BT-Drucksache 18/551

Reformpläne der Bundesregierung zur strafbefreienden Selbstanzeige für Steuerhinterziehung

Vom 14. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/551
18. Wahlperiode 14.02.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Lisa Paus,
Dr. Gerhard Schick, Kerstin Andreae, Ekin Deligöz, Anja Hajduk, Dieter Janecek,
Dr. Tobias Lindner, Beate Müller-Gemmeke, Cem Özdemir, Brigitte Pothmer
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Reformpläne der Bundesregierung zur strafbefreienden Selbstanzeige für
Steuerhinterziehung

Durch die öffentlich gewordenen Fälle von Steuerhinterziehung einzelner
öffentlicher Personen und die Nutzung des Instruments der strafbefreienden
Selbstanzeige in Steuerangelegenheiten durch diese Personen ist eine breite
öffentliche Debatte über die Sinnhaftigkeit und die Ausgestaltung dieses Instru-
ments in Gang gesetzt worden (Regelungen zu den §§ 371, 398 und 398a der
Abgabenordnung – AO). Gleichzeitig haben CDU, CSU und SPD in ihrem
Koalitionsvertrag eine Weiterentwicklung des Instruments der strafbefreienden
Selbstanzeige angekündigt (vgl. Koalitionsvertrag S. 92). Auf Ebene der Bun-
desländer gibt es ebenfalls Überlegungen zur Weiterentwicklung der Selbst-
anzeige, die auf Ebene der Finanzministerkonferenz diskutiert werden und vom
Bundesministerium der Finanzen aufgegriffen werden sollen (vgl. www.
spiegel.de/politik/deutschland/steuerhinterziehung-finanzministerium-will-
selbstanzeigen-erschweren-a-951582.html.).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Plant und befürwortet die Bundesregierung die Abschaffung des Instruments

der strafbefreienden Selbstanzeige in Steuerangelegenheiten, wie sie von
Teilen der SPD gefordert wird (vgl. www.welt.de/politik/deutschland/
article124507462/SPD-plant-Offensive-gegen-Steuerbetrueger.html) (bitte
mit Begründung)?

2. Welche Argumente sprechen nach Meinung der Bundesregierung neben den
fiskalischen Mehreinnahmen durch die strafbefreiende Selbstanzeige in
Steuerangelegenheiten für den Beibehalt dieses Instruments?

3. Welche Folgen hätte eine (Teil-)Abschaffung der Selbstanzeige für das Be-
steuerungsverfahren im Hinblick auf Mitwirkungspflichten des Steuerpflich-
tigen?

4. Welche Fiskalwirkungen auf die öffentlichen Haushalte hätte nach Ansicht
der Bundesregierung die ersatzlose Streichung des § 398a AO (bitte begrün-
den)?

5. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Zahl der in Deutschland unbe-
schränkt steuerpflichtigen Steuerhinterzieher, und wie würde sich nach An-
sicht der Bundesregierung die Bereitschaft, eine Steuerstraftat zu begehen,
verändern, wenn das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige nicht zur
Verfügung stünde?

Drucksache 18/551 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Hat die Bundesregierung Kenntnis von Ermittlungen wegen Steuerstraf-
taten gegen Mitglieder dieser und früherer Bundesregierungen, und wie
verfährt die Bundesregierung, wenn sie von solchen Ermittlungen Kenntnis
erhält (bitte Anzahl der Verdachtsfälle angeben)?

7. Wie viele Disziplinarverfahren wurden bislang gegen Mitglieder der Lei-
tungsebene von obersten Bundesbehörden aufgrund nachgewiesener Steu-
erstraftaten durchgeführt (sofern möglich, bitte Anzahl der Verfahren nach
Jahren aufschlüsseln)?

8. Ist es nach Meinung der Bundesregierung verfassungsrechtlich möglich, die
Selbstanzeige in Steuerangelegenheiten komplett abzuschaffen, oder sieht
die Bundesregierung andersherum verfassungsrechtliche Bedenken in der
Beibehaltung der Möglichkeit zur strafbefreienden Selbstanzeige (bitte be-
gründen)?

9. In welchen anderen Staaten existiert ein ähnliches Instrument wie die straf-
befreiende Selbstanzeige, und welche Schlussfolgerungen und Konsequen-
zen zieht die Bundesregierung aus der jeweiligen Ausgestaltung?

10. Plant die Bundesregierung Änderungen im Bereich der strafrechtlichen und/
oder der steuerrechtlichen Verjährungsfristen für Steuerhinterziehung
(wenn ja, welche)?
Hält die Bundesregierung in diesem Zusammenhang eine einheitliche Ver-
jährungsfrist für beide Tatbestände für sinnvoll, und welche Verjährungs-
fristen (sowohl straf- wie steuerrechtlich) hält die Bundesregierung für
schwere Steuerhinterziehung für sinnvoll?

