BT-Drucksache 17/8912

Feste Fehmarnbeltquerung auf den Prüfstand - Ausstieg aus dem Staatsvertrag mit dem Königreich Dänemark verhandeln

Vom 7. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8912
17. Wahlperiode 07. 03. 2012

Antrag
der Abgeordneten Herbert Behrens, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch,
Karin Binder, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Dr. Martina Bunge,
Roland Claus, Katrin Kunert, Caren Lay, Sabine Leidig, Michael Leutert,
Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Cornelia Möhring, Kornelia Möller,
Jens Petermann, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Raju Sharma, Kersten Steinke,
Sabine Stüber, Alexander Süßmair und der Fraktion DIE LINKE.

Feste Fehmarnbeltquerung auf den Prüfstand –
Ausstieg aus dem Staatsvertrag mit dem Königreich Dänemark verhandeln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Am 18. Juni 2009 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zum Staatsvertrag
über den Bau einer Festen Fehmarnbeltquerung gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie von 16 Abgeord-
neten aus den Fraktionen der SPD und CDU/CSU verabschiedet. Der Vertrag
ist am 14. Januar 2010 in Kraft getreten.

Der Staatsvertrag regelt die Errichtung, den Betrieb und die Finanzierung der
Festen Fehmarnbeltquerung sowie die Verantwortlichkeiten für den Ausbau
und die Finanzierung der erforderlichen Hinterlandanbindungen in der Bundes-
republik Deutschland und dem Königreich Dänemark. Nach Artikel 5 Absatz 2
des Vertrages zählen zur Hinterlandanbindung der Ausbau der Straßenverbin-
dung E 47 zwischen Heiligenhafen (Ost) und Puttgarden zu einer vierstreifigen
Bundesstraße (mit Ausnahme der weiterhin zweistreifigen Fehmarnsund-
brücke), die Elektrifizierung der Schienenstrecke zwischen Lübeck und Putt-
garden sowie die Sicherstellung einer ausreichenden Eisenbahnkapazität auf
der eingleisigen Schienenstrecke zwischen Bad Schwartau und Puttgarden.
Diese Maßnahmen sollen spätestens bis zur Eröffnung der Festen Fehmarnbelt-
querung abgeschlossen sein. Weiterhin zählt zur Hinterlandanbindung der be-
triebsbereite Ausbau der Schienenstrecke zwischen Bad Schwartau und Putt-
garden zu einer zweigleisigen elektrifizierten Schienenstrecke bis spätestens
sieben Jahre nach der Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung.

In Artikel 22 Absatz 2 Satz 2 und 3 des Vertrages heißt es: „Sollten die Voraus-
setzungen für das Projekt oder Teile des Projekts sich deutlich anders ent-
wickeln als angenommen und anders, als es zum Zeitpunkt des Abschlusses des

Vertrags bekannt ist, werden die Vertragsstaaten die Lage aufs Neue erörtern.
Dies gilt unter anderem für wesentliche Kostensteigerungen im Zusammen-
hang mit dem Projekt.“

Am 3. Februar 2010 antwortete die Bundesregierung auf die Kleine Anfrage
der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/632, dass die Gesamt-
kosten des Endausbaus der Vorzugstrasse den geschätzten Betrag nicht über-

Drucksache 17/8912 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

steigen werden und die Kosten für den zweigleisigen Ausbau der Güterver-
kehrsstrecke zwischen Bad Schwartau und Puttgarden mit Elektrifizierung
817 Mio. Euro betragen werden. Darüber hinaus wurden zwei Umfahrungs-
varianten betrachtet, deren zusätzliche Kosten sich auf 195 Mio. Euro bzw.
231 Mio. Euro belaufen.

Laut einem Bericht des Bundesrechnungshofes an den Rechnungsprüfungsaus-
schuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages (Ausschuss-
drucksache 385 der 16. Wahlperiode) „ergeben sich [jedoch] Projektkosten von
rd. 1,7 Milliarden Euro ohne Berücksichtigung der zusätzlichen Kosten im
Knoten Hamburg und für den zweigleisigen Ausbau des Teilstücks von Lübeck
bis Puttgarden“. Damit ist eine deutliche Kostensteigerung zu erwarten. Die
EU-Kommission kündigte am 3. November 2010 an, wegen Verzögerungen bei
der Planung den EU-Zuschuss von 339 Mio. Euro um 73 Mio. Euro zu kürzen.

Am 30. November 2010 schlug die dänische Betreibergesellschaft Femern A/S
den Bau eines Absenktunnels anstelle einer Schrägkabelbrücke als bevorzugte
Lösung für eine Feste Fehmarnbeltquerung vor.

