BT-Drucksache 18/7616

Entwurf eines Gesetzes über die unabhängige Polizeibeauftragte oder den unabhängigen Polizeibeauftragten des Bundes (Bundespolizeibeauftragtengesetz - BPolBeauftrG)

Vom 19. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7616
18. Wahlperiode 19.02.2016

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Irene Mihalic, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln),
Britta Haßelmann, Katja Keul, Renate Künast, Monika Lazar, Özcan Mutlu,
Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes über die unabhängige Polizeibeauftragte
oder den unabhängigen Polizeibeauftragten des Bundes
(Bundespolizeibeauftragtengesetz – BPolBeauftrG)

A. Problem
Die Polizei steht für das staatliche Gewaltmonopol, den Schutz der Grundrechte
und die Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit wie keine andere staatliche Stelle.
Ihr kommt in vielerlei Hinsicht besondere Verantwortung und Vorbildfunktion
zu.
Auf Bundesebene haben die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und der Zoll
im Inland und an den Grenzen in unterschiedlicher Art und Weise die Aufgabe,
Straftaten zu verhüten bzw. zu verfolgen und Gefahren abzuwehren. Ferner un-
terstützt die Bundespolizei die Länderpolizeien auf Anforderung, insbesondere
bei Demonstrationen und Großveranstaltungen. Die Beschäftigten sind einerseits
für Bürgerinnen und Bürger wichtige Ansprechpartner bei Problemen und Kon-
flikten verschiedenster Art. Andererseits sind sie mit weitgehenden Eingriffsbe-
fugnissen ausgestattet. Gerade in angespannten Situationen kann es dazu kom-
men, dass im Bürgerkontakt gesetzliche Grenzen überschritten, unverhältnismä-
ßige Gewalt ausgeübt, Menschenrechte verletzt oder einzelne Bürgerinnen und
Bürger – häufig im öffentlichen Raum – diskriminiert oder unangemessen behan-
delt werden. Daher ist es wenig überraschend, dass sich polizeiliche Großeinsätze,
wie beispielsweise die Grenzsicherung, auch in der Zahl eingegangener Be-
schwerden niederschlagen. Konkret wurden dabei bis November 2015 für das
2015 Jahr 182 Beschwerden im grenzpolizeilichen Aufgabenbereich gezählt. Mit
solchem Fehlverhalten müssen zudem beistehende Kolleginnen bzw. Kollegen
umgehen, was angesichts des kollektiven Zusammenhaltes verschiedene Prob-
leme aufwirft. Nicht zuletzt berichten aber auch Beschäftigte über unangemesse-
nes Verhalten von Vorgesetzten und Kolleginnen bzw. Kollegen und von internen
wie externen Diskriminierungen und Menschenrechtsverletzungen.
Eine permanente Selbstkontrolle und die Aufarbeitung von Fehlern bzw. rechts-
widrigem Verhalten aber auch strukturelle Mängel sind angesichts der besonderen
Bedeutung der Polizei im rechtsstaatlichen Gefüge und im Sinne einer professio-
nell und effektiv agierenden Polizei elementar.

Drucksache 18/7616 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Derzeit kann jedoch ein Fehlverhalten von Beschäftigten lediglich im Rahmen
einer Fach- bzw. Dienstaufsichtsbeschwerde oder einer Strafanzeige geltend ge-
macht werden. Die Fach- und Dienstaufsichtbeschwerde dienen aber lediglich der
Selbstkontrolle der Verwaltung, stellen also kein unabhängiges Verfahren dar.
Zudem verhindern die hierarchische Organisation und das beamtenrechtliche Be-
förderungssystem oftmals eine Aufklärung zugunsten des „beruflichen Friedens“.
Im Rahmen der strafrechtlichen Aufarbeitung von polizeilichem Fehlverhalten
werden Ermittlungsverfahren überdurchschnittlich häufig eingestellt, was auch
mit der institutionellen Nähe in Verbindung gebracht werden kann. Ein solcher
Interessenkonflikt betrifft auch bei den Staatsanwaltschaften eingerichtete Spezi-
alabteilungen oder für Ermittlungen gegen Polizeibeamte zuständige besondere
Dienststellen.
Gleichzeitig gibt es gegenwärtig neben der Durchführung eines Ermittlungsver-
fahrens keine Möglichkeit, entsprechende Sachverhalte zu klären und gegebenen-
falls auch unterhalb der Schwelle einer Strafbarkeit einer für alle Beteiligten inte-
ressengerechten Lösung zu zuzuführen.
Diese Gesamtproblematik ist weitgehend bekannt. Infolge der öffentlichen Dis-
kussion hierüber haben bereits einige Bundesländer besondere Stellen eingerich-
tet, an die sich Opfer oder Zeugen von Fehlverhalten wenden können, teils auch
Beschäftigte, so im Falle des Beauftragten für die Landespolizei Rheinland-Pfalz.
Auf Bundesebene besteht bislang keine solche Stelle. Und das, obschon ein ef-
fektives Beschwerdesystem in Deutschland seit Jahrzehnten von internationalen
Organisationen wie den Vereinten Nationen, dem UN-Menschenrechtsausschuss
und dem Europarat, der Europäische Kommission gegen Rassismus und Intole-
ranz (ECRI) entsprechend den menschenrechtlichen Verpflichtung gefordert
wird.
Nicht zuletzt haben die Untersuchungen der Ermittlungen im Zusammenhang mit
den NSU-Morden Missstände und Fehler, die im Umgang mit Opfern und Ange-
hörigen sowie durch einseitige Ermittlungen entstehen können, verdeutlicht.
Dementsprechend wurde eine unabhängige Beschwerdestelle in den Sondervoten
von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. zum Abschlussbericht
des NSU-Untersuchungsausschusses (Bundestagsdrucksache 17/14600) gefor-
dert.

B. Lösung
Mit dem vorliegenden Gesetz werden die gesetzlichen Grundlagen für die Etab-
lierung der oder des unabhängigen Bundespolizeibeauftragten geschaffen.
Durch die Einführung einer/s Bundespolizeibeauftragten sollen Bürgerinnen und
Bürger – aber auch Bürger- bzw. Menschenrechtsorganisationen – ebenso wie
Beschäftigte die Möglichkeit haben, bei einer externen und unabhängigen Stelle
Missstände und Fehler aufzuzeigen, ohne dabei Sanktionen oder berufliche Nach-
teile fürchten zu müssen. Gleichzeitig wird eine zusätzliche Möglichkeit der Be-
arbeitung entsprechender Sachverhalte geschaffen, die aus Sicht der Beschäftig-
ten ebenso wie aus Sicht betroffener Bürgerinnen und Bürger besonders geeignet
erscheinen kann. Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger tritt diese neue Möglich-
keit ergänzend neben die Einleitung eines nichttransparenten internen Ermitt-
lungsverfahren beziehungsweise eines meist langwierigen und erfolglosen Straf-
verfahrens. Dies trägt auch wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung, wonach
die Opferperspektive häufig weniger auf Bestrafung als auf grundlegende Befas-
sung gerichtet ist.
Eine solche externe Stelle stärkt als demokratisches Element das Vertrauen der
Bevölkerung in die Polizei und eine bürgerorientierte Ausrichtung der Polizei. Sie

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7616
schützt die Beschäftigten vor ungerechtfertigten Anschuldigungen, da sie Sach-
verhalte mit der notwenigen Sachkunde bewerten kann. Gleichzeitig wird eine
effektive parlamentarische Kontrolle der Behörden ermöglicht und so weitge-
hende Transparenz im Bereich der Sicherheitsinstitutionen hergestellt.
Ein veränderter Umgang mit Fehlern ist notwendig, um eine dem modernen
Selbstverständnis staatlicher Behörden angemessene Fehlerkultur zu implemen-
tieren und entsprechenden Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu
werden. Die Stelle ist kein Ausdruck von Misstrauen, sondern ein unterstützendes
Element der Qualitätssicherung und Instrument moderner Mitarbeiterführung.
In diesem Sinne soll die oder der Polizeibeauftragte im Interesse der Beamtinnen
und Beamten dazu beitragen, folgende typische Konfliktsituation zu lösen: Straf-
rechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts eines strafrechtlich relevanten Fehl-
verhaltens durch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten werden regelmäßig
dadurch erschwert, dass Kolleginnen und Kollegen, die an den Vorfällen nicht
beteiligt waren, aber Kenntnisse von den Geschehnissen haben, sich im Fall einer
nicht sofortigen Aussage dem Verdacht aussetzen, eine Strafvereitelung begangen
zu haben. Diese Zeugen aus dem Kreis der Polizei sind dabei für die Aufklärung
der Haupttat typischerweise so wichtig, dass die Ermittlungen ohne entsprechende
Aussagen wenig erfolgversprechend sind. Daher erweisen sich Ermittlungen ge-
gen eben diese Beamtinnen und Beamte wegen des Verdachts einer Strafvereite-
lung regelmäßig nicht zuletzt aufgrund des Zeugnisverweigerungsrechts gemäß
§ 55 StPO als entscheidendes Hemmnis für die Aufklärungen entsprechender
Haupttaten.
Eine wichtige Aufgabe der oder des Polizeibeauftragten wird es daher sein, die
Beamtinnen und Beamten in dieser schwierigen Situation zu beraten. Zusätzlich
soll ein Antrag auf den Weg gebracht werden, der folgende Klarstellung bewirkt:
Eine vorwerfbare Beeinträchtigung des staatlichen Strafanspruchs liegt in der Re-
gel erst dann vor, wenn es zu einer zurechenbaren Verzögerung von mindestens
drei Wochen gekommen ist. Diese Klarstellung konkretisiert die zu der genannten
Frist in Rechtsprechung und Literatur vorherrschende Meinung. Wegen des wei-
teren Inhalts wird auf den Antrag mit dem Titel „Aufklärung polizeilichen Fehl-
verhaltens erleichtern – ergänzender Antrag zum Entwurf eines Gesetzes über die
unabhängige Polizeibeauftragte oder den unabhängigen Polizeibeauftragten des
Bundes (Bundespolizeibeauftragtengesetz – BPolBeauftrG)“ Bezug genommen.

C. Alternativen
Die bestehende Rechtslage sieht bereits für eine Vielzahl der durch diesen Antrag
thematisierten Sachverhalte staatliche Aufklärungs- und Reaktionsmaßnahmen
vor. Die bisherige Praxis hat jedoch gezeigt, welchen Schwierigkeiten die Aufar-
beitung entsprechender Sachverhalte in den jeweils selbst betroffenen Behörden
regelmäßig begegnet. Dies spricht grundsätzlich auch gegen Reformbestrebun-
gen, die allein eine behördeninterne Aufklärung vorsehen.
Als weitere Alternative neben einer behördeninternen Aufarbeitung können das
staatsanwaltschaftliche beziehungsweise parlamentarische Verfahren gesehen
werden. Der vorliegende Antrag ergänzt diese Verfahren. Die vorgenannten Ver-
fahren haben jedoch verglichen mit der in diesem Antrag definierten Aufgabe der
neu zu schaffenden Stelle einer unabhängigen Polizeibeauftragten beziehungs-
weise eines unabhängigen Polizeibeauftragten des Bundes eine teilweise andere
Zielsetzung.

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D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Für die Arbeit der oder des Bundespolizeibeauftragten ist eine Ausstattung mit
Personal- und Sachmitteln erforderlich. Diese beläuft sich auf voraussichtlich
1,85 Mio. Euro jährlich.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein neuer Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die Wirtschaft entsteht kein neuer Erfüllungsaufwand. Bürokratiekosten aus
Informationspflichten entstehen nicht. Es werden keine Informationspflichten
eingeführt, geändert oder abgeschafft.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Bei den Behörden im Zuständigkeitsbereich der oder des unabhängigen Bundes-
polizeibeauftragten entsteht voraussichtlich nur ein geringer zusätzlicher Erfül-
lungsaufwand, da diese auch bisher Hinweisen und Eingaben zu einem behaupte-
ten Fehler bzw. Fehlverhalten nachgehen. Durch die präventive Wirkung der Tä-
tigkeit der oder des Beauftragten wird dieser Aufwand mittelfristig möglicher-
weise sogar sinken.
Aufgrund der Übertragung von Aufgaben auf die Präsidentin oder den Präsiden-
ten des Bundestages sowie durch die Unterstützung der oder des Bundespolizei-
beauftragten durch die Bundestagsverwaltung wird sich dort voraussichtlich eine
Mehrbelastung ergeben, deren Ausmaß jedoch wesentlich durch die parlamenta-
rische Praxis, insbesondere die Zahl der übertragenen Prüfaufträge, bestimmt sein
wird, sodass eine Quantifizierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht mög-
lich ist.
Für die Bundes- und Landesverwaltung sowie für andere Körperschaften des öf-
fentlichen Rechts kann ein geringfügiger zusätzlicher Erfüllungsaufwand durch
Amtshilfe entstehen, insbesondere durch die Beantwortung von Anfragen im Rah-
men von Erhebungen der oder des Bundespolizeibeauftragten.

F. Weitere Kosten
Keine.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7616

Entwurf eines Gesetzes über die unabhängige Polizeibeauftragte
oder den unabhängigen Polizeibeauftragten des Bundes

(Bundespolizeibeauftragtengesetz – BPolBeauftrG)

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Gesetz über die unabhängige Polizeibeauftragte oder den unabhängigen
Polizeibeauftragten des Bundes

I n h a l t s ü b e r s i c h t

A b s c h n i t t 1

S t e l l u n g u n d A u f g a b e n d e r o d e r d e s u n a b h ä n g i g e n B u n d e s p o l i z e i -

b e a u f t r a g t e n

§ 1 Aufgaben, Stellung, Unabhängigkeit, Öffentlichkeit
§ 2 Wahl und Amtszeit
§ 3 Tätigkeit als Hilfsorgan des Bundestages

A b s c h n i t t 2

T ä t i g k e i t u n d B e f u g n i s s e d e r o d e r d e s B u n d e s p o l i z e i b e a u f t r a g t e n

§ 4 Eingaben und Hinweise
§ 5 Tätigkeit aufgrund eigener Entscheidung
§ 6 Umgang mit Eingaben und Hinweisen
§ 7 Befugnisse der oder des Bundespolizeibeauftragen
§ 8 Amtshilfe
§ 9 Rechte der von Hinweisen und Eingaben betroffenen Beschäftigten
§ 10 Datenverarbeitung
§ 11 Vertraulichkeit
§ 12 Zeugenaussagen der oder des Bundespolizeibeauftragten
§ 13 Verhältnis der Untersuchungen der oder des Bundespolizeibeauftragten zum strafrechtlichen Ermitt-

lungsverfahren und zum Disziplinarverfahren
§ 14 Verhältnis zum Zuständigkeitsbereich anderer Stellen mit Kontrollaufgaben
§ 15 Zusammenarbeit mit den Personalvertretungen

Drucksache 18/7616 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

A b s c h n i t t 3

B e r i c h t e u n d E m p f e h l u n g e n

§ 16 Berichte
§ 17 Umsetzung von Empfehlungen; Antwort- und Begründungspflichten der betroffenen Behörden und der

Bundesregierung

A b s c h n i t t 4

D i e n s t r e c h t l i c h e S t e l l u n g , D i e n s t s i t z , H a u s h a l t u n d B e s c h ä f t i g t e

§ 18 Dienstrechtliche Stellung der oder des Bundespolizeibeauftragten
§ 19 Dienstsitz, Haushalt und Beschäftigte

A b s c h n i t t 1
S t e l l u n g u n d A u f g a b e n d e r o d e r d e s u n a b h ä n g i g e n

B u n d e s p o l i z e i b e a u f t r a g t e n

§ 1
Aufgaben, Stellung, Unabhängigkeit, Öffentlichkeit

(1) Die oder der Bundespolizeibeauftragte ist für die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und die Bun-
deszollverwaltung zuständig. Sie oder er trägt im Rahmen dieser Zuständigkeit dazu bei,
1. Fehler und Fehlverhalten in Einzelfällen, die auf eine Verletzung von Rechtsstaatlichkeit, insbesondere von

Grundrechten und der Diskriminierungsfreiheit schließen lassen, sowie
2. entsprechende strukturelle Mängel und Fehlentwicklungen
zu erkennen und ihnen vorzubeugen. Damit fördert die oder der Bundespolizeibeauftragte Transparenz und einen
professionellen Umgang mit Fehlern in den Behörden und stärkt zugleich Leistungsfähigkeit und Arbeitszufrie-
denheit sowie die Wertschätzung und Anerkennung dieser Behörden und ihrer Beschäftigten in der Öffentlichkeit.

(2) Die oder der Bundespolizeibeauftragte wird nach Maßgabe dieses Gesetzes tätig
1. als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle
2. nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund eigener Entscheidung.

(3) Die oder der Bundespolizeibeauftragte ist bei ihrer oder seiner Tätigkeit unabhängig, von Weisungen
frei und nur dem Gesetz unterworfen.

(4) Die oder der Bundespolizeibeauftragte berichtet dem Bundestag und der Öffentlichkeit nach Maßgabe
dieses Gesetzes über die Ergebnisse ihrer oder seiner Tätigkeit sowie über daraus abgeleitete Empfehlungen.

§ 2
Wahl und Amtszeit

(1) Der Bundestag wählt die Bundespolizeibeauftragte oder den Bundespolizeibeauftragten in geheimer
Wahl mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Vorschlagsberechtigt sind der Innenausschuss, der Finanzausschuss,
die Fraktionen und so viele Abgeordnete, wie nach der Geschäftsordnung der Stärke einer Fraktion entsprechen.

(2) Die oder der Bundespolizeibeauftragte wird für fünf Jahre gewählt und muss zum Zeitpunkt der Wahl
das 35. Lebensjahr vollendet haben. Die einmalige Wiederwahl ist zulässig. Die oder der Gewählte wird von der
Bundestagspräsidentin oder dem Bundestagspräsidenten ernannt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7616

§ 3
Tätigkeit als Hilfsorgan des Bundestages

(1) Der Bundestag, eine Fraktion, fünf von Hundert der Mitglieder des Bundestages sowie der Innen-, Fi-
nanz- oder Petitionsausschuss können der oder dem Bundespolizeibeauftragten Aufträge zur Überprüfung von
Strukturen, Entwicklungen und Einzelfällen in ihrem oder seinem Aufgabenbereich nach § 1 Absatz 1 erteilen.
Der Petitionsausschuss darf einen Petitionssachverhalt nur mit Zustimmung der oder des Petenten der oder dem
Bundespolizeibeauftragten zugänglich machen. Bei der Erledigung von Aufträgen ist die oder der Bundespolizei-
beauftragte unabhängig und frei von Weisungen. Bei der Erteilung von Aufträgen ist zu gewährleisten, dass die
Tätigkeit der oder des Bundespolizeibeauftragten aufgrund eigener Entscheidung (§ 5) in angemessenem Umfang
möglich bleibt.

(2) Die oder der Bundespolizeibeauftragte hat das Recht und auf Verlangen des Bundestags, einer Fraktion,
von fünf von Hundert der Mitglieder des Bundestages, des Innen- oder Finanzausschusses die Pflicht, an der
parlamentarischen Beratung von Gegenständen im Aufgabenbereich (§ 1 Absatz 1) teilzunehmen.

A b s c h n i t t 2
T ä t i g k e i t u n d B e f u g n i s s e d e r o d e r d e s B u n d e s p o l i z e i b e a u f t r a g t e n

§ 4
Eingaben und Hinweise

(1) Jede natürliche oder juristische Person kann der oder dem Bundespolizeibeauftragten mündlich, schrift-
lich oder elektronisch Hinweise auf strukturelle Mängel, Fehlentwicklungen, Fehler oder Fehlverhalten im Sinne
von § 1 Absatz 1 geben. Auch wer seine Eingabe mündlich macht, gilt als Einsenderin oder Einsender im Sinne
dieses Gesetzes. Die oder der Bundespolizeibeauftragte kann darauf hinwirken, dass in geeigneten Fällen eine
schriftliche oder elektronische Eingabe erfolgt.

(2) Beschäftigte der in § 1 Absatz 1 genannten Behörden können sich unmittelbar und ohne Einhaltung des
Dienstweges an die oder den Bundespolizeibeauftragten wenden. Aus der Tatsache der Anrufung der oder des
Bundespolizeibeauftragten dürfen ihnen keine dienstlichen Nachteile entstehen. Sofern Beschäftigte der in § 1
Absatz 1 genannten Behörden Tatsachen glaubhaft machen, die eine Benachteiligung wegen zulässiger Ausübung
ihres Rechts gemäß Absatz 1 vermuten lassen, trägt der Dienstherr die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen
Absatz 2 Satz 2 vorliegt.

(3) Die oder der Bundespolizeibeauftragte erhebt für die Bearbeitung von Hinweisen und Eingaben keine
Gebühren.

§ 5
Tätigkeit aufgrund eigener Entscheidung

Die oder der Bundespolizeibeauftragte wird nach pflichtgemäßem Ermessen tätig aufgrund von Eingaben
und Hinweisen (§ 4) oder wenn ihr oder ihm auf sonstige Weise Umstände aus ihrem oder seinem Aufgabenbe-
reich (§ 1 Absatz 1) bekannt werden.

§ 6
Umgang mit Eingaben und Hinweisen

(1) Die oder der Bundespolizeibeauftragte kann Hinweise oder Eingaben, die anonym eingehen oder sich
auf mehr als drei Jahre zurückliegende Vorgänge beziehen, ohne Sachprüfung zurückweisen, sofern der Fall nicht
erkennbar bereits zuvor Gegenstand behördlicher Ermittlungen war und keine Auswertung der Fallakten möglich
erscheint. Dies gilt auch für solche Fälle, die nicht in den Zuständigkeitsbereich der oder des Bundespolizeibe-
auftragten fallen.

Drucksache 18/7616 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

(2) Die oder der Bundespolizeibeauftragte bestätigt den Eingang nicht anonymer Hinweise und Eingaben
innerhalb von zwei Wochen nach Eingang. Bei Hinweisen und Eingaben, die keine plausiblen Informationen über
Fehler oder Fehlverhalten im Zuständigkeitsbereich (§ 1 Absatz 1) enthalten, kann die Eingangsbestätigung mit
dem Hinweis verbunden werden, dass die Sache aufgrund fehlender Informationen nicht weiter bearbeitet wird.

(3) Enthalten Hinweise oder Eingaben hinreichende Informationen über Fehlverhalten oder Fehlentwick-
lungen in einer oder mehrerer der Behörden gemäß § 1 Absatz 1, so klärt der oder die Bundespolizeibeauftragte
den Sachverhalt und die Hintergründe auf. Dabei darf sie oder er auf die Befugnisse gemäß § 7 zurückgreifen. Sie
oder er bestimmt Zeit und Art der Aufklärung und lässt erforderliche örtliche Untersuchungen durch ihre oder
seine Beschäftigten vornehmen. Auf Wunsch der Einsenderin oder des Einsenders sichert die oder der Bundes-
polizeibeauftragte die gegenüber der betroffenen Behörde vertrauliche Behandlung ihrer Identität zu. Der oder
die Bundespolizeibeauftragte berät die Einsenderin oder den Einsender, falls sie oder er die Aufhebung der Ano-
nymität für die weitere Aufklärung des Sachverhalts für sachdienlich und unter Abwägung der Vor- und Nachteile
für die Einsenderin oder den Einsender angemessen hält.

(4) Der oder die Bundespolizeibeauftragte kann den zuständigen Stellen Gelegenheit zur einvernehmlichen
Regelung einer Angelegenheit geben.

(5) Spätestens drei Monate nach Eingang des Hinweises oder der Eingabe werden die Einsenderinnen oder
Einsender über die Ergebnisse der Untersuchungen informiert. Sie erhalten eine Zwischennachricht unter Angabe
der voraussichtlichen Dauer der Untersuchungen, wenn die Untersuchungen zu diesem Zeitpunkt noch nicht ab-
geschlossen sind.

(6) Nach Abschluss der Untersuchungen erstellt die oder der Bundespolizeibeauftragte einen Bericht. Die-
ser endet mit einer Bewertung des Sachverhalts, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob ein Fehlverhalten oder
eine Fehlentwicklung im Sinne von § 1 vorliegt. Der Bericht ist durch die oder den Polizeibeauftragten in elekt-
ronischer Form zu veröffentlichen. Dies schließt eine Veröffentlichung als Bundestagsdrucksache nicht aus.

§ 7
Befugnisse der oder des Bundespolizeibeauftragen

Der oder die Bundespolizeibeauftragte hat bei der Erfüllung der ihr oder ihm übertragenen Aufgaben die
folgenden Befugnisse:
1. Sie oder er kann von den Behörden eine Stellungnahme anfordern. Sie oder er darf diese Stellungnahme mit

einer eigenen Bewertung versehen und vorgesetzten Stellen zuleiten. Die öffentlichen Stellen des Bundes
sind verpflichtet, Auskunft zu erteilen und Fragen zu beantworten.

2. Sie oder er darf Akten und elektronische Datenträger der den Bundesministerien des Innern und der Finanzen
unterstellten Dienststellen einsehen, sofern ein inhaltlicher Zusammenhang zu den Aufgaben gemäß § 1 Ab-
satz 1 nicht ausgeschlossen ist. Die oder der Bundespolizeibeauftragte und ihre oder seine Beschäftigten
können, soweit das Einsichtsrecht gemäß Satz 1 besteht, auch Kopien oder Ausdrucke mitnehmen, wenn
dies für die weiteren Untersuchungen und die Erstellung des Abschlussberichts erforderlich ist. Unterlagen,
die als „VS-Vertraulich“ oder höher eingestuft sind, dürfen nur von der oder dem Bundespolizeibeauftragten
persönlich oder von ihren bzw. seinen Beschäftigten eingesehen werden, die den Anforderungen des Sicher-
heitsüberprüfungsgesetzes genügen. Die oder der Polizeibeauftragte erhält im Rahmen ihrer oder seiner Zu-
ständigkeit gemäß § 474 Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung auch Einsicht in Strafverfahrensakten.

