BT-Drucksache 18/8064

Mandat für die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit Mexiko

Vom 7. April 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8064
18. Wahlperiode 07.04.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen),
Dr. Franziska Brantner, Agnieszka Brugger, Tom Koenigs, Dr. Tobias Lindner,
Omid Nouripour, Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin,
Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen Trittin, Doris Wagner, Dr. Thomas Gambke,
Anja Hajduk, Sven-Christian Kindler, Corinna Rüffer, Dr. Gerhard Schick und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mandat für die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit Mexiko

Der Rat berät derzeit über das Mandat und die Verhandlungsleitlinien, mit denen
er die Europäische Kommission zur Aufnahme der Verhandlungen mit Mexiko
über die Modernisierung des bestehenden Globalabkommens ermächtigen wird.
Die Bundesregierung bringt sich in diese Beratungen mit ein und kann am Ende
entscheiden, ob sie die Europäische Kommission ermächtigen wird zu verhan-
deln, also dem ausgehandelten Entwurf des Mandats und der Verhandlungsleitli-
nien zustimmen wird
Die Verhandlungen sind insbesondere vor dem Hintergrund einer schwierigen
Menschrechtslage in Mexiko kritisch zu prüfen und gegebenenfalls zu führen.
Daher fragen wir die Bundesregierung, wie sie sich in den relevanten Themenfel-
dern mit welchem Ergebnis positioniert hat.

Wir fragen die Bundesregierung:

Investor-Staat-Schiedstribunale (bitte alle Antworten begründen)
1. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat

bzw. den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass in den Verhandlungen
mit Mexiko keine Investor-Staat-Schiedstribunale etabliert werden?

2. Ist im aktuellen Entwurf des Mandats und den Verhandlungsleitlinien fest-
gelegt, dass die Europäische Kommission mit dem Ziel verhandelt, Investor-
Staat-Schiedstribunale zu etablieren?

3. Falls im aktuellen Entwurf des Mandats und der Verhandlungsleitlinien vor-
gesehen ist, dass die Europäische Kommission mit dem Ziel verhandeln soll,
Investor-Staat-Schiedstribunale zu etablieren, ist im Entwurf eindeutig fest-
gelegt, dass das Verhandlungsergebnis nicht vom Kommissionsvorschlag für
ein Investor Court System abweichen darf?

Drucksache 18/8064 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

4. Hat sich die Bundesregierung entsprechend dem Papier „Modell-Investitions-
schutzvertrag mit Investor-Staat-Schiedsverfahren für Industriestaaten unter Be-
rücksichtigung der USA“ des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
(www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/M-O/modell-investitionsschutzvertrag-
mit-investor-staat-schiedsverfahren-gutachten,property=pdf,bereich=bmwi2012,
sprache=de,rwb=true.pdf) aktiv dafür eingesetzt, dass ein Investitionsschutzkapi-
tel eine Allgemeine Ausnahmeklausel zu den Menschenrechten enthält?

5. Wie hat die Bundesregierung sich im Rat zu den in den Fragen 2 und 3 ge-
nannten Punkten positioniert?

6. Wie viele US-amerikanische Unternehmen haben nach Kenntnis der Bun-
desregierung in Mexiko einen Sitz und könnten im Fall, dass sie Investitio-
nen tätigen, über Investor-Staat-Schiedstribunale Deutschland oder die Eu-
ropäische Union verklagen, falls Investor-Staat-Schiedstribunale im moder-
nisierten Abkommen vorgesehen werden?

7. Wie viele mexikanische Unternehmen investieren derzeit in Europa und
könnten Deutschland oder die Europäische Union verklagen, falls Investor-
Staat-Schiedstribunale im modernisierten Abkommen vorgesehen werden?

Transparenz (bitte alle Antworten begründen)
8. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat

bzw. den Verhandlungsleitlinien bereits festgelegt wird, dass dieses nach An-
nahme durch den Rat veröffentlicht werden muss, und ist die Veröffentli-
chung so vorgesehen?

9. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat
bzw. in den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass EU-Textvorschläge
veröffentlicht sowie konsolidierte Texte den Abgeordneten des Europaparla-
ments und der nationalen Parlamenten und deren Mitarbeitern zugänglich
gemacht werden müssen, und ist dies im Entwurf so vorgesehen?

10. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat
bzw. den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass die europäischen Bür-
gerinnen und Bürger zeitnah, aktiv und umfassend über die Zwischenstände
der Verhandlungen informiert werden müssen, und ist dies im Entwurf so
vorgesehen?

Menschenrechtsbestimmungen im Abkommen (bitte alle Antworten begründen)
11. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat

bzw. den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass in das Abkommen
Bestimmungen aufgenommen werden, die es den Vertragsparteien erlauben,
Vertragsbestimmungen auszusetzen, wenn sie die Vertragsparteien daran
hindern, die Menschenrechte in ihrem Land zu fördern und zu gewährleisten,
und ist dies so im Entwurf vorgesehen?

12. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat
bzw. den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass in das Abkommen eine
Klausel aufgenommen wird, die eindeutig festlegt, dass keine Bestimmungen
in dem Abkommen so ausgelegt werden dürfen, dass sie die Förderung und
Gewährleistung der Menschenrechte in den Vertragsparteien behindern, und
ist dies im Entwurf so vorgesehen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8064
 

13. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat
bzw. den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass sich die Vertragspar-
teien im Abkommen verpflichten, einen Beschwerdemechanismus einzu-
richten, über den sich Personen beschweren können, sofern sie im Zusam-
menhang mit den Handelsbeziehungen zwischen Europa und Mexiko Opfer
von Menschenrechtsverletzungen werden, und ist dies so im Entwurf vorge-
sehen?

14. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat
bzw. den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass das üblicherweise vor-
gesehene Nachhaltigkeitskapitel, das üblicherweise Bestimmungen zu ILO-
Kernarbeitsnormen (ILO: Internationale Arbeitsorganisation) enthält, sank-
tionsbewehrt wird und keinem rein dialogorientierten Ansatz folgt, und wird
dies im Entwurf so vorgesehen?

Folgenabschätzungen (bitte alle Antworten begründen)
15. Hat sich die Bundesregierung aktiv im Rat dafür eingesetzt, dass die Folgen-

abschätzung der Europäischen Kommission (SWD(2015) 289 final) veröf-
fentlicht wird?

16. Hält die Bundesregierung die Folgenabschätzung (SWD(2015) 289 final) für
ausreichend und methodisch nachvollziehbar, um das Mandat und die Ver-
handlungsleitlinien maßgeblich zu prägen?

17. Hat sich die Bundesregierung aktiv im Rat dafür eingesetzt, dass vor Ertei-
lung des Mandats eine Folgenabschätzung vorgelegt wird, die neben den
ökonomischen auch umfassend auf umweltrelevante, soziale und menschen-
rechtliche Auswirkungen eingeht, und nach Ausschreibung durch die Euro-
päische Kommission von einer unabhängigen Institution durchgeführt wird
unter umfassender Einbeziehung der Zivilgesellschaft und betroffener Grup-
pen sowie Transparenz und öffentlicher Diskussion sowohl in der Europäi-
schen Union als auch im Partnerland?

18. Hat sich die Bundesregierung aktiv im Rat dafür eingesetzt, dass im Mandat
bzw. den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass vor und nach Vertrags-
abschluss eine Folgenabschätzung vorgelegt wird, die neben den ökonomi-
schen auch umfassend auf umweltrelevante, soziale und menschenrechtliche
Auswirkungen eingeht, und nach Ausschreibung durch die Europäische
Kommission von einer unabhängigen Institution durchgeführt wird unter
umfassender Einbeziehung der Zivilgesellschaft und betroffener Gruppen,
sowie Transparenz und öffentlicher Diskussion sowohl in der Europäischen
Union als auch im Partnerland?

19. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung in Bezug auf die An-
forderungen an ein neues Mandat zur Modernisierung des Abkommens aus
den Ergebnissen des Interim Technical Reports zum bestehenden Globalab-
kommen mit Mexiko von Ecorys B. V. (www.fta-evaluation.com/mexico/wp-
content/uploads/sites/2/2015/06/REVISED-Mexico-ITR-ex-post-11May.pdf),
die unter anderem nahelegen, dass die Ambitionen des Globalabkommens in
Bezug auf Menschenrechte nicht umfassend implementiert wurden (S. 141),
verschiedene ICSID-Fälle (ICSID: Internationales Zentrum zur Beilegung
von Investitionsstreitigkeiten) Menschenrechte außer Acht gelassen haben
(S. 145), EU-Konzerne an Menschenrechtsverletzungen in Mexiko beteiligt
waren (S. 145) und die Möglichkeit besteht, dass die Präsenz ausländischer
Investoren dazu führt, dass die Regierung bei Menschenrechtsverletzungen
nicht adäquat reagiert (S. 147)?

Drucksache 18/8064 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

20. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass das Mandat
bzw. die Verhandlungsleitlinien erst verabschiedet werden, wenn die finale
Ex-post-Analyse zum bestehenden Globalabkommen mit Mexiko, die bei
Ecorys B. V. in Auftrag gegeben wurde, vorliegt, vor dem Hintergrund, dass
im Interim Technical Report (www.fta-evaluation.com/mexico/wp-content/
uploads/sites/2/2015/06/REVISED-Mexico-ITR-ex-post-11May.pdf) unter
anderem bei der menschenrechtlichen Folgenabschätzung noch keine end-
gültigen Ergebnisse vorliegen und die Autoren noch in der Konsultations-
und Beweisphase sind (S. 141ff), und wenn nein, warum nicht?

Dienstleistungsliberalisierung (bitte alle Antworten begründen)
21. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat

bzw. den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass der Bereich der öffent-
lichen Daseinsvorsorge nicht verhandelt und vom Anwendungsbereich des
Abkommens ausgeschlossen wird, und sieht dies der Entwurf so vor?

22. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat
bzw. den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass in das Kapitel zu den
Bestimmungen über den Bereich der Dienstleistungen keine sogenannten
Sperrklinken- und Stillhalte-Klauseln bei Marktzugang und Inländerbe-
handlung eingefügt werden, und sieht dies der Entwurf so vor?

23. In welchen Bereichen sollen laut aktuellem Entwurf des Mandats und der
Verhandlungsleitlinien angestrebte Dienstleistungsliberalisierungen über die
Bestimmungen und den Anwendungsbereich des Allgemeinen Abkommens
über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) hinausgehen?

24. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat
bzw. den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass die Europäische Kom-
mission mit dem Ziel verhandeln soll:
a) Im Abkommen geeignete Mechanismen zu verankern, mit deren Hilfe il-

legale Finanzströme, Geldwäsche und Steuervermeidungsmodelle im Ka-
pitalverkehr zwischen Mexiko und Mitgliedstaaten der Europäischen
Union eingedämmt oder zumindest nicht durch eine mögliche Kapitalver-
kehrsliberalisierung erleichtert werden?
Falls ja, welche konkreten Mechanismen wären nach Ansicht der Bundes-
regierung geeignet?

b) Konkrete Bestimmungen und Instrumente in den relevanten Kapiteln zu
verankern, insbesondere den Kapiteln zu Finanzdienstleistungen und In-
vestitionen, mit deren Hilfe Finanzströme aus Quellen der organisierten
Kriminalität besser entdeckt und geahndet werden können?
Falls ja, welche konkreten Bestimmungen und Instrumente wären nach
Ansicht der Bundesregierung geeignet?

c) Eine gemeinsame Überwachungsbehörde für illegale Finanzströme,
Geldwäsche und Steuervermeidungsmodelle einzurichten?

25. Ist im aktuellen Entwurf des Mandats und der Verhandlungsleitlinien vorge-
sehen, dass die Europäische Kommission mit dem Ziel verhandeln soll:
a) Im Abkommen geeignete Mechanismen zu verankern, mit deren Hilfe il-

legale Finanzströme, Geldwäsche und Steuervermeidungsmodelle im Ka-
pitalverkehr zwischen Mexiko und Mitgliedstaaten der Europäischen
Union eingedämmt oder zumindest nicht durch eine mögliche Kapitalver-
kehrsliberalisierung erleichtert werden?
Falls ja, welche konkreten Mechanismen werden genannt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8064
 

b) Konkrete Bestimmungen und Instrumente in den relevanten Kapiteln zu
verankern, insbesondere den Kapiteln zu Finanzdienstleistungen und In-
vestitionen, mit deren Hilfe Finanzströme aus Quellen der organisierten
Kriminalität besser entdeckt und geahndet werden können?
Falls ja, welche konkreten Bestimmungen und Instrumente werden ge-
nannt?

c) Eine gemeinsame Überwachungsbehörde für illegale Finanzströme,
Geldwäsche und Steuervermeidungsmodelle einzurichten?

Weitere Aspekte (bitte alle Antworten begründen)
26. Hat sich die Bundesregierung im Rat aktiv dafür eingesetzt, dass im Mandat

bzw. den Verhandlungsleitlinien festgelegt wird, dass die Europäische Kom-
mission mit dem Ziel verhandeln soll,
a) sanktionsbewehrte Antikorruptionsbestimmungen in das Abkommen auf-

zunehmen,
b) dass Bestimmungen zum geistigen Eigentum nicht über die bestehenden

TRIPS-Verpflichtungen (TRIPS: Übereinkommen über handelsbezogene
Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums) hinausgehen dürfen,

c) dass Dritte dem Abkommen nachträglich beitreten können über einen vor-
gesehenen und klar geregelten Beitrittsmechanismus,

d) dass die Nutzung industriepolitischer Steuerungsinstrumente, wie die
Möglichkeit Exportsteuern zu erheben oder „local content“-Regelungen
vorzuschreiben, durch das Abkommen nicht eingeschränkt werden sollen,
und

e) dass eine breite Kumulierung bei Ursprungsregeln auch für Präferenzab-
kommen möglich bleiben soll?

27. Ist im aktuellen Entwurf des Mandats und der Verhandlungsleitlinien vorge-
sehen, dass die Europäische Kommission mit dem Ziel verhandeln soll,
a) sanktionsbewehrte Antikorruptionsbestimmungen in das Abkommen auf-

zunehmen,
b) dass Bestimmungen zum geistigen Eigentum nicht über die bestehenden

TRIPS-Verpflichtungen hinausgehen,
c) dass Dritte dem Abkommen nachträglich beitreten können über einen vor-

gesehenen und klar geregelten Beitrittsmechanismus,
d) dass die Nutzung industriepolitischer Steuerungsinstrumente, wie die

Möglichkeit Exportsteuern zu erheben oder „local content“-Regelungen
vorzuschreiben, durch das Abkommen nicht eingeschränkt wird, und

e) dass eine breite Kumulierung bei Ursprungsregeln auch für Präferenzab-
kommen möglich bleibt?

Berlin, den 7. April 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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