BT-Drucksache 18/8710

Mehr öffentliche Sicherheit - Für eine bessere Begrenzung und Kontrolle von Schusswaffen

Vom 8. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8710
18. Wahlperiode 08.06.2016
Antrag
der Abgeordneten Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg,
Volker Beck (Köln), Renate Künast, Monika Lazar, Dr. Tobias Lindner, Özcan
Mutlu, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Corinna Rüffer,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mehr öffentliche Sicherheit – Für eine bessere Begrenzung und Kontrolle
von Schusswaffen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Waffen stellen eine potenzielle Gefahr für unser aller Leben, die Gesundheit und die
öffentliche Sicherheit dar. Besorgniserregend sind die hohen Zahlen von Tötungs-
delikten in Europa, die mit Schusswaffen begangen werden. Dabei ist zudem der
Verbleib von nahezu einer halben Million Schusswaffen, die verloren gegangen sind
oder gestohlen wurden, in der Europäischen Union ungeklärt. Nicht zuletzt haben
die Anschläge in Paris auf „Charlie Hebdo“ sowie am 13. November 2015 erneut ein
Schlaglicht auf die Gefahr von Feuerwaffen und die Notwendigkeit einer effektiven
EU-weiten Kontrolle des Waffenhandels geworfen. Die mit Feuerwaffen begange-
nen Terrorakte der letzten Jahre (auch im norwegischen Utøya) verdeutlichten, dass
vor allem die Verfügbarkeit bestimmter halbautomatischer Waffen, die De- und so-
dann Reaktivierung von Waffen, eine mangelnde einheitliche Registrierung sowie
der Onlinehandel besondere Risiken schaffen.
Die EU-Kommission konnte kurz nach den Anschlägen von Paris einen Maßnah-
menkatalog, der primär die Überarbeitung der EU-Richtlinie 91/477/EWG des Rates
über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen vorsieht, vorlegen, weil
deren Überarbeitung sowieso für 2015 vorgesehen war. Auf der Grundlage entspre-
chender Untersuchungen lag eine fundierte Liste erkannter Schwachstellen der
Richtlinie vor, die sich durch die Anschläge bewahrheitet hatte.
Die Vorschläge der Kommission haben bereits den Bundesrat durchlaufen. Dabei
wurde trotz der hinreichenden Gefahrenanalyse und Erkenntnisse über die neuen
Phänomene und „Modi Operandi“ auf das „strenge deutsche Waffengesetz“ verwie-
sen. Diese pauschale Antwort ignoriert, dass z. B. kritisierte Mechanismen zur Ge-
fahrenvorsorge im deutschen Ordnungsrecht Gang und Gebe sind und somit die Vor-
schläge der Kommission für eine Befristung von Waffenerlaubnissen und der Pflicht
zu medizinischen Untersuchungen im Rahmen der Erteilung und Verlängerung einer
Waffenerlaubnis durchaus überlegenswerte Vorschläge sind, zumal sie eine Reak-
tion auf erkannte Lücken sind. Gleiches gilt für die Erfassung von unbrauchbar ge-
machten Waffen in den nationalen Waffenregistern. Es ist unverständlich, wenn hier
die Bedenken von Waffenbesitzern höhergestellt werden, als das Interesse für die

Drucksache 18/8710 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
öffentliche Sicherheit bei einer eindeutig erkannten Gefahrenlage. Damit wird auch
die Gefahrenanalyse des Bundeskriminalamts ignoriert, das im Jahr 2014 im Rah-
men der polizeilichen Auswerte- und Ermittlungsarbeit festgestellt hat, dass sowohl
in Europa als auch in Deutschland der illegale Umbau von im Ausland hergestellten
sog. Dekorations- und Salutwaffen zunimmt (BKA, Waffenbericht 2014). Wie auch
in Deutschland können in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach den
jeweiligen Vorschriften bearbeitete Dekorations- und Salutwaffen erlaubnisfrei er-
worben werden. Diese nicht funktionsfähigen Schusswaffen können bei Vorliegen
entsprechender Kenntnisse und Hilfsmittel in letale Schusswaffen umgeändert wer-
den. Die waffenrechtlichen Vorschriften hierzu differieren innerhalb Europas zum
Teil erheblich, ebenso die technischen Anforderungen für den Umbau. Umgebaute
Waffen können so mit vergleichsweise geringem Aufwand schussfähig gemacht
werden. Ein Erwerb wird auch durch die Möglichkeiten des Online-Handels begüns-
tigt. Die reaktivierten Schusswaffen gelangen später in den illegalen Kreislauf und
haben im Ausland nachweislich bei zum Teil schwersten Straftaten und terroristi-
schen Anschlägen Verwendung gefunden.
Insofern bedarf es dringend einer gesamteuropäischen Anpassung bestehender Re-
gelungen in Europa. Das Maßnahmenpaket der EU sieht genau dies vor: Die gelten-
den Rechtsvorschriften zu Feuerwaffen sollen angepasst werden, damit der Informa-
tionsaustausch und die Rückverfolgbarkeit von Waffen verbessert und eine einheit-
liche Kennzeichnung sowie gemeinsame Standards für die Deaktivierung von Feu-
erwaffen eingeführt werden können. Die Europäische Kommission hat außerdem
eine Durchführungsverordnung (EU) 2015/2403 vom 15. Dezember 2015 zur Fest-
legung gemeinsamer Leitlinien über Deaktivierungsstandards und -techniken verab-
schiedet (ABl. L 333 vom 19. Dezember 2015, S. 62 bis 67).
Insgesamt muss auch der legale Besitz von Schusswaffen besser organisiert und ge-
regelt werden. Eine Abfrage des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei den Län-
dern im Jahr 2014 ergab, dass etwa 400 Rechtsextremisten über eine waffenrechtli-
che Erlaubnis verfügen. Zugleich sind die Nachfrage nach erlaubnisfreien Waffen
und der Verkauf entsprechender Waffen massiv angestiegen. Je mehr Waffen sich
im Umlauf befinden, umso größer ist die Gefahr von Missbrauch. Das deutsche Waf-
fenrecht dient der Gefahrenvorsorge. Es ist ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers,
das Risiko einer nicht sachgerechten Verwendung von Schusswaffen durch vorbeu-
gende Maßnahmen soweit als möglich zu minimieren. Insofern gilt es, auch das er-
hebliche Sicherheitsrisiko durch unzureichend gesicherte Lagerung von Schusswaf-
fen und Munition endlich zu minimieren. Spätestens seit 2003 ist bekannt, dass die
geltende Regelung in § 36 des Waffengesetzes für Waffen- und Munitionsschränke
keinen hinreichenden Schutz gegen unbefugtes Öffnen bietet. Das Einheitsblatt
VDMA 24992, auf das in § 36 des Waffengesetzes Bezug genommen wird und das
eine Überprüfung der Zugangssicherheit dieser Schränke ermöglichen sollte, wurde
bereits 2003 zurückgezogen. Eine Überprüfung des Widerstandswertes bestehender
oder im Handel befindlicher Waffenschränke ist somit nicht mehr möglich. Munition
mit erhöhter Durchschlagskraft oder dem Potenzial, besonders schwere Verletzun-
gen hervorzurufen, bedeutet ein zusätzliches Sicherheitsrisiko. Sie sollte daher nur
dort zum Einsatz kommen, wo dies aus zwingenden Gründen erforderlich ist.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8710
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

1. sich insbesondere auch im Rat der Europäischen Union dafür einzusetzen, dass
a) Privatpersonen die Nutzung halbautomatischer Schusswaffen verboten wird,

wenn diese nach objektiven Kriterien besonders gefährlich sind (Anzahl der
Selbstladungen, Beschaffenheit des Laufs, Kaliber, Magazinkapazität);

b) ein zentrales Register in allen EU-Mitgliedstaaten eingerichtet wird, in wel-
chem alle essentiellen Bestandteile von Schusswaffen einschließlich Muniti-
onsverpackungen geführt werden; diese nationalen Register müssen auf euro-
päischer Ebene miteinander verknüpft sein und damit den Informationsaus-
tausch zwischen Mitgliedstaaten ermöglichen;

c) strenge Aufbewahrungsregeln für Schusswaffen und Munition erlassen wer-
den, die u. a. die getrennte Lagerung der Schusswaffe und der zugehörigen
Munition in Sicherheitsfächern sowie die ständige Kontrolle durch den auto-
risierten Besitzer vorsehen;