3. Die oder der Bundespolizeibeauftragte und ihre oder seine Beschäftigten können die Einsenderinnen oder
Einsender von Hinweisen und Eingaben, Geschädigte des vorgebrachten Fehlverhaltens, Bedienstete der
Bundespolizei, des Bundeskriminalamts oder der Bundeszollverwaltung sowie andere Personen, die zur Auf-
klärung des Sachverhalts beitragen können, anhören. Für dienstliche Angelegenheiten hat ihnen die Behörde,
der sie angehören, eine Aussagegenehmigung zu erteilen. In jedem Stand des Verfahrens besteht das Recht,
sich anwaltlich beraten und begleiten zu lassen.

4. Die oder der Bundespolizeibeauftragte oder ihre oder seine Beschäftigten können jederzeit alle Dienststellen
der Bundespolizei, des Bundeskriminalamts, des Bundeszollverwaltung und ihrer Einrichtungen auch ohne
vorherige Anmeldung betreten und die dort tätigen Bediensteten befragen. Dieses Recht erstreckt sich auch

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/7616

auf Einsätze außerhalb der Dienststellen, auf Fahrzeuge sowie auf stationäre und mobile Lage- und Füh-
rungszentren. Akten und elektronische Datenträger können, sofern ein Einsichtsrecht gemäß Nummer 2 be-
steht, auch vor Ort eingesehen werden, soweit dies für den Untersuchungszweck erforderlich ist.

5. Im Hinblick auf die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und die Bundeszollverwaltung soll der Bundes-
polizeibeauftragte von den zuständigen Bundesministerien auf Anfrage zusammenfassende Berichte über
die Ausübung der Disziplinarbefugnis, und soweit diese Informationen dort vorhanden sind, auch statistische
Informationen über den Ausgang entsprechender Strafverfahren erhalten.

6. Die oder der Bundespolizeibeauftragte hat das Recht, festgestellte Rechtsverstöße im Rahmen ihrer oder
seiner Zuständigkeit gemäß § 1 Absatz 1 gegenüber der zuständigen obersten Bundesbehörde förmlich zu
beanstanden.

§ 8
Amtshilfe

Gerichte, Strafverfolgungs- und Verwaltungsbehörden der Länder, der Gebietskörperschaften oder sonstiger
öffentlich-rechtlicher Körperschaften sind verpflichtet, der oder dem Bundespolizeibeauftragten bei der Durch-
führung der erforderlichen Untersuchungen Amtshilfe zu leisten.

§ 9
Rechte der von Hinweisen und Eingaben betroffenen Beschäftigten

Enthalten Hinweise, Eingaben oder Zeugenaussagen Informationen, aus denen sich ein strafbares oder dis-
ziplinarrechtlich sanktionierbares Verhalten ergeben könnte, so sind die Vorschriften der §§ 136, 136a, 137 und
163a der Strafprozessordnung zu den Rechten von Beschuldigten entsprechend anzuwenden. Die Beschäftigten
der oder des Bundespolizeibeauftragten haben die Betroffenen hierauf hinzuweisen und dies aktenkundig zu ma-
chen.

§ 10
Datenverarbeitung

Die oder der Bundespolizeibeauftragte ist befugt, personenbezogene Daten, die ihr oder ihm bekannt werden,
zu verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist. Sie oder
er darf im Einzelfall personenbezogene Daten auch ohne Kenntnis der oder des Betroffenen erheben, wenn nur
auf diese Weise festgestellt werden kann, ob ein Fehlerverhalten oder eine Fehlentwicklung im Sinne von § 1
Absatz 1 vorliegt. Die nach den Sätzen 1 und 2 erhobenen und verarbeiteten Daten dürfen nicht zu anderen Zwe-
cken verarbeitet werden. Soweit die oder der Bundespolizeibeauftragte einen Hinweis oder eine Eingabe an Straf-
verfolgungsbehörden oder andere zuständige Stellen weiterleitet, kann sie oder er personenbezogene Daten zu
dem jeweiligen Vorgang übermitteln, soweit dies zur Aufgabenerfüllung der empfangenden Stelle erforderlich ist
und ihre oder seine Pflicht zur Verschwiegenheit dem im Einzelfall nicht entgegensteht.

§ 11
Vertraulichkeit

Die oder der Bundespolizeibeauftragte ist, auch nach Beendigung ihres oder seines Amtsverhältnisses, ver-
pflichtet, über die ihr oder ihm amtlich bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren.
Dies gilt nicht für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer
Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

Drucksache 18/7616 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

§ 12
Zeugenaussagen der oder des Bundespolizeibeauftragten

(1) Die oder der Bundespolizeibeauftragte darf als Zeugin oder Zeuge aussagen. Die oder der Bundespoli-
zeibeauftragte sieht nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Aussage ab, soweit dies aus verfassungsrechtlichen
Gründen geboten ist, insbesondere wenn
1. die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet würde,
2. Grundrechte verletzt würden,
3. der Kernbereich der Entscheidungsfindung der Bundes- oder einer Landesregierung insbesondere bei lau-

fenden Regierungsgeschäften beeinträchtigt würde,
sofern nicht das durch eine Aussage beförderte öffentliche Interesse an der Aufklärung von Rechtsverletzungen
oder erheblichen Missständen überwiegt.

(2) Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht der oder des Bundespolizeibeauftragten (§ 53 Absatz 1 Num-
mer 3c der Strafprozessordnung reicht, darf die Vorlage oder Auslieferung von Akten oder anderen Schriftstücken
von ihr oder ihm nicht gefordert werden.

§ 13
Verhältnis der Untersuchungen der oder des Bundespolizeibeauftragten zum strafrechtlichen Ermitt-

lungsverfahren und zum Disziplinarverfahren
(1) Die oder der Bundespolizeibeauftragte kann einen Vorgang der für die Einleitung des Straf- oder Dis-

ziplinarverfahrens zuständigen Stelle zuleiten, soweit der Einsenderin oder dem Einsender des Hinweises oder
der Eingabe nicht gemäß § 6 Absatz 3 die vertrauliche Behandlung zugesagt wurde.

(2) Die oder der Bundespolizeibeauftragte führt ihre oder seine Untersuchungen parallel zum Straf- oder
Disziplinarverfahren fort, wenn damit ein eigenes Erkenntnisinteresse verbunden ist. Dabei findet § 14 des Ein-
führungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz mit der Maßgabe Anwendung, dass die oder der Bundespoli-
zeibeauftragte dieselben Mitteilungen wie der Dienstvorgesetzte erhält. Die für das Disziplinarverfahren zustän-
digen Stellen übermitteln der oder dem Bundespolizeibeauftragten die verfahrensabschließenden Entscheidungen
einschließlich der Begründungen. Die oder der Bundespolizeibeauftragte ist bei ihrer oder seiner Bewertung des
Sachverhalts nicht an die Feststellungen der für das Straf- und Disziplinarverfahren zuständigen Stellen gebunden.

(3) Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Straf- oder Disziplinarverfahrens veröffentlicht die oder der
Bundespolizeibeauftragte die Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Untersuchungen nicht. Die Verwendung
der Untersuchungsergebnisse ohne konkrete personenbezogene Bezüge zum anhängigen Verfahren in fallüber-
greifenden Berichten bleibt hiervon unberührt.

§ 14
Verhältnis zum Zuständigkeitsbereich anderer Stellen mit Kontrollaufgaben

(1) Wirft ein Hinweis oder eine Eingabe Fragen auf, die sowohl in seine oder ihre Zuständigkeit als auch
in die Zuständigkeit der oder des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit oder des Bundes-
rechnungshofes fallen, so stimmt die oder der Bundespolizeibeauftragte ihr oder sein Vorgehen mit diesen Stellen
ab. Untersuchungen sollen möglichst koordiniert erfolgen.

(2) Bei Überschneidungen der Zuständigkeit der oder des Bundespolizeibeauftragten mit den Kontroll- und
Aufsichtszuständigkeiten anderer Behörden und öffentlicher Stellen gilt Absatz 1 entsprechend.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/7616

§ 15
Zusammenarbeit mit den Personalvertretungen

(1) Die oder der Bundespolizeibeauftragte arbeitet bei der Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben vertrau-
ensvoll mit den Personalvertretungen der Bundespolizei, des Bundeskriminalamts und der Bundeszollverwaltung
zusammen.

(2) Die Aufgaben und Zuständigkeiten der Personalvertretungen bleiben durch die Regelungen dieses Ge-
setzes unberührt.

A b s c h n i t t 3
B e r i c h t e u n d E m p f e h l u n g e n

§ 16
Berichte

(1) Die oder der Bundespolizeibeauftragte erstattet dem Bundestag mindestens alle zwei Jahre einen
schriftlichen Gesamtbericht über ihre oder seine Tätigkeit sowie über zentrale Folgerungen hieraus. Der Bericht
soll auch Empfehlungen für strukturelle Änderungen in den Behörden gemäß § 1 Absatz 1 und über Maßnahmen
zur Verbesserung der Fehlerkultur in diesen Behörden enthalten.

(2) Sie oder er darf jederzeit dem Bundestag oder seinen Ausschüssen Einzelberichte vorlegen und diese
veröffentlichen. Der betroffenen Behörde ist vorab Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer angemessenen
Frist zu geben. Die Frist beträgt in der Regel zwei Monate. Eine Zusammenfassung der Stellungnahme ist mit zu
veröffentlichen.

(3) Wird die oder der Bundespolizeibeauftragte durch den Bundestag oder einen seiner Ausschüsse mit der
Untersuchung von Vorfällen oder Entwicklungen beauftragt, so hat sie oder er über das Ergebnis der Prüfung auf
Verlangen des Bundestages oder eines seiner Ausschüsse einen Einzelbericht zu erstatten.

§ 17
Umsetzung von Empfehlungen; Antwort- und Begründungspflichten der betroffenen Behörden

und der Bundesregierung
(1) Die in § 1 Absatz 1 genannten Behörden sollen die Bundespolizeibeauftragte oder den Bundespolizei-

beauftragten in angemessener Frist über die eingeleiteten Maßnahmen zur Umsetzung ihrer oder seiner Empfeh-
lungen zu Einzelfällen und zu einzelfallübergreifenden Sachverhalten informieren. Die Frist beträgt drei Monate
nach Zuleitung des Berichts und kann in begründeten Ausnahmefällen verlängert werden. Die oder der Bundes-
polizeibeauftragte informiert die Einsenderin oder den Einsender des Hinweises oder der Eingabe über die von
den Behörden eingeleiteten Maßnahmen.

(2) Die Bundesministerien des Innern und der Finanzen fördern die Umsetzung der Empfehlungen der oder
des Bundespolizeibeauftragten in ihrem Geschäftsbereich. Innerhalb von drei Monaten nach Veröffentlichung des
Berichts der oder des Bundespolizeibeauftragten veröffentlichen die Bundesministerien einen Bericht über die in
ihrem Geschäftsbereich zur Umsetzung der Empfehlungen durchgeführten oder geplanten Maßnahmen.

Drucksache 18/7616 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

A b s c h n i t t 4
D i e n s t r e c h t l i c h e S t e l l u n g , D i e n s t s i t z , H a u s h a l t u n d B e s c h ä f t i g t e

§ 18
Dienstrechtliche Stellung der oder des Bundespolizeibeauftragten

(1) Die oder der Bundespolizeibeauftragte steht nach Maßgabe dieses Gesetzes in einem öffentlich-recht-
lichen Amtsverhältnis zum Bund. Die oder der Bundespolizeibeauftragte hat der Präsidentin oder dem Präsidenten
des Bundestages Mitteilung über Belohnungen und Geschenke zu machen, die sie oder er in Bezug auf das Amt
erhält. Die Präsidentin oder der Präsident des Bundestages entscheidet über die Verwendung der Belohnungen
und Geschenke.

(2) Das Amtsverhältnis der oder des Bundespolizeibeauftragten beginnt mit der Aushändigung der Ernen-
nungsurkunde. Es endet
1. mit Ablauf der Amtszeit,
2. mit der Entlassung.
Die Bundestagespräsidentin oder der Bundestagspräsident entlässt die Bundespolizeibeauftragte oder den Bun-
despolizeibeauftragten, wenn sie oder er es verlangt oder mit Zustimmung des Bundestages, wenn Gründe vor-
liegen, die bei einem Richter auf Lebenszeit die Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen.

(3) Die oder der Bundespolizeibeauftragte erhält vom Beginn des Kalendermonats an, in dem das Amts-
verhältnis beginnt, bis zum Schluss des Kalendermonats, in dem das Amtsverhältnis endet, Amtsbezüge in Höhe
der einer Bundesbeamtin oder einem Bundesbeamten der Besoldungsgruppe B 6 zustehenden Besoldung. Das
Bundesreisekostengesetz und das Bundesumzugskostengesetz sind entsprechend anzuwenden. Im Übrigen sind
§ 12 Absatz 6 sowie die §§ 13 bis 20 und 21a Absatz 5 des Bundesministergesetzes mit den Maßgaben anzuwen-
den, dass an die Stelle der vierjährigen Amtszeit in § 15 Absatz 1 des Bundesministergesetzes eine Amtszeit von
fünf Jahren und an die Stelle der Besoldungsgruppe B 11 in § 21a Absatz 5 des Bundesministergesetzes die Be-
soldungsgruppe B 6 tritt. Abweichend von Satz 3 in Verbindung mit den §§ 15 bis 17 und 21a Absatz 5 des
Bundesministergesetzes berechnet sich das Ruhegehalt des Bundesbeauftragten unter Hinzurechnung der Amts-
zeit als ruhegehaltsfähige Dienstzeit in entsprechender Anwendung des Beamtenversorgungsgesetzes, wenn dies
günstiger ist und die oder der Bundespolizeibeauftragte sich unmittelbar vor ihrer oder seiner Wahl zum Bundes-
polizeibeauftragten als Beamtin oder Beamter oder als Richterin oder Richter mindestens in dem letzten gewöhn-
lich vor Erreichen der Besoldungsgruppe B 6 zu durchlaufenden Amt befunden hat.

§ 19
Dienstsitz, Haushalt und Beschäftigte

(1) Dienstsitz der oder des Bundespolizeibeauftragten ist Berlin. Mit Zustimmung der Präsidentin oder des
Präsidenten des Bundestages können Außenstellen errichtet werden, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgaben
der oder des Bundespolizeibeauftragten erforderlich ist.

(2) Die notwendige Personal- und Sachausstattung ist der oder dem Bundespolizeibeauftragten für die Er-
füllung ihrer oder seiner Aufgaben zur Verfügung zu stellen und im Einzelplan des Bundestages in einem eigenen
Kapitel auszuweisen. Die Verwaltung des Bundestages unterstützt die Tätigkeit der oder des Bundespolizeibeauf-
tragten.

(3) Die oder der Bundespolizeibeauftragte wird von einer Leitenden Beamtin oder einem Leitenden Beam-
ten bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Gesetz unterstützt. Diese oder dieser nimmt die Aufgaben
nach diesem Gesetz bei Verhinderung oder nach Ende der Amtszeit der oder des Bundespolizeibeauftragten wahr.
Weitere Beschäftigte werden der oder dem Bundespolizeibeauftragten für die Erfüllung der Aufgaben beigege-
ben. Die Beamtinnen und Beamten bei der oder dem Bundespolizeibeauftragten sind Bundestagsbeamte nach
§ 129 des Bundesbeamtengesetzes. Die Auswahl der Beschäftigten hat die Unabhängigkeit der oder des Bundes-
polizeibeauftragten gegenüber den Behörden in ihrem oder seinem Zuständigkeitsbereich zu gewährleisten. Die
oder der Bundesbeauftragte ist Vorgesetze oder Vorgesetzter der ihr oder ihm beigegebenen Beschäftigten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/7616

Artikel 2

Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319),
die zuletzt durch … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Nach § 53 Absatz 1 Nummer 3b wird folgende Nummer 3c eingefügt:

„3c. Beauftragte nach § 1 Absatz 1 des Bundespolizeibeauftragtengesetzes über Personen, die ihnen in ihrer
Eigenschaft als Beauftragte oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie
über diese Tatsachen selbst;“.

2. Nach § 54 Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:
„(2a) Für die Vernehmung von Beschäftigten der oder des Bundespolizeibeauftragten als Zeugen über

Umstände, auf die sich ihre Pflicht zur Verschwiegenheit bezieht, und für die Genehmigung zur Aussage
gelten die besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften gemäß Absatz 1 entsprechend.“

3. § 97 wird wie folgt geändert.
a) In Absatz 1 Nummer 1 bis 3 wird jeweils die Angabe „3b“ durch die Angabe „3c“ ersetzt.
b) In Absatz 2 Satz 2 wird die Angabe „3b“ durch die Angabe „3c“ ersetzt.
c) In Absatz 3 wird die Angabe „3b“ durch die Angabe „3c“ ersetzt.

4. Nach § 474 Absatz 1 Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:
„Die oder der unabhängige Polizeibeauftragte des Bundes erhält im Rahmen ihrer oder seiner Zuständigkeit
Akteneinsicht.“

Artikel 3

Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes

Die Anlage I (zu § 20 Absatz 2 Satz 1) Bundesbesoldungsordnungen A und B des Bundesbesoldungsgeset-
zes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juni 2009 (BGBl. I S. 1434), das zuletzt durch … (BGBl. I
S. …) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Im Abschnitt Besoldungsgruppe B 3 wird nach der Angabe „Direktor beim Bundesnachrichtendienst“ die

Angabe
„Direktorin oder Direktor bei der oder dem Bundespolizeibeauftragten
– als leitende Beamte – “
eingefügt.

2. Im Abschnitt Besoldungsgruppe B 6 wird nach der Angabe „Bundesdisziplinaranwalt“ die Angabe „Bun-
despolizeibeauftragte oder Bundespolizeibeauftragter“ eingefügt.

Artikel 4

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 16. Februar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Drucksache 18/7616 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Die Aufgaben und Tätigkeiten der Polizeien der Länder und auch der Bundespolizei, des Bundeskriminalamtes
und des Zolls haben sich in den letzten Jahren verändert, obwohl der gesetzliche Rahmen weitestgehend gleich
geblieben ist. Die zunehmende Komplexität von Lebenssachverhalten und Interventionssituationen, in denen die
Beamtinnen und Beamten tätig werden, gehört ebenso dazu wie eine zunehmend anonymer werdende Gesell-
schaft. Zugleich wird durch die Verfügbarkeit von Smartphones polizeiliches Handeln, vermeidliche Übergriffe
bzw. Fehlverhalten schnell im öffentlichen Raum präsent und diskutiert.
Die Beschäftigten sind einerseits für Bürgerinnen und Bürger wichtige Ansprechpartner bei Problemen und Kon-
flikten verschiedenster Art. Häufig sind die Beamte aber auch mit Beleidigungen und Gewaltübergriffen konfron-
tiert.
Andererseits sind sie selbst mit weitgehenden Eingriffsbefugnissen ausgestattet. Gerade in angespannten Situati-
onen kann es dazu kommen, dass im Bürgerkontakt gesetzliche Grenzen überschritten, unverhältnismäßige Ge-
walt ausgeübt wird, Menschenrechte verletzt oder einzelne Bürgerinnen und Bürger – häufig im öffentlichen
Raum – diskriminiert oder unangemessen behandelt werden. Mit solchem Fehlverhalten müssen aber auch bei-
stehende Kolleginnen bzw. Kollegen umgehen, was angesichts des kollektiven Zusammenhaltes verschiedene
Probleme aufwirft. Nicht zuletzt berichten Beschäftigte über unangemessenes Verhalten von Vorgesetzten und
Kolleginnen bzw. Kollegen und von internen wie externen Diskriminierungen und Menschenrechtsverletzungen.
Derzeit kann solches Fehlverhalten lediglich im Rahmen einer Fach- bzw. Dienstaufsichtsbeschwerde oder einer
Strafanzeige geltend gemacht werden. Ersteres zielt lediglich auf eine dienstrechtliche, in schwerwiegenden Fäl-
len eine disziplinarrechtlichen Untersuchung. Solche Beschwerden gewähren entsprechend ihrer grundgesetzli-
chen Ausgestaltung nur, dass eine mit der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Sache Befassung. Sie ermöglicht
damit lediglich eine Überprüfung von Amtshandlungen eines Bediensteten durch den Vorgesetzten. Tatsächlich
werden solche Ereignisse aber oftmals gerade von Vorgesetzten negiert oder von politisch Verantwortlichen her-
untergespielt. Beamtinnen und Beamte, die solche internen oder externen Ereignisse anzeigen, berichten über
berufliche Nachteile als Folge solcher Meldungen. Die strafrechtliche Aufarbeitung der Ereignisse, von denen
Bürgerinnen und Bürger betroffen sind, ist zudem schwierig und oftmals (nicht nur in der Wahrnehmung der
Betroffenen) erfolglos. Die straf- und disziplinarrechtliche Aufarbeitung von Vorfällen kann zudem allenfalls
indirekt zur Vermeidung von Fehlern oder Fehlverhalten beitragen. Eine Möglichkeit – außerhalb der dienstrecht-
lichen Befassung oder strafrechtlichen Aufarbeitung – Konflikte zwischen Bürgern und PolizeibeamtInnen pro-
fessionell zu thematisieren und zu schlichten bzw. einer Konfliktmediation zuzuführen, existiert bislang nicht.
Diese Probleme sind inzwischen hinreichend bekannt und haben dazu geführt, dass einige Bundesländer beson-
dere Stellen eingerichtet haben, an die sich Opfer oder Zeugen polizeilichen Fehlverhaltens wenden können. Die
Bundespolizei hat nach im Mai 2015 bekannt gewordenen Vorfällen in einer Dienststelle in Hannover eine Son-
derbeschwerdestelle eingerichtet, in der ein direkt dem Präsidenten unterstellter Beamter außerhalb des Dienst-
wegs Meldungen von Mitarbeitern aus der Organisation entgegennehmen soll. Eine solche Stelle ist indes defizi-
tär: Denn sie fungiert ausschließlich als Ansprechpartner für Polizeibeamte, ist innerhalb der Bundespolizei selbst
angesiedelt, eine unabhängige Aufklärung ist damit nicht garantiert; Es muss aber sowohl für Betroffene als auch
für Beschäftigte die Möglichkeit bestehen, sich außerhalb des Dienst- bzw. Strafrechtsweges an eine unabhängige
Stelle zu wenden, um Missstände oder Fehler aufzuzeigen, innerdienstliches Fehlverhalten zu melden oder im
dienstlichen Zusammenhang stehende soziale oder persönliche Konflikte vortragen zu können.
Bürgerinnen und Bürger sollen ebenso wie Beamtinnen und Beamte und andere Beschäftigte die Möglichkeit
haben, unabhängig von der internen Behördenstruktur Missstände und Fehler aufzuzeigen, ohne dabei Sanktionen
oder Nachteile fürchten zu müssen.
Das Vertrauen der BürgerInnen in die Sicherheitsbehörden kann mit der Schaffung einer unabhängigen Stelle, bei
der Beschwerden vorgebracht werden können, gestärkt und weiterhin gesichert werden. Hinweise, Anregungen

