Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2004, Az. VI ZR 212/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 348

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[X.]IM NAMEN [X.]ES VOLKES URTEIL [X.]/03 Verkündet am: 7. [X.]ezember 2004 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

BGB § 823 Aa

Zur Haftung des Betreibers eines Geburtshauses, in dessen Prospekt neben der Betreuung durch Hebammen auch ärztliche Leistungen in Aussicht gestellt werden.
[X.], Urteil vom 7. [X.]ezember 2004 - [X.]/03 - [X.]

LG Arnsberg

- 2 - [X.]er [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. [X.]ezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll
für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 18. Juni 2003 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als über die Klage gegen die Beklagte zu 2 zum Nachteil des [X.] entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: [X.]er am 5. Januar 1997 geborene Kläger begehrt u.a. von der [X.] zu 2 (nachfolgend: die Beklagte) Schadensersatz wegen fehlerhafter Geburts-hilfe. [X.]ie Beklagte ist Hebamme und betreibt ein Geburtshaus. - 3 - [X.] des [X.] war zunächst von dem nie-dergelassenen Gynäkologen [X.], dem früheren [X.] zu 1, betreut [X.]. Am 26. November 1996 stellte dieser einen Einweisungsschein "zur [X.] von Krankenhausbehandlungen" aus, mit dem die Mutter des [X.] sich am selben Tage in dem Geburtshaus der [X.] anmeldete. In dem Prospekt, den die Beklagte den Eltern des [X.] aushändigte, heißt es u.a.: "... Schwangere, die eine unkomplizierte Geburt erwarten, haben alle Freiheiten zur Selbstbestimmung des Geburtsvorganges. Andererseits haben sie aber auch die Gewißheit, daß alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen für eventuelle Risikofälle bereitgehalten werden. ... ... Auch bei allen Alternativen werden keinesfalls die Sicherheit oder ärztliche Betreuung außer acht gelassen: ein Team von erfahrenen Hebammen ... wird ergänzt durch ortsansässige und schnell verfügbare Gynäkologen, Anästhesisten und Kinderärzte. Unmittelbare Notfälle (Kaiserschnitt, [X.], [X.]) können in hauseigenen OP-Räumen behandelt werden." In dem von der Mutter des [X.] unterzeichneten [X.]eldeformular zur ambulanten Geburt sind als betreuende Hebamme die Beklagte und als die Geburt betreuender Arzt der frühere Beklagte zu 1 eingetragen. Am 5. Januar 1997 begab sich die Mutter des [X.] nach vorheriger Ankündigung seitens des früheren [X.] zu 1 um 12.30 Uhr in das [X.] der [X.] und wurde dort von dieser betreut. Nach dem Abgang von grünem Fruchtwasser gab der telefonisch verständigte [X.] der Beklag-ten um 13.40 Uhr die Anweisung, die Patientin nicht zu verlegen. Um 15.00 Uhr erschien er im Geburtshaus und untersuchte sie. Um 17.45 Uhr ordnete er an, - 4 - den Kläger [X.] mit [X.] zu entwickeln und begann um 18.05 Uhr mit der Extraktion. Nach 65 Minuten wurde der Kläger geboren. Er ist körperlich und geistig schwerstbehindert. [X.] hatte für eine Tätigkeit als Geburtshelfer keine Haftpflichtversiche-rung. Während des Rechtsstreits ist über sein Vermögen das Insolvenzverfah-ren eröffnet worden. [X.]er Kläger, der seine Schädigung auch der Beklagen anlastet, verlangt von dieser als Gesamtschuldnerin mit [X.] die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 255.646 • nebst Zinsen sowie die Feststellung ihrer gesamtschuldnerischen Ersatzpflicht für alle in der Vergan-genheit entstandenen und künftig entstehenden materiellen sowie für alle