d) die Mitgliedstaaten ein Kontrollsystem einrichten, worüber die physische,
kognitive und psychologische Eignung für den Erwerb und Besitz von
Schusswaffen sichergestellt wird;

e) beim Erwerb einer Schusswaffe eine Haftpflichtversicherung durch den Käu-
fer nachgewiesen werden muss;

f) Ausnahmen für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen der Kategorie A
(Verbotene Feuerwaffen) ausschließlich für Museen, nicht aber für Sammler
gelten; eventuelle Ausnahmen vom Waffenverbot unbedingt in einer ab-
schließenden Liste mit eng umrissenen Definitionen genannt werden müssen;

g) Autorisierungen für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen alle fünf Jahre
erneuert werden müssen;

h) eine sogenannte verpflichtende Abkühlperiode von mindestens einem Monat
zwischen dem Kauf und der Übergabe beziehungsweise der Auslieferung und
Zustellung von Schusswaffen eingeführt wird;

i) nach diesen Maßgaben eine europaweite Angleichung des Waffenrechts, das
den privaten Waffenbesitz weiter begrenzt, und effektiven Kontrollmechanis-
men geschaffen wird;

2. die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die zur Anwendung der gemeinsamen
Deaktivierungsstandards und -techniken entsprechend der Durchführungsverord-
nung (EU) 2015/2403 der Kommission vom 15. Dezember 2015 zur Festlegung
gemeinsamer Leitlinien über Deaktivierungsstandards und -techniken vorgese-
hen sind, und schnellstmöglich die in Anhang I der Verordnung zur Deaktivie-
rung festgelegten technischen Spezifikationen zur Deaktivierung von Feuerwaf-
fen einzuführen;

3. einen Entwurf zur Reform des Waffengesetzes vorzulegen, der
a) regelmäßige qualifizierte Eignungs- und Zuverlässigkeitsprüfungen und ent-

sprechende Kontrollen des privaten Waffen- und Munitionsbestands ein-
schließlich deren Lagerung vorsieht;

b) die besondere Missbrauchsgefahr angemessen berücksichtigt, die aus der
gleichzeitigen Verfügbarkeit von schussfähigen Waffen und Munition in Pri-
vathaushalten resultiert;

c) spezielle Vorschriften für die Aufbewahrung von Waffen vorsieht, die tat-
sächlich einen angemessenen Widerstandsgrad für Waffen- und Munitions-
schränke gewährleistet, um unbefugten Zugang zu verhindern;

d) die Verwendung von Großkaliberwaffen und Munition mit besonderen
Schusswirkungen im Sinne einer erhöhten Durchschlagskraft oder eines ge-
steigerten Verletzungspotenzials durch Sportschützen verbietet;

Drucksache 18/8710 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

e) für Signal- und Schreckschusswaffen, die bei missbräuchlicher Anwendung
erhebliche Verletzungen verursachen können, einen Erlaubnisvorbehalt (ge-
mäß § 2 Abs. 2 des Waffengesetzes) vorsieht;

f) für Erwerb und Besitz von Reizstoffwaffen die Vorlage des kleinen Waffen-
scheins vorsieht;

4. sich im Rahmen der Konferenz der Innenminister dafür einzusetzen, dass
a) relevante Informationen der Sicherheitsbehörden, einschließlich solche der

Verfassungsschutzämter, im Rahmen der Antragsprüfung hinreichend be-
rücksichtigt werden;

b) das Führen von Schießbüchern für den Nachweis der schießsportlichen Akti-
vitäten als Kriterium bei der Prüfung des Bedürfnisgrundes Sport vorzu-
schreiben und eine entsprechende regelmäßige Überprüfung der tatsächlichen
Bedürfnisse zum fortbestehenden Erwerb und Besitz von erlaubnispflichtigen
Schusswaffen und Munition vorzusehen sind;

c) geprüft wird, wie der Bestand an illegalen Waffen durch geeignete polizeili-
che Maßnahmen, einschließlich einer zeitlich begrenzten Amnestie wie zu-
letzt 2009, reduziert werden kann.

