Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2003, Az. VI ZR 8/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 580

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES [X.]/03Verkündet am:25. November 2003Blum,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaBGB § 823 Abs. 1 Aa; ZPO §§ 301, 286 Aa) Besteht die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, ist der [X.] gegen einen von mehreren einfachen Streitgenossen (hier:Belegarzt und Träger des Belegkrankenhauses) unzulässig.- 2 -b) Kommt es im Arzthaftungsprozeß auf den Inhalt der [X.], so hat das Gericht in geeigneter Weise zu klären, welche Fassung indem für die Haftungsfrage maßgeblichen [X.]raum gegolten hat.c) Zu der Frage, ob im Jahr 1990 eine werdende Mutter bei einem möglicher-weise makrosomen Kind vom Arzt über die Möglichkeit einer Schnittentbin-dung aufzuklären war.[X.], Urteil vom 25. November 2003 - [X.] - [X.]LG Darmstadt- 3 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 25. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den [X.]. [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zollfür Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten zu 2 wird das Urteil des 13. Zivil-senats des [X.] vom11. Dezember 2002 aufgehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Mutter des [X.] begab sich am 21. Januar 1990 nach [X.] der 41. Schwangerschaftswoche mit einem vorzeitigen Blasensprung in dieGeburtshilfeabteilung des Belegkrankenhauses des Beklagten zu 2. Die Geburtdes [X.], die von dem Beklagten zu 1, einem Belegarzt, betreut wurde, er-folgte gegen 5 Uhr. Dabei erlitt der Kläger, der bei der Geburt 4.230 g wog, eineSchulterdystokie und nachfolgend eine Clavikulafraktur und eine Erb'sche Läh-- 4 -mung. Infolge der Armplexuslähmung ist der Kläger zu 80% behindert. Er wirftdem Erstbeklagten ärztliche Behandlungsfehler und dem Zweitbeklagten Orga-nisationsmängel vor, die den Gesundheitsschaden verursacht hätten. Er nimmtdeshalb beide Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung ih-rer Ersatzpflicht in Anspruch.Das [X.] hat den Beklagten zu 2 durch Teilurteil verurteilt, an [X.] ein Schmerzensgeld von 60.000,00 DM zu zahlen; ferner hat es die Er-satzpflicht des Zweitbeklagten für die materiellen und immateriellen Schädenfestgestellt, die dem Kläger aufgrund der bei seiner Geburt eingetretenen Ge-sundheitsbeeinträchtigungen noch entstehen. Das [X.] hat diedagegen gerichtete Berufung des Beklagten zu 2 zurückgewiesen und ihn aufdie Berufung des [X.] zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von [X.] Revision verfolgt der Beklagte zu 2 das Ziel einer Abweisung der gegen ihn ge-richteten Klage weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht führt in dem angefochtenen Urteil (veröffentlicht [X.] 2003, 55) aus:Das [X.] habe zulässigerweise durch Teilurteil entschieden, weilsich die Entscheidung abschließend gegen einen der verklagten [X.] 5 -Es habe auch im Ergebnis zutreffend ein zum Schadensersatz verpflich-tendes Organisationsverschulden bejaht. Es habe schon 1990 zum [X.] gehört, daß eine vor der Entbindung stehende [X.] fachärztlichen Eingangsuntersuchung zu unterziehen sei. Dies hätte auchin dem [X.] zu 2 durch organisatorische Anwei-sungen sichergestellt werden müssen. Eine ärztliche Eingangsuntersuchung seivorliegend um so mehr angezeigt gewesen, als die Mutter des [X.] einenvorzeitigen Blasensprung gehabt habe. Auch schon die 1990 geltenden [X.] hätten in einem vorzeitigen Blasensprung eine Indikation füreine Ultraschalluntersuchung gesehen. Dies habe der von dem [X.] bestellteSachverständige auf gerichtliches Befragen ausdrücklich erklärt. An der erfor-derlichen Organisationsanweisung habe es vorliegend gefehlt. Der [X.] sei schlechterdings nicht nachvollziehbar und deshalb als grob