BT-Drucksache 18/7881

Kleidung fair produzieren - EU-Richtlinie für Transparenz- und Sorgfaltspflichten in der Textilproduktion schaffen

Vom 16. März 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7881
18. Wahlperiode 16.03.2016
Antrag
der Abgeordneten Renate Künast, Uwe Kekeritz, Nicole Maisch, Dr. Valerie
Wilms, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Kai Gehring, Britta Haßelmann,
Katja Keul, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von
Notz, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kleidung fair produzieren ‒ EU-Richtlinie für Transparenz- und
Sorgfaltspflichten in der Textilproduktion schaffen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Spätestens seit dem Einsturz des Rana-Plaza-Fabrikgebäudes in Bangladesch vor
drei Jahren stehen auch europäische Textilunternehmen in der Kritik, die bei ihren
Produktionsprozessen nicht auf die Einhaltung von sozialen und ökologischen Stan-
dards achten.
In Rana Plaza starben über 1.100 Menschen, und mehr als 2.400 Menschen wurden
verletzt. Unter denen, die in dem Gebäudekomplex Textilien herstellen ließen, waren
auch zahlreiche deutsche und europäische Bekleidungsunternehmen. Die Europäi-
sche Union deckt den größten Teil ihres Bekleidungs- und Textilbedarfs durch Im-
porte ab. Allein Deutschland führte im Jahr 2014 Bekleidung und Textilien im Wert
von mehr als 33 Milliarden Euro ein, zwei Drittel davon stammten aus Ländern au-
ßerhalb der Europäischen Union. Die wichtigsten Zulieferer kamen aus China, Bang-
ladesch, der Türkei und Indien. Die Unternehmen, die in der Rana-Plaza-Fabrik pro-
duziert hatten, versprachen nach dem Unglück, die Sicherheits- und Arbeitsbedin-
gungen sowie die Entlohnung zu verbessern. Doch auch heute ist die Textilbranche
in großen Teilen geprägt von unsicheren Produktions- und unfairen Arbeitsbedin-
gungen, Menschrechtsverletzungen und ökologischen Missständen.
Katastrophen wie Rana Plaza haben das Bewusstsein der Verbraucherinnen und Ver-
braucher verändert. Laut Umfragen ist acht von zehn Verbrauchern wichtig, dass
Kleidung unter fairen Produktionsbedingungen produziert wird1. Sie möchten nicht,
dass für die Herstellung ihrer Kleidung Menschen unter unwürdigen und lebensbe-
drohenden Umständen arbeiten müssen. Zwei Drittel der befragten Verbraucherin-
nen und Verbraucher geben an, dass für sie die Rückverfolgbarkeit eine wichtige
Rolle spielt. Aber gerade bei Textilprodukten sind die Verbraucherinnen und Ver-
braucher am wenigsten zufrieden mit den Informationen zur Rückverfolgbarkeit2.
1 Repräsentative Umfrage YouGov, 2014,

s. https://yougov.de/news/2014/08/12/umfrage-verbraucher-wollen-bei-kleidung-fair-und-b/
2 Umfrage der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC), 2016,

s. http://www.pwc.de/de/pressemitteilungen/2016/rueckverfolgbarkeit-mehrheit-der-verbraucher-wu-
enscht-sich-transparente-produkte.html

Drucksache 18/7881 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Auf Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung wurde im Oktober 2014 ein deutsches Textilbündnis gegründet. Ziel des
Textilbündnisses ist es, die sozialen, ökonomischen und ökologischen Bedingungen
entlang der gesamten Lieferkette des Textil- und Bekleidungssektors in Deutschland
auf freiwilliger Basis zu verbessern. Aufgrund der globalen Lieferketten ist ein na-
tionaler und freiwilliger Ansatz aber nicht ausreichend, sondern es bedarf eines ver-
bindlichen rechtlichen Rahmens auf europäischer Ebene. Dies entspricht auch den
UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, nach denen eine intelligente
Mischung aus nationaler und internationaler, freiwilligen und verbindlichen Instru-
menten nötig ist.3
Auch die EU-Kommission hat die Notwendigkeit einer verantwortungsbewussteren
Handelsstrategie erkannt. Im Oktober 2014 wurde die Richtlinie zur Offenlegung
von nichtfinanziellen Informationen (2014/95/EU, 2013/0110(COD)) vorgelegt.
Während die nationale Richtlinien-Umsetzung zur Offenlegung von nichtfinanziel-
len Informationen zumindest die Transparenz über Produktionsprozesse fördern
wird, werden Sorgfaltspflichten bislang nicht verbindlich eingefordert. Auch die
2015 vorgelegte neue Handels- und Wirtschaftsstrategie der EU verfolgt zwar offi-
ziell das Ziel, umfassendere Anstrengungen im Sinne eines verantwortungsvollen
Liefermanagements voranzutreiben – allerdings ebenfalls nur auf freiwilliger Basis.
Doch freiwillige CSR-Maßnahmen bringen nicht die notwendigen Verbesserungen.
Bereits 2013 hat die IMPACT-Studie der Kommission, das bislang größte europäi-
sche Forschungsprojekt zu den Wirkungen gesellschaftlicher Unternehmensverant-
wortung, festgestellt, dass die Auswirkungen von freiwilligen CSR-Maßnahmen
nicht groß genug sind, um die politischen Ziele der Europäischen Union in Bezug
auf Nachhaltigkeit zu erreichen.
Natürlich liegt die Hauptverantwortung für den Schutz von Menschenrechten und
der Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards bei den Regierungen in den Pro-
duktionsländern. Diese müssen sicherstellen, dass Bauvorschriften, Brandschutzver-
ordnungen, Arbeitsstandards etc. eingehalten werden, und müssen Verstöße ahnden.
Manche dieser Regierungen sind zu schwach, um effektive Kontrollen durchzufüh-
ren, oftmals wollen sie selber keine oder sind gegenüber den großen Unternehmen
gar nicht in der Position, Standards durchzusetzen. Deswegen ist es notwendig eu-
ropäische und auf dem europäischen Markt agierende Textilunternehmen in die Ver-
antwortung für ihre Lieferkette zu nehmen. Das ist auch vor dem Hintergrund wich-
tig, dass es mittlerweile auch zahlreiche Textilunternehmen in Europa gibt, die fair
und verantwortungsvoll produzieren und diese nicht durch unverantwortlich produ-
zierende Mitbewerber benachteiligt werden sollten.
Auf einem globalen Markt wie der Textilbranche sollte die Europäische Union für
gleiche bzw. vergleichbare rechtliche Rahmenbedingungen in den Mitgliedstaaten
sorgen. Hierfür bietet sich eine EU-Richtlinie für Transparenz- und Sorgfaltspflich-
ten in der Textilproduktion an, durch die die Mitgliedstaaten verpflichtet werden,
ihre nationale Rechtsordnung jeweils so zu gestalten, dass Unternehmen ihre gesam-
te Produktions- und Lieferkette offenlegen und nachweisen, dass Unternehmen ihren
Sorgfaltspflichten nachkommen.
Im Rohstoffbereich wird auf EU-Ebene derzeit ein Regelwerk erarbeitet, das die
Transparenz im Rohstoffsektor verbessern soll, um den Abbau und Handel von so-
genannten Konfliktrohstoffen einzudämmen. Das Europäische Parlament sprach
sich hierbei für verpflichtende Offenlegungspflichten aus.4 Solche Transparenz-
pflichten müssen auch für den Bereich der Textilien eingeführt werden, allerdings
ausgeweitet auf die gesamte Produktions- und Lieferkette. Denn Transparenz ist die
3 http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/690490/publicationFile/198919/UN-Leitprinzi-

pien-DE.pdf
4 Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Schaffung eines Unionssystems zur Selbstzertifizie-