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/7616
und Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger werden dadurch ernst genommen und unabhängig von den internen
Strukturen schnell und kompetent untersucht. Die Wertschätzung, die so den Bürgerinnen und Bürgern und ihren
Anliegen entgegengebracht wird, kann sich positiv auf die Wahrnehmung das Image der Behörden in der Öffent-
lichkeit auswirken.
Bisher kann sich der Bundestag schon aus Gründen der Arbeitskapazität nur ausnahmsweise mit Einzelfällen
befassen. Die Einrichtung der Stelle einer oder eines unabhängigen Bundespolizeibeauftragten hat daher eine
Unterstützungsfunktion für die parlamentarische Kontrolle der Behörden im Zuständigkeitsbereich. Die Fraktio-
nen und die zuständigen Ausschüsse können die neue Stelle unter Wahrung der Unabhängigkeit mit der Untersu-
chung von Strukturen, Entwicklungen und Einzelfällen beauftragen.
Es ist Aufgabe der Politik, Fehlentwicklungen und daraus möglicherweise folgende Gefährdungen der Einhaltung
rechtsstaatlichen Verhaltens der Behördenmitarbeiterinnen und Behördenmitarbeiter rechtzeitig zu erkennen und
darauf zu reagieren. Die in diesem Zusammenhang immer wieder diskutierte „Mauer des Schweigens“ – die De-
ckung von Fehlverhalten durch Schweigen aus vermeintlicher Solidarität mit Kolleginnen oder Kollegen – muss
ebenso wie falsch verstandener Corpsgeist überwunden werden. Strukturelle Probleme, die Ursache für solches
Verhalten sein können und die dazu führen können, dass mit individuellem Fehlverhalten nicht angemessen um-
gegangen wird, müssen erkannt und behoben werden.
Die Einrichtung eines unabhängigen Beschwerdemanagements hat positive Auswirkungen auf die innere Struktur
der Behörden. Mit der Aufarbeitung von Fehlern und strukturellen Mängeln kann die Qualität der Arbeit von
Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zoll gesteigert werden. Gleichzeitig wird so sichergestellt, dass das Ar-
beitsklima innerhalb dieser Behörden weiterhin gut bleibt und die Attraktivität der Tätigkeit und des Berufes hoch
gehalten wird. Letzteres ist vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen in Deutschland dringend
notwendig. Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zoll müssen attraktive Arbeitgeber bleiben, um in dem in den
nächsten Jahren zunehmenden Kampf um qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber mithalten zu können.
Auch über Vorfälle wie z. B. die im Mai 2015 bekannt gewordenen Fälle in Hannover hinaus wurden in den
vergangenen Jahren vermehrt Ereignisse medial diskutiert, in denen die Polizeiarbeit selbst Gegenstand der öf-
fentlichen Diskussion war. Dazu zählen Fälle, in denen Polizeibeamte bewusst oder unbewusst die gesetzlich
vorgebenden Grenzen ihres Handelns überschritten und exzessive Gewalt angewendet haben. Es gab jedoch auch
Fälle, wie nicht zuletzt gewalttätigen Übergriffe in der Silvesternacht in Köln gezeigt haben, die eine mangelhafte
Unterstützung bzw. Hilfe für Betroffene und fehlendes entschiedenes Eingreifen der Polizei gezeigt haben.
Bei mehreren Ereignissen zeigt sich zudem eine aus externer Sicht unprofessionelle und teilweise auch rechtlich
fragwürdige Aufarbeitung des Verhaltens der beteiligten Beamtinnen und Beamten. Vor dem Hintergrund der
Tatsache, dass die Aufarbeitung polizeilichen Fehlverhaltens auf Länderebene schon seit vielen Jahren kontrovers
diskutiert und massiv kritisiert wird, ist es daher notwendig neue Wege der Aufarbeitung solcher Konfliktsituati-
onen auch bei Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zoll zu finden.
Solche Ereignisse schaden dem Image dieser Behörden, die zusammen mit den Polizeibehörden der Länder das
staatliche Gewaltmonopol repräsentieren. Ihre Arbeit ist von besonderer Relevanz für das Vertrauen der Bürge-
rinnen und Bürger in Staat und Politik. Daher schwächen solche Vorkommnisse das Vertrauen in die staatlichen
Institutionen und den Staat generell. Im Kontext vor Ort erschweren sie damit die Arbeit von Bundespolizei,
Bundeskriminalamt und Zoll, die auf die Zusammenarbeit mir den Bürgerinnen und Bürgern angewiesen sind.
Solche Ereignisse verunsichern aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Behörden, da sie sich
nicht mehr von einer übergreifenden Philosophie von Polizeiarbeit, die an Recht und Gesetz orientiert ist, geleitet
fühlen.
Viele Beamtinnen und Beamte trauen sich nicht oder erst (zu) spät, Fehlverhalten von Kolleginnen und Kollegen
zu melden oder strukturelle Mängel aufzuzeigen, weil sie keine entsprechende Unterstützung erfahren. Zwar sind
in den letzten Jahren vor allem in der Ausbildung deutliche Fortschritte in Bezug auf die Vermittlung der Men-
schenrechte gemacht worden; konkrete Ereignisse und Fehlverhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden
aber noch immer zu oft verschwiegen oder gar vertuscht. Dazu gehört auch, dass viele Beamtinnen und Beamte
noch immer der Auffassung sind, dass ein Großteil der Bevölkerung die Einstellung teilt, wonach bei der Wahr-
nehmung von Sicherheitsaufgaben der Zweck die Mittel heiligt.
Die internationale Forschung hat gezeigt, dass polizeiliche Integrität ständig gesichert und bewahrt werden muss
und dass dabei der Führung und dem Management eine besondere Rolle zukommt. Vorgesetzte haben ganz be-

Drucksache 18/7616 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
sonders in einer hierarchisch aufgebauten Institution eine Vorbildfunktion. Wenn sie selbst Fehlverhalten prakti-
zieren, unterstützen oder auch nur diesen Eindruck erwecken, dann wirkt sich dies unmittelbar auf die Mitglieder
dieser Institution aus. Zugleich besteht teilweise immenser Druck auf die jeweiligen Behördenleitungen derge-
stalt, dass interne Probleme keinesfalls nach außen dringen dürfen und dass alles daranzusetzen ist, das Bild einer
wohlfunktionierenden, problemlosen und intakten Organisation zu wahren. Dies kann bis zu entsprechenden di-
rekten, allerdings immer informell gegebenen Anweisungen und Drohungen mit persönlichen (beruflichen) Kon-
sequenzen reichen. Wer in der Institution nicht problemlos (im Sinne von Unauffälligkeit nach außen hin) funk-
tioniert, muss mit massivem Druck bis hin zu Mobbing rechnen. Sollten dennoch Probleme nach außen dringen,
dann wird alles daran gesetzt, den „Verräter“ zu denunzieren und eine Beweisgegenfront aufgebaut.
Es ist sinnvoll und notwendig, dass die Polizei- und Zollbehörden sich selbst intensiver mit konflikt- und gewalt-
behafteten Interaktionen beschäftigen. Ein tieferes Verstehen solcher Situationen, ihrer Bedingungen und ihrer
Auswirkungen könnte dazu führen, dass die Beamtinnen und Beamten solche Situationen besser einschätzen und
angemessener reagieren. Damit können das Konflikt- und Gewaltniveau niedriger gehalten und Übergriffe redu-
ziert werden. Je angemessener Beamtinnen oder Beamte auf die vielfältigen Situationen reagieren, auf die sie in
ihrem beruflichen Alltag treffen, umso unwahrscheinlicher ist eine Eskalation. Polizeiliches Auftreten und Ver-
halten prägt entscheidend die Interaktionen zwischen Polizei und Bürgerinnen und Bürgern. Die rechtlichen Rah-
menbedingungen treten dabei aufgrund gruppendynamischer wie situationsspezifischer Besonderheiten oftmals
in den Hintergrund. Wenn von Polizeipsychologen betont wird, dass sich die Zufriedenheit der Bürger und Bür-
gerinnen im Umgang mit der Polizei in polizeilichen Standardsituationen manifestiert, Befragungen zur Zufrie-
denheit aber Defizite in diesem Bereich erkennen lassen, dann wird deutlich, dass Polizeigewalt zwar ein seltenes
Ereignis ist, die Hintergründe und Ursachen für exzessive Polizeigewalt aber durchaus auch im normalen Polizei-
alltag bedeutsam sind.
Wer das Recht und die legitime Macht hat, alle zu schützen, unterliegt auch der Versuchung, dieses Recht zu
missbrauchen. Die in den letzten Monaten und Jahren berichteten Fälle von exzessiver Polizeigewalt haben,
ebenso wie die von Amnesty International in den deutschen Polizeiberichten dokumentierten Ereignisse gezeigt,
dass polizeiliche Übergriffe keine Einzelfälle sind, für die man ausschließlich einzelne Beamtinnen und Beamte
individuell verantwortlich machen kann. Es sind strukturelle Probleme und Unzulänglichkeiten, die ein solches
Verhalten ermöglichen und die Aufarbeitung solcher Ereignisse erschweren oder unmöglich machen.
Ein wichtiges strukturelles Problem ist die in den Polizeibehörden bislang kaum vorhandene Fehlerkultur. Zwar
werden Fehler überall gemacht, aber ein konstruktiver Umgang mit Fehlern wird dort nur selten praktiziert. Fehler
dürfen nicht vorkommen; dies ist die Vorgabe vieler Vorgesetzter und Behördenleiter. Entsprechend werden Feh-
ler, wenn sie passieren, vertuscht, was der Beginn problematischer gegenseitiger Abhängigkeiten sein kann. Dabei
haben nicht zuletzt die dramatischen Geschehnisse in der Silvesternacht in Köln gezeigt, dass Fehler und Schwie-
rigkeiten von der Polizei selbst offen thematisiert werden müssen, da sonst ein erheblicher Vertrauensverlust
droht.
Bis vor einiger Zeit wurde Fehlverhalten vornehmlich als moralisches Defizit einzelner Beamtinnen und Beamter
angesehen. Dieser Ansatz, als „Schwarze-Schafe-Theorie“ bezeichnet, wird auch heute noch vertreten, obwohl er
längst widerlegt und organisatorische und berufssoziologische Aspekte zur Erklärung des Fehlverhaltens in den
Vordergrund gestellt werden. Die Komplexität und die notwendige Vertraulichkeit vieler Aspekte von Polizeiar-
beit auch bei Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zoll ermöglicht es jederzeit, Vorfälle und Verantwortung
zu verschleiern. Wird dies von Vorgesetzten gedeckt, haben diejenigen, die solches Fehlverhalten aufdecken wol-
len, einen schlechten Stand.
Der Konflikt wird als ausschließlich interner verstanden, der von internen (und damit abhängigen) Protagonisten
zu erledigen ist. Dabei werden sowohl gruppendynamische, als auch institutionentypische, strukturdynamische
Probleme und Abhängigkeiten nicht berücksichtigt. „Stillschweigen“ und „Vertraulichkeit“ sind durchaus wich-
tige Prinzipien jeglicher Behördenarbeit. Jeder, der die Abläufe, Abhängigkeiten und Arbeitsprinzipien einer Po-
lizeibehörde kennt, weiß aber, dass dies auch dazu führen kann, dass Fehlverhalten verschwiegen oder auch aktiv
vertuscht wird. Über einen längeren Zeitraum entstehen so Abhängigkeiten, die dazu führen, dass sich Polizeibe-
amte gegenseitig decken und nicht bereit sind, Übergriffe den Vorgesetzten zu melden oder gar bei der Staatsan-
waltschaft anzuzeigen.
Abhilfe schaffen können auf Dauer nur konsequente demokratische Strukturen und verantwortungsbewusste Füh-
rungspersonen sowie entsprechende unabhängige und transparente Einrichtungen wie eine Bundespolizeibeauf-
tragte oder ein Bundespolizeibeauftragter.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/7616
Die Empfehlung zur Einrichtung einer entsprechenden unabhängigen Einrichtung ist wiederholt von internatio-
naler Ebene an Deutschland ergangen. So haben sich der UN-Menschenrechtsausschuss in seinen abschließenden
Bemerkungen zur Umsetzung des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte bereits im Mai
2004 und die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarates in ihrem im Juni
2004 veröffentlichten Bericht entsprechend geäußert.
Durch die Einrichtung einer oder eines unabhängigen Bundespolizeibeauftragten wird auch der Erkenntnis Rech-
nung getragen, dass die Bürgerinnen und Bürger in den meisten Fällen eher eine Entschuldigung oder eine Erklä-
rung für ein Fehlverhalten wünschen als eine finanzielle Entschädigung oder eine Bestrafung des Verantwortli-
chen. Dies deckt sich mit allgemeinen Erfahrungen aus der Opferforschung, wonach die Tatsache, dass das ge-
schehene (ggf. auch nur subjektiv empfundene) Unrecht öffentlich thematisiert wird, wichtiger ist als eine Bestra-
fung des Täters.
Letztlich geht es darum, eine demokratische Organisationskultur und ein demokratisches Selbstverständnis in
Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zoll zu intensivieren und dauerhaft zu sichern. Diese Behörden müssen
bereit sein, ihre Maßnahmen angemessen extern begleiten zu lassen, bei Fehlentwicklungen zur Verantwortung
gezogen zu werden und aus diesen zu lernen. Die Unabhängigkeit der oder des Bundespolizeibeauftragten kann
nur wirksam gewährleistet werden, wenn sie außerhalb der entsprechenden Ressortstrukturen angesiedelt wird.
Dies ist durch eine Anbindung der oder des Bundespolizeibeauftragten beim Bundestag gewährleistet, vergleich-
bar der oder dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und der oder dem Wehrbeauftrag-
ten.
Diese rechtliche Konstruktion stellt auch sicher, dass die parlamentarische Kontrolle dieser Behörden, die in
jüngster Zeit massiv in die Kritik geraten ist, sichergestellt werden kann. Gleichzeitig wird den Behörden selbst
und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben, von sich aus auf wahrgenommene oder
vermutete Schwachstellen und Probleme hinzuweisen und so eine Überprüfung anzuregen. In diesem Sinne ist
die Einrichtung der Stelle einer oder eines unabhängigen Polizeibeauftragten kein Ausdruck von Misstrauen ge-
genüber Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zoll sondern bedeutet Sicherstellung und Unterstützung der Ar-
beit der Institutionen, die für das Funktionieren unseres Gemeinwesens und das Vertrauen in den demokratischen
Staat von hoher Bedeutung sind. Die oder der unabhängige Bundespolizeibeauftragte unterstützt damit die Qua-
litätssicherung der Arbeit der Behörden und ist auch ein Instrument moderner Mitarbeiterführung.

II. Alternativen
Aus den dargelegten Zielsetzungen folgt unmittelbar, dass zur Einrichtung der Stelle einer oder eines Bundespo-
lizeibeauftragten keine Alternativen bestehen. Ein Verzicht auf diese Regelungen würde dazu führen, dass die
angeführten Probleme fortbestehen.

III. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt für die Einrichtung der Stelle einer oder eines Bundespolizeibe-
auftragten für die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt als Annex aus der Kompetenz zur Einrichtung dieser
Behörden gemäß Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG, für die Bundeszollverwaltung als Annex aus der Kompetenz zur
Einrichtung einer Bundesfinanzverwaltung gemäß Art. 87 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit Art. 108 Abs. 1 GG. Soweit
Dienst- und Besoldungsrechtliche Vorschriften betroffen sind, ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz aus Art.
73 Abs. 1 Nr. 8 GG.

IV. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Das Gesetz enthält keine Vorschriften, die mit dem Recht der Europäischen Union oder mit völkerrechtlichen
Verträgen in Konflikt stehen.

V. Gesetzesfolgen
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Regelungen zur Rechts- und Verwaltungsvereinfachung sind nicht vorgesehen.

Drucksache 18/7616 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Regeln und Indikatoren der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung sind nicht betroffen.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Aufgrund von Erfahrungen mit vergleichbaren Institutionen wie dem Beauftragten für die Landespolizei Rhein-
land-Pfalz kann erwartet werden, dass die oder der Bundespolizeibeauftragte bereits in der Anfangsphase eine
beträchtliche Zahl von Hinweisen und Eingaben zu bearbeiten haben wird. Hierfür ist entsprechend den Regelun-
gen in § 19 Abs. 2 ein leistungsfähiger Arbeitsstab erforderlich. Neben der oder dem Beauftragten (Besoldungs-
gruppe B 6) zählen hierzu die oder der leitende Beamtin oder Beamte mit Stellvertretungsfunktion für die oder
den Beauftragten gemäß § 19 Abs. 3 (Besoldungsgruppe B 3), daneben zwei weitere Beschäftigte im höheren
Dienst, fünf Beschäftigte im gehobenen Dienst für die Sachbearbeitung sowie drei Beschäftigte des mittleren
Dienstes für Unterstützungsaufgaben. Dies führt nach den Standardkostensätzen zu Haushaltsausgaben von 1,73
Mio. Euro jährlich. Hinzu kommen Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit, Veröffentlichungen und Fremdauf-
träge in Höhe von 120.000 Euro jährlich. Insgesamt ist daher mit einem Haushaltsaufwand von 1,85 Mio. Euro
jährlich zu rechnen.

4. Erfüllungsaufwand
Für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft entstehen durch die Einrichtung der Stelle einer oder
eines Bundespolizeibeauftragten keine Kosten. Bei den Behörden im Zuständigkeitsbereich der oder des unab-
hängigen Bundespolizeibeauftragten und den Bundesministerien, zu deren Geschäftsbereich diese Behörden zäh-
len, entsteht voraussichtlich nur ein geringer zusätzlicher Erfüllungsaufwand, da diese auch bisher Hinweisen und
Eingaben zu einem behaupteten Fehlverhalten nachgehen. Durch die präventive Wirkung der Tätigkeit der oder
des Beauftragten wird dieser Aufwand mittelfristig möglicherweise sogar sinken.
Durch die Übertragung von Aufgaben auf die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundestages sowie durch die
Unterstützung der oder des Bundespolizeibeauftragten durch die Bundestagsverwaltung wird sich dort voraus-
sichtlich nur eine geringfügige Mehrbelastung ergeben.
Für die Bundes- und Landesverwaltung sowie für andere Körperschaften des öffentlichen Rechts kann ein gering-
fügiger zusätzlicher Erfüllungsaufwand durch die Gewährung von Amtshilfe entstehen, insbesondere durch die
Beantwortung von Anfragen im Rahmen von Erhebungen der oder des Bundespolizeibeauftragten.

5. Weitere Kosten
Es entstehen keine sonstigen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise und das allgemeine Preisniveau, insbeson-
dere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

6. Weitere Gesetzesfolgen
Die Regelungen erweitern die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern bezüglich der Behandlung von
Hinweisen zu Fehlentwicklungen bei den Behörden im Zuständigkeitsbereich der oder des Bundespolizeibeauf-
tragten. Gleichstellungspolitische Auswirkungen sind nicht zu erwarten.

VI. Befristung; Evaluation
Die Stelle der oder des Bundespolizeibeauftragten wird für unbestimmte Zeit benötigt. Eine Befristung ist daher
nicht vorgesehen. Eine gesetzliche Regelung zur Evaluation ist nicht erforderlich; insbesondere handelt es sich
nicht um ein Sicherheitsgesetz, sondern um die Etablierung eines Hilfsorgans des Bundestages.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Gesetz über die unabhängige Polizeibeauftragte oder den unabhängigen
Polizeibeauftragten des Bundes)

Zu § 1 (Aufgaben, Stellung, Unabhängigkeit, Öffentlichkeit)
Die Vorschrift regelt die grundlegenden Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der oder des Bundespolizeibeauf-
tragten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/7616
Zu Absatz 1
Diese für das Gesetz zentrale Vorschrift definiert Zuständigkeit und Aufgaben der oder des Bundespolizeibeauf-
tragten. Neben der Bundespolizei und dem Bundeskriminalamt als Polizeibehörden des Bundes wird auch die
Bundeszollverwaltung in die Zuständigkeit einbezogen, da diese teils polizeiähnliche Aufgaben (Zollkriminalamt,
Zollfahndung, Finanzkontrolle Schwarzarbeit), teils andere kontrollierende Tätigkeit mit umfangreichen Interak-
tionen mit Betroffen wahrnimmt.
Die Definition der Aufgaben stellt klar, dass die oder der Bundespolizeibeauftragte nicht nur Fehlern oder Fehl-
verhalten einzelner Beschäftigter nachgehen soll, sondern insgesamt auch strukturelle Mängel offen gelegt wer-
den sollen. Zudem steht die Etablierung einer Fehlerkultur im Mittelpunkt, indem der Aspekt der permanenten
Kontrolle und Transparenz institutionalisiert wird. Die zukünftige Vermeidung von Fehlern dient auch der Qua-
litätssicherung der Arbeit und der Wahrung und Stärkung des Ansehens der Behörden in der Öffentlichkeit. Die
Aufgaben werden so definiert, dass die oder der Bundespolizeibeauftragte die Möglichkeit erhält, über die Auf-
arbeitung von Einzelfällen hinaus Vorschläge für Folgerungen für die Verbesserung der behördlichen Fehlerkultur
zu erarbeiten. Damit kann die neue Institution einen zentralen Beitrag zur Verbesserung der Fehlerkultur in diesen
Behörden leisten.

Zu Absatz 2
Diese Vorschrift weist der oder dem Bundespolizeibeauftragten eine Doppelfunktion zu. Einerseits unterstützt die
neu geschaffene Stelle als Hilfsorgan den Bundestag bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle über
Institutionen, die in Zeiten gewachsener Sicherheitsrisiken mit weitreichenden Befugnissen gegenüber den Bür-
gerinnen und Bürgern ausgestattet sind. Andererseits wird sie eigeninitiativ tätig, um Hinweisen und Eingaben
nachzugehen.

Zu Absatz 3
Die oder der Bundespolizeibeauftragte genießt nach dieser Vorschrift eine weitreichende Unabhängigkeit, insbe-
sondere gegenüber den Behörden im Zuständigkeitsbereich und den ihnen vorgesetzten Bundesministerien. Eine
solche unabhängige Stellung hat sich bei staatlichen Kontrollinstitutionen im In- und Ausland (Datenschutzbe-
auftragte, Rechnungshöfe) bewährt und entspricht dem heute gängigen Standard.

Zu Absatz 4
Entsprechend der Doppelfunktion der oder des Bundespolizeibeauftragten als Hilfsorgan des Bundestages und als
eigenständige Institution zur Erfüllung der in Absatz 1 definierten Aufgaben bestehen auch die Berichtspflichten
sowohl gegenüber dem Bundestag als auch gegenüber der breiten Öffentlichkeit. Abschnitt 3 (§§ 16 bis 17) ent-
hält hierzu nähere Regelungen.
Zu § 2 (Wahl und Amtszeit)

Zu Absatz 1
Die Wahl der oder des Bundespolizeibeauftragten durch den Bundestag sichert die Unabhängigkeit gegenüber
den Behörden in ihrem oder seinem Zuständigkeitsbereich. Die Vorschlagsberechtigung ist so offen ausgestaltet,
dass neben den Fraktionen insbesondere auch die fachlich zuständigen Ausschüsse Vorschläge für die Besetzung
der Position der oder des Bundespolizeibeauftragten einbringen können.

Zu Absatz 2
Das Mindestalter von 35 Jahren sichert die für die Position nötige Lebenserfahrung. Darüber hinaus legt das
Gesetz keine speziellen Qualifikationsanforderungen fest. Die Auswahl einer Person, die aufgrund ihrer fachli-
chen und persönlichen Erfahrungen für die Anforderungen des Amtes besonders geeignet ist, erfolgt durch die
Ausübung des Vorschlagsrechts und durch die Wahl im Bundestag. Die Regelungen zur Amtsperiode und zur
höchstens einmaligen Wiederwahl sichern einerseits die Kontinuität der Arbeit, andererseits aber auch einen pe-
riodischen Wechsel in der Person der oder des Bundespolizeibeauftragten.
Drucksache 18/7616 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu § 3 (Tätigkeit als Hilfsorgan des Bundestages)
Die Vorschrift konkretisiert die Stellung der oder des Bundespolizeibeauftragten als unabhängiges Hilfsorgan des
Bundestages. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Aufgabenerfüllung ist die oder der Bundespolizeibeauftragte
unabhängig, auch gegenüber dem Bundestag. Die unterstützende Funktion für den Bundestag wird dadurch kon-
kretisiert, dass die Gremien des Bundestages die Anwesenheit der oder des Bundespolizeibeauftragten verlangen
und ihr oder ihm Untersuchungsaufträge erteilen können. Neben den Fraktionen und den für die Behörden im
Zuständigkeitsbereich federführenden Ausschüssen wird hier auch der Petitionsausschuss einbezogen. Dieser er-
hält damit die Möglichkeit, die Bearbeitung von Petitionen mit Bezügen zu den drei Behörden im Zuständigkeits-
bereich der oder des Bundespolizeibeauftragten durch diese spezialisierte Stelle unterstützen zu lassen. Die Vor-
schrift stellt aber auch klar, dass der Bundestag der oder dem Bundespolizeibeauftragten genügend zeitlichen
Spielraum für die Bewältigung der übrigen Aufgaben nach diesem Gesetz belassen soll.
Zu Abschnitt 2 (Tätigkeit und Befugnisse der oder des Bundespolizeibeauftragten)

Zu § 4 (Hinweise und Eingaben)
Diese Vorschrift unterscheidet zwischen Hinweisen Außenstehender (Absatz 1 ) und Eingaben von Beschäftigten
der Behörde (Absatz 2).

Zu Absatz 1
Die Vorschrift sichert einen offenen Zugang Außenstehender zu der oder dem Bundespolizeibeauftragten. Im
Hinblick auf die Zielsetzung, zu einer verbesserten Fehlerkultur in den Behörden im Zuständigkeitsbereich bei-
zutragen, kann sich die oder der Bundespolizeibeauftragte nicht nur mit Fällen von rechtswidrigem Handeln,
sondern mit jeglichen Konstellationen befassen, die als fehlerhaft oder unangemessen wahrgenommen werden.
Die Regelungen stellen sicher, dass die Zugangshürden für Außenstehende niedrig sind. Dies wird im Rahmen
dieser Vorschrift insbesondere durch vielfältige Zugangswege und sprachliche Angebote gewährleistet. Die Aus-
wahl der Sprachen, in denen Informationen, Hinweisformulare und andere Formen von Unterstützung angeboten
werden, obliegt der oder dem Bundespolizeibeauftragten nach Maßgabe des tatsächlichen Bedarfs. Im Hinblick
auf die Aufgaben der Bundespolizei, des Bundeskriminalamts und der Bundeszollverwaltung, z. B. im Zusam-
menhang mit der Einreise in das Bundesgebiet, kann hier ein erheblicher Bedarf erwartet werden. Nicht nur un-
mittelbar Betroffene, sondern auch Dritte oder juristische Personen wie z. B. Menschenrechtsorganisationen kön-
nen der oder dem Bundespolizeibeauftragten Hinweise übermitteln.