Berlin, den 7. Juni 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8710
Begründung

Waffen stellen eine enorme Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. In den letzten Jahren bewerten Sicher-
heitsbehörden und Expertinnen und Experten vor allem unbrauchbar gemachte Schusswaffen (Dekorationswaf-
fen) als besonderes Gefahrenpotenzial. Immer wieder werden im Rahmen der strafrechtlichen Ahndung Fälle
bekannt, in denen Dekorationswaffen bzw. zivile Ausführungen durch Rückbauten zumindest in Teilbereichen
revisioniert werden und es so wieder zu Teil- bzw. Vollfunktionen kommt. Bisher galten nach den europarecht-
lichen Vorgaben deaktivierte Feuerwaffen jedenfalls nicht als Waffen, sondern wurden als Metallstücke be-
trachtet. In der Folge können sie im Binnenmarkt frei zirkulieren. Außerdem werden sie aus dem amtlichen
Register gestrichen, so dass ihr aktueller oder ursprünglicher Besitzer nicht mehr ermittelt werden kann. Samm-
ler sollen nach dem EU-Kommissionsvorschlag nun immer noch Feuerwaffen erwerben können, aber sie brau-
chen dafür künftig dieselbe Genehmigung wie Privatpersonen, damit wird endlich die notwendige Kontrolle
sichergestellt. Der weiter anvisierte EU-weite Austausch von Informationen über Feuerwaffen knüpft an die
bereits bestehende Verpflichtung der EU-Mitgliedstaaten an, aufgrund der europäischen Richtlinie des Rates
über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (91/477/EWG) bis spätestens 31. Dezember 2014
ein computergestütztes Waffenregister auf nationaler Ebene zu schaffen und auf aktuellem Stand zu halten.
Dabei ist der Bundesregierung bereits die Umsetzung des nationalen Waffenregisters bis heute nicht gelungen:
Zwar hat das Bundesverwaltungsamt als Registerbehörde am 1. Januar 2013 die zentrale Komponente des Na-
tionalen Waffenregisters (NWR) in Betrieb genommen, allerdings muss eine umfassende Datenbereinigung
erfolgen, die wohl nicht vor 2017 abgeschlossen sein wird.
Ebenso wichtig wie eine lückenlose Registrierung aller gefährlichen Waffen ist eine genaue Prüfung der Zu-
verlässigkeit der Person im Rahmen der Antragstellung und bei regelmäßigen Überprüfungen. Dabei sollten
regelmäßig auch die Erkenntnisse der Verfassungsschutzämter berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die La-
gerung von Munition und Waffen bestehen weitere Defizite: Die gleichzeitige Verfügbarkeit von Schusswaffen
und Munition schafft Tatgelegenheiten mit nicht selten verheerendem Ausgang. Die richtige Aufbewahrung
von Schusswaffen ist daher besonders wichtig. Doch gerade in diesem Punkt hat das Waffengesetz große Defi-
zite, sodass eine sichere Lagerung in Privathaushalten vielfach nicht gewährleistet ist.
Der Kommissionsvorschlag greift das Thema der Verfügbarkeit halbautomatischer Schusswaffen aus gutem
Grund auf. Solche Waffen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nach Abgabe eines Schusses selbständig er-
neut schussbereit werden. Dadurch kommt ihnen ein besonderes Gefahrenpotenzial zu. Der Kommissionsvor-
schlag sieht daher unter anderem vor, Privatpersonen den Erwerb besonders gefährlicher halbautomatischer
Waffen zu untersagen. Der Besitz von halbautomatischen Waffen für die Jagd oder den Schießsport soll aber
mit Genehmigung erlaubt sein. Gleichwohl wird im Zuge der Debatte um die Änderung der EU-Waffenrichtli-
nie kollaboriert, dass massive Einschränkungen in diesem Kontext anvisiert seien. Halbautomatische Schuss-
waffen, die ihrer äußeren Form nach den Anschein einer Kriegswaffe hervorrufen, bringen keinen Mehrwert.
So ist auch im deutschen Waffengesetz nicht ersichtlich, weshalb nur einzelne kriegswaffenähnliche Halbauto-
maten vom Schießsport ausgeschlossen sein sollen. Die Ziele des Schießsports, das Üben von Konzentrations-
fähigkeit und Körperbeherrschung, um dadurch nach den Regeln eines fairen Wettkampfs oder als individuelle
Herausforderung eine möglichst hohe Punktzahl zu erreichen, sowie die Förderung sozialer Einbindung und
zwischenmenschlichen Austauschs erfordern dies jedenfalls nicht. Es geht weder darum, in möglichst kurzer
Zeit möglichst große und viele Magazine mit scharfer Munition abzufeuern, noch geht es darum, militärisches
bzw. polizeiliches Schießen zu erlernen. Im Sport haben Gegenstände keinen Platz, die einen Zusammenhang
mit Krieg und militärischem Handeln herstellen. Dies entspricht nicht zuletzt auch dem Wesen der olympischen
Idee. Welche besonderen Interessen den Erwerb und Besitz von halbautomatischen Feuerwaffen begründen
sollen, erschließt sich angesichts deren tödlichen Potenzials nicht. Nach dem neusten Urteil des Bundesverwal-
tungsgerichts (April 2016) enthält auch das Bundesjagdgesetz in § 19 Nummer 2 Buchst. c ein generelles Ver-
bot der Verwendung halbautomatischer Waffen mit größerer Magazinkapazität für die Jagd. Schließlich sollen
Tiere unter Beachtung der allgemein anerkannten Anforderungen an eine waidgerechte Jagd erlegt werden. Die
Waidgerechtigkeit fordert, so auch das Bundesverwaltungsgericht, dass ein Tier nicht unnötig leidet: Daher soll
es möglichst mit dem ersten Schuss getötet werden; „Dauerbeschuss“ gilt es zu vermeiden.
Weiterhin darf die Bundesregierung die steigende Gefahr durch erlaubnisfreie Waffen nicht weiter ignorieren.
Das Bundeskriminalamt (BKA) berichtet für das Jahr 2014, dass es sich in 75,7 Prozent der Fälle von an Tat-
orten im Zusammenhang mit Straftaten nach dem Strafgesetzbuch sichergestellten Waffen um erlaubnisfreie
Waffen handelt. Diese Feststellung ist nicht neu, in den letzten Jahresberichten des BKA wurden konstant über