rung der Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette durch verantwortungsvolle Einführung von
Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten (COM(2014)0111.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7881
Voraussetzung dafür, dass Missstände sichtbar und Veränderungen messbar werden,
sowohl für Verbraucherinnen und Verbraucher als auch im Wettbewerb und für die
Zivilgesellschaft. Nur, wenn die Produktions- und Lieferketten transparent sind,
kann die Zivilgesellschaft die Einhaltung von Menschen-, Umwelt- und Verbrau-
cherrechten überprüfen und einfordern.
Durch eine solche Richtlinie müssen europäische und auf dem europäischen Markt
agierende Textilunternehmen zudem gesetzlich verpflichtet werden, dafür Sorge zu
tragen, dass international anerkannte Menschenrechtsabkommen, die ILO-Arbeits-
normen sowie Kernbestandteile internationaler Umweltabkommen entlang der ge-
samten Produktions- und Lieferkette eingehalten werden. Auf Grundlage der UN-
Leitprinzipien sowie der OECD-Richtlinien5, die derzeit in Arbeit sind, müssen hier-
für konkrete und verbindliche Sorgfaltspflichten definiert werden: Unternehmen
müssen die tatsächlichen und potenziellen Risiken menschenrechtlicher Auswirkun-
gen entlang ihrer Lieferketten ermitteln, Folgemaßnahmen ergreifen und nachhalten
sowie Angaben dazu machen, wie den Auswirkungen begegnet wird (Berichts-
pflicht). Sie müssen Zertifizierungen für die Einhaltung der Menschenrechts- und
Umweltstandards nachweisen und Auditberichte veröffentlichen, damit die Einhal-
tung dieser Standards sichtbar und kontrollierbar sowie bei Verstößen auch sanktio-
nierbar wird. Die Audits und Zertifizierungen sollten zudem begleitet werden durch
regelmäßige Überprüfung. Wie im EU-Lebensmittelrecht muss auch im Textilsektor
eine lückenlose Rückverfolgbarkeit entlang der gesamten Produktions- und Liefer-
kette eingeführt werden6. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behand-
lung liegt nicht vor.
Um kleine und mittelständische Textilunternehmen nicht zu überfordern, muss dafür
Sorge getragen werden, dass ihre Kapazitäten und Durchgriffsmöglichkeiten auf die
Lieferkette bei der Umsetzung der Transparenz- und Sorgfaltspflichten ausreichend
berücksichtigt und sie unterstützt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich auf EU-Ebene für die Schaffung einer Richtlinie für Transparenz- und
Sorgfaltspflichten in der Textilproduktion einzusetzen, die
• die europäische und auf dem europäischen Markt agierende Textilwirtschaft

verpflichtet, ein System aufzubauen, mit dem es möglich ist, die gesamte
Produktions- und Lieferkette des Produkts und seiner Bestandteile in allen
Fertigungsstufen nachzuverfolgen,

• die europäischen und auf dem europäischen Markt agierenden Textilunter-
nehmen verpflichtet, Sorgfaltspflichten nachzukommen, um entlang ihrer
Produktions- und Lieferkette für die Einhaltung international anerkannter
Menschenrechte, der Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisa-
tion (ILO) und internationaler Umweltabkommen zu sorgen,

• die europäischen und auf dem europäischen Markt agierenden Textilunter-
nehmen verpflichtet, die Einhaltung dieser Standards durch Zertifikate
nachzuweisen und die Auditberichte, die die Einhaltung der Sorgfaltspflich-
ten dokumentieren, zu veröffentlichen,

• einheitliche Qualitätsstandards für die Zertifizierung und die Auditberichte
definiert und dafür Sorge trägt, dass die Audits und Zertifizierungen regel-
mäßig überprüft werden,
5 OECD: Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains in the Garment and Foodwear Sectors,

Draft for consultation, September 2015.
6 Die EU-Basisverordnung (178/2008) verpflichtet alle Beteiligten in der Lebensmittelkette, die lücken-

lose Rückverfolgbarkeit ihrer Produkte jederzeit zu gewährleisten.

