BT-Drucksache 18/12545

"UN Binding Treaty" ambitioniert unterstützen

Vom 30. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12545
18. Wahlperiode 30.05.2017
Antrag
der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg), Renate
Künast, Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen), Dr. Franziska
Brantner, Agnieszka Brugger, Tom Koenigs, Dr. Tobias Lindner, Omid
Nouripour, Cem Özdemir, Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen
Trittin, Doris Wagner, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Anja Hajduk,
Sven-Christian Kindler, Beate Müller-Gemmeke, Corinna Rüffer und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

„UN Binding Treaty“ ambitioniert unterstützen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Überall auf der Welt kommt es in den globalen Lieferketten zu Menschenrechtsverlet-
zungen. Kinderarbeit auf Kakaoplantagen, Hungerlöhne in asiatischen Textilfabriken
und Rohstoffe, die bewaffnete Konflikte finanzieren, sind nur einige Beispiele für der-
artige Menschenrechtsverstöße. Den Opfern gelingt derweil nur in Ausnahmefällen
der Zugang zu entsprechenden Rechtsmitteln und Wiedergutmachungsmechanismen.
Auf Initiative Ecuadors und Südafrikas wurde vor diesem Hintergrund am 26. Juni
2014 eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe beim Menschenrechtsrat der Vereinten
Nationen (UN) eingesetzt. Sie erarbeitet derzeit ein Völkerrechtsabkommen (Binding
Treaty), mit dem transnationale Konzerne und andere Wirtschaftsunternehmen für
Menschenrechtsverstöße zur Verantwortung gezogen werden sollen. Solch ein inter-
nationales Menschenrechtsabkommen wäre ein historischer Schritt für mehr Gerech-
tigkeit und Verantwortung in der globalen Produktions- und Lieferkette. Die Bundes-
regierung hat sich aufgrund ihrer skeptischen Haltung gegenüber verbindlichen Maß-
nahmen im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte jedoch bislang nicht aktiv am Pro-
zess beteiligt. Diese Verweigerunshaltung wird den Herausforderungen einer globali-
sierten Wirtschaft nicht gerecht und torpediert einen zentralen multilateralen Prozess.
Die grüne Bundestagsfraktion hat mit dem Maßnahmenpaket für zukunftsfähige Un-
ternehmensverantwortung dagegen konkrete Vorschläge gemacht, wie durch gesetzli-
che menschenrechtliche Sorgfaltspflichten (BT-Drs. 18/10255), mehr Transparenz
(BT-Drs. 18/10030) und wirksame Sanktionen bei Menschenrechtsverstößen (BT-Drs.
18/10038) die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern verbessert werden kön-
nen.
Die Bundesregierung weigert sich bislang, Unternehmensverantwortung gesetzlich zu
regeln, und steht bei entsprechenden Initiativen auf EU-Ebene seit Jahren auf der
Bremse. Auch der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte, den die

Drucksache 18/12545 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bundesregierung im Jahr 2016 vorlegte, blieb weit hinter den Erwartungen und Not-
wendigkeiten zurück. Anstatt menschenrechtliche Sorgfaltspflichten gesetzlich zu ver-
ankern, legte die große Koalition ein völlig unambitioniertes Papier vor und konnte
den Vorwurf der Einflussnahme durch die Industrie bis heute nicht entkräften. Selbst
EU-Richtlinien – u. a. zur verbesserten Transparenz in Lieferketten und zur öffentli-
chen Beschaffung – wurden in den vergangenen Jahren nur unzureichend umgesetzt.
Stattdessen setzt die Bundesregierung auf sektorbezogene freiwillige Initiativen wie
das Textilbündnis oder das Forum für nachhaltiges Palmöl, die faktisch keine spürbare
Verbesserung in den Nähereien und auf den Plantagen weltweit gebracht haben.
Die im Jahr 2011 vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedeten UN-Leitprinzipien für
Wirtschaft und Menschenrechte sind aufgrund ihres unverbindlichen Charakters nur
begrenzt wirksam. Ihre Umsetzung auf nationaler Ebene ist sehr unterschiedlich. Diese
Bilanz beweist einmal mehr: Eine wirksame Ausrichtung globaler Produktions- und
Lieferprozesse auf die strikte Einhaltung der völkerrechtlich verbrieften Menschen-
rechte setzt ein verbindliches Rahmenwerk wie den nun auf multilateraler UN-Ebene
zu erarbeitenden Binding Treaty voraus.
Der Binding-Treaty-Prozess bietet die Chance, ein globales, rechtsverbindliches Ab-
kommen zum besseren Menschenrechtschutz in der globalen Wirtschaft zu erreichen,
das auf den UN-Leitprinzipien aufbaut und diese weiterentwickelt. Bei der zweiten
Sitzung der Arbeitsgruppe vom 24. bis zum 28. Oktober 2016 hatte sich die Anzahl
der teilnehmenden Länder von 60 auf 80 erhöht. Auch die Bundesregierung, die die
erste Sitzung der Arbeitsgruppe noch boykottiert hatte, war genau wie die EU und
andere Mitgliedstaaten anwesend. Allerdings war Deutschland nicht hochrangig ver-
treten und brachte sich nicht aktiv in die Diskussionen ein.
Für eine der größten Exportnationen und einen Standort vieler international tätiger Un-
ternehmen ist das schlichtweg zu wenig. Die Bundesregierung ist aufgerufen, ihrer
internationalen Verantwortung gerecht zu werden und eine zukunftsfähige Wirt-
schaftspolitik zu verfolgen, die im Sinne eines nachhaltigen Unternehmenserfolgs die
Einhaltung der Menschenrechte weltweit zur unverhandelbaren, verbindlichen und ge-
gebenenfalls auch für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen im Herkunftsland
des jeweiligen Unternehmens einklagbaren Grundlage jedes wirtschaftlichen Geba-
rens entlang der globalen Produktions- und Lieferketten erklärt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich konstruktiv und ambitioniert in den UN-Prozess zur Erstellung eines ver-
bindlichen Abkommens zu Wirtschaft und Menschenrechten einzubringen, das
auch Klagewege und Sanktionen vorsieht;

2. ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen für die Arbeit der UN-Arbeits-
gruppe bereitzustellen und Sorge dafür zu tragen, dass die Zivilgesellschaft sowie
Betroffene von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen weitreichend in
den Erstellungsprozess eingebunden werden;

3. Vorreiter in Bezug auf verbindliche Regelungen im Bereich Wirtschaft und Men-
schenrechte zu werden und auf EU-Ebene aktiv um Unterstützung für das rechts-
verbindliche UN-Abkommen zu werben.

Berlin, den 30. Mai 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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