker auf diese Weise die Hände frei hat, um ein anderes Musikinstrument mit den Händen zu spielen, das nicht mit dem Fuß betätigt werden kann (wie z.B. andere Schlaginstrumente oder eine Gitarre). Die „[X.]“ unterstützt in der Regel als Rhythmusinstrument ein anderes Musikinstrument, das (anders als eine „[X.]“) Akkorde oder Melodien erzeugen kann.

Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass der Antragsgegner die Benutzung der Bezeichnung „[X.]“ durch die Antragstellerin nur durch die Eintragung der [X.]e verhindern konnte. Vorausgesetzt, dass diese Benutzung tatsächlich die Rechte des Antragsgegners im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.]enG verletzt hätte, etwa unter dem Gesichtspunkt einer [X.]enserie, hätte der Antragsgegner entsprechende Unterlassungansprüche vor den ordentlichen Gerichten geltend machen können.

Soweit der [X.]eninhaber geltend macht, dass sich das Produkt der Löschungsantragstellerin, für das die Bezeichnung „[X.]“ benutzt werde, technisch und gestalterisch stark an sein Produkt „[X.]“ anlehne, rechtfertigt dies gleichfalls nicht den zweckfremden Einsatz des [X.]enrechts. Zunächst beschränkt sich der Vortrag des [X.]eninhabers insoweit darauf, dass beide Produkte „keilförmig“ seien, was aber für sich genommen keine rechtlichen Schlussfolgerungen zulässt. Darüber hinaus kann es im Ergebnis als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, ob sich die Produkte der Löschungsantragstellerin tatsächlich gestalterisch oder technisch den Produkten des [X.]eninhabers in unzulässiger Weise annähern. Sofern insoweit möglicherweise tatsächlich Patent-, Gebrauchsmuster-, Design- oder Urheberrechte des Antragsgegners verletzt sein sollten oder möglicherweise wettbewerbsrechtlich relevante Tatbestände erfüllt sein könnten, obliegt es auch insoweit dem [X.]eninhaber entsprechende Unterlassungsansprüche vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen. Selbst das Bestehen solcher Ansprüche würde das zielgerichtete Verdrängen eines Wettbewerbers in Bezug auf ein Kennzeichen durch die zweckwidrige Ausnutzung der Sperrwirkung einer [X.]e nicht rechtfertigen. Der Umstand, dass die gerichtliche Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen einen gewissen Aufwand erfordert und mit einem gewissen Kostenrisiko verbunden ist, rechtfertigt nicht das Ausweichen auf einen rein formalen, allein wegen des Verbietungsrechts erworbenen [X.]enschutz. Insoweit kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, ob der [X.]eninhaber als erster den [X.] „Kick“ zur Kennzeichnung von „[X.]“ benutzt hat, ob er als erster digitale „[X.]“ auf den [X.]t gebracht hat oder ob sein Produkt „[X.]“ hufeisenförmig ist.

3. Der [X.]eninhaber hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.]enG. In mehrseitigen markenrechtlichen Verfahren gilt zwar der Grundsatz, dass jeder Beteiligte unabhängig vom Ausgang des Verfahrens seine Kosten selbst trägt (§ 63 Abs. 1 Satz 2 [X.]enG und § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.]enG). Eine hiervon abweichende Anordnung ist aber geboten, wenn besondere Umstände vorliegen, die die Belastung eines Beteiligten mit seinen Kosten unbillig erscheinen lassen, § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.]enG bzw. § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.]enG. So entspricht es regelmäßig der Billigkeit angesichts eines [X.] erwirkten [X.], dem [X.]eninhaber die Kosten aufzuerlegen, denn einer [X.]en [X.]enanmeldung liegt stets auch ein rechtsmissbräuchliches Handeln zugrunde ([X.]/Hacker/Thiering, [X.]enG, 12. Aufl., § 63 Rn. 7, § 71 Rn. 15 m.w.N.).

Meta

25 W (pat) 77/17

23.05.2019

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.05.2019, Az. 25 W (pat) 77/17 (REWIS RS 2019, 6944)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6944

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