zubewerten. Auch in einem Belegkrankenhaus habe der Träger dafür Sorge zutragen, daß jederzeit ein ausreichend qualifizierter Arzt für die indizierte [X.] zur Verfügung stehe.Wäre die gebotene (fach-)ärztliche Aufnahmeuntersuchung durchgeführtworden, so wäre die Patientin auch sonographiert worden. Aufgrund der beivorzeitigem Blasensprung von den [X.] verlangten Ultra-schalluntersuchung, die im übrigen auch wegen der seit der letzten [X.] verstrichenen [X.] und der verstärkten Gewichtszunahme [X.] erforderlich gewesen sei, hätte sich der Arzt einen Eindruck überLage und Stellung des Fötus verschaffen können.Zwar seien 1990 die technischen und diagnostischen Möglichkeiten, einmakrosomes Kind eindeutig zu erkennen, gegenüber heute eingeschränkt ge-wesen. Deshalb wäre die [X.] des [X.] möglicherweise selbst beider gebotenen Ultraschalluntersuchung nicht erkannt worden. Insoweit kämen- 6 -dem Kläger wegen des groben Organisationsverschuldens des Beklagten zu 2aber Beweiserleichterungen zugute. Es müsse von einer Umkehr der Beweis-last ausgegangen werden. Den Beweis, daß auch bei Durchführung aller ge-botenen Untersuchungen das Übergewicht des [X.] nicht erkannt wordenwäre, habe der Beklagte zu 2 nicht angetreten.Die Kausalität zwischen dem Unterlassen der Eingangsuntersuchungund dem geltend gemachten Schaden sei zu bejahen. Wären die gebotenenUntersuchungen ordnungsgemäß durchgeführt worden, so wäre die Mutter des[X.] über das Schulterdystokierisiko aufzuklären gewesen. Der [X.] ihrer Anhörung davon überzeugt, daß sie sich dann - auch entgegenmöglicher ärztlicher Empfehlung - für einen Kaiserschnitt entschieden hätte.Insofern müsse deutlich unterschieden werden zwischen der Risikoaufklärungeinerseits und der Schnittentbindungsindikation andererseits.[X.] Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.1. Das angefochtene Urteil ist auf die Rüge der Revision bereits deshalbaufzuheben, weil es unzutreffend annimmt, das [X.] habe über den ge-gen den Beklagten zu 2 gerichteten Anspruch durch Teilurteil entscheiden [X.]. Die dafür gegebene Begründung, das Teilurteil sei zulässig, weil es nureinen der beiden verklagten Streitgenossen betreffe, entspricht nicht der Recht-sprechung des [X.].a) Danach darf ein Teilurteil nur dann ergehen, wenn es von der Ent-scheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs un-abhängig ist, so daß die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse, auch- 7 -durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht (vgl. [X.]surteile [X.]Z 120, 376,380; vom 23. Januar 1996 - [X.] - [X.], 779, 780 und vom12. Januar 1999 - [X.] - [X.], 734 f. jew. m.w.N.; [X.]Z 107,236, 242; [X.], Urteil vom 5. Juni 2002 - [X.]/00 - FamRZ 2002, 1097).Das gilt auch bei Klagen gegen mehrere einfache Streitgenossen ([X.] 12. Januar 1999 - [X.] - aaO; [X.], Urteil vom 19. Dezember 2002- [X.] - ZIP 2003, 594; vgl. auch [X.], NJW-RR 1994, 1278f.; [X.], [X.] 2001, 232 mit [X.]. von [X.]; [X.]/Leipold,21. Aufl., § 301 Rn. 8; [X.]/ Vollkommer, 24. Aufl., § 301 Rn. 4, 7). Ein [X.] ist schon dann unzulässig, wenn die bloße Möglichkeit besteht, daß es [X.] Rechtsstreit, auch im Instanzenzug, zu einander [X.] kommt (vgl. [X.]surteil vom 12. Januar 1999 - [X.] -aaO, m.w.N.). Das vorliegende Verfahren gibt keinen Anlaß, diese Rechtspre-chung in Frage zu stellen.b) Dem vom Berufungsgericht für seine Entscheidung angeführten Urteildes [X.] vom 7. Juli 1983 ([X.], NJW 1984, 615, inso-weit in [X.]Z 88, 85 nicht abgedruckt) ist nichts Abweichendes zu entnehmen.Dort geht es nicht um die Zulässigkeit eines Teilurteils, sondern darum, unterwelchen Umständen eine Beschränkung der Revisionszulassung möglich ist.Soweit den dortigen Ausführungen entnommen werden kann, daß bei einerKlage gegen einfache Streitgenossen der Erlaß eines Teilurteils