künf-tigen immateriellen Schäden, soweit die Ansprüche nicht auf [X.] übergegangen sind. [X.]as [X.] hat der gegenüber dem früheren [X.] zu 1 auf Feststellung zur Insolvenztabelle umgestellten Klage durch inzwischen [X.] unter Bemessung des Schmerzensgeldes auf 260.000 • nebst Zinsen stattgegeben, aber die Klage gegen die Beklagte, de-ren als Anästhesist im Geburtshaus tätigen Ehemann [X.] den früheren [X.] zu 3 [X.] und eine weitere Hebamme [X.] frühere Beklagte zu 4 [X.] abgewiesen. [X.]ie Berufung des [X.] hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat lediglich hinsichtlich der früheren [X.] zu 2 zugelas-senen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. - 5 - Entscheidungsgründe: [X.] [X.]as Berufungsgericht ist der Ansicht, dem Kläger stehe gegen die [X.] weder aus §§ 823 Abs. 1, 847 BGB (a.F.) noch aus Schlechterfüllung des [X.] ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Zwar sei die ärztliche Geburtsleitung grob fehlerhaft gewesen. [X.]as Fehl-verhalten von [X.] sei der [X.] jedoch nicht zuzurechnen. Einer [X.] obliege im Geburtshaus ebenso wie in einem Krankenhaus die selb-ständige Betreuung und Leitung nur einer komplikationslosen Geburt. [X.]as Be-handeln regelwidriger Vorgänge sei einem Arzt vorbehalten. [X.]amit sei die [X.] dem Arzt grundsätzlich untergeordnet und dessen Gehilfin, sobald der Arzt die Behandlung übernommen habe. Von diesem Zeitpunkt an treffe ihn die vertragliche und deliktische Verantwortung, während für die Hebamme eine solche Verantwortlichkeit grundsätzlich entfalle, solange sie sich [X.] verhalte. [X.] habe spätestens mit seinem Erscheinen im Geburtshaus die Geburtsleitung übernommen. [X.]ie Hebamme müsse und dürfe allenfalls in ganz außergewöhnlichen Situationen in die ärztliche Geburtsleitung eingreifen. Auch wenn der grob fehlerhafte Einsatz der Saugglocke durch den früheren [X.] zu 1 von dem gerichtlichen Sachverständigen als das "Reißen eines Verrückten über 65 Minuten" bezeichnet worden sei, sei nicht festzustellen, daß die Beklagte die fundamentale Falschplanung der Geburt durch [X.] er-kannt habe. [X.]ie Beklagte treffe ferner kein Aufklärungsversäumnis. Selbst wenn sie gewußt haben sollte, daß [X.] keine Berufshaftpflichtversicherung für die Ent-- 6 - bindung gehabt habe, sei es nicht ihre Pflicht gewesen, der Patientin die [X.] und Haftpflichtsituation des geburtsleitenden Arztes mitzuteilen. I[X.] [X.]iese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann ein [X.] des [X.] gegen die Beklagte nicht ausgeschlossen werden. 1. [X.]as Berufungsgericht verneint Ansprüche der Mutter des [X.] aus Schlechterfüllung des [X.], geht also ersichtlich vom [X.] eines solchen Vertrags zwischen der Patientin und der [X.] aus. Über dessen Inhalt hat es jedoch keinerlei Feststellungen getroffen und auch in rechtlicher Hinsicht nicht ausgeführt, weshalb eine Vertragsverletzung nicht vorliege. Vielmehr hat es sich auf eine deliktische Würdigung der Tätigkeit der [X.] als Hebamme beschränkt, obwohl auf der Hand liegt, daß sie als Betreiberin des Geburtshauses auch vertragliche Pflichten gegenüber der von ihr aufgenommenen Patientin treffen können. [X.]er Umfang dieser Pflichten kann vom Revisionsgericht mangels tatsächlicher Feststellungen über den Inhalt des [X.] nicht abschließend beurteilt werden. [X.]iese [X.] wird das Berufungsgericht nachzuholen und dabei neben dem Inhalt des Prospekts auch den Text des [X.]eldeformulars und eventuelle mündliche [X.] zwischen der [X.] und der Mutter des [X.] zu berücksichti-gen haben. [X.]er von der Revision in Bezug genommene Prospekt weist jedenfalls darauf hin, daß der [X.] als Betreiberin des Geburtshauses eigene Pflichten zur Organisation oblagen, die über die Pflichten einer bei der Geburt tätigen Hebamme hinausgehen und möglicherweise dazu führen könnten, das - 7 - Fehlverhalten des [X.] bei der Entbindung der [X.] gemäß § 278 BGB zuzurechnen. [X.]afür sprechen im vorliegenden Fall mehrere Anhaltspunkte, die das Berufungsgericht bisher nicht berücksichtigt hat. So hat es nicht geprüft, ob bei einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. Senats-urteil [X.] 109, 19, 22; ebenso [X.] 131, 136, 138; 152, 153, 156; Urteil vom 28. Juli 2004 - [X.] - z.[X.].), die auch den Vertragszweck gebüh-rend berücksichtigt, der zwischen der Mutter des [X.] und der [X.] abgeschlossene Vertrag alle medizinisch erforderlichen Maßnahmen der Ge-burtshilfe einschließlich des ärztlichen Beistandes und gegebenenfalls einer erforderlichen Verlegung der Patientin in eine Klinik umfaßte. [X.]ie Angaben im Prospekt legen die Annahme nahe, daß die Patientin bei Aufnahme in ein [X.] ähnlich wie bei der Aufnahme in ein Krankenhaus eine umfassende Unterstützung bei der Geburt unter Berücksichtigung aller nach dem medizini-schen Standard gebotenen Maßnahmen erwarten und davon ausgehen durfte, der Betreiber des Geburtshauses treffe die hierfür erforderlichen organisatori-schen Maßnahmen und werde insbesondere die erforderlichen Räume, Instru-mente und Apparate vorhalten sowie das benötigte Personal bereitstellen. Im Prospekt heißt es nämlich, daß das Team der Hebammen durch rasch verfüg-bare Ärzte ergänzt und unmittelbare Notfälle in hauseigenen Operationsräu-men behandelt werden könnten. Sind diese Angaben Vertragsinhalt geworden, was das Revisionsgericht nicht selbst feststellen kann, könnte die Mutter des [X.] sie dahin verstanden haben, daß auch eine etwa erforderliche Tätig-keit von Ärzten von Seiten des Geburtshauses gewährleistet werde. Bei einem solchen Verständnis des [X.] könnte [X.] als [X.] der [X.] - in ihrer Eigenschaft als Betreiberin des Geburtshauses - anzusehen sein (§ 278 BGB). - 8 - a) [X.]em stünde nicht entgegen, daß die Mutter des [X.] bereits vor Aufnahme in das Geburtshaus von [X.] behandelt worden war. [X.] im Sinne des § 278 BGB ist jeder, der nach den tatsächlichen Gegeben-heiten des Falles und mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird. Es kommt nicht darauf an, welche rechtliche Beziehung zwischen dem Schuldner und seiner Hilfsperson besteht und ob die Hilfsperson einem Weisungsrecht des Schuldners unterliegt; maßgebend ist allein das rein tatsächliche Moment, daß der Schuldner sich im eigenen Interesse eines [X.]ritten zur Erfüllung seiner ei-genen Pflichten bedient (vgl. Senat [X.] 13, 111, 113 f.; ebenso [X.] 62, 119, 124 f.; [X.] Urteil vom 13. Januar 1984 - [X.] - NJW 1984, 1748, 1749). Sollte der Erfüllungsgehilfe auf Grund einer eigenen Verpflichtung ge-genüber dem Leistungsempfänger oder als Erfüllungsgehilfe von zwei [X.] in Bezug auf ein und dieselbe Leistungspflicht tätig werden, stünde dies seiner Erfüllungsgehilfeneigenschaft nicht entgegen (vgl. Senatsurteile [X.] 13, 111, 114; 89, 263, 271 ff.; und vom 22. Oktober 1957 - [X.] ZR 231/56 - LM Nr. 24 zu § 278 BGB; ebenso [X.], Urteil vom 18. Oktober 1951 - [X.]/50 - NJW 1952, 217, 218). b) Bei der rechtlichen Beurteilung der vertraglichen Abmachungen zwi-schen der Mutter des [X.] und der [X.] wird das Berufungsgericht auch zu beachten haben, daß die Interessenlage nicht ohne weiteres mit der eines gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrags wie etwa bei einem [X.] (vgl. Senatsurteile [X.] 129, 6, 13 f.; vom 14. Juli 1992 - [X.] ZR 214/91 - [X.], 1263, 1264) vergleichbar ist. Kennzeichnend für solche gespaltene Vertragsverhältnisse ist, daß der Patient die medizinischen Leistungen allein vom Belegarzt erwartet, was eine Leistungspflicht des Kran-kenhausträgers insoweit ausschließt. [X.]emgegenüber liegt es nach den [X.] tatsächlichen Feststellungen nahe, daß die Mutter des [X.] sich [X.] 9 - gen tatsächlichen Feststellungen nahe, daß die Mutter des [X.] sich [X.] in ein Geburtshaus begab, weil sie grundsätzlich eine Entbindung ohne ärztlichen Beistand anstrebte. Andererseits weist der Prospekt darauf hin, daß sie erwarten konnte, daß die Leiterin des Geburtshauses bei Auftreten von Komplikationen einen Arzt hinzuziehen werde, so daß diese Pflicht zum [X.] der [X.] als Betreiberin des Geburtshauses gehören kann. [X.]enn nach dem ausgehändigten Prospekt entsprach es dem Leistungs-angebot der [X.], das "Team von erfahrenen Hebammen ... durch orts-ansässige und schnell verfügbare Gynäkologen" zu ergänzen. [X.]arin kam nicht zum Ausdruck, die betriebliche Organisation und Erbringung der ärztlichen Lei-stungen werde in einer einem Belegkrankenhaus vergleichbaren Weise von den übrigen Leistungen des Geburtshauses abgetrennt und etwa von dem hin-zuzuziehenden Arzt selbst geschuldet. c) [X.]er Annahme einer umfassenden Organisations- und Leistungspflicht der [X.] als Trägerin des Geburtshauses stünde schließlich auch nicht entgegen, daß bei der geburtshilflichen Tätigkeit von Hebamme und Arzt eine Aufgabenverteilung mit Weisungskompetenz besteht. Mit der Einengung sei-nes Blickwinkels auf diese Funktion der [X.] bei der Entbindung nach Einschaltung eines Arztes hat sich das Berufungsgericht eine [X.] Betrachtungsweise verstellt und die [X.]oppelfunktion nicht hinreichend berücksichtigt, die der [X.] aus dem Betreiben des Geburtshauses einer-seits und ihrer geburtshilflichen Tätigkeit als Hebamme andererseits zukam. Im Rahmen ihrer Organisationspflichten hatte die Beklagte eine selbständige und von den Weisungen zugezogener Ärzte unabhängige Stellung, für die sie allein verantwortlich ist. [X.]araus kann sich eine Haftung für Fehler des Arztes erge-ben (§ 278 BGB), wenn dieser zur Erfüllung der Vertragspflichten des Geburts-hauses aus einem umfassenden Aufnahmevertrag eingeschaltet worden ist. - 10 - Auch wenn eine geburtshilflich tätige Hebamme ab der Übernahme der Behandlung durch den Arzt dessen Weisungen unterworfen und insoweit von einer eigenen Verantwortung grundsätzlich befreit ist (vgl. Senatsurteile [X.] 89, 263, 272; [X.] 129, 6, 11; [X.] 144, 296, 302; vom 22. Februar 1966 - [X.] ZR 202/64 - VersR 1966, 580; [X.], [X.], 897, 898 mit [X.] des Senats vom 13. März 2001 - [X.] ZR 298/00 -; a.A. für den Fall einer normalen Geburt: [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 4 [X.], [X.]. 4) und sie verpflichtet ist, bei Auftreten von Regelwidrigkeiten einen Arzt hinzuziehen (vgl. [X.], VersR 1979, 1060, 1062; [X.], [X.], 228, 229 mit [X.] des Senats vom 25. September 1990 - [X.] ZR 315/89; [X.], [X.], 1114; Hiersche, [X.]ie rechtliche Position der Hebamme bei der Geburt, 2002, [X.]), wird doch mit dieser Aufgabenverteilung zwischen Arzt und [X.] lediglich bestimmt, welche Personen bei der Geburtshilfe wann han-deln müssen und welche Weisungs- und Leitungsrechte für einen hinzugezo-genen Arzt gegenüber der Hebamme in der konkreten geburtshilflichen Situati-on bestehen. [X.]avon zu trennen ist die Frage, wer sich in welchem Umfang zur Bereitstellung geburtshilflicher Leistungen verpflichten kann. Insoweit konnte sich die Beklagte als Betreiberin des Geburtshauses ebenso wie ein Kranken-hausträger vertraglich gegenüber der Patientin verpflichten, die in Aussicht ge-stellten ärztlichen Leistungen durch einen weisungsfreien und ihr gegenüber fachlich weisungsberechtigten Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) zu erbringen und im übrigen organisatorisch für einen fachgerechten Ablauf der Geburtshilfe zu sorgen und einzustehen. d) Sollte die nach alldem erforderliche Prüfung der vertraglichen Verein-barungen der [X.]en durch das Berufungsgericht - eventuell nach weiterem Vortrag der [X.]en - ergeben, daß das unter den [X.]en unstreitige und - 11 - vom Berufungsgericht festgestellte grobe Fehlverhalten des [X.] der Beklag-ten nach § 278 BGB zuzurechnen ist, wird dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens zuzusprechen sein. [X.]er Kläger ist in den Schutzumfang des [X.] zwischen seiner Mutter und der [X.] einbezogen. Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats, daß dem Kind bei einer Verletzung im Mutterleib, sofern auch die weiteren Haftungsvoraussetzungen vorliegen, mit der Vollendung der Geburt ein Schadenersatzanspruch wegen Gesund-heitsverletzung zusteht. [X.]as gilt in gleicher Weise für eine Schädigung in der Geburt (vgl. Senatsurteile [X.] 58, 48, 49 ff.; 89, 263, 266; 106, 153, 162 und vom 14. Juli 1992 - [X.] ZR 214/91 - [X.], 1263). Ein Ersatz des immateriellen Schadens ist hiervon jedoch nicht umfaßt; § 253 Abs. 2 BGB n.F. findet noch keine Anwendung (vgl. Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB). 2. Soweit die Revision beanstandet, daß das Berufungsgericht lediglich eine Pflicht der [X.] zum Hinweis auf das Fehlen eines Versicherungs-schutzes für Schäden aus der geburtshilflichen Tätigkeit des hinzugezogenen Arztes geprüft und verneint hat, ist jedenfalls auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen zweifelhaft, ob sich eine solche Pflicht - etwa als Nebenpflicht - aus dem Behandlungsvertrag zwischen der Mutter des [X.] und der [X.] ergeben kann und ob dies zu einem Anspruch des [X.] auf Schadloshaltung wegen der Insolvenz des [X.] führen kann, der [X.] auch den Ersatz immateriellen Schadens umfassen würde. Sollte es hierauf ankommen, wird das Berufungsgericht auch insoweit seine tatsächli-chen Feststellungen und rechtlichen Überlegungen zu ergänzen haben. - 12 - 3. [X.]ie Revision rügt ferner zu Recht, daß nach den bisherigen [X.] deliktsrechtliche Ansprüche des [X.] gegen die Beklagte nicht ausgeschlossen werden können. a) Allerdings ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision aus dem Ge-sichtspunkt einer mangelhaften Aufklärung der Mutter des [X.] über das Fehlen einer Haftpflichtversicherung für die Geburtshilfe kein Anspruch (§ 823 Abs. 1 BGB). [X.]ie ärztliche Aufklärungspflicht betrifft lediglich die Risiken, die sich aus einem ordnungsgemäßen Vorgehen ergeben können. Über einen Organisati-onsfehler, wie ihn der Einsatz eines Arztes ohne ausreichende [X.] darstellen könnte, ist dagegen nicht aufzuklären (vgl. Senatsurteile vom 19. März 1985 - [X.] ZR 227/83 - [X.], 736 und vom 3. [X.]ezember 1991 - [X.] ZR 48/91 - [X.], 358, 359). b) Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die Beklagte die Mutter des [X.] nicht schon beim Abgang grünen Fruchtwassers in eine Klinik habe überweisen müssen. [X.]as Berufungsgericht wird bei erneuter Beurteilung der Sache zu prüfen haben, ob die Beklagte als Betreiberin des Geburtshauses insoweit ein Organisationsver-schulden (vgl. dazu Senatsurteile [X.] 88, 248, 257; vom 30. Mai 1989 - [X.] ZR 200/88 - [X.], 851 f.; vom 10. März 1992 - [X.] ZR 64/91 - [X.], 742, jeweils m.w.