Zu Absatz 2
Diese Vorschrift legt fest, dass Beschäftigte der Behörden im Zuständigkeitsbereich des oder der Bundespolizei-
beauftragten (§ 1 Abs. 1) abweichend von den herkömmlichen dienstrechtlichen Vorschriften ohne Einhaltung
des Dienstweges oder vorherige Remonstration berechtigt sind, der oder dem Bundespolizeibeauftragten unmit-
telbar Eingaben zuzuleiten. Diese Regelung ist erforderlich, da zahlreiche Vorfälle in der Vergangenheit gezeigt
haben, dass eine Fehlerkultur an der Bereitschaft zur konstruktiven Aufarbeitung von Vorfällen innerhalb der
Behördenhierarchie scheitern kann. In vielen Fällen fehlt den Beschäftigten gerade das notwendige Vertrauen in
Vorgesetzte, so dass ihnen nur eine außenstehende neutrale Stelle ermöglicht, wahrgenommene Fehlentwicklun-
gen zu thematisieren. Die oder der Bundespolizeibeauftragte kann so zur Entwicklung von Strategien zur Lösung
des Einzelfalls und der dahinter stehenden strukturellen Probleme beitragen. Als Element eines zeitgemäßen
Schutzes von Whistleblowern stellt die Vorschrift klar, dass den Beschäftigten aus solchen Eingaben keine dienst-
lichen Nachteile erwachsen dürfen. Hier erfolgt als Sicherungselement eine Beweislastumkehr. Aus der Formu-
lierung folgt auch, dass vorsätzlich falsche Behauptungen über die Behörden (§ 1 Abs. 1) und ihre Beschäftigten
nicht von diesem Whistleblowerschutz gedeckt sind.
Zu § 5 (Tätigkeit aufgrund eigener Entscheidung)
Ergänzend zu den Regelungen des § 4 stellt diese Vorschrift klar, dass die oder der Bundespolizeibeauftragte auch
ein Selbstbefassungsrecht hat. Dieses ist für die effektive Aufgabenwahrnehmung von zentraler Bedeutung, da
typischerweise nicht alle Betroffenen über die nötigen Kenntnisse und den erforderlichen Durchsetzungswillen
verfügen, um von sich aus Hinweise oder Eingaben bei der oder dem Bundespolizeibeauftragten einzureichen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/7616
Bei Fehlentwicklungen innerhalb der Behörden können befürchtete dienstliche Nachteile Beschäftigte davon ab-
halten, initiativ zu werden. Das Selbstbefassungsrecht kompensiert dies, soweit die oder der Bundespolizeibeauf-
tragte auf anderem Wege von einem Sachverhalt Kenntnis erlangt, z. B. durch eigene Wahrnehmung oder durch
Medienberichterstattung.
Zu § 6 (Umgang mit Eingaben und Hinweisen)
Diese Regelungen legen standardisierte Verfahren für die Bearbeitung von Eingaben und Hinweisen durch die
oder den Bundespolizeibeauftragten fest.

Zu Absatz 1
Die Regelung schließt eine Befassung der oder des Bundespolizeibeauftragen in keinem Fall aus. Wenn ein Sach-
verhalt hinreichende Informationen über die Zuständigkeit der oder des Polizeibeauftragten begründende Vor-
kommnisse erkennen lässt, soll dem im Rahmen des Möglichen nachgegangen werden. Dabei ist jedoch insbe-
sondere bei länger zurückliegenden Sachverhalten zu berücksichtigen, dass eine Überprüfung regelmäßig bereits
infolge des Zeitablaufs weniger aussichtsreich sein wird. Auch wird ein direkter Bezug zur gegenwärtigen Behör-
denpraxis bei länger zurückliegenden Sachverhalten oft nicht mehr feststellbar sein. Daher erscheint es gerecht-
fertigt, insofern das Ermessen der oder des Bundespolizeibeauftragten entsprechend der gesetzlichen Regelung
zu lenken. Dies geschieht jedoch in der Erwartung, dass die oder der Bundespolizeibeauftragte, berücksichtigen
wird, wenn der spätere Zeitpunkt eines sachlich fundierten Hinweises auf einen erheblichen Sachverhalt, sich aus
den Umständen des Falles erklärt.

Zu Absatz 2
Die Vorschrift beschreibt das Verfahren bei Eingang mit einer Bestätigungspflicht des Eingangs bei nicht anony-
mer Hinweisen. Soweit es sich um einen zuständigkeitsfremden Hinweis / Eingabe handelt, kann der oder die
Bundespolizeibeauftragte die Eingangsbestätigung direkt mit dem Hinweis verbinden, dass die Sache nicht weiter
bearbeitet wird. Hierdurch soll eine weitegehende Konzentration der Arbeit sichergestellt werden.

Zu den Absätzen 3 bis 6
Diese Absätze sichern weiter die Konzentration der Arbeit der oder des Bundespolizeibeauftragten auf inhaltlich
substantiierte Fälle. Die Entscheidung über die Bearbeitung solcher Hinweise und Eingaben liegt im Ermessen
der oder des Bundespolizeibeauftragten. Bei Hinweisen, die sich auf Straftaten beziehen, gelten die Vorschriften
des § 12 Abs. 1, insbesondere für die Anzeigepflicht bei geplanten schweren Straftaten.
In den Fällen substantiiert vorgetragenen Hinweisen oder Eingaben leitet die oder der Bundespolizeibeauftragte
Erhebungen zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts und der Hintergründe ein. Es kann vorkommen, dass Ein-
senderinnen und Einsender von Hinweisen oder Eingaben Nachteile oder Repressalien befürchten, wenn der be-
troffenen Behörde oder Dritten bekannt wird, dass sie sich an die Bundespolizeibeauftragte oder den Bundespo-
lizeibeauftragten gewandt haben. Daher haben sie auf Wunsch Anspruch auf vertrauliche Behandlung ihrer Hin-
weise oder Eingaben. Da diese Vertraulichkeitszusage möglicherweise dazu führt, dass Erhebungen nur mit gro-
ßen Beschränkungen durchgeführt werden können, hat die oder der Bundespolizeibeauftragte die Pflicht, Einsen-
derinnen und Einsender bei der Entscheidung über die weitere Aufrechterhaltung der Vertraulichkeit zu beraten
(Absatz 3).
Kommt die oder der Bundespolizeibeauftragte zu dem Ergebnis, dass eine einvernehmliche Regelung des Falles
einfach zu erreichen ist, z. B. weil ein Missverständnis oder eine Verwechslung vorliegt, so kann sie oder er eine
einvernehmliche Einigung vorschlagen (Absatz 4).
Hinweise und Eingaben sollen zügig bearbeitet werden. Dies soll eine zeitnahe Beilegung von Konflikten ermög-
lichen und dazu beitragen, dass ähnliche Probleme nicht erneut auftreten (Abs. 5). Die Erhebungen enden in sub-
stantiiert vorgetragenen Fällen aus dem Zuständigkeitsbereich der oder des Bundespolizeibeauftragten mit einem
Abschlussbericht. In Fällen, in denen die Erhebungen zu dem Ergebnis kommen, dass ein rechtswidriges oder
unangemessenes Verhalten der Behörde oder ihrer Beschäftigten vorlag, soll der Bericht nicht nur Empfehlungen
für den Einzelfall, sondern zum Zweck einer verbesserten Fehlerkultur auch Schlussfolgerungen für eine bessere
behördliche Praxis enthalten (Absatz 9).

Drucksache 18/7616 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Der Hinweis auf die Gebührenfreiheit (Absatz 7) hat eine rein klarstellende Funktion, um eine abschreckende
Wirkung zu vermeiden, die sich daraus ergeben könnte, dass potentielle Einsenderinnen oder Einsender von Hin-
weisen und Eingaben befürchten, mit Kosten des Verfahrens belastet zu werden.
Zu § 7 (Befugnisse der oder des Bundespolizeibeauftragen)
Diese Vorschriften regeln die Befugnisse der oder des Bundespolizeibeauftragten bei ihrer oder seiner Aufgaben-
erfüllung, insbesondere bei der Durchführung von Erhebungen. Für eine effektive Aufklärung von Sachverhalten
im Anwendungsbereich dieses Gesetzes sind weitreichende Befugnisse erforderlich. Die oder der Bundespolizei-
beauftragte kann sich bei der Wahrnehmung dieser Befugnisse von ihren oder seinen Beschäftigten unterstützten
lassen.
Zu den Befugnissen zählt die Einholung von Stellungnahmen der von einem Hinweis oder einer Eingabe betroffe-
nen Behörden und von Auskünften bei anderen öffentlichen Stellen. Für öffentliche Stellen des Bundes wird
ausdrücklich eine Pflicht zur Erteilung von Auskünften und zur Beantwortung von Fragen normiert (Nr. 1). Von
zentraler Bedeutung ist auch das Recht der oder des Bundespolizeibeauftragten und ihrer oder seiner Beschäftig-
ten auf Einsicht in Akten und Dateien. Soweit diese als „VS vertraulich“ oder höher eingestuft sind, haben die
oder der Bundespolizeibeauftragte und ihre oder seine Beschäftigten die Vorgaben der maßgeblichen Verschluss-
sachenanordnung anzuwenden. Die Beschäftigten unterliegen in diesem Fall den Regelungen des Sicherheits-
überprüfungsgesetzes (Nr. 2).
Eine weitere zentrale Befugnis ist die Anhörung von Beteiligten bzw. Personen, die zur Aufklärung beitragen
können (Nr. 3). Die Regelungen stellen klar, dass Personen auch bei Aussagen bei der oder dem Bundespolizei-
beauftragten ein Aussageverweigerungsrecht nach den Regelungen der Strafprozessordnung zusteht, wenn sie
sich bei der Aussage dem Risiko einer straf- oder disziplinarrechtlichen Verfolgung aussetzen würden. Ergän-
zende Regelungen hierzu enthält § 9. Im Interesse effektiver Erhebungen ist ferner die Verpflichtung der Behörde
zur Erteilung der Aussagegenehmigung für dienstliche Angelegenheiten vorgeschrieben. Zeuginnen und Zeugen
können sich nach eigener Entscheidung anwaltlich begleiten lassen.
Die oder der Bundespolizeibeauftragte kann Erhebungen auch in den Dienststellen vor Ort sowie bei Einsätzen
außerhalb der Dienststellen durchführen. Hiermit ist ein Betretungsrecht für die Dienststellen, Fahrzeuge u.ä.
sowie ein Befragungsrecht verbunden. Der Anwendungsbereich dieses Rechts wird weit definiert, da eine effek-
tive Aufgabenerfüllung auch die Begleitung von Einsätzen außerhalb der Diensträume erforderlich machen kann
(Nr. 4). Für die Erstellung von fallübergreifenden Auswertungen und Berichten benötigt die oder der Bundespo-
lizeibeauftragte darüber hinaus Informationen und statistische Daten, die bei den zuständigen Bundes- und Lan-
desbehörden verfügbar sind Bei parallel laufenden Straf- oder Disziplinarverfahren können sich die oder der Bun-
despolizeibeauftragte und ihr oder seine Beschäftigten durch eine Teilnahme an den Verhandlungen über den
Fortgang der Angelegenheit informieren (Nr. 5).
Soweit im Ergebnis Rechtsverstöße durch die / den Bundespolizeibeauftragte/n festgestellt werden besteht ein
förmliches Beanstandungsrecht und andersherum die Gelegenheit der zuständigen obersten Bundesbehörde zur
Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist (Nr. 6).
Zu § 8 (Amtshilfe)
Diese Vorschrift konkretisiert die Amtshilfeverpflichtung von Landesbehörden gemäß Art. 35 Abs. 1 GG für die
Erhebungen der oder des Bundespolizeibeauftragten.
Zu § 9 (Rechte der von Hinweisen und Eingaben betroffenen Beschäftigten)
Die Vorschrift stellt klar, dass Beschäftigten die Rechte von Beschuldigten nach der Strafprozessordnung zu-
stehen, wenn sie sich mit einer Aussage bei der oder dem Bundespolizeibeauftragten einer Straftat oder einer
Dienstpflichtverletzungen bezichtigen würden. Die oder der Bundespolizeibeauftragte sowie ihre oder seine Be-
schäftigten haben hierzu eine Hinweispflicht, um die Wahrung dieser Rechte sicherzustellen.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/7616
Zu § 10 (Datenverarbeitung)
Die Aufgaben der oder des Bundespolizeibeauftragten sind mit der Verarbeitung personenbezogener Daten ver-
bunden. Diese Vorschrift sichert die Einhaltung der einschlägigen, aus dem Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V. mit Art. 1 Abs. 1 GG) der Betroffenen abgeleiteten datenschutzrechtlichen
Grundsätze.
Diese Vorschrift regelt die Befugnisse der oder des Bundespolizeibeauftragten zur Datenverarbeitung bei der
Wahrnehmung eigener Aufgaben und bei der Übermittlung von Informationen an andere Stellen, jeweils im Rah-
men des Erforderlichen. Die Erhebung von personenbezogenen Daten ohne Kenntnis der Betroffenen wird aus-
drücklich auf den Einzelfall beschränkt, in dem ein Fehlverhalten oder eine Fehlentwicklung im Sinne von § 1
Abs. 1 anders nicht aufgeklärt werden kann.
Die Regelungen zur Verschwiegenheitspflicht (Abs. 2) während und nach Beendigung des Amtsverhältnisses
entsprechen den üblichen Standards bei vergleichbaren Behörden und Beauftragten.
Zu § 11 (Vertraulichkeit)
Die Regelungen zum Beginn und zum Ende der Amtszeit sind im Hinblick auf die Stellung der oder des Bundes-
polizeibeauftragten als Beamtin oder Beamter auf Zeit erforderlich. Sie orientieren sich an den Regelungen für
andere Beauftragte.
Zu § 12 (Zeugenaussagen der oder des Bundespolizeibeauftragten)
Wegen der Zuständigkeit der oder des Bundespolizeibeauftragten für Behörden mit Sicherheitsaufgaben kann es
vorkommen, dass eine gewünschte Zeugenaussage mit Sicherheitsbelangen in Widerstreit steht. Die Regelung
stellt die Entscheidung über Zeugenaussagen in diesen Fällen in das pflichtgemäße Ermessen der oder des Bun-
despolizeibeauftragten, wobei dieses Ermessen durch die Nennung von Fallgruppen (Gefährdung der Sicherheit
der Bundesrepublik Deutschland, Gefährdung von Grundrechten oder Zuordnung der betreffenden Fragen zum
Kernbereich exekutiver Entscheidungsfindung) gelenkt wird. Dabei hat die oder der Beauftragte eine Abwägung
zwischen der Bedeutung und Tragweite des Geheimhaltungsinteresses einerseits und dem öffentlichen Interesse
an der Aufklärung von Rechtsverletzungen und erheblichen Missständen andererseits vorzunehmen.
Zu § 13 (Verhältnis der Erhebungen der oder des Bundespolizeibeauftragten zum strafrechtlichen
Ermittlungsverfahren und zum Disziplinarverfahren)