grundsätzlichdenkbar ist, ist dies zweifellos richtig. Dies besagt aber nichts darüber, ob [X.] bei subjektiver Klagehäufung erlassen werden darf, obwohl dem [X.] nicht genügt ist.c) Im vorliegenden Fall ist die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungennicht auszuschließen. Nach dem Vortrag des [X.] stehen die behaupteteunzureichende Organisation des Krankenhauses der Zweitbeklagten und die- 8 -ebenfalls behauptete fehlerhafte Betreuung der Geburt durch den Erstbeklagtenin einem unmittelbaren Zusammenhang. Es handelt sich um einen komplexeneinheitlichen Lebenssachverhalt, der auch dadurch geprägt ist, daß die [X.] der anwesenden Hebamme je nach [X.]abschnitt und rechtlicher Sicht demBeklagten zu 1 oder dem Beklagten zu 2 zugeordnet werden kann. Da das Be-rufungsgericht ein - durch organisatorische Maßnahmen [X.] -ärztliches Tätigwerden im Vorfeld des [X.] für erforderlich hält,kann es für die Haftung beider Beklagter darauf ankommen, welche ärztlichenMaßnahmen situationsbedingt erforderlich waren. Daß hier eine ausreichenddeutliche zeitliche oder sachbedingte Zäsur vorliegt, die eine widerspruchsfreie,völlig getrennte Beurteilung beider Verantwortungsbereiche ermöglicht, läßtsich auf Grund der bisher getroffenen Feststellungen nicht ausreichend [X.]) Das Berufungsgericht hätte die Unzulässigkeit des [X.] wegen (vgl. [X.]surteil vom 12. Januar 1999 - [X.] - aaO), [X.] deshalb berücksichtigen müssen, weil sie in der [X.] Beklagten zu 2 gerügt war. Schon dieser Fehler führt zur Aufhebung [X.] und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht (dazu un-ten III).2. Unabhängig davon sind wesentliche Feststellungen, die das [X.] seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde legt, nicht in verfahrens-rechtlich einwandfreier Weise getroffen worden. Der für die Entscheidung [X.] wesentlichen Annahme, bei der Aufnahme der Mutter des[X.] wäre eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) durchzuführen ge-wesen, fehlt eine ausreichende tatsächliche [X.] 9 -a) Das Berufungsgericht meint, daß im Rahmen der für erforderlich er-achteten Eingangsuntersuchung eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt unddabei möglicherweise die Übergewichtigkeit ([X.]) des [X.] entdecktworden wäre und daß sodann die Mutter des [X.] über die bestehendenRisiken, insbesondere einer Schulterdystokie, und die Möglichkeit einerSchnittentbindung hätte aufgeklärt werden müssen, für die sie sich nach derÜberzeugung des Berufungsgerichts entschieden hätte.b) Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, bei der Eingangsunter-suchung wäre eine Sonographie durchzuführen gewesen, auf die [X.] gerichtlichen Sachverständigen. Dieser hat in seinem schriftlichen Gutach-ten ausgeführt, "laut Mutterschaftsrichtlinien" stelle der vorzeitige [X.] Indikation für eine Ultraschalluntersuchung dar; diese sei auch wegen derverstärkten Gewichtszunahme der Mutter und deshalb zu fordern gewesen, weildie letzte derartige Untersuchung acht Wochen zurückgelegen habe. Die Revi-sion zeigt jedoch einen Widerspruch zwischen den Äußerungen des Sachver-ständigen und den für den [X.]punkt der Geburt des [X.] geltenden [X.] auf, dem das Berufungsgericht hätte nachgehen müssen.Ersichtlich hat der Sachverständige seinem schriftlichen Gutachten die[X.] nach dem Stand von 1999 zugrunde gelegt. Bei seinerAnhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat [X.] sodann auf Fragen des Gerichts erklärt, die [X.] hätten auch schon zum [X.]punkt der Geburt des [X.] bei einemvorzeitigen Blasensprung eine Indikation für eine Ultraschalluntersuchung vor-gesehen. Das hat der Zweitbeklagte mit nachgelassenem Schriftsatz in [X.]