BT-Drucksache 18/8221

Heute für morgen helfen - Engagement für Geflüchtete stärken

Vom 25. April 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8221
18. Wahlperiode 25.04.2016
Antrag
der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche, Luise Amtsberg, Monika Lazar,
Özcan Mutlu, Britta Haßelmann, Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner, Kai
Gehring, Elisabeth Scharfenberg, Ulle Schauws, Maria Klein-Schmeink,
Tabea Rößner, Doris Wagner, Beate Walter-Rosenheimer, Dr. Harald Terpe,
Dr. Konstantin von Notz, Kerstin Andreae, Ekin Deligöz, Dr. Thomas Gambke,
Anja Hajduk, Sven-Christian Kindler, Beate Müller-Gemmeke, Brigitte
Pothmer, Claudia Roth (Augsburg), Corinna Rüffer, Dr. Gerhard Schick,
Dr Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Heute für morgen helfen – Engagement für Geflüchtete stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Wir erleben gegenüber den Menschen, die aus Krieg und Elend nach Deutschland
fliehen, ein unglaublich beeindruckendes Engagement der Bevölkerung. Eine Welle
der Hilfsbereitschaft und der Wille zu einem solidarischen Engagement für Flücht-
linge gehen quer durch die Gesellschaft in Stadt und Land. Menschen helfen bei der
Essensausgabe in Notunterkünften, programmieren Apps, packen Schultüten für
neue Willkommensklassen oder stehen als Paten mit Rat und Tat beim Start in der
neuen Heimat zur Seite. In der Zivilgesellschaft entfaltet sich eine Kraft und Energie,
die ansteckt. In Zeiten wie diesen wird deutlich, dass der Staat nicht alles vorausse-
hen und vorausplanen kann und wie wichtig eine selbstbewusste Bürgerschaft für
das Funktionieren demokratischer Gesellschaften ist. Wie in anderen Bereichen er-
leben wir, dass Engagement auch unbequem ist, Fragen stellt, Routinen stört und
Hierarchien missachtet. Das ist gut so. Gerade auch, um unsere Demokratie lebendig
zu halten, ist das so wichtig. Engagement ist Demokratie-Versicherung gegen
Gleichgültigkeit, Selbstsucht und Rassismus.
Die letzten Monate haben die Zivilgesellschaft verändert und gestärkt. Und auch
viele Flüchtlinge selbst wollen anpacken und Aufgaben übernehmen. Es engagieren
sich Menschen, die dies bisher nicht getan haben. Viele fühlen ein Versagen und die
Langsamkeit von Staat und traditionellen Institutionen. Sie wollen nicht mehr zu-
schauen und abwarten, sondern gehen auch neue Wege. Ohne den hunderttausend-
fachen Einsatz der engagierten Helferinnen und Helfer wären die Unterstützung für
die Flüchtlinge weder vor noch nach dem Asylverfahren und die Integration vor Ort
kaum denkbar. Sie können, sollen und wollen professionelle Strukturen nicht erset-
zen, aber ihr Beitrag für das Ankommen der Flüchtlinge in unseren Kommunen und
den gesellschaftlichen Zusammenhalt kann nicht hoch genug bewertet werden. Die

