BT-Drucksache 18/7611

Quellensteuer auf deutsche Zinseinkünfte von Steuerausländern

Vom 17. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7611
18. Wahlperiode 17.02.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Lisa Paus, Dr. Gerhard Schick, Dr. Thomas Gambke,
Britta Haßelmann, Anja Hajduk, Sven-Christian Kindler, Dr. Tobias Lindner,
Corinna Rüffer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Quellensteuer auf deutsche Zinseinkünfte von Steuerausländern

Die Empörung über Steueroasen ist aus Sicht der Fragesteller zu recht groß. Der
Schweiz wurde gar mit der „Kavallerie“ gedroht, um deutsche Vermögen in der
Schweiz und Steuerhinterzieher ausfindig machen zu können. Deutschland be-
klagte stets die fehlenden Mittel, um ausländische Vermögen zu besteuern und
setzte sich daher für den automatischen Informationsaustausch von Bankdaten
zwischen den Staaten ein.
Nicht in dieses Bild des Vorkämpfers für Steuergerechtigkeit passt, dass Deutsch-
land im Jahr 2015 auf einem unrühmlichen Platz 8 im sog. „Schattenfinanzindex“
gelandet ist. Einem Index herausgegeben vom Tax Justice Network. Danach ist
Deutschland, ähnlich wie die Schweiz, ein sehr attraktiver und vor allem ver-
schwiegener Standort für ausländische Vermögen. Der Vorwurf lautet, dass nicht
nur Schweizer Banken, sondern auch deutsche Banken Gelder aus zumindest
zweifelhaften ausländischen Quellen verstecken. Soweit kein Informationsaus-
tausch besteht, erfahren die ausländischen Finanzbehörden nichts von diesen Ver-
mögen und den daraus entstehenden Erträgen. Das in Deutschland von Steuer-
ausländern angelegte Finanzvermögen soll angeblich bis zu 3 Billionen Euro be-
tragen.
Zinseinkünfte von Steuerausländern unterliegen nur unter sehr eingeschränkten
Voraussetzungen der beschränkten Steuerpflicht (vgl. § 49 Absatz 1 Nummer 5
Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes – EStG). In der Regel besteuert
Deutschland die Zinsen von Steuerausländern nicht und eine Meldung dieser Zin-
seinkünfte an die jeweiligen Heimatstaaten der Anleger ist nicht immer sicherge-
stellt. Grundsätzlich verfolgt Deutschland das Ziel, dass Einkünfte mindestens
einmal in einem Staat besteuert werden sollen. Dies soll auch für Zinszahlungen
aus Deutschland gelten, die an Steuerausländer fließen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Gesamtvolumen von

Bankeinlagen, Anteilen an inländischen Investmentfonds und festverzinsli-
chen Wertpapieren, die von Steuerausländern gehalten werden (bitte schlüs-
seln Sie die Antwort nach juristischen und privaten Personen sowie nach dem
Wohnsitzstaat des Steuerausländers auf)?

Drucksache 18/7611 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Gesamtvolumen der
Zinsen gezahlt auf Bankeinlagen, Anteilen an inländischen Investmentfonds
und festverzinslichen Wertpapieren, die von Steuerausländern gehalten wer-
den (bitte schlüsseln Sie die Antwort nach juristischen und privaten Personen
sowie nach dem Wohnsitzstaat des Steuerausländers auf)?

3. Unter welchen Voraussetzungen darf Deutschland Zinsen von Steuerauslän-
dern (Unterscheidung nach natürlichen und juristischen Personen sowie nach
deutschen Betriebsstätten jeweils als Empfänger der Zinsen) nach nationa-
lem Recht besteuern und Quellensteuer/Kapitalertragsteuer einbehalten?
Welche Erstattungsmöglichkeiten bestehen im Fall des Einbehalts von Ka-
pitalertragsteuer für Steuerausländer?
In welchen Fällen entfaltet die Kapitalertragsteuer auf Zinsen bei Steueraus-
ländern eine abgeltende Wirkung in Deutschland?

4. Wie wurden und werden die sehr eingeschränkten Tatbestandsvoraussetzun-
gen für eine beschränkte Steuerpflicht im Fall von Zinsen nach § 49 Absatz 1
Nummer 5 Buchstabe c EStG begründet?
Mit welcher Begründung unterliegen nicht sämtliche Zinsen von Steueraus-
ländern der beschränkten Steuerpflicht?