. Diesem Widerspruch hätte das Berufungsgericht in geeigneter [X.] 10 -Die [X.] werden vom Bundesausschuß der [X.] Krankenkassen gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des [X.] ([X.]) i.V.m. § 196 der Reichsversicherungsordnung([X.]) bzw. § 23 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte([X.] 1972) beschlossen. Sie dienen der Sicherung einer nach den Regelnder ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemein [X.] der medizinischen Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen undwirtschaftlichen ärztlichen Betreuung der Versicherten während der [X.] und nach der Entbindung (§§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 28 Abs. 1, 70Abs. 1 und 73 Abs. 2 [X.]). Die jeweiligen Fassungen sind im Bundesanzei-ger bzw. im Bundesarbeitsblatt veröffentlicht und lassen sich bis zu der für [X.] maßgeblichen Fassung zurückverfolgen.Im Hinblick darauf erscheint es als bedenklich, wenn das Gericht, sofernes auf die zu einem bestimmten [X.]punkt geltende Fassung der Richtlinien [X.], hierfür lediglich in der mündlichen Verhandlung den [X.], der sich auf diese Frage erkennbar nicht hat vorbereiten können.c) Die Revision zeigt auf, daß hier ein Widerspruch zwischen den [X.] des gerichtlichen Sachverständigen und den für den Behandlungs-zeitpunkt maßgeblichen [X.] vorliegt. Sie beruft sich [X.] darauf, daß die [X.] in der 1990 geltenden [X.] Untersuchungen lediglich in der 16. bis 20. und in der 32. [X.] Schwangerschaftswoche vorsahen (Abschnitt [X.]) und daß darüberhinausgehende Ultraschalluntersuchungen nur nach Maßgabe des [X.] nach Anlage 1 der Richtlinien angezeigt waren (Abschnitt [X.]), dessen Voraussetzungen hier nicht vorlagen. Daraus folgert die [X.], daß sich eine Verpflichtung des Zweitbeklagten, bei stationärerAufnahme von Schwangeren in die gynäkologische Abteilung eine [X.] 11 -untersuchung sicherzustellen, aus den 1990 geltenden [X.] nicht herleiten läßt.d) Bei dieser Sachlage beruhen die tatsächlichen Feststellungen, ausdenen das Berufungsgericht einen für den Schaden des [X.] möglicherwei-se ursächlichen [X.] herleiten will, auf einem durchgreifendenVerfahrensfehler. Das angefochtene Urteil ist demnach auch wegen fehlerhafterFeststellungen aufzuheben.3. Da das Berufungsurteil schon aus den oben (zu 1 und 2) erörtertenGründen keinen Bestand haben kann, bedarf es keiner abschließenden Erörte-rung der Revisionsrügen, nach denen das Berufungsgericht zu Unrecht einengroben [X.] mit der Folge einer Beweislastumkehr bejaht hat.Für das weitere Verfahren weist der erkennende [X.] lediglich auf [X.]) Das Berufungsgericht geht ersichtlich davon aus, daß die [X.]des [X.] nur hätte entdeckt werden können, wenn im Rahmen der von [X.] erforderlich gehaltenen Eingangsuntersuchung eine Ultraschalluntersuchungdurchgeführt worden wäre. Sollte die Ergänzung der Beweisaufnahme - wofürderzeit nichts spricht - ergeben, daß eine solche Untersuchung auch unter Be-rücksichtigung der bereits 1990 geltenden [X.] durchzufüh-ren war, wird es darauf ankommen, ob die Durchführung einer Eingangsunter-suchung zu den Organisationspflichten des Beklagten zu 2 als Träger des Be-legkrankenhauses gehörte. Dafür kann sprechen, daß nach der Rechtspre-chung des erkennenden [X.]s ein Belegkrankenhaus ungeachtet der [X.], daß es grundsätzlich keine ärztlichen Leistungen schuldet, für [X.] innerhalb seines Verantwortungsbereichs, die zu einem [X.] Patienten führen, einzustehen hat ([X.]surteile [X.]Z 129, 6, 13 f. und- 12 -vom 16. April 1996 - [X.] - [X.], 976, 977). Auf die in den ge-nannten Entscheidungen entwickelten Grundsätze wird gegebenenfalls zurück-zugreifen sein.b) Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der von ihm bejahte [X.] sei als grob zu bewerten. Insoweit verweist die Revision mit Rechtdarauf, daß das Berufungsgericht ausreichende tatsächliche Feststellungen, diediese Wertung tragen, nicht getroffen hat. Inwieweit sich das