[X.]) trifft. Soweit sie geltend macht, daß sie der Mutter des [X.] zur Verlegung geraten, diese sich jedoch geweigert habe, ist nach den bisherigen Feststellungen hierzu nichts dokumentiert; das könnte dafür sprechen, daß von einem solchen Rat nicht ausgegangen werden kann. Auch wenn bislang nicht festgestellt ist, daß das Auftreten von grünem Frucht-wasser die Kompetenz des Geburtshauses überstieg, hat doch der Kläger in - 13 - den Tatsacheninstanzen unter Hinweis auf die von ihm vorgelegten Privatgut-achten vorgetragen, daß die Beklagte die Patientin in diesem Fall hätte verle-gen müssen. [X.]as Berufungsgericht ist bei seiner abweichenden Auffassung dem gerichtlichen Sachverständigen gefolgt, der sich jedoch auch insoweit in erster Linie mit dem [X.] zwischen Arzt und Hebamme befaßt hat. Ob er mit seiner Bemerkung, die Verlegung sei beim Auftreten von grünem Fruchtwasser ratsam, aber nicht notwendig gewesen, die Kompetenz des [X.]es angesprochen hat, hätte das Berufungsgericht klären müssen, zumal der Privatsachverständige [X.] sich eindeutig für die Notwendigkeit einer Verlegung ausgesprochen hat und unter diesem Blickpunkt ein - möglicherweise grober - Organisationsfehler der [X.] als Betreiberin des Geburtshauses nicht ausgeschlossen werden kann. Ein solcher könnte auch darin bestehen, daß sie in dieser Eigenschaft nicht gegen das Verhalten des [X.] eingeschritten ist, das der gerichtliche Sachverständige als "Reißen eines Verrückten über 65 Minuten" bezeichnet hat. Insoweit könnte der [X.] durch die Aufnahme der Mutter des [X.] in ihr Geburtshaus eine Garantenstellung erwachsen sein mit der Folge, daß sie ein derart unsachgemäßes Vorgehen im Interesse der in ihrer Obhut [X.] Patientin nicht dulden durfte. Auch insoweit hat das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht Widersprüche zwischen dem gerichtlichen Sachver-ständigen und den vom Kläger vorgelegten Privatgutachten nicht hinreichend aufgeklärt, obwohl gerade im Arzthaftungsprozeß die Äußerungen medizini-scher Sachverständiger kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfrei-heit zu prüfen und auch von der [X.] vorgelegte Privatgutachten zu berück-sichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Januar 1996 - [X.] ZR 70/95 - [X.], 647 und vom 23. März 2004 - [X.] ZR 428/02 - VersR 2004, 790, 791). [X.]eshalb hätte das Berufungsgericht den Sachverständigen dazu befragen - 14 - müssen, ob die Beklagte nicht schon angesichts der Absicht des ärztlichen Geburtshelfers, die [X.] nach dem ersten Abreißen der Saug-glocke fortzusetzen, von einem grob fehlerhaften Geburtsmanagement ausge-hen mußte. [X.]ie Privatsachverständige R.