11. Ist es nach Meinung der Bundesregierung gerechtfertigt, dass Steuerhinter-
zieher trotz Zusatzzahlungen auf die hinterzogenen Steuern auf nicht ver-
jährte Delikte durch Verjährungsfristen ggf. trotz Selbstanzeige weniger
Steuern zahlen, als steuerehrliche Bürgerinnen und Bürger?

12. Hält es die Bundesregierung in diesem Zusammenhang für sinnvoll, Hinter-
ziehung generell steuerrechtlich nicht verjähren zu lassen?

13. Plant die Bundesregierung eine gesetzliche Absenkung der Beitragsgrenze
für schwere Steuerhinterziehung, und wenn ja, welche Grenze hält die Bun-
desregierung für sinnvoll?
Wenn nein, welche Gründe sprechen gegen eine gesetzliche Absenkung der
Grenze für schwere Steuerhinterziehung?

14. Plant die Bundesregierung, den Zuschlag auf hinterzogene Steuern zu er-
höhen, der entrichtet werden muss, um eine Selbstanzeige wirksam zu
machen?
Wenn ja, welchen Zuschlag hält die Bundesregierung für angemessen?

15. Wie kann nach Meinung der Bundesregierung insgesamt sichergestellt wer-
den, dass steuerehrliche Bürgerinnen und Bürger in keinem Fall finanziell
schlechter gestellt werden als Steuerhinterzieher?

16. Plant die Bundesregierung eine restriktivere Voraussetzung für die Wirk-
samkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige in Bezug auf das Vollständig-
keitsgebot einer Selbstanzeige – etwa eine Ausweitung des Vollständig-
keitsgebots auf sämtliche Steuerarten (bitte begründen)?

17. Plant die Bundesregierung andere Restriktionen im Hinblick auf die Wirk-
samkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige?

18. Wie viele Selbstanzeigen in Steuerangelegenheiten wurden in den Jahren
2009 bis 2014 getätigt (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln), und bei
wie vielen trat die strafbefreiende Wirkung ein?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/551
19. Wie viele Steuerstrafverfahren wurden in den Jahren 2009 bis 2014 eröffnet,
denen eine Selbstanzeige ohne strafbefreiende Wirkung vorausging (bitte
nach Bundesländern aufschlüsseln)?

20. Wie viele Steuerstrafverfahren wurden in den Jahren 2009 bis 2014 eröffnet,
denen keine Selbstanzeige vorausging (bitte nach Bundesländern aufschlüs-
seln)?

21. Wie hoch waren die geschätzten Mehrsteuern durch strafbefreiende Selbst-
anzeigen in den Jahren 2009 bis 2014 (bitte nach Bundesländern aufschlüs-
seln)?

22. Plant die Bundesregierung Änderungen im Bereich der Anmeldesteuern in
Bezug auf die strafbefreiende Selbstanzeige in Steuersachen, und wenn ja,
welche Änderungen mit welchen Zielsetzungen sind geplant?

23. Wie viele sogenannte Steuer-CDs wurden seit dem Jahr 2009 vom Bund und
nach Kenntnis der Bundesregierung von den Ländern erworben (bitte nach
Jahren aufschlüsseln)?

24. Am Kauf wie vieler Steuer-CDs hat sich der Bund seit dem Jahr 2009 finan-
ziell beteiligt, und wie hoch war die jeweilige Beteiligung (bitte auch die
Gesamtkosten der jeweiligen CD angeben)?

25. Wird die Bundesregierung sich weiter am Kauf von Steuer-CDs beteiligen,
und befürwortet die Bundesregierung den Ankauf derartiger CDs durch die
Bundesländer?

26. Welche Veränderungen plant die Bundesregierung im Bereich der Festset-
zungsverjährung bei Auslandssachverhalten, und ist es nach Auffassung der
Bundesregierung verfassungs- und europarechtlich möglich, Auslandssach-
verhalte im Bereich der Steuerhinterziehung schärfer zu ahnden, als In-
landssachverhalte?

27. Plant die Bundesregierung neue Verhandlungen mit der Schweiz über ein
Steuerabkommen?
Wenn ja, gab oder gibt es Gespräche mit Regierungsvertretern der Schweiz
über ein neues Abkommen?

28. Welchen Ansatz verfolgt die Bundesregierung bei Verhandlungen über ein
mögliches neues Steuerabkommen, und welchen Stellenwert hat in diesem
Zusammenhang eine Abkehr von der anonymen Steuerzahlung durch die
Vorschriften der Abgeltungsteuer hin zu einem automatischen Informa-
tionsaustausch?

29. Welche weiteren Maßnahmen plant die Bundesregierung, um effektiver ge-
gen Steuerhinterziehung und -betrug vorzugehen?

Berlin, den 14. Februar 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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