BT-Drucksache 18/4325

Zugang von Asylsuchenden zu den bundesfinanzierten Kursen zur berufsbezogenen Sprachförderung

Vom 17. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4325
18. Wahlperiode 17.03.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, Brigitte Pothmer,
Anja Hajduk, Katja Keul, Renate Künast, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan
Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Corinna Rüffer, Hans-Christian Ströbele
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zugang von Asylsuchenden zu den bundesfinanzierten Kursen zur
berufsbezogenen Sprachförderung

„Asylsuchende und Flüchtlinge werden wie bisher Zugang zu den berufsbezo-
genen Sprachkursen des ESF-BAMF-Programms erhalten.“ So lautet die Ant-
wort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 18/4031, S. 3). Dies ist aber nur ein Teil
der Wahrheit.
Richtig ist: Die – einst von Rot-Grün initiierten – Kurse zur berufsbezogenen
Sprachförderung (ESF-BAMF-Kurse) sind ein großer Erfolg: Mehr als 120 000
Migrantinnen und Migranten konnten ihre Deutschkenntnisse verbessern und
infolgedessen – so der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flücht-
linge (BAMF) – in den deutschen Arbeitsmarkt vermittelt und integriert werden
(BAMF-Pressemitteilung vom 22. Januar 2014). Die Kurse stoßen auch auf ein
stark steigendes Interesse. Seit dem Jahr 2009 hat sich die Zahl der Teilnehmen-
den vervierfacht (von rund 10 000 im Jahr 2009 auf fast 40 000 im Jahr 2013,
vgl. Bundestagsdrucksache 18/1239, S. 3). Von einem weiter wachsenden Be-
darf ist – angesichts zunehmender Einwanderungszahlen – auszugehen.
Im letzten Jahr wurde allerdings bekannt, dass ab April 2014 zunächst keine
neuen Sprachkurse mehr bewilligt würden. Am 30. April 2014 (fünf Tage nach
der Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/1239) ent-
schied das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), neben den bis
dahin in den Bundeshaushalt eingestellten 47 Mio. Euro weitere 34 Mio. Euro für
die Fortführung des ESF-BAMF-Programms bis zum 31. Dezember 2014 bereit-
zustellen. Damit solle – so das BMAS in einer Pressemitteilung vom 30. April
2014 – „ein gleitender Übergang in die neue Förderperiode gewährleistet“ wer-
den – auch wenn „nicht alle Wünsche bedient werden können“. Die Frage der
Unterfinanzierung wurde mit dieser Rettungsaktion des BMAS allerdings nicht
gelöst:
In den Jahren 2009 bis 2013 sind die Kosten für die ESF-BAMF-Kurse von 20 Mio.
Euro auf über 96 Mio. Euro angestiegen (Bundestagsdrucksache 18/1239, S. 5).
Damit lag die Fördersumme im Jahr 2014 – trotz der zusätzlichen Mittel des
BMAS – bei nur 81 Mio. Euro. Dies sind 14 Mio. Euro weniger als noch im Jahr
2013 – trotz steigender Zugangszahlen.
Wer nun aber gedacht hatte, mit der neuen Förderperiode des ESF würde sich die
Lage der Kurse verbessern, die bzw. der wurde enttäuscht. Denn in den kom-

Drucksache 18/4325 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
menden drei Jahren stehen nicht einmal gleichbleibende Haushaltsmittel für die
ESF-BAMF-Kurse zur Verfügung, sondern deutlich weniger.
Das wiederum hat deutliche – negative – Auswirkungen auf die tatsächlichen
Zugangsmöglichkeiten von Asylsuchenden (aber auch von anderen Förderbe-
rechtigten) zu diesen Sprachkursen. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) beklagt
in diesem Zusammenhang „Förderlücken in beträchtlichem Ausmaß“ (BA-Pres-
semitteilung vom 13. Februar 2015).
Für den eigentlichen Kurszugang ist der Nachweis bereits vorhandener einfa-
cher Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 Voraussetzung. Da aber Asylsu-
chende (und andere neu eingewanderte Menschen) ein solches Sprachniveau in
der Regel nicht nachweisen können, erhalten sie eine sprachliche Basisförde-
rung in sog. Vorschaltkursen. Dort sollen den Teilnehmenden Sprachkenntnisse
auf dem Niveau A1 vermittelt werden.
Sprachkursträger weisen nun darauf hin, dass aufgrund der allgemeinen Mittel-
kürzung bei den ESF-BAMF-Kursen – zumindest in diesem Jahr – keine der-
artigen Vorschaltkurse mehr vorgesehen sind.
Wenn das zutrifft, würden die meisten Asylsuchenden in diesem Jahr de facto
keinen Zugang zu den ESF-BAMF-Kursen haben – es sei denn der Bund würde
von sich aus die Kofinanzierungsmittel entsprechend der Nachfrage aufstocken.
Die Bundesagentur für Arbeit warnt in ihrer o. g. Pressemitteilung: „Werden
diese sinnvollen und notwendigen Grundinvestitionen nicht getätigt, droht ein
Vielfaches an Folgekosten, wenn die Integration in den Arbeitsmarkt und die
Gesellschaft nicht gelingt.“ Genau das aber schloss die Bundesregierung in ihrer
Antwort auf die o. g. Kleine Anfrage aus: „Das Budget [sei] festgelegt, weitere
Mittel stehen nicht zur Verfügung“ (Bundestagsdrucksache 18/4031, S. 4).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele ESF-BAMF-Kurse wurden in den Jahren 2009 bis 2014 durchge-