Entlang der Trasse von Ostholstein bis Hamburg protestieren Bürgerinnen und
Bürger gegen den Bau der Festen Fehmarnbeltquerung. Das „Aktionsbündnis
gegen eine feste Fehmarnbeltquerung“, das bereits vor 15 Jahren gegründet
wurde und von einer breiten Mehrheit der Fehmarnerinnen und Fehmarner ge-
tragen wird, engagiert sich gegen die Planungen, weil die Bürgerinnen und
Bürger den damit verbundenen Güterverkehr durch ihre Ortschaften ablehnen,
der von der bisherigen Jütlandroute entlang der A7 (Hamburg–Flensburg) auf
die Bädertrasse durch die touristischen Ostseeorte umgelenkt werden soll. Der-
zeit gibt es zwölf Bürgerinitiativen, die sich zum Dachverband „Allianz gegen
eine feste Fehmarnbeltquerung“ zusammengeschlossen haben. Aufgrund des
wachsenden Protestes wurde am 25. Juni 2011 ein „Dialogforum Feste Feh-
marnbeltquerung“ unter dem Vorsitz des ehemaligen deutschen Botschafters in
Dänemark, Christoph Jessen, eingerichtet.

Laut einer Verkehrsprognose des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr
Schleswig-Holstein zur Fehmarnsundbrücke wird das denkmalgeschützte Bau-
werk nach der Fertigstellung der festen Querung zum Nadelöhr für den Ver-
kehr. Die Brücke ist zudem häufig bei Stürmen gesperrt. In den letzten ein-
einhalb Jahren kam es zu 231 (Teil-)Sperrungen. Das Dialogforum forderte am
30. November 2011 einstimmig den Neubau einer Fehmarnsundquerung, vor-
zugsweise als Tunnel, was auch von der Landesregierung Schleswig-Holstein
unterstützt wurde. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung (BMVBS) dagegen stellte fest: „Die Fehmarnsundbrücke ist im Vertrag
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark
über eine Feste Fehmarnbeltquerung von einem Ausbau im Zuge der Hinter-
landanbindung ausgenommen worden, weil sie in der Verkehrsprognose keinen
Engpass darstellt.“ (Bericht des BMVBS an den Rechnungsprüfungsausschuss
des Deutschen Bundestages zur Festen Verbindung über den Fehmarnbelt mit
Hinterlandanbindung vom 21. Dezember 2011, S. 4).

Die Voraussetzungen, unter denen der Staatsvertrag geschlossen wurde, haben
sich deutlich geändert. Auf die Schriftliche Frage 65 auf Bundestagsdrucksache
17/8509, unter welchen Voraussetzungen eine Neuverhandlung über die Reali-
sierung des Staatsvertrages mit dem Königreich Dänemark möglich sei, ant-
wortete die Bundesregierung am 25. Januar 2012, dass Artikel 22 Absatz 2
Satz 2 des Vertrages dies ermögliche und die inhaltlichen Voraussetzungen für
eine Neuverhandlung im Vertrag nicht formalisiert seien. Es sei eine Verständi-
gungsklausel, die dann greife, sobald eine Anpassung des Vertrages an neue
Gegebenheiten für erforderlich gehalten würde. Daraus folgt, dass eine Neuver-

handlung mit dem Ziel eines Ausstiegs aus dem Vertrag aufgrund der geänder-
ten Voraussetzungen möglich ist.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8912
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. das „Dialogforum Feste Fehmarnbeltquerung“ mit allen notwendigen Pla-
nungsmitteln auszustatten, um das Raumordnungs- und Planfeststellungs-
verfahren zu dem geplanten Bau einer festen Querung über den Fehmarnbelt
unter demokratischer Beteiligung kritisch begleiten zu können;

2. unter umfassender Beteiligung des Dialogforums eine ergebnisoffene Neu-
bewertung des Projektes einer festen Querung und seiner Hinterlandanbin-
dung einschließlich der Prüfung der Umweltverträglichkeit und der Sozial-
verträglichkeit vorzunehmen;

3. die Resultate ergebnisoffen zu prüfen. Sollte sich dabei eine signifikant ver-
änderte Bewertung der ursprünglichen Annahmen in Bezug auf das Projekt
oder Teile des Projekts ergeben als zum Zeitpunkt des Abschlusses des
Staatsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem König-
reich Dänemark, wird die Bundesregierung unter Berufung auf Artikel 22
Absatz 2 Satz 2 des Staatsvertrages aufgefordert, mit der dänischen Regie-
rung die Bedingungen für einen Ausstieg aus dem Projekt zu verhandeln;

4. für den Fall, dass die Vertragsverhandlungen zu keinem Ergebnis führen, da-
für Sorge zu tragen, dass der Güterverkehr weiterhin auf der Jütlandroute
bleibt und nicht durch die touristischen Orte der Bädertrasse in Ostholstein
geführt wird. Gegebenenfalls notwendige bauliche Maßnahmen zur Ertüch-
tigung der Jütlandroute nach Skandinavien sind umgehend zu prüfen und die
entsprechenden Planungen einzuleiten;

5. zu gewährleisten, dass, