Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.05.2012, Az. X R 30/06

10. Senat | REWIS RS 2012, 6620

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Gegenstand

(Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG im Veranlagungszeitraum (Erhebungszeitraum) 2001 - keine Berücksichtigung von Unterentnahmen aus Jahren vor 1999 - Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001)


Leitsatz

1. Bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG für den Veranlagungszeitraum 2001 sind Unterentnahmen aus den Jahren vor 1999 außer Acht zu lassen. Die Anwendungsregelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001 gebietet, in dem ersten nach dem 31. Dezember 1998 endenden Wirtschaftsjahr von einem Kapitalkonto mit dem Anfangsbestand "0 DM" auszugehen.

2. § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob im Streitjahr 2001 bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes ([X.]) i.d.[X.] 2001 ([X.] 2001) vom 20. Dezember 2001 ([X.], 3794, [X.], 4) auch [X.] aus Wirtschaftsjahren, die vor dem 1. Januar 1999 endeten, zu berücksichtigen sind.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielte gewerbliche Einkünfte aus dem An- und Verkauf von Immobilien. Nach der für das Streitjahr 2001 vorgelegten Bilanz überstiegen die Entnahmen den Gewinn und die Einlagen wie folgt:

3

Entnahmen

949.178,17 DM

- Gewinn

391.728,01 DM

- Einlagen 

342.674,12 DM

 = Überentnahmen

214.776,04 DM

4

[X.] betrugen die Überentnahmen 447.907,75 DM, im Jahr 2000 lagen [X.] in Höhe von 296.902,75 DM vor. Das Anfangskapital zum 1. Januar 1999 war mit 514.336,55 DM positiv. In ihrer Gewinn- und Verlustrechnung für das Streitjahr 2001 machte die Klägerin Darlehenszinsen in Höhe von 14.376,50 DM geltend, die im Zusammenhang mit der Finanzierung von Umlaufvermögen angefallen waren. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) errechnete gemäß § 4 Abs. 4a [X.] die nicht abziehbaren Schuldzinsen wie folgt:

5

Überentnahmen 1999 

447.907,75 DM

 - [X.] 2000

296.902,75 DM

+ Überentnahmen 2001

214.776,04 DM

 = Überentnahmen zum 31. Dezember 2001

365.781,04 DM

6

Daraus errechnete sich ein Hinzurechnungsbetrag von 21.946,86 DM (365.781,04 [X.] %), den das [X.] gemäß § 4 Abs. 4a Satz 4 [X.] auf 10.376,50 DM (Darlehenszinsen abzüglich 4.000 DM) begrenzte.

7

Gegen den hierauf ergangenen Gewerbesteuermessbescheid für 2001 --zuletzt vom 6. März 2003-- erhob die Klägerin nach erfolglosem Vorverfahren Klage. Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2006, 1817 veröffentlichtem Urteil ab. Das [X.] habe den Gewerbeertrag der Klägerin zu Recht um einen Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4a [X.] [X.]. § 52 Abs. 11 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 erhöht. § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 bewirke, dass für die Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a [X.] von einem Kapitalkonto mit dem Anfangsbestand "0 DM" auszugehen sei. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen die Anwendung des § 4 Abs. 4a [X.] [X.]. § 52 Abs. 11 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 würden nicht geteilt.

8

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.

9

(1) Der geltend gemachte Zinsaufwand sei ausschließlich betrieblich veranlasst; er resultiere aus der Finanzierung zum Verkauf bestimmter Immobilien. Im Streitjahr seien die aufgenommenen Darlehen bereits am 7. Juni 2001 restlos getilgt gewesen. Beträge von mindestens 460.000 DM seien erst nach [X.] Tilgung der Darlehen entnommen worden.

(2) § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 sei mit dem Zweck des § 4 Abs. 4a [X.] nicht vereinbar; es sei das gesamte in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital zu berücksichtigen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber lediglich das nach dem 31. Dezember 1998 gebildete Eigenkapital habe begünstigen wollen. § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] sei für die systematisch-teleologische Auslegung des § 4 Abs. 4a [X.] ungeeignet, da für eine solche Auslegung eine zeitliche Anwendungsregelung ohne Bedeutung sei.

Eine Auslegung des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 sei dahingehend möglich, dass im Streitfall zunächst für die Wirtschaftsjahre 1999 und 2000 der Bestand an Über- bzw. [X.] nach den für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 geltenden Bestimmungen zu ermitteln sei. [X.] danach zum Ende des [X.] unter Einbeziehung eines positiven [X.] per 1. Januar 1999 keine Überentnahme, so könne für Wirtschaftsjahre ab 2001 kein Vortrag von Überentnahmen erfolgen.

(3) § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 sei verfassungswidrig. Sofern zum 31. Dezember 2000 bestehende [X.] im Wirtschaftsjahr 2001 nicht erhalten blieben, verletze diese Regelung Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ([X.]) wegen des Verstoßes gegen die Grundsätze der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.

(a) Für den Gesetzgeber ergebe sich aus diesen Grundsätzen das Gebot der hinreichenden Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidungen. Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung bedürften eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes (Beschluss des [X.] vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98, 1735/00, [X.] 107, 27, [X.] 2003, 534).

§ 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz und führe zu einer dauerhaften Ungleichbehandlung; § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 schneide den Bestand an kumulierten Über- und [X.] zum 31. Dezember 1998 ab, indem diese erst ab dem 1. Januar 1999 für Zwecke der Anwendung des § 4 Abs. 4a [X.] berücksichtigt werden sollten. Es komme zu einer Ungleichbehandlung zwischen Betrieben, die am 31. Dezember 1998 bereits bestanden hätten, und solchen, die erst nach diesem Zeitpunkt eröffnet worden seien.

Ebenso sei die Gleichbehandlung von Störern und Nichtstörern nicht gerechtfertigt. Die Neuregelung behandele ungleiche Personengruppen gleich; die "[X.]" mit Überentnahmen aus früheren Jahren werde durch die "[X.]" bevorzugt, während die "Nicht-[X.]" (die Steuerpflichtigen mit positiven Eigenkapitalbeständen), die in der Vergangenheit keinen Anlass zur Einführung des § 4 Abs. 4a [X.] gegeben habe, ab dem 1. Januar 1999 diskriminiert werde. Die zweckentsprechende Berücksichtigung positiver Altkapitalbestände hätte nicht zwingend die Berücksichtigung von vor dem 1. Januar 1999 entstandenen Überentnahmen verlangt. Diese vor 1999 getätigten Überentnahmen hätte der Gesetzgeber ggf. mit 0 DM ansetzen können bei gleichzeitigem Ansatz der tatsächlich bestehenden positiven Kapitalstände zu diesem Zeitpunkt. Eine Berücksichtigung des [X.] per 1. Januar 1999 wäre allemal zweckentsprechender gewesen als die gewählte "[X.]". Die mit der Regelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] beabsichtigte Vereinfachung könne sich in der Zukunft sogar als Hindernis für eine praktikable Ermittlung erweisen.

Die Höhe des Eigenkapitals am 1. Januar 1999 könne zumindest bei bilanzierenden Steuerpflichtigen ohne Schwierigkeiten festgestellt werden. Es sei kein Grund ersichtlich, dieses Eigenkapital als nicht "entnahmefähig" zu werten, zumal die Grundregel des § 4 Abs. 4a [X.] nicht von einem Mindestkapital ausgehe.

§ 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] beinhalte eine verfassungsrechtlich unzulässige Typisierung. Eine Typisierungsregelung sei nur dann verfassungskonform, wenn sie die (Durchschnitts-) Realität zutreffend abbilde. Die in § 4 Abs. 4a [X.] [X.]. § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] gesetzlich fixierte Durchschnitts-Kapitalquote von 0 % entspreche nicht dem empirischen Realtypus, sondern ersetze diesen zulasten all derjenigen Steuerpflichtigen mit positiven [X.] durch eine unzutreffende fiktive Durchschnittsnormalität.

(b) § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] enthalte eine verfassungsrechtlich unzulässige unechte Rückwirkung und verstoße daher gegen das rechtsstaatlich verbürgte [X.]. Die durch das [X.] 2001 eingefügte Norm des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] ordne die Nichtberücksichtigung der positiven Altkapitalbestände für nach dem 31. Dezember 1998 endende Wirtschaftsjahre bei der Ermittlung des betrieblichen Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4a [X.] an und erstrecke seinen Anwendungsbereich damit auf einen Zeitpunkt, der vor dem Zeitpunkt liege, zu dem die Norm beschlossen bzw. gültig geworden sei. Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz könne durch eine tatbestandliche Rückanknüpfung nur eingeschränkt werden, wenn dies zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet sei und wenn bei Abwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und der Dringlichkeit der Rechtsänderung die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibe. Das sei nicht der Fall; der Gesetzeszweck werde durch § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] nicht gefördert sondern verfremdet. Auch sei die Regelung weder erforderlich noch geboten gewesen; eine schonende Übergangsregelung zum neuen Recht wäre möglich gewesen.

Schließlich beeinträchtige und entwerte § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] durch die Nichtberücksichtigung positiver Eigenkapitalbestände zum 1. Januar 1999 eine geldwerte Position der Klägerin, weil die zum 31. Dezember 1998 darin enthaltenen [X.] nicht auf die Folgejahre übertragbar seien.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung des Gewerbesteuermessbescheids 2001 vom 6. März 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. März 2003 den [X.] 2001 auf 14.735 DM festzusetzen.

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Zu Recht habe das [X.] für das Streitjahr 2001 entschieden, dass die vor 1999 entstandenen Über- und [X.] bei der Ermittlung der nach § 4 Abs. 4a [X.] nicht abziehbaren Schuldzinsen nicht zu berücksichtigen seien.

Die Änderung des § 52 Abs. 11 [X.] sei gemäß Art. 39 Abs. 1 [X.] 2001 mit Wirkung zum 23. Dezember 2001 in [X.] getreten. Für das Streitjahr 2001 sei damit eine gesetzliche Regelung vorhanden, welche das "Startkapital" zum 1. Januar 1999 auf 0 DM festlege. Das von der Klägerin angeführte Urteil des [X.] ([X.]) vom 21. September 2005 [X.]/03 ([X.]E 211, 227, [X.] 2006, 504) betreffe den Veranlagungszeitraum 1999, also ein Jahr, für das eine gesetzliche Regelung zur Bestimmung des "[X.]" gefehlt habe. Die [X.]-Entscheidung sei daher für das Streitjahr nicht einschlägig.

Die Anwendungsregelung des § 52 Abs. 11 Sätze 1 und 2 [X.] i.S. des [X.] 2001 sei nach Wortlaut und Wortsinn klar und eindeutig. Die Gesetzesbegründung bestätige die dem Wortlaut entsprechende Interpretation; Über- und [X.] seien erst ab 1999 zu ermitteln (BTDrucks 14/6877, [X.]). Der Gesetzgeber habe sich erkennbar dagegen entschieden, Über- und [X.] aus Wirtschaftsjahren "vor 1999" zu berücksichtigen. Den damit verbundenen Verlust eines Unterentnahmevolumens habe er bewusst in Kauf genommen. Eine Auslegung gegen den Wortlaut sei nicht zulässig.

§ 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] verstoße nicht gegen Art. 3 [X.] und das damit verbundene verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit, soweit das positive "Startkapital" bei der Ermittlung der nach § 4 Abs. 4a [X.] nicht abziehbaren Schuldzinsen unberücksichtigt bleibe. Die von der Klägerin geforderte Besserstellung von [X.] gegenüber Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 [X.] durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelten, würde zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung von Normadressaten führen.

Der Gesetzgeber habe mit der Anwendungsregel des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] den ihm für Typisierungen zustehenden weiten Gestaltungsspielraum nicht verlassen. Unbillige Ergebnisse könnten im Einzelfall nach § 163 der Abgabenordnung ([X.]) korrigiert werden (vgl. [X.]-Urteil vom 17. August 2010 VIII R 42/07, [X.]E 230, 424, [X.] 2010, 1041).

Die Anwendungsregelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] enthalte eine nach den Kriterien des [X.] zulässige unechte Rückwirkung.

Das [X.] ([X.]) ist dem Verfahren beigetreten und hat sich wie folgt geäußert:

Auch nach Auswertung der aktuellen Rechtsprechung des [X.] (Beschluss vom 7. Juli 2010  2 BvL 1/03, 2 [X.], 2 [X.], [X.] 127, 31) bestünden keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 52 Abs. 11 [X.] i.d.F. des [X.] 2001.

Für das hier zu entscheidende Streitjahr 2001 sei jedenfalls der steuerliche Sachverhalt bei Verkündung des Gesetzes noch nicht abgeschlossen gewesen, denn die Einkommensteuer für das [X.] sei erst mit Ablauf des 31. Dezember 2001 entstanden und damit zu einem Zeitpunkt, in dem die Regelung in § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 bereits verkündet gewesen sei. Damit liege für diesen Veranlagungszeitraum lediglich eine verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässige unechte Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) vor (vgl. [X.]-Beschluss vom 8. Februar 2006 [X.], [X.]/NV 2006, 1117).

Dass die Verhinderung von Missbrauch dem Gesetzgeber weitergehende Gestaltungsspielräume eröffne, habe das [X.] nunmehr mit Blick auf Typisierungen und Pauschalierungen in der Entscheidung vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07 ([X.] 127, 224) hervorgehoben. Insofern habe seit Beginn der Regelung des § 4 Abs. 4a [X.] kein Vertrauensschutz bestanden. Eine mögliche Rückwirkung sei durch das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von Mehrkontenmodellen zu verhindern, verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) unbegründet. Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass im Streitjahr bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a [X.] zum 1. Januar 1999 von einem "Startkapital" von 0 DM auszugehen ist; gegen die Anwendung des § 4 Abs. 4a [X.] [X.]. § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 bestehen weder einfachrechtliche (dazu unten 1.) noch verfassungsrechtliche Bedenken (dazu unten 2.).

1. Gemäß § 4 Abs. 4a Satz 1 [X.] ([X.]. § 7 des [X.]) sind Schuldzinsen nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Gemäß § 52 Abs. 11 Satz 1 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 ist § 4 Abs. 4a [X.] erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31. Dezember 1998 endet. Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift bleiben Über- und Unterentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre unberücksichtigt. Nach Wortlaut und Sinn und Zweck der genannten Regelungen ist allein entscheidend, ob in den nach dem 31. Dezember 1998 endenden Wirtschaftsjahren Über- und Unterentnahmen getätigt wurden. In früheren [X.]räumen getätigte Über- und Unterentnahmen bleiben unberücksichtigt. Dies folgt aus dem eindeutigen Wortlaut des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] und entspricht dem Gesetzeszweck. Nach der Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum [X.] 2001 vom 7. September 2001 (BTDrucks 14/6877, [X.]) sei der [X.] durch die Neuregelung des § 4 Abs. 4a [X.] auf eine neue Grundlage gestellt worden. Über- und Unterentnahmen seien als integrierter Bestandteil der Neuregelung erst ab 1999 zu ermitteln. Eine Berücksichtigung von Über- und Unterentnahmen früherer Jahre würde zudem auf erhebliche rechtliche und praktische Bedenken stoßen (zur Entwicklung der Regelungen zur Begrenzung des betrieblichen [X.]s vgl. auch Senatsurteil vom 23. März 2011 [X.], [X.], 404, [X.], 753).

Auf der Grundlage dieser Regelungen hat das [X.] die Unterentnahmen der Wirtschaftsjahre, die bis zum 31. Dezember 1998 beendet waren, zu Recht nicht berücksichtigt.

Der Umstand, dass die Zinsen zur Finanzierung betrieblicher Vorgänge (Erwerb von Umlaufvermögen) angefallen sind, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist der Tatbestand des § 4 Abs. 4a [X.] zweistufig zu prüfen: Auf der ersten Stufe ist die betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen nach den vom [X.] entwickelten Grundsätzen zu beurteilen; auf der zweiten Stufe ist weiter zu prüfen, welche der betrieblich veranlassten Schuldzinsen auf Überentnahmen beruhen und daher nach § 4 Abs. 4a [X.] nur in beschränktem Umfang abziehbar sind ([X.]-Urteile in [X.]E 211, 227, [X.], 504; vom 3. März 2011 [X.], [X.], 127, [X.], 688).

Das von der Klägerin angeführte [X.]-Urteil in [X.]E 211, 227, [X.], 504 betrifft den Veranlagungszeitraum 1999, also ein Jahr, für das die Regelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 zur Bestimmung des "[X.]" noch nicht vorhanden war; dieses Urteil ist daher für das Streitjahr nicht einschlägig. In dieser Entscheidung wird ausdrücklich festgestellt, dass lediglich in den [X.] 1999 und 2000 ein Unterentnahmevortrag aus der [X.] vor 1999 zu berücksichtigen sei. Der Wortlaut des § 4 Abs. 4a Satz 4 [X.] 1999 und die damalige Anwendungsregelung in § 52 Abs. 11 [X.] 1999 gäben keinen Hinweis, dass die Berechnung der saldierten Über- und Unterentnahmen am 1. Januar 1999 beginnen solle. Indes hat der Gesetzgeber mit dem [X.] 2001 die Unsicherheit bezüglich des "[X.]" beseitigt, indem er der Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 11 [X.] einen Satz 2 hinzugefügt hat.

Für die von der Klägerin geforderte Gesetzesauslegung, nach der das zum 1. Januar 1999 bestehende positive Kapitalkonto in die Berechnung einzubeziehen sei, ist kein Raum. Die von der Klägerin vorgeschlagene Beschränkung des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] auf Überentnahmen entspricht weder dem Wortlaut noch dem Sinn der Vorschrift und kommt nicht in Betracht. Es entspricht dem Sinn und Zweck der Neuregelung, alte Über- und Unterentnahmen gleichermaßen nicht zu berücksichtigen. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass nach der Konzeption des Gesetzes das gesamte Eigenkapital eines Betriebs zu berücksichtigen sei. Daraus folgt aber --entgegen der Auffassung der [X.] nicht, dass der Zweck der Regelung unbedingt verlangt, auch das zum [X.]punkt der Einführung vorhandene Eigenkapital zwingend zu berücksichtigen. Vielmehr legt § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] den zeitlichen Rahmen fest, für den das Eigenkapitalmodell zur Anwendung gelangt. Danach kommt es allein entscheidend auf Vorgänge in nach dem Wirtschaftsjahr 1998 beginnenden Wirtschaftsjahren an.

2. § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 ist umstritten. Das [X.] Münster (Urteil vom 10. Februar 2005  8 K 3745/03 F, E[X.] 2005, 1177, rkr.) hält die Regelung für verfassungsgemäß; diese Auffassung wird von einem Teil der Literatur geteilt ([X.]/[X.], [X.], 31. Aufl., § 4 [X.] 530; [X.]/[X.], § 4 [X.] [X.]). Demgegenüber wird in der Literatur auch die Auffassung vertreten, die Anwendung der [X.] in [X.] (Regelfall: positives Kapitalkonto zu Beginn des [X.] 1999) sei verfassungswidrig; es handele sich um eine unzulässige unechte Rückwirkung sowie eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. z.B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 4 [X.] [X.] 1037; Korn in Korn, § 4 [X.] [X.] 837; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Kommentar, §§ 4, 5 [X.] [X.] 1656; Deussen in [X.]/[X.], § 4 [X.] [X.] 2074; Ley, [X.] --DStR-- 2006, 301, 304; [X.], [X.] 2006, 412; [X.]/[X.], [X.], 467; [X.], [X.], 2397).

b) § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001, der anordnet, dass Über- und Unterentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre (das sind die, die vor dem 1. Januar 1999 endeten) unberücksichtigt zu bleiben haben, verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

Eine Rechtsnorm entfaltet "echte" Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem [X.]punkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Das ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. Erst mit der Verkündung, das heißt, mit der Ausgabe des ersten Stücks des [X.], ist eine Norm rechtlich existent. Bis zu diesem [X.]punkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, muss der von einem Gesetz Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird ([X.]-Beschluss vom 7. Juli 2010  2 [X.], 2 [X.], 2 [X.], [X.] 127, 1, unter C.II.1.b).

Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine "unechte" Rückwirkung vor.

Eine solche unechte Rückwirkung ist nach dem Beschluss des [X.] in [X.] 127, 1 (unter C.II.1.c) nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des [X.] der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zulasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.

Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind gegeneinander abzuwägen; der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (zu [X.] [X.]-Beschluss in [X.] 127, 1, unter C.II.l.c).

c) § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 entfaltet keine unzulässige Rückwirkung. Soweit die Regelung an in der Vergangenheit verwirklichte Umstände anknüpft und daher eine unechte Rückwirkung gegeben ist, ist diese im Ergebnis verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Eine echte Rückwirkung ist in Bezug auf das Streitjahr 2001 nicht gegeben, weil es nach der Rechtsprechung des [X.] insoweit maßgeblich auf den [X.]punkt des Entstehens der Steuerschuld ankommt ([X.]-Beschluss in [X.] 127, 1, unter [X.]). Die [X.] entsteht gemäß § 38 AO [X.]. § 36 Abs. 1 [X.] erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums und damit gemäß § 25 Abs. 1 [X.] mit Ablauf des [X.]. Im Ergebnis nichts anderes gilt für die Gewerbesteuer (§§ 14 Satz 2, 18 GewStG). Demgegenüber wurde das [X.] 2001 bereits am 22. Dezember 2001 und damit vor dem Jahresende 2001 verkündet.

bb) Allerdings liegt in Bezug auf das Streitjahr 2001 eine unechte Rückwirkung darin, dass der Gesetzgeber bei der Ermittlung des Betrags der nicht abziehbaren Schuldzinsen zulasten des Steuerpflichtigen den Ansatz von Unterentnahmen, die in der [X.] bis einschließlich dem Wirtschaftsjahr 1998 entstanden sind, untersagt. Er geht stattdessen stets von einem Startkapital von 0 DM aus. Damit weicht der Gesetzgeber ab dem Wirtschaftsjahr 2001 von der für die Wirtschaftsjahre 1999 und 2000 gegebenen Rechtslage ab. Für diese hatte der erkennende Senat entschieden, dass in der [X.] bis einschließlich dem Wirtschaftsjahr 1998 entstandene Unterentnahmen zu berücksichtigen sind (Senatsurteil in [X.]E 211, 227, [X.], 504).

Soweit der Gesetzgeber durch die Neuregelung im [X.] 2001 die Erwartung enttäuscht hat, im Rahmen der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen würde es bei der Berücksichtigung von diesen Unterentnahmen verbleiben, ist die Neuregelung mit den Grundsätzen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar. Das Vertrauen der Kläger in den Fortbestand der früheren Rechtslage genießt keinen überwiegenden Schutz.

(1) Die Frage, ob Über- und Unterentnahmen aus vor dem 1. Januar 1999 endenden Wirtschaftsjahren bei der Ermittlung der nach § 4 Abs. 4a [X.] nicht abziehbaren Schuldzinsen zu berücksichtigen seien (sog. "Startkapital"), war schon bei Einführung der Vorschrift im Jahr 1999 umstritten (vgl. z.B. Beschluss des [X.] Düsseldorf vom 16. Juli 2001  15 V 1887/01 A ([X.]), E[X.] 2001, 1269; BMF-Schreiben vom 22. Mai 2000, [X.], 588; zum damaligen Stand des Schrifttums vgl. [X.]/[X.], Jahresband 2002, § 4 [X.] J01-4, [X.]), so dass bereits mangels einer eindeutigen Rechtslage kein Vertrauen begründet werden konnte.

(2) Die "verspätete Übergangsregelung" ist zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich. Die Regelung, von einem Startkapital von 0 DM auszugehen, verhindert, dass im Einzelfall die Kapitalentwicklung eines Unternehmens weit in die Vergangenheit zurückverfolgt werden muss. Ohne zeitliche Begrenzung der Kapitalermittlung wären für alle Beteiligten erhebliche praktische Probleme entstanden, da die Bilanzdaten der (weiteren) Vergangenheit (bis hin zum [X.]punkt der Betriebseröffnung) in vielen Fällen nicht mehr zu ermitteln gewesen wären.

Gegen eine unbegrenzte rückwirkende Berücksichtigung von Entnahmen spricht auch der Umstand, dass sog. Überschussrechner (Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 [X.]) in vielen Fällen benachteiligt würden, weil sie in der Vergangenheit nicht zu entsprechenden Aufzeichnungen verpflichtet waren und dementsprechend auch keine Aufzeichnungen geführt hatten.

Schließlich ist die Regelung "zweischneidig"; sie betrifft sowohl Steuerpflichtige mit einem Unterentnahmebestand als auch solche Steuerpflichtige, die einen Überentnahmebestand angesammelt haben; § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 behandelt Unter- und Überentnahmen gleich.

(3) Die in § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] getroffene Regelung ist verhältnismäßig und zumutbar. Im Hinblick auf die Zweischneidigkeit der Regelung und die drohende Ungleichbehandlung von bilanzierenden Steuerpflichtigen und Überschussrechnern ist die Entscheidung des Gesetzgebers, mit der Einführung einer grundlegenden Neuregelung auch die Berechnung der relevanten Größen neu zu beginnen, eine vertretbare Maßnahme. Hätte der Gesetzgeber positives [X.] berücksichtigt, hätten zudem die Unternehmen, die ihren Betrieb erst zum 1. Januar 1999 eröffnet hätten, ihrerseits einen (dauerhaften) Startvorteil der [X.] geltend machen können.

Bei Abwägung all dieser Aspekte ist die gesetzgeberische Entscheidung, einer neuen Regelung, die auf einem neuen gesetzgeberischen Konzept beruht, nur neu verwirklichte Sachverhalte zugrunde zu legen, auch unter Aspekten des Vertrauensschutzes, soweit damit nicht in geschützte Vermögenspositionen eingegriffen wird, nicht zu beanstanden.

(4) Die Regelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 verstößt weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.

(a) Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, dass jeder Inländer nach Maßgabe seiner finanziellen Leistungsfähigkeit gleichmäßig zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben herangezogen wird ([X.]-Beschluss vom 7. November 2006  1 [X.], [X.] 117, 1). Die Freiheit des Gesetzgebers ist durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit begrenzt. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während in vertikaler Richtung die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen dem [X.] genügen muss.

(b) Vor dem Hintergrund der Einführung einer neuen Konzeption zur Begrenzung des [X.]s (sog. Eigenkapitalmodell) hat die Regelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 die Funktion, einen klaren Schnitt zu ziehen und der Anwendung der Neuregelung nur neue Sachverhalte zugrunde zu legen. Im Fall der Einführung grundlegender Neugestaltungen ist der Gesetzgeber berechtigt, die Anwendung der Neuregelung auf die im zeitlichen Geltungsbereich der neuen Normen verwirklichten Sachverhalte zu begrenzen; Über- und Unterentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre dürfen unberücksichtigt bleiben. Dass sich bei einer Neuregelung immer übergangsbedingte Zäsuren und stichtagsbedingte Härten ergeben können, ist in der Natur der Sache begründet; jede Neuregelung führt gegenüber der [X.] zu einer Ungleichbehandlung.