Drucksache 18/8710 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
mehr als 50 Prozent der sichergestellten Tatwaffen dieser Gruppe zugeordnet. Nach derzeitiger Rechtslage sind
der Erwerb und Besitz von zugelassenen Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen und deren Munition indes
erlaubnisfrei gestellt. Für das Führen von Gas-, Schreckschuss- und Signalwaffen ist lediglich der sog. kleine
Waffenschein erforderlich. Der kleine Waffenschein beschränkt sich auf das Alterserfordernis, die Zuverlässig-
keit und die persönliche Eignung. Der kleine Waffenschein ist – im Unterschied zu § 10 Absatz 4 Satz 2 und 3
des Waffengesetzes – für die Gattung der Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen mit Zeichen der Physi-
kalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), zudem unbefristet und ohne ausdrückliche Beschränkung auf be-
stimmte Anlässe oder Gebiete zu erteilen. Schreckschusswaffen sind oft ziemlich realistische Imitationen von
echten Feuerwaffen, damit können sie bei der Begehung von Straftaten als sog. Anscheinswaffen ein besonders
bedrohliches Potenzial entfalten. Auch hier besteht zudem die besondere Gefahr des Umbaus: Auch Schreck-
schusspistolen oder Pistolen für Platzpatronen können von Straftätern zu echten Feuerwaffen umgebaut werden.
Zum Schutz von Opfern und zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürgern sollte ein erlaubnisfreier Verkauf
ausgeschlossen werden.
Während der Ende 2009 ausgelaufenen Amnestie wurden erhebliche Mengen von Waffen und Munition abge-
geben, z. B. allein in Hamburg 4615 legale und illegale Schuss-, Hieb- und Stichwaffen sowie mehrere Tonnen
Munition. Eine Neuauflage der Amnestie sollte daher geprüft werden, ebenso, ob auch diejenigen straffrei blei-
ben sollen, die illegal gelagerte Munition unbrauchbar machen oder bei den Behörden abgeben.

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.