BT-Drucksache 18/3945

Sozialpädagogische Begleitung von Integrationskursen

Vom 4. Februar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3945
18. Wahlperiode 04.02.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, Anja Hajduk,
Ulle Schauws, Katja Keul, Renate Künast, Monika Lazar, Irene Mihalic,
Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sozialpädagogische Begleitung von Integrationskursen

In dem Abschlussbericht des Staatssekretärsausschusses der Bundesregierung
zu „Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen
Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“ (Bundestags-
drucksache 18/2470) wird auf Seite 56 die punktuelle Einführung einer sozial-
pädagogischen Begleitung von Integrationskursen angekündigt. Dies wird mit
„Aktivierungs- und Mobilisierungsproblemen“ bei der „betroffenen Ziel-
gruppe“ (also freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgerinnen und Unionsbür-
gern) im Hinblick auf die Teilnahme an den Integrationskursen begründet. Da-
her solle – so die Bundesregierung weiter – „im Hinblick auf den besonderen
Bedarf der Zielgruppe im Rahmen eines Projekts in vier besonders betroffenen
Städten (Duisburg, Dortmund, Berlin und München) sozialpädagogische Be-
gleitung in den Integrationskursen eingeführt werden. So sollen die Integrations-
kursteilnehmerinnen und -teilnehmer nicht nur durch eine Lehrkraft unterrich-
tet, sondern parallel auch durch eine Sozialpädagogin oder einen Sozialpädago-
gen unterstützt werden. Damit soll den besonderen Bedürfnissen der Zielgruppe
Rechnung getragen werden, soweit Lerndefizite und bildungsferne Biographien
– oft verbunden mit und resultierend aus prekären Lebenslagen – feststellbar
sind. Diese Begleitung wird in etwa 200 der 600 Stunden des regulären Integra-
tionskurses umfassen. Im Rahmen dieses Projekts werden in den genannten
Städten ausnahmsweise auch Erleichterungen beim Nachweis der Bedürftigkeit
für eine Kostenbefreiung angewandt werden, um etwaige diesbezügliche
Hemmnisse für die Teilnahme am Integrationskurs abzubauen.“

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wer genau ist die Zielgruppe der sozialpädagogischen Begleitung?

Sind dies Menschen aus bestimmten Herkunftsländern, z. B. aus Drittstaaten,
aus allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder aus bestimmten Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union (bitte erläutern und begründen)?

2. Wäre es zur Feststellung eines Bedarfs an sozialpädagogischer Begleitung
zur Behebung von „Aktivierungs- und Mobilisierungsproblemen“ nicht sach-
gerecht, an funktionalen Indikatoren anzuknüpfen, wie z. B. eine soziale bzw.
familiäre Notlage oder Lerndefizite bzw. eine bildungsferne Biographie oder
eine unregelmäßige Kursteilnahme, unabhängig von der jeweiligen Staatsan-
gehörigkeit?
Wenn nein, warum nicht (bitte begründen)?

Drucksache 18/3945 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Wie viele Sozialpädagoginnen bzw. Sozialpädagogen sollen bis zu wel-
chem Zeitpunkt an den vorgesehenen vier Standorten in den Integrations-
kursen beschäftigt werden?
a) Soll in den vier Städten in allen Integrationskursen eine sozialpädagogi-

sche Begleitung angeboten werden?
Wenn nein, nach welchen Gesichtspunkten soll entschieden werden, wo
eine solche Begleitung angeboten wird und wo nicht?

b) Welchen Schlüssel zwischen Sozialpädagoginnen bzw. Sozialpädagogen
und Teilnehmenden strebt die Bundesregierung an?

4. Was ist die konkrete Aufgabe bzw. die genaue Zielsetzung dieser sozial-
pädagogischen Begleitung von Integrationskursen?
Warum soll diese nur während 200 der 600 Kursstunden angeboten werden?

5. Handelt es sich hier um ein Modellprojekt, um zu testen, ob bzw. inwiefern
es Sinn macht, eine sozialpädagogische Begleitung von Integrationskursen
regelmäßig in allen Kursen anzubieten?
Wenn nein, warum nicht?

6. Ist das Angebot einer sozialpädagogischen Begleitung von Integrationskur-
sen zeitlich befristet?
Wenn ja, auf welchen Zeitraum?

7. Wie viele Haushaltsmittel wurden für die sozialpädagogische Begleitung
von Integrationskursen in den vorgesehenen vier Städten im Jahr 2015
bewilligt?

8. Inwiefern wird (zur Vermeidung von Doppelarbeit) auf eine Kohärenz zwi-
schen der sozialpädagogischen Begleitung von Integrationskursen und der
Arbeit der Migrationsberatung für erwachsene Einwanderinnen und Ein-
wanderer geachtet?

9. Nach welchen objektiven bzw. nachvollziehbaren Kriterien wurden die vier
vorgesehenen Städte ausgewählt, in denen zukünftig eine sozialpädago-
gischen Begleitung von Integrationskursen angeboten werden soll?
a) Warum wurde München ausgewählt, eine Stadt, in der die sozialen Indi-

katoren (Arbeitslosigkeit, SGB-II-Bezug) bei eingewanderten Unions-
bürgerinnen und Unionsbürgern weit über dem Bundesdurchschnitt
liegen (vgl. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: „Zuwande-
rungsmonitor Bulgarien und Rumänien“, Nürnberg 2014, S. 6)?

b) Warum wurden Städte wie Offenbach oder Bremen nicht ausgewählt, die
ganz ähnliche soziale Integrationsindikatoren aufweisen wie Berlin,
Duisburg oder Dortmund (ebenda)?

10. Warum sollen allein in den vier Städten, in denen eine sozialpädagogische
Begleitung von Integrationskursen angeboten werden soll, Erleichterungen
beim Nachweis der Bedürftigkeit für eine Kostenbefreiung geben, „um“
– so die Bundesregierung – „etwaige diesbezügliche Hemmnisse für die
Teilnahme am Integrationskurs abzubauen?

Berlin, den 3. Februar 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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