Zu Absatz 1
Bei Sachverhalten, von denen die oder der Bundespolizeibeauftragte Kenntnis erlangt, besteht in vielen Fällen
eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass parallel straf- oder disziplinarrechtliche Ermittlungen stattfinden. Die Tätig-
keit der oder des Bundespolizeibeauftragten nach diesem Gesetz soll diese Ermittlungen nicht ersetzen, sondern
verfolgt andere Ziele. Zur Verbesserung der behördlichen Fehlerkultur betrachtet sie oder er die Sachverhalte
vielmehr aus einer anderen Perspektive. Daher ist es erforderlich, die Bundespolizeibeauftragte oder den Bundes-
polizeibeauftragten sowie ihre oder seine Beschäftigten vom Legalitätsprinzip auszunehmen. Soweit sie oder er
den Einsenderinnen oder Einsendern von Hinweisen oder Eingaben keine Vertraulichkeitszusage nach § 6 Abs. 3
gemacht hat, steht es im Ermessen der oder des Bundespolizeibeauftragten, die für die Einleitung eines Straf- oder
Disziplinarverfahren zuständige Stelle zu informieren. Bei Hinweisen auf geplante schwere Straftaten gemäß
§ 138 StGB besteht eine Pflicht, die zuständigen Stellen zu informieren.

Zu Absatz 2
Erfahrungen vergleichbarer Stellen in anderen Staaten zeigen, dass die Arbeit der oder des Bundespolizeibeauf-
tragten nur dann effektiv sein kann, wenn sie parallel zu eventuell laufenden Straf- oder Disziplinarverfahren
fortgeführt wird. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Parallelverfahren so viel Zeit beanspruchen, dass eine
Aufklärung des Sachverhalts anschließend nicht mehr möglich ist, z. B. weil sich Zeugen nicht mehr an die Ein-
zelheiten der Vorfälle erinnern.

Drucksache 18/7616 – 24 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu Absatz 3
Diese Parallelzuständigkeit führt zu der Notwendigkeit, dass die oder der Bundespolizeibeauftragte auf den Ein-
zelfall bezogene Erhebungsergebnisse erst veröffentlicht, wenn das parallele Straf- oder Disziplinarverfahren ab-
geschlossen ist. Die oder der Bundespolizeibeauftragte erhält die Ergebnisse der Parallelverfahren zur Kenntnis,
ist aber an die dort getroffenen Feststellungen und Bewertungen nicht gebunden. Dies ist im Hinblick auf die
abweichende, an der Verbesserung der behördlichen Fehlerkultur orientierte Perspektive erforderlich.
Zu § 14 (Verhältnis zum Zuständigkeitsbereich anderer Stellen mit Kontrollaufgaben)
Andere Stellen mit Kontrollaufgaben sind ebenfalls für die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und die Bun-
deszollverwaltung zuständig, insbesondere der Bundesrechnungshof sowie die oder der Bundesbeauftragte für
Datenschutz und Informationsfreiheit, jeweils unter spezifischen Gesichtspunkten. Die Vorschrift enthält die nö-
tigen Klarstellungen für Fälle aus dem Überschneidungsbereich der Zuständigkeiten. Ist ausschließlich eine an-
dere Stelle zuständig, so wird die oder der Bundespolizeibeauftragte nicht tätig, sondern kann den Hinweis oder
die Eingabe weiterleiten (Absatz 1). Fällt der Sachverhalt sowohl in ihre oder seine Zuständigkeit als auch in die
Zuständigkeit einer anderen Stelle, so können beide tätig werden; sie sollen ihr Vorgehen aber koordinieren (Ab-
satz 2). Absatz 3 stellt klar, dass diese Regelungen neben den in den Absätzen 1 und 2 genannten Institutionen
(Bundesrechnungshof, Bundesbeauftragte oder Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit)
auch für andere Behörden und öffentliche Stellen mit Kontroll- und Aufsichtszuständigkeiten gilt.
Zu § 15 (Zusammenarbeit mit den Personalvertretungen)
Die Aufgaben der oder des Bundespolizeibeauftragten überschneiden sich nicht mit denen der Personalvertretun-
gen. Die Vorschrift verpflichtet die oder den Bundespolizeibeauftragten zur vertrauensvollen Zusammenarbeit
mit den Personalvertretungen der Behörden in ihrem oder seinem Zuständigkeitsbereich. Rein klarstellend be-
stimmt die Vorschrift, dass die Tätigkeit der oder des Bundespolizeibeauftragten die Aufgaben und Zuständigkei-
ten der Personalvertretungen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz unberührt lässt (Absatz 2).
Zu Abschnitt 3 (Berichte und Empfehlungen)

Zu § 16 (Berichte)
Eine regelmäßige, über Einzelfälle hinausgehende Berichterstattung der oder des Bundespolizeibeauftragten ist
sowohl für ihre oder seine unterstützende Funktion für den Bundestag als auch für die Etablierung einer verbes-
serten behördlichen Fehlerkultur erforderlich. Die Berichterstattung trägt zur Transparenz der Tätigkeit der oder
des Bundespolizeibeauftragten und ihrer wesentlichen Ergebnisse gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit bei.
Daher veröffentlicht die oder der Bundespolizeibeauftragte im Zweijahresturnus einen Tätigkeitsbericht (Ab-
satz 1) und darüber hinaus bei Bedarf Einzelberichte (Absätze 2 und 3), u. a. wenn sie oder er durch den Bundestag
mit der Untersuchung von bestimmten Vorfällen oder Entwicklungen beauftragt wurde. Darüber hinaus kann die
oder der Bundespolizeibeauftragte Berichte nach eigenem Ermessen veröffentlichen. Die Belange der betroffenen
Behörden werden dadurch gewahrt, dass diese zu den Befunden Stellung nehmen können und diese Stellungnah-
men in zusammengefasster Form mit zu veröffentlichen sind.
Zu § 17 (Umsetzung von Empfehlungen; Antwort- und Begründungspflichten der betroffenen Behörden
und der Bundesregierung)
Die Wirksamkeit der Tätigkeit des oder der Bundespolizeibeauftragten hängt u. a. davon ab, dass die Behörden
in ihrem oder seinem Zuständigkeitsbereich Empfehlungen folgen. Daher verpflichtet diese Vorschrift die Bun-
despolizei, das Bundeskriminalamt und die Bundeszollverwaltung, die oder den Bundespolizeibeauftragten in der
Regel innerhalb von drei Monaten nach Erscheinen eines Berichts über eingeleitete Maßnahmen zur Umsetzung
der Empfehlungen zu informieren. Damit geht auch eine Begründungspflicht einher, falls die Behörde die Um-
setzung nicht beabsichtigt (Abs. 1). Ferner verpflichtet die Vorschrift die zuständigen Bundesministerien, die
Umsetzung von Empfehlungen zu fördern und über eingeleitete Maßnahmen zu berichten (Absatz 2).
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25 – Drucksache 18/7616
Zu Abschnitt 4 (Dienstrechtliche Stellung, Dienstsitz, Haushalt und Beschäftigte)

Zu § 18 (Dienstrechtliche Stellung der oder des Bundespolizeibeauftragten)
Neben den Regelungen zur Wahl und zur Amtszeit in § 2 sind weitere Regelungen zur dienstrechtlichen Stellung
der oder des Bundespolizeibeauftragten erforderlich.

Zu Absatz 1
Die Vorschriften zur dienstrechtlichen Stellung orientieren sich an den Regelungen für andere Beauftragte. Im
Hinblick auf die Unabhängigkeit der oder des Bundespolizeibeauftragten enthält die Vorschrift strenge Vorgaben
zur Unvereinbarkeit des Amtes mit anderen Tätigkeiten.

Zu Absatz 2
Eine weitere Tätigkeit nach Ablauf der Amtszeit ist nicht vorgesehen. Falls eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger
nicht rechtzeitig ernannt wird, gilt die Vertretungsregelung nach § 19 Abs. 3.

Zu Absatz 3
Die Vorschriften zur Besoldung und Versorgung orientieren sich an den Regelungen für andere Beauftragte, tra-
gen dabei aber dem Umstand Rechnung, dass die Stelle hinsichtlich ihrer Aufgaben und ihrer Ausstattung kleiner
konzipiert ist als vergleichbare Einrichtungen wie z. B. der Wehrbeauftragte. Die Regelungen zur Versorgung
sind erforderlich, um Personen für die Tätigkeit als Bundespolizeibeauftragte zu gewinnen, die hierfür eine andere
Berufstätigkeit aufgeben müssen, auch im Hinblick auf die strengen Unvereinbarkeitsregelungen (Absatz 1).
Zu § 19 (Dienstsitz, Haushalt und Beschäftigte)

Zu Absatz 1
Im Hinblick auf die Unterstützungsfunktion für den Bundestag wird Berlin als Dienstsitz für die Bundespolizei-
beauftragte oder den Bundespolizeibeauftragten bestimmt. Darüber hinaus eröffnet das Gesetz die Möglichkeit
der Einrichtung von Außenstellung für den Fall, dass sich dies zu einem späteren Zeitpunkt im Hinblick auf die
Aufgabenwahrnehmung als erforderlich herausstellen sollte, z. B. wenn besonders viele Fälle zu bearbeiten sein
sollten, die nicht in Berlin angesiedelte Dienststellen der Behörden im Zuständigkeitsbereich betreffen.

Zu Absatz 2
Die Regelungen zur Veranschlagung der notwendigen Personal- und Sachausstattung folgen aus der fachlichen
und organisatorischen Zuordnung der oder des Bundespolizeibeauftragten zum Bundestag. Die vorgesehene Un-
terstützung durch die Verwaltung des Bundestages schafft Synergien, z. B. bei Übersetzungsaufgaben.

Zu Absatz 3
Vergleichbar den Regelungen für andere Beauftragte sichert diese Vorschrift die Vertretung durch eine Leitende
Beamtin oder einen Leitenden Beamten. Die Sicherung der Unabhängigkeit der oder des Bundespolizeibeauftrag-
ten macht es erforderlich, die Beschäftigten so auszuwählen, dass das Vertrauen Außenstehender in die Unabhän-
gigkeit gegenüber den Behörden im Zuständigkeitsbereich gewahrt bleibt. Z. B., können bei der Abordnung von
Beschäftigten der Behörden aus dem Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 1) Loyalitätskonflikte bei einer späteren
Rückkehr entstehen. Die oder der Bundespolizeibeauftragte hat dies im Interesse der Unabhängigkeit ihrer bzw.
seiner Tätigkeit bei der Personalauswahl zu berücksichtigen.
Zu Artikel 2 (Änderung der Strafprozessordnung)
Der oder dem Bundespolizeibeauftragten und ihren oder seinen Beschäftigten können im Rahmen ihrer Tätigkeit
Informationen bekannt werden, die für Ermittlungsbehörden in anderen Verfahren von Interesse sind. Für eine
effektive Aufgabenwahrnehmung ist es daher erforderlich, der oder dem Bundespolizeibeauftragten ein Zeugnis-
verweigerungsrecht als Berufsgeheimnisträger einzuräumen, auch im Interesse eines effektiven Schutzes von In-
formanten und Whistleblowern.
Hieraus folgt die Notwendigkeit einer entsprechenden Ergänzung der §§ 53 und 54 StPO. Dies führt zu Folgeän-
derungen in § 97 StPO.
Drucksache 18/7616 – 26 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu Artikel 3 (Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes)
Die Änderungen der Anlage zum Bundesbesoldungsgesetz folgen aus den neu geschaffenen Ämtern der oder des
Bundespolizeibeauftragten und der oder dem ihr oder ihm zugeordneten Leitenden Beamtin oder Leitenden Be-
amten.
Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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