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leider noch vorhandenen staatlichen Versorgungslücken, insbesondere bei der Auf-
nahme, müssen jedoch wieder durch die eigentlich zuständigen Behörden geschlos-
sen und die Anerkennungsverfahren deutlich beschleunigt werden.
Was vor Ort getan werden kann, soll auch dort getan werden. Denn die Zivilgesell-
schaft ist den Menschen und ihren Problemen näher als der Staat. Dennoch ist der
Sozialstaat zur Daseinsvorsorge verpflichtet und muss Garant sein für die Integrati-
onsaufgaben der kommenden Monate und Jahre. Notwendig ist deshalb eine vom
Bund geförderte professionelle Integrationsstruktur, die die verschiedenen Bereiche
der Integration, einschließlich des Engagements, miteinander verknüpft. Dafür soll-
ten flächendeckend bundesweit kommunale Integrationscenter in jedem der 295
Landkreise und 110 kreisfreien Städte gegründet werden. Die Integrationscenter sol-
len eine zentrale Rolle als Anlaufstelle für die Menschen vor Ort einnehmen, um die
Integrationsarbeit gemeinsam zu gestalten, zusammenzuführen, zu koordinieren und
zu unterstützen. In ihnen können Integrationsmanagerinnen und Integrationslotsen
Flüchtlinge, Initiativen, Unternehmen, Wohlfahrtsverbände beraten und unbürokra-
tisch unterstützen. Die Integrationscenter können als Andockstellen für kommunale
Koordinationsstellen für bürgerschaftliches Engagement dienen, beim Freiwilligen-
management unterstützen und an der Schnittstelle zwischen Politik, Verwaltung und
Zivilgesellschaft Informations- und Beratungsplattform sein. Dabei geht es nicht da-
rum, bereits vorhandene kommunale Strukturen zu ersetzen, sondern die vor Ort be-
stehende Engagementinfrastruktur zu stärken bzw. Anreize zur Schaffung von Ko-
ordinationsstellen für bürgerschaftliches Engagement zu setzen, wenn noch nicht
vorhanden.
Die auf Soforthilfe ausgerichtete „Willkommenskultur“ der letzten Monate muss
endlich um eine auf Dauer angelegte „Willkommensstruktur“ ergänzt werden. In
Kooperation mit Ländern und Kommunen muss der Bund dazu ein umfassendes En-
gagementkonzept erarbeiten und umsetzen. Dies geht nicht, ohne die Zivilgesell-
schaft zu beteiligen, wie das zum Beispiel die Bundestagsfraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN durch eine Konferenz zum bürgerschaftlichen Engagement
im Kontext der Flüchtlingshilfe zu Beginn dieses Jahres getan hat.
Engagement braucht einen nachhaltigen Rahmen, um sich zu entfalten und langfris-
tig wirken zu können. Und auch Helferinnen und Helfer brauchen Unterstützung,
damit sie auch morgen Freude am Engagement und am Einsatz für die Gesellschaft
haben.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

in Kooperation mit Ländern, Kommunen und der Zivilgesellschaft ein umfassendes
Engagementkonzept umzusetzen. Es soll insbesondere folgende Eckpunkte umfas-
sen:
1. Starke Engagementstrukturen durch kommunale Koordinationsstellen und eine

zentrale Online-Plattform
Menschen engagieren sich meistens in ihrem unmittelbaren Umfeld, im Verein oder
in der Flüchtlingsunterkunft in ihrer Gemeinde. Engagement muss erleichtert, ge-
stärkt und verstetigt werden, ohne die Engagierten zu überfordern. Das gelingt vor
allem mit einer Stärkung der vor Ort bestehenden Engagementstrukturen und des
professionellen Freiwilligenmanagements. Dafür braucht es eine unabhängige Ko-
ordination, die an der Schnittstelle zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesell-
schaft informiert, berät und unterstützt. Denn klare Ansprechpartner sorgen dafür,
dass „Parallelwelten“ zwischen staatlicher Flüchtlingsverwaltung und ehrenamtli-
cher Hilfe verhindert und Partizipation bei kommunalen Planungen ermöglicht wer-
den. Da Informationen darüber, wie Freiwillige konkret helfen können und wo Ge-
flüchtete welche Maßnahmen ergreifen können, oftmals schwer zu finden sind, wur-
den und werden zahlreiche Webseiten, Plattformen und Apps zur Koordinierung der

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Flüchtlingshilfe und zur Vernetzung bereitgestellt (bspw. im Rahmen sogenannter
„Hackathons“). Diese Angebote müssen gefördert und gebündelt werden. Hierfür
sollte der Bund eine zentrale Online-Plattform bereitstellen.
2. Langfristige, verlässliche, unbürokratische und transparente Förderung
Engagierte in Projekten, Initiativen oder Vereinen brauchen langfristige, verlässli-
che, unbürokratische und transparente Förderstrukturen, sodass sie sich auf ihr ei-
gentliches Anliegen konzentrieren können. Gerade neue Initiativen und Zusammen-
schlüsse haben häufig Probleme, sich im „Förderdschungel“ zurechtzufinden und
bei der Antragstellung mit langjährig erfahrenen Initiativen oder Verbänden mitzu-
halten. Informationen über Förderungen müssen übersichtlich und verständlich be-
reitgestellt werden, um Chancengleichheit unter den Initiativen zu sichern. Online-
Plattformen können informieren und dabei helfen, Engagierte zu vernetzen. Integra-
tionscenter und kommunale Koordinationsstellen können zusätzlich beraten, bei der
Antragstellung unterstützen und einen wichtigen Beitrag für mehr Transparenz bei
der Verteilung von Fördermitteln leisten. Es muss sichergestellt werden, dass neue
bzw. unterrepräsentierte Engagierte, wie Moscheegemeinden, erleichterten Zugang
zu Förderprogrammen haben.
3. Beratungen, Supervision und Fortbildungen für Engagierte
Engagement bildet und qualifiziert: Sich für andere oder gesellschaftliche Angele-
genheiten stark zu machen, stärkt gleichzeitig die eigene Person. Dennoch brauchen
auch Helferinnen und Helfer Unterstützung, damit aus dem Engagement nicht Über-
lastung oder Überforderung wird. Hilfreich sind standardisierte Informationen für
alle Flüchtlinge und Engagierten, wie beispielsweise das Handbuch für ehrenamtli-
che Flüchtlingshilfe des baden-württembergischen Staatsministeriums. Freiwilliges
Engagement muss insbesondere bei intensiven Formen wie Paten- oder Pflegschaf-
ten professionell organisiert und unterstützt werden. Junge Flüchtlinge zu begleiten,
birgt große Herausforderungen im Zusammenhang mit asylverfahrensrechtlichen
Fragen oder beim Umgang mit kriegs- und fluchtbedingten Traumatisierungen. Pa-
tenschaften erleichtern jungen Flüchtlingen die Integration, können Hilfe und Unter-
stützung im Alltag sein. Als Ergänzung der professionellen Betreuung sind sie ein
wichtiger Pfeiler. Engagierte brauchen fachliche und organisatorische Beratung und
Zugang zu Fortbildungen und Supervision, um beispielsweise mit hochemotionalen
und belastenden Einzelschicksalen von Geflüchteten besser umgehen zu können.
Die (Wei-ter-)Qualifikation – entweder durch andere Freiwillige oder auch durch
hauptberuflich Tätige – ist eine wichtige Voraussetzung für die persönliche Entwick-
lung. Um Engagierte zeitlich zu entlasten, sollten Weiterbildungen, die für freiwilli-
ges Engagement benötigt werden, als Bildungsurlaub anerkannt werden können.
4. Anerkennung und Kommunikation auf Augenhöhe
Ohne die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer wäre die Aufnahme der Ge-
flüchteten kaum möglich gewesen. Dennoch stoßen Engagierte nicht immer auf Zu-
stimmung und Unterstützung bei professionell Tätigen, in der Politik oder der Ver-
waltung. Standard sollte jedoch eine Kommunikation auf Augenhöhe sein, die die
wertvolle Arbeit der Zivilgesellschaft anerkennt. Regelmäßige Bürgerdialoge kön-
nen den Austausch und die kontinuierliche Zusammenarbeit von Engagierten, Ver-
waltung und Politik sowie professionell Tätigen befördern und behördliches Han-
deln transparent machen.
Vielen Engagierten wenden teils nicht unerhebliche zeitliche und finanzielle Res-
sourcen für ihr Engagement auf. Diese sollten jedoch niemanden von einer Tätigkeit
abhalten oder diese gar unmöglich machen. Um bürgerschaftliches Engagement von
Studierenden abseits des Campus mit dem Lernen an der Hochschule zu verbinden,
sollen Service-Learning-Angebote an den Hochschulen gefördert werden. Damit
kann Engagement von Studierenden abseits des Campus mit dem Lernen an der
Hochschule verknüpft und könnte zudem mit lokalen Ehrenamtsbörsen verbunden
werden. Engagement soll auch nicht am Geldbeutel scheitern. Es gilt zu prüfen, ob

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Einsätze in der Flüchtlingsarbeit von Hilfsdiensten wie dem DRK, den Freistellungs-
möglichkeiten bei Katastropheneinsätzen vom THW oder der Feuerwehr gleichge-
stellt werden können und sollen. Aufwandsentschädigungen und der Ersatz von per-
sönlichen Auslagen sind wichtige praktische Hilfen und Zeichen der Anerkennung
und Wertschätzung des Engagements. Nordrhein-Westfalen hat im Rahmen des För-
derprogramms „Ehrenamt in der Flüchtlingshilfe“ beispielsweise einen Fördertopf
geschaffen, durch den sich Engagierte Kosten für den Bus oder für Eintrittspreise,
die durch ihr Engagement entstehen, ersetzen lassen können.
5. Engagement von Geflüchteten unterstützen
Um das Ankommen von Geflüchteten auch in der Zivilgesellschaft zu ermöglichen,
sollten sie Hilfestellung beim Zugang u. a. in Vereine, Religionsgemeinschaften und
auch Parteien bekommen. Es braucht Räume der (kulturellen) Begegnung, in denen
sich Menschen kennenlernen und Gemeinsames schaffen können. Alle Freiwilligen-
dienstformate sollten für Flüchtlinge, Asylsuchende und Geduldete geöffnet werden
und entsprechende pädagogische Begleitung gewährleisten. Auch die Unterstützung
von Flüchtlingsselbstorganisationen fördert Integration. Wichtig ist hierbei, dass en-
gagierte Flüchtlinge durch ihr Engagement keinesfalls Nachteile im Asylverfahren
erfahren. Migrantenselbstorganisationen und deren Vernetzung mit Flüchtlingsiniti-
ativen sollten stärker gefördert werden.
Ein nicht zu unterschätzender Integrationsmotor ist der Sport. Gemeinsames Fuß-
ballspielen, Laufen oder Schwimmen verbindet und ist wichtig für die Integration.
Geflüchtete sollten schnell die Möglichkeit haben, am Vereinssport teilzunehmen,
auch ohne Vereinsmitglied zu sein. Vereine, Landessportbünde und Sportverbände
brauchen hierfür ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen.
6. Engagierte gegen Angriffe von Rechts schützen
Zivilgesellschaftliche Initiativen, einschließlich Flüchtlingshilfeeinrichtungen sowie
die dort Engagierten sind zunehmend Zielscheibe von rassistisch motivierter Hetze
und Gewalt. Es bedarf eines breiten Bündnisses zur Unterstützung der bürgerschaft-
lich Engagierten für Demokratie, die Rechte von Minderheiten sowie gegen Rassis-
mus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Die demokrati-
schen politischen Kräfte, Behörden, Verbände und gesellschaftliche Initiativen müs-
sen gemeinsam daran arbeiten, durch rechtsextreme Dominanzbestrebungen gefähr-
dete Regionen, Orte und Ortsteile wieder für den demokratischen Rechtsstaat zu-
rückgewinnen. Rassismus und Rechtspopulismus sind nicht nur Probleme in be-
stimmten Regionen oder an den „rechten Rändern“, sondern in weiten Teilen der
Gesellschaft. Es braucht eine bundesweite Demokratieoffensive, in der die demo-
kratischen Kräfte das Bild einer pluralistischen, offenen Gesellschaft für unsere heu-
tige Zeit neu zeichnen und darüber in einen breiten gesellschaftlichen Dialog treten.
Auch hierbei spielt eine starke Zivilgesellschaft eine wesentliche Rolle.
Leider wird Engagement für Geflüchtete oft behindert, mitunter sogar kriminalisiert.
Das muss ein Ende haben. Staatliche Stellen müssen ihre Aufgabe zum Schutz des
zivilgesellschaftlichen Engagements ernst nehmen. Es darf nicht zugelassen werden,
dass „Angst-Räume“ entstehen. Der Staat darf sich nicht zurückziehen, sondern
muss wieder stärker in demokratische Infrastruktur, Kultureinrichtungen, Sozial-
und Jugendarbeit investieren und für eine angemessene Präsenz und Ausstattung der
Polizei sorgen. Die Förderung zivilgesellschaftlicher Arbeit zur Demokratiestär-
kung, gegen Rechtsextremismus, Rassismus und andere Formen gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit muss als Daueraufgabe nachhaltig gestaltet und finanziell
strukturell abgesichert werden, wobei die Unabhängigkeit zivilgesellschaftlichen
Engagements nicht ausgehöhlt werden darf. Es braucht zudem ein bundesweites
Netz zivilgesellschaftlicher Opferberatungsstellen, wo Betroffene rechter Gewalt,
bedrohte Engagierte und ihre Familien kompetent und zeitnah beraten werden kön-
nen.

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7. Gut ausgestattete Kitas, Schulen, Jobcenter und Verwaltungen
Bürgerschaftliches Engagement kann kein Ersatz für originär staatliche Aufgaben
sein, sondern ist immer eine zusätzliche Tätigkeit mit eigenem Wert. Zurzeit enga-
gieren sich Tausende von Menschen tagtäglich für ein nachbarschaftliches Mitei-
nander von bereits länger hier lebenden und neu angekommenen geflüchteten Men-
schen. Sie übernehmen teilweise grundlegende staatliche Versorgungs- und Bera-
tungsaufgaben – sei es bei der Asylverfahrensberatung, beim nächtlichen Aufbau
von Betten in Notunterkünften oder bei der zusätzlichen Betreuung von personell
unterbesetzen Willkommensklassen. Zahlreiche digitale Bildungsangebote zur Qua-
lifizierung und Integration von Geflüchteten wurden von Zivilgesellschaft und Bil-
dungsträgern entwickelt, die die Vorteile von digitalen Lehr- und Lernangeboten
(zeitliche und örtliche Unabhängigkeit) den Geflüchteten zugutekommen lassen.
Diese benötigen eine solide Finanzierung für dauerhaften Erfolg.
Aufgabe der Zivilgesellschaft ist es jedoch nicht, dauerhaft fehlende staatliche Struk-
turen zu ersetzen und rechtswidrige Missstände auszugleichen. Damit Integration
gelingt, braucht es genügend Personal in der Verwaltung, den Jobcentern, den Schu-
len oder Kitas, das in der Arbeit mit Geflüchteten geschult ist und Fortbildungen in
interkultureller Kompetenz bekommt. Notwendig ist außerdem eine professionelle
Integrationsstruktur. Dafür sollten flächendeckend bundesweit kommunale Integra-
tionscenter gegründet werden. Die Integrationscenter sind Hilfe für Helferinnen und
Helfer und sollen Geflüchteten den Weg zur Teilhabe an unserer Gesellschaft ebnen.
8. Effektive staatliche Integrationsstrukturen
Der Bund muss die Zivilgesellschaft stärker an der Ausarbeitung, Umsetzung und
Steuerung von Integration durch eine in regelmäßigen Abständen tagende Integra-
tionskonferenz beteiligen. Der Erfahrungsaustausch soll dazu führen, dass bundes-
weite Beispiele guter Praxis und Erfahrungen Eingang in die Integrationspläne für
die Kommunen finden können. So müssen beispielsweise Patenschaftsprogramme
nicht überall neu entwickelt und konzipiert werden und die vielen kleinen erfolgrei-
chen Initiativen können ihren Wirkungskreis um ein vielfaches erhöhen. Zur zivil-
gesellschaftlichen Beteiligung gehört insbesondere auch die Einbeziehung der
Selbstorganisation von Flüchtlingen sowie insgesamt von Migrantenorganisationen.
Integration ist eine zentrale Zukunftsaufgabe. Hierfür braucht es auch im Bund ein
Ministerium für Migration und Integration, inklusive der ausländer- und asylrechtli-
chen Kompetenzen, das bei Themen wie Asylverfahren, Integrationsmaßnahmen bis
hin zur Projektförderung steuernd agieren kann. Auf Länderebene gibt es bereits er-
folgreiche Beispiele: die grün geführten Integrationsministerien in Rheinland-Pfalz
und Thüringen, die erfolgreiche Integrationspolitik in Baden-Württemberg, der Ak-
tionsplan in Hessen und die schulische Willkommenskultur in Nordrhein-Westfalen.

Berlin, den 12. April 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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