-L. hatte hierzu ausgeführt, die [X.] habe ihre Mitwirkung bei der Wiederholung des [X.] verweigern müssen. Unter diesem Blickpunkt hätte das Berufungsgericht den Sachverständigen befragen müssen, ob die Fehler des Arztes bei der [X.] der [X.] nicht Anlaß zum Einschreiten als Betreiberin des [X.]es, möglicherweise aber auch im Sinn einer Remonstrationspflicht als bei der Entbindung mitwirkende Hebamme (hierzu unten c)) geben mußten. [X.]em steht nicht entgegen, daß der Sachverständige der [X.] geglaubt hat, daß sie den Höhenstand des Kopfes nicht wußte und somit eine grobe Fehlplanung nicht erkannt habe. Seine dahingehenden Erwägungen beziehen sich sämtlich auf die Situation vor dem ersten Extraktionsversuch und sind deshalb für den späteren Zeitraum keine ausreichende Grundlage für die Überzeugungsbildung des Tatrichters (§ 286 ZPO; vgl. Senatsurteil vom 13. Februar 2001 - [X.] ZR 272/99 - [X.], 722, 723). Von daher erscheint es beim gegenwärtigen Sachstand nicht ausgeschlossen, daß die gebotene weitere Sachaufklärung Pflichtverletzungen der [X.] ergibt, die - wenn sie als grob zu beurteilen wären - zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der Kau-salität ihres Unterlassens für die Schädigung des [X.] führen könnten. c) Soweit das Berufungsgericht auch in deliktischer Hinsicht allein das Verhalten der [X.] als Hebamme nach Übernahme der Geburtsleitung durch den Arzt geprüft hat, macht die Revision mit Recht geltend, daß eine "Remonstrationspflicht" der Hebamme nicht von vornherein ausgeschlossen ist, auch wenn sie im Hinblick auf die übergeordnete Kompetenz des Arztes nur dann in Betracht kommen kann, wenn die beabsichtigte Behandlung grob feh-- 15 - lerhaft ist und die damit einhergehenden Gefahren vermeidbar und gravierend sind (vgl. [X.], Verantwortung und Vertrauen in der Arbeitsteilung in der Medizin, 1984, [X.] f.). Insofern ist die Würdigung des Berufungsgerichts, es sei nicht nachge-wiesen, daß die Beklagte die Befunde rechtzeitig gekannt habe oder habe [X.] müssen, aus denen sie eine grobe Fehlplanung des ärztlichen Geburtshel-fers bei der [X.] hätte folgern müssen, nicht frei von [X.]. Zwar ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das [X.] im Anschluß an die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sach-verständigen zu dem Ergebnis kommt, es seien keine Umstände dafür ersicht-lich, daß die Beklagte den Höhenstand des kindlichen Kopfes im Becken der Mutter gekannt habe, was für das Erkennen einer Fehlplanung erforderlich ge-wesen sei. Hinsichtlich der weitergehenden Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den kindlichen Höhenstand als Voraussetzung für eine Vaku-umextraktion nicht in Erfahrung bringen müssen, fehlt es aber bisher an einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage (§ 286 ZPO). [X.]as Berufungsgericht hätte angesichts der [X.]arlegungen des Sachverständigen, üblicherweise infor-miere die Hebamme sich über den kindlichen Höhenstand, prüfen müssen, ob diese Übung nicht auch einen zur Sorgfalt verpflichtenden medizinischen [X.] (vgl. Senatsurteil vom 10. März 1954 - [X.] ZR 123/52 - LM Nr. 2 zu § 286 ([X.]) ZPO) beschreibt und deshalb möglicherweise ein Widerspruch in den [X.] des gerichtlichen Sachverständigen vorliegt, dem das [X.] hätte nachgehen müssen. - 16 - II[X.] Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). [X.]ie Sache ist an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließ-lich der Kosten der zurückgewiesenen Nichtzulassungsbeschwerde, zurückzu-verweisen. [X.] Greiner [X.]iederich-sen

Pauge Zoll

Meta

VI ZR 212/03

07.12.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2004, Az. VI ZR 212/03 (REWIS RS 2004, 348)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 348

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