Organisationsver-säumnis auch unter Berücksichtigung dessen als besonders schwerwiegenddarstellt, daß die Mutter des [X.] von der anwesenden Hebamme betreutwurde und ärztliche Hilfe, wie die Hinzuziehung des Beklagten zu 1 zu der [X.] zeigt, zur Verfügung stand, legt das Berufungsgericht nicht dar. Es ist [X.] ersichtlich, daß diese Frage Gegenstand der Befragung des [X.] war. Der [X.] hat aber bereits mehrfach darauf hingewiesen, daß [X.] einen groben Behandlungsfehler nicht ohne ausreichende [X.] den medizinischen Darlegungen des Sachverständigen bejahen darf (zuletzt[X.]surteile vom 3. Juli 2001 - [X.] - VersR 2001, 1116, 117 undvom 28. Mai 2002 - [X.]/01 - [X.], 1026, 1027 f., jeweils m.w.[X.] kann auch für einen [X.] des [X.] gelten, soweit es um die Anforderungen an die Organisation aus medizini-scher Sicht geht.c) Erheblichen Bedenken begegnet die Auffassung des Berufungsge-richts, die aus dem von ihm bejahten groben Organisationsverschulden herge-leitete Beweiserleichterung reiche so weit, daß zugunsten des [X.] davonausgegangen werden könne, die [X.] wäre entdeckt worden. Mit [X.] die Revision geltend, das Berufungsgericht habe nicht ausreichend [X.], daß ein Verstoß gegen die bei der Eingangsuntersuchung aus medizini-scher Sicht gebotene Befunderhebung im Wege der Beweiserleichterung auf- 13 -ein reaktionspflichtiges positives Befundergebnis nur schließen läßt, wenn dieshinreichend wahrscheinlich ist (vgl. [X.]surteile [X.]Z 132, 47, 50 ff. und vom6. Juli 1999 - [X.] - [X.], 1282, 1283). [X.] jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn ein haftungsbegründender Ursa-chenzusammenhang "äußerst unwahrscheinlich" ist ([X.]surteile [X.]Z 85,212, 216 f.; 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 1. Oktober 1996 - [X.] - [X.], 362, 363 f. m.w.N.). Das Berufungsgericht erkennt selbst, daß eine Ma-krosomie des [X.] angesichts der eingeschränkten [X.] möglicherweise nicht entdeckt worden wäre. Aufgrund [X.] die gegenteilige Feststellung im Streitfall gleichwohl als gerecht-fertigt erscheint, ist den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil nicht aus-reichend deutlich zu entnehmen.d) Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen auch nicht hinrei-chend klar erkennen, ob es sich bei der Annahme, dem Kläger komme einemehrstufige Beweiserleichterung zugute, der Voraussetzungen bewußt gewe-sen ist, die nach der Rechtsprechung des erkennenden [X.] insoweit zu be-achten sind (vgl. [X.]surteile [X.]Z 132, 47, 50 ff.; 138, 1, 4 ff.; vom4. Oktober 1994 - [X.] - [X.], 46 f.; vom 21. November 1995- VI ZR 341/94 - [X.], 330 ff.; vom 6. Juli 1999 - [X.] [X.] muß indes im Hinblick auf die verschiedenen vorrangig zu prüfenden, [X.] nicht zu beantwortenden Fragen nicht weiter nachgegangen werden.e) Der erkennende [X.] muß angesichts der zahlreichen ungeklärtenVorfragen auch nicht abschließend zu der vom Berufungsgericht aufgeworfenenZulassungsfrage Stellung nehmen, ob die Mutter des [X.] über die Möglich-keit einer Schnittentbindung hätte aufgeklärt werden [X.] 14 -aa) Das Berufungsgericht erkennt selbst, daß seine Ansicht, diese Fragesei zu bejahen, im Widerspruch zur Mehrheit der dazu publizierten Entschei-dungen steht (vgl. [X.], [X.], 159; [X.], VersR 1990,52; [X.], 169; [X.], [X.]