5. Würde eine Erweiterung des Katalogs des § 49 EStG um Zinsen dazu führen,
dass Deutschland eine Quellensteuer auf Zinsen von Steuerausländern abgel-
tend erheben könnte?
Wie würde die Bundesregierung eine solche Änderung beurteilen?

6. Welche sonstigen Rechtsänderungen wären ggf. notwendig, damit Deutsch-
land eine ggf. abgeltend wirkende Quellensteuer auf die in Deutschland ge-
zahlten Zinsen an Steuerausländer einbehalten kann?

7. Welche Voraussetzungen für einen Quellensteuerabzug nach den Regelun-
gen eines Doppelbesteuerungsabkommen – DBA (vergleichbar Artikel 11
Absatz 2 OECD-Musterabkommen 2010) müssen grundsätzlich vorliegen,
damit Deutschland Quellensteuer auf Zinsen von Steuerausländern einbehal-
ten kann?

8. Welche maximal zulässigen Quellensteuersätze für Zinsen hat Deutschland
in den einzelnen DBA vereinbart, und welche Quellensteuersätze für Zinsen
wendet Deutschland in Bezug auf diese Länder tatsächlich an?

9. Aus welchen Gründen macht Deutschland von seinem Besteuerungsrecht auf
Zinsen von Steuerausländern in Höhe der jeweils zulässigen vereinbarten
Quellensteuersätze nicht in vollem Umfang Gebrauch?

10. In welcher Höhe wird eine Quellensteuer auf Zinsen von Steuerausländern
einbehalten, die in einem Staat ansässig sind, mit denen Deutschland kein
gültiges DBA abgeschlossen hat (zum Beispiel im Fall eines brasilianischen
Anlegers)?
Welche Erstattungsmöglichkeiten bestehen in diesem Fall für den Steueraus-
länder?

11. Wie hoch können Zinsen gezahlt auf Bankeinlagen, Anteilen an inländischen
Investmentfonds und festverzinslichen Wertpapieren, die von Steuerauslän-
dern gehalten werden, maximal in Deutschland besteuert werden (bitte
schlüsseln Sie die Antwort nach allen Ländern, getrennt nach DBA und
Nicht-DBA-Staaten, auf)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7611

12. Wie hoch wären die theoretischen Steuereinnahmen, wenn Deutschland von

seinem Besteuerungsrecht von in Deutschland gezahlten Zinsen an Steuer-
ausländer, ggf. unter der Annahme sämtliche Zinsen unterlägen der be-
schränkten Steuerpflicht, in voller Höhe Gebrauch machen würde (in Höhe
des maximal zulässigen Quellensteuersatzes bei DBA-Staaten und in Höhe
von 25 Prozent Kapitalertragsteuer bei Nicht-DBA-Staaten)?

13. Welche Staaten machen nach Kenntnis der Bundesregierung von ihrem
Recht eine Quellensteuer auf Zinsen an Ausländer zu erheben Gebrauch, und
wie wird dies jeweils begründet?
Unter welchen Voraussetzungen rechnet Deutschland diese Quellensteuer
auf die deutsche Steuer an?

14. Wie schätzt die Bundesregierung die Möglichkeit der Erhebung einer abgel-
tend wirkenden Quellensteuer (ähnlich der Quellensteuer auf Zinsen in der
Schweiz) ein, bei der ein Abzug nur dann vorgenommen wird, wenn
Deutschland die Zinserträge tatsächlich nicht über eine der bestehenden Re-
gelungen zum Informationsaustausch an den Heimatstaat des Zinsempfän-
gers meldet?
In welcher Höhe wäre durch solch eine Quellensteuer ein Steuermehrauf-
kommen zu erwarten?

15. Wie fallen die Antworten auf die vorgenannten Fragen (Besteuerungsrecht
nach nationalem und internationalem Recht sowie Möglichkeit einer abgel-
tenden Quellenbesteuerung) für Veräußerungsgewinne von Wertpapieren
aus?

16. Wie hoch sind die Zinserträge, die Deutschland gemäß der Richtlinie
2003/48/EG (sog. EU-Zinsrichtlinie) an die Vertragsstaaten gemeldet hat
(bitte schlüsseln Sie die Erträge nach Vertragsstaaten auf)?

17. Wie viel Prozent der Zinserträge die Deutschland gemäß der EU-Zinsrichtli-
nie melden müsste, werden tatsächlich gemeldet?
Falls nicht 100 Prozent gemeldet werden, was sind die Gründe dafür?

Berlin, den 16. Februar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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