führt (bitte für das Jahr 2014 monatsweise aufschlüsseln)?
2. Wie viele Menschen hatten im Jahr 2014 die Teilnahme an einem ESF-

BAMF-Kurs beantragt (bitte monatsweise aufschlüsseln)?
Wie viele dieser Menschen waren Asylsuchende oder Geduldete bzw. Bleibe-
berechtigte (bitte aufschlüsseln)?

3. Wie viele Menschen haben im Jahr 2014 tatsächlich an einem ESF-BAMF-
Kurs teilnehmen können (bitte monatsweise aufschlüsseln)?
Wie viele dieser Menschen waren Asylsuchende oder Geduldete bzw. Bleibe-
berechtigte (bitte aufschlüsseln)?

4. Wie viele Bundesmittel bzw. ESF-Mittel wurden im Jahr 2014 insgesamt für
die ESF-BAMF-Kurse verwendet (bitte nach ESF-Mitteln bzw. Kofinanzie-
rungsmitteln des Bundes aufschlüsseln)?

5. Wie viele sog. Vorschaltkurse wurden in den Jahren 2009 bis 2014 angeboten
(bitte diese und die folgenden Unterfragen nach Jahren aufschlüsseln)?
a) Wie viele Personen haben die Teilnahme an einem Vorschaltkurs be-

antragt, und wie viele davon waren Asylsuchende oder Geduldete bzw.
Bleibeberechtigte?

b) Wie viele Personen haben an einem Vorschaltkurs teilgenommen, und wie
viele davon waren Asylsuchende oder Geduldete bzw. Bleibeberechtigte?

c) Wie viele Teilnehmende haben in diesen Vorschaltkursen Deutschkennt-
nisse auf dem Niveau A1 erworben?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4325
d) Wie viele Teilnehmende haben später einen ESF-BAMF-Kurs besucht?
e) Welche Kosten haben die Vorschaltkurse verursacht?

6. Wie viele Bundesmittel bzw. ESF-Mittel sollen in den Jahren 2015 bis 2017
für die ESF-BAMF-Kurse bereitgestellt werden (bitte nach Jahren auf-
schlüsseln)?

7. Wie viele Menschen haben im Jahr 2015 bislang die Teilnahme an einem
ESF-BAMF-Kurs beantragt?
Wie viele dieser Menschen waren Asylsuchende oder Geduldete bzw. Blei-
beberechtigte (bitte aufschlüsseln)?

8. Wie viele ESF-BAMF-Kurse plant die Bundesregierung für das Jahr 2015?
9. Ist es zutreffend, dass in diesem Jahr keine Vorschaltkurse finanziert wer-

den?
Wenn nein, in welchem Umfang sollen auch im Jahr 2015 Vorschaltkurse
finanziert werden?

10. Welche Auswirkungen hätte ein (ggf. auch nur teilweiser oder weitgehen-
der) Wegfall der Vorschaltkurse für den tatsächlichen Zugang von Asyl-
suchenden, Geduldeten und Bleibeberechtigten zu den ESF-BAMF-Kursen,
sofern sie nicht in der Lage sind, bereits vorhandene A1-Deutschkenntnisse
nachzuweisen?

11. Wird die Bundesregierung vor diesem Hintergrund (wie im April 2014)
– zumindest für das Jahr 2015 – kurzfristig eigene Haushaltsmittel für die
bedarfsgerechte Durchführung solcher Vorschaltkurse bereitstellen?
Wenn ja, in welcher Höhe?
Wenn nein, warum nicht?

12. Wie lautet die Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Beschluss des
Bundesrates, Asylsuchenden und Geduldeten einen Anspruch auf einmalige
Teilnahme an einem Integrationskurs einzuräumen (Bundesratsdrucksache
756/13)?

13. Ist es zutreffend, dass sich die Bundesregierung auf das Anliegen des Bun-
desrates insoweit zubewegt, als sie – so jedenfalls die Ankündigung des
BAMF-Präsidenten, Dr. Manfred Schmidt – „voraussichtlich noch vor der
Sommerpause beschließen wird, dass Asylsuchende an den ersten drei Mo-
dulen der Integrationskurse, also bis zum Erreichen des A1-Niveaus, teil-
nehmen dürfen“ (Pressemitteilung des Flüchtlingsrates Niedersachsen vom
20. Februar 2015)?

Berlin, den 17. März 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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