/110; [X.], [X.], 1544; [X.], [X.], 519; [X.], [X.]). Ob es sich mit Recht auf die von ihm als abweichend bezeichneten Ur-teile ([X.], [X.], 1403; [X.], NJW-RR 2002, 310; OLGKöln, OLGR 1997, 296) berufen kann oder ob diese Entscheidungen, wie [X.] meint, durch besondere Sachverhaltsgestaltungen veranlaßt waren,kann hier dahinstehen. Festzuhalten ist aber, daß die Ausführungen des [X.]s schwerlich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des er-kennenden [X.]s stehen. Nach dieser muß über die Möglichkeit einer [X.] nur aufgeklärt werden, wenn sie aus medizinischer Sicht indiziertist, weil für den Fall, daß die Geburt vaginal erfolgt, ernstzunehmende Gefahrenfür das Kind drohen und daher im Interesse des Kindes gewichtige Gründe füreine Schnittentbindung sprechen, wobei diese auch unter Berücksichtigung [X.] und Befindlichkeit der Mutter in der konkreten Situation eine medi-zinisch verantwortbare Alternative darstellen muß ([X.]surteile [X.]Z 106,153, 157; vom 12. November 1991 - VI ZR 369/90 - [X.], 237; vom19. Januar 1993 - [X.] - [X.], 835; vom 16. Februar 1993- VI ZR 300/91 - [X.], 703). Der vorliegende Fall gibt keinen Anlaß, vondiesen Grundsätzen abzuweichen.bb) Mit Recht weist die Revision auch darauf hin, daß sich das [X.] für seine Auffassung nicht auf die Ausführungen des gerichtlichenSachverständigen berufen kann. Dieser hat in seinem schriftlichen Gutachtenausgeführt, nach dem ärztlichen Standard von 1990 sei ein Hinweis auf [X.] und auf die Alternative einer Sectio angesichts der Unsicher-heiten bei der ultrasonographischen Gewichtsschätzung "höchstens als erwä-- 15 -genswert zu bewerten" gewesen, zumal zum damaligen [X.]punkt der Umstand,daß ein "großes" Kind zu erwarten sei, keine Indikation zu einer Schnittentbin-dung dargestellt habe. In diesem Sinne hat sich der Sachverständige auch [X.] bei seiner mündlichen Anhörung durch das Berufungsgericht geäußert.Seine im späteren Verlauf der Anhörung vorgebrachte scheinbar abweichendeÄußerung beruht auf einem zumindest mißverständlichen Vorhalt des [X.]s zur Rechtslage und ist deshalb nicht aussagekräftig.[X.] die Revision ist das angefochtene Urteil danach aufzuheben. Der er-kennende [X.] verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück. Zwar istdas Teilurteil des [X.]s unzulässig, so daß eine Zurückverweisung [X.] an das [X.] in Betracht kommt. Das Berufungsgericht kann denbeim [X.] verbliebenen Teil des Rechtsstreits jedoch an sich ziehen([X.]surteil vom 12. Januar 1999 - [X.] - aaO). Inwieweit diese Mög-lichkeit auf Grund der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften über dasBerufungsverfahren möglicherweise eingeschränkt ist, kann dahinstehen. [X.] Fall sind für das Berufungsverfahren nach Zurückverweisung [X.] noch die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften weiterhin [X.], weil die mündliche Verhandlung vor dem [X.] am 16. Juli 1998geschlossen worden ist (vgl. § 26 Nr. 5 EGZPO). Eine abschließende Entschei-dung der Sache durch das Berufungsgericht erscheint als sachdienlich (§ 540ZPO a.F.). Zur Verantwortlichkeit des Beklagten zu 1 ist in erster Instanz bereitsverhandelt und Beweis erhoben worden. Der Gesamtablauf des [X.] bedarf möglicherweise, zumindest in Teilaspekten, einer einheitli-chen Betrachtung. Nicht zuletzt fällt auch ins Gewicht, daß der Rechtsstreit seit- 16 -mehr als neun Jahren anhängig ist, so daß das Interesse an einer alsbaldigenabschließenden Entscheidung hinsichtlich sämtlicher Streitgegenstände [X.], den Verlust einer Instanz zu vermeiden, deutlich überwiegt.Müller[X.][X.]PaugeZoll

Meta

VI ZR 8/03

25.11.2003

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2003, Az. VI ZR 8/03 (REWIS RS 2003, 580)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 580

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 321/98 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 239/16 (Bundesgerichtshof)

Arzthaftung: Erfordernis der nochmaligen Aufklärung der Schwangeren über die Möglichkeit der Schnittentbindung


VI ZR 125/13 (Bundesgerichtshof)

Krankenhaushaftung bei Geburtsschaden: Reichweite und Zeitpunkt ärztlicher Aufklärungspflichten hinsichtlich der unterschiedlichen Risiken und Vorteile bei …


VI ZR 239/16 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 125/13 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.