Der Gesetzgeber war demzufolge nicht verpflichtet, die vor dem 1. Januar 1999 bestehenden unterschiedlichen Verhältnisse zu berücksichtigen; er brauchte nicht danach zu unterscheiden, ob positive oder negative Eigenkapitalbestände vorhanden waren, sondern durfte anordnen, dass sich die Neuregelung lediglich auf neue Sachverhalte erstreckt. Verfassungsrechtlich besteht kein Anspruch auf Fortführung bestehender Umstände in Zusammenhang mit der Einführung einer Neuregelung.

Der Gesetzgeber kann nach Maßgabe des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit in bestimmten Fällen auch Umstände der Vergangenheit berücksichtigen; ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, steht aber weitgehend in seinem Ermessen. So wäre im Streitfall möglicherweise auch eine Regelung denkbar gewesen, die die in der Vergangenheit begründete "[X.]" berücksichtigte; dazu verpflichtet war der Gesetzgeber aber nicht. Auf jeden Fall besitzen die von der Klägerin vorgetragenen Argumente nicht ein solches Gewicht, dass sie den erkennenden Senat --selbst bei denkbaren gesetzgeberischen [X.] von der Verfassungswidrigkeit der Regelung überzeugen könnten.

(5) Auch der Grundsatz der Folgerichtigkeit ist nicht verletzt. Bei der Ausgestaltung des [X.] muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Das gleichheitsrechtliche Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt die Befugnis des ([X.], die zentralen Fragen gerechter Belastungsverteilung weitgehend ungebunden zu entscheiden ([X.]-Beschluss vom 12. Mai 2009  2 BvL 1/00, [X.] 123, 111).

Die Ausübung der gesetzgeberischen Freiheit verlangt ein hinreichendes Maß an Rationalität und Abgewogenheit. Soweit darüber hinaus "überzeugende" dogmatische Strukturen durch eine systematisch konsequente und praktikable Tatbestandsausgestaltung entwickelt werden müssen, bleibt dies der Gesetzgebung und der [X.] überlassen. Es ist nicht Aufgabe des [X.], die "Richtigkeit" von Lösungen komplexer dogmatischer Streitfragen, wie sie für manche Bereiche des Steuerbilanzrechts, etwa für den Bereich der Rückstellungen typisch sind, zu kontrollieren und zu gewährleisten ([X.]-Beschluss in [X.] 123, 111).

Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes. Als besondere sachliche Gründe für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen hat das [X.] in seiner bisherigen Rechtsprechung vor allem außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke sowie [X.] und Vereinfachungserfordernisse anerkannt, nicht jedoch den rein fiskalischen Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung.

Diese Grundsätze werden von der Neuregelung beachtet. Insbesondere hat der Gesetzgeber durch die Schaffung von § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] nicht gegen die von ihm in § 4 Abs. 4a [X.] getroffene Grundentscheidung verstoßen, die beschränkte Abziehbarkeit von Schuldzinsen davon abhängig zu machen, dass der Unternehmer wegen Überentnahmen die Finanzierung betrieblicher Aufwendungen mittels verzinslicher Kredite verursacht hat. Vielmehr knüpft die Regelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] an diese Konzeption an. Sie beschränkt lediglich dieses sog. Eigenkapitalmodell auf Vorgänge, die erst ab dem Beginn des Geltungsbereichs der gesetzlichen Neuregelung des § 4 Abs. 4a [X.] verwirklicht worden sind und klammert damit zugunsten und zulasten der betroffenen Steuerpflichtigen Eigenkapitalveränderungen früherer [X.]räume aus. Damit ergänzt der Gesetzgeber sein Eigenkapitalmodell aus Gründen der Praktikabilität dahingehend, dass in der Vergangenheit liegende Umstände unberücksichtigt bleiben sollen. Dies ist jedenfalls dann nicht sachwidrig, wenn sich die Anwendungsregelung wie hier auf eine völlig neue Konzeption der Beschränkung des betrieblichen [X.]s bezieht. Dieser völlig neue gesetzgeberische Ansatz rechtfertigt es, in der Vergangenheit liegende Umstände außen vor zu lassen und die Neuregelung nur auf Sachverhalte zu erstrecken, die vom Steuerpflichtigen im zeitlichen Geltungsbereich des § 4 Abs. 4a [X.] verwirklicht worden sind. Dies gilt umso mehr dann, wenn die Gleichbehandlung von bilanzierenden Steuerpflichtigen auf der einen Seite und Überschussrechnern auf der anderen Seite nur durch einen Neuanfang erreicht werden kann.