Drucksache 18/7881 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

• eine Haftung von zertifizierenden Unternehmen, Einzelpersonen und deren
Auftraggebern für falsche oder irreführende Zertifikate bzw. Auditberichte
vorsieht;

2. verbindliche Offenlegungspflichten so auszugestalten, dass den Kapazitäten
und Einflussmöglichkeiten von kleinen und mittelständischen Unternehmen
ausreichend Rechnung getragen wird;

3. zu prüfen, wie und in welcher Form die veröffentlichten Informationen effizient
und wirkungsvoll regelmäßig überprüft und inwiefern gerade kleine und mitt-
lere Unternehmen bei der Umsetzung von Offenlegungspflichten unterstützt
werden können;

4. Sanktionen für den Fall von Verstößen gegen die Offenlegungspflichten fest-
zulegen;

5. das Verbraucherinformationsgesetz um einen Informationsanspruch auf Trans-
parenz der Produktions- und Lieferkette zu erweitern;

6. die rechtliche Zurechnung innerhalb der Lieferketten so zu ändern, dass sich
deren Akteure auf den verschiedenen Stufen nicht mehr durch eine Delegation
der Haftung hintereinander verstecken können, damit die Zurechnung von Wis-
sen und Fehlverhalten auch stufenübergreifend möglich ist;

7. dafür Sorge zu tragen, dass bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Offenle-
gung von nichtfinanziellen Informationen (2014/95/EU, 2013/0110(COD)) so-
wohl eine Verifizierung der Informationen als auch adäquate und effektive
Maßnahmen zur Einhaltung der nichtfinanziellen Offenlegungspflichten vorge-
sehen sind und auch nichtbörsennotierte Unternehmen von den Offenlegungs-
pflichten erfasst werden.

Berlin, den 15. März 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7881
Begründung