(6) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Gesetzgeber mit der "[X.]" nicht die Grenzen zulässiger Typisierung überschritten.

Der Gesetzgeber ist zur Vereinfachung und Typisierung befugt; jede gesetzliche Regelung muss mehr oder weniger verallgemeinern. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Der Gesetzgeber darf für eine gesetzliche Typisierung aber keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss [X.] den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 10. April 1997  2 [X.], [X.] 96, 1).

Steuergesetze, die in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen, müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und damit in weitem Umfang die Besonderheiten nicht nur des einzelnen Falles, sondern ggf. auch ganzer Gruppen vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die verwaltungstechnischen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Gesetzgeber bei der Neuregelung nicht davon ausgegangen, dass [X.] Unternehmen generell einen Kapitalstand von 0 DM aufweisen; er hat der Regelung auch keinen "empirischen Realtypus" zugrunde gelegt (so aber [X.], [X.], 2397). Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass durch die "[X.]" gerade diejenigen Unternehmer "bestraft" würden, die sich in der Vergangenheit entsprechend den Intentionen des Gesetzgebers verhalten hätten (so [X.]/[X.], [X.], 467, 471).

Die "[X.]" will vielmehr gerade die Verhältnisse der Vergangenheit unberücksichtigt lassen und beabsichtigt einen Neuanfang. Sie hat den legitimen Zweck, mit der Einführung der Neuregelung die Berechnung der nunmehr relevanten Über- und Unterentnahmen neu zu beginnen. Die völlige Systemumstellung sowie Gründe der Praktikabilität und der Gleichbehandlung rechtfertigen eine Zäsur zum Jahreswechsel 1998/1999 (s. oben unter (2); [X.]/[X.], a.a.[X.], § 4 [X.] 530).

(7) Der Gesetzgeber hat durch die Regelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 keine bereits bestehende geldwerte Position des Steuerpflichtigen beeinträchtigt. Insofern unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, der dem Beschluss des [X.] vom 17. November 2009  1 BvR 2192/05 ([X.] 125, 1) zugrunde lag. Nach Auffassung des [X.] war es mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, dass die Übergangsregelungen vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren bei einzelnen Unternehmen zu einem Verlust von [X.] führten, der bei einer anderen Ausgestaltung des Übergangs ohne Abstriche an den gesetzgeberischen Zielen hätte vermieden werden können. Mit dem Untergang von [X.] würden unter altem Recht erzielte und nach der Systemumstellung ausgeschüttete Gewinne im Ergebnis aber höher als mit den vorgesehenen 30 % belastet. Im Unterschied dazu bewirkt die Neuregelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 [X.] i.d.F. des [X.] 2001 keine nachträgliche Höherbesteuerung alter Sachverhalte. Nach der in Wirtschaftsjahren bis 1998 geltenden Rechtslage war die Höhe des jeweiligen [X.] für den betrieblichen [X.] nicht relevant. Durch die Einführung des Startguthabens "0 DM" zu Beginn des [X.] 1999 hat der Gesetzgeber daher nicht in eine bereits vorhandene geldwerte Position des Steuerpflichtigen eingegriffen.

(8) Dem Beschluss vom 21. Mai 2010 [X.]/09 ([X.]/NV 2010, 1613), in dem ernstliche Zweifel daran geäußert werden, dass Über- und Unterentnahmen im ersten nach dem 31. Dezember 1998 endenden Wirtschaftsjahr stets von einem Jahresanfangsbestand von 0 DM aus zu ermitteln sind, und der noch auf der Grundlage der alten Rechtsprechung des [X.] zur unechten Rückwirkung ergangen ist, kann sich der erkennende Senat aus den dargelegten Gründen nicht anschließen. Im Übrigen hat der [X.] ausdrücklich betont, dass seine Entscheidung die Hauptsache nicht präjudiziere.

Meta

X R 30/06

09.05.2012

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 26. Januar 2006, Az: 10 K 99/03, Urteil

§ 4 Abs 4a EStG 1997 vom 20.12.2001, § 52 Abs 11 S 2 EStG 1997 vom 20.12.2001, § 7 GewStG 1999, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.05.2012, Az. X R 30/06 (REWIS RS 2012, 6620)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6620

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