Zu den sozialen und ökologischen Missständen in großen Teilen der globalen Textilindustrie zählen:
Unsichere Fabriken: In den Fabriken gibt es meist keine Notausgänge und die Türen werden während der Pro-
duktion häufig abgeschlossen. Oft sind Fenster vergittert und die Arbeitsplätze so eng, dass im Notfall keine
Fluchtmöglichkeiten bestehen. Viele Gebäude sind statisch nicht auf schwere Maschinen ausgelegt und dadurch
vom Einsturz bedroht. Es gibt in der Regel kaum Feuerlöscher und entzündliche Chemikalien werden nicht
sicher gelagert. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter sind unzureichend geschult und wissen in Notfällen nicht, wie
sie sich verhalten müssen.
Fehlende Arbeits-, Sozial und Gesundheitsstandards: Zu den Arbeitsnormen und weiteren Übereinkommen der
Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zählen das Verbot von Zwangsarbeit, das Verbot der Beschäftigung
von Kindern unter 15 Jahren, das Diskriminierungsverbot, die Vereinigungsfreiheit, das Recht auf Kollektiv-
verhandlungen, das Recht auf existenzsichernde Löhne, eine wöchentliche Arbeitszeitbegrenzung auf 48 Stun-
den plus maximal 12 freiwillige Überstunden sowie bestmöglicher Arbeits- und Gesundheitsschutz. Diese wer-
den von den Fabrikbesitzern häufig nicht oder nur unzureichend eingehalten. Es werden keine existenzsichern-
den Löhne gezahlt und die Arbeitszeiten sind zu lang. Selbstorganisation der Arbeiterinnen und Arbeiter in
Gewerkschaften wird von den Auftraggebern, Fabrikbesitzern und lokalen Behörden meist aktiv hintertrieben.
Die Arbeiterinnen und Arbeiter arbeiten häufig mit gefährlichen Chemikalien, ohne dabei die notwendige
Schutzkleidung zu tragen. Der Einsatz gefährlicher Chemikalien kann den Arbeiterinnen und Arbeitern scha-
den, aber auch den Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil die Rückstände in der Kleidung verbleiben.
Umweltzerstörung: Viele Fabriken leiten gefährliche Chemikalien ungefiltert in Flüsse und Gewässer und ge-
fährden das Trinkwasser der Bevölkerung in den Produktionsländern. So ergab beispielsweise der Greenpeace-
Report aus dem Jahr 2011 „Schmutzige Wäsche – Das giftige Geheimnis der globalen Textilmarken“, der sich
mit der Belastung chinesischer Flüsse durch die Textilindustrie beschäftigte, dass die zwei untersuchten Tex-
tilfabriken eine Reihe gefährlicher Chemikalien in die jeweiligen Flussdeltas einleiteten, darunter auch gefähr-
liche Chemikalien mit hormonell wirksamen Eigenschaften (siehe Bundestagsdrucksache 18/2077).
Unzureichende Audits: Die Versuche, Fabriken auf ihre Sozial-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards zu
überprüfen und ein Zertifizierungssystem zu schaffen, scheitern häufig daran, dass die durchgeführten Audits
oft nicht die tatsächlichen Gegebenheiten in den Fabriken wiedergeben. Ein weiteres Problem sind die Vielzahl
der unterschiedlich qualifizierten Auditanbieter und die nicht einheitlich definierten Bewertungskriterien. Aber
vor allem müssen die Auditberichte nicht veröffentlicht werden, so dass die betroffenen Arbeiterinnen und Ar-
beiter sowie Gewerkschaften und NGO‘s nicht dazu Stellung nehmen können.
Komplexe Lieferketten: Die meisten europäischen und amerikanischen Unternehmen produzieren ihre Ware
nicht in eigenen Fabriken. Die Aufträge werden nicht an eine bekannte Fabrik weitergegeben, sondern es gibt
zahlreiche Zwischenlieferanten, die die Aufträge an lokale Fabriken in China, Indien oder Bangladesch verge-
ben. Die häufig wechselnden Geschäftsbeziehungen zu den zahlreichen Lieferanten machen die Lieferketten
intransparent, zudem gibt es keine Veröffentlichung der Lieferantenlisten. Verbraucherinnen und Verbraucher
haben daher in der Regel auch keine Möglichkeit, sich zu informieren, unter welchen Bedingungen ihre Kleider
hergestellt wurden.
Die Missstände in den Fabriken haben ihre Ursachen (auch) in den europäischen und amerikanischen Absatz-
märkten. Die Auftraggeber in Europa und den USA stehen unter erheblichem Wettbewerbsdruck. Verbrauche-
rinnen und Verbraucher möchten immer neue und günstigere Kleidung in immer kürzeren Abständen. „Fast
Fashion“ ist Lifestyle geworden. Große Textilketten bieten mehrere Kollektionen pro Saison an. Die so produ-
zierte schnelle Billigware hat einen entsprechend kurzen Lebenszyklus. Gleichzeitig hat sich seit Rana Plaza
aber das Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher geändert, und der Wunsch nach fair und nachhal-
tig produzierter Kleidung wächst. Die Politik muss diesem Wunsch durch verbindliche Transparenzbestimmun-
gen nachkommen, um den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu ermöglichen, bewusste Kaufentscheidungen
zu treffen.
Vor dem Hintergrund der im September 2015 in New York verabschiedeten Nachhaltigkeitsziele der Vereinten
Nationen stehen sowohl die Bundesregierung als auch die Europäische Union in der Pflicht. Deutschland und
die EU sind von echter Nachhaltigkeit noch weit entfernt und tragen zugleich eine besondere Verantwortung.
Eine nachhaltige Entwicklung, der Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und echter Klimaschutz kön-
nen global nur dann erreicht werden, wenn alle damit bei sich zu Hause anfangen. Das Nachhaltigkeitsziel 12

Drucksache 18/7881 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
zielt explizit darauf ab, dass alle Länder aktiv werden, um nachhaltige Produktion und nachhaltigen Konsum zu
fördern. Die nachhaltige Ausgestaltung internationaler Produktions- und Lieferketten kann somit einen Beitrag
dazu leisten, Klimaschutz und globale Gerechtigkeit zu erreichen. Eine solche Gesetzesinitiative sollte zudem
als Teil der Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte gesehen werden. Sie könnte
als Sektorinitiative im Rahmen des geplanten Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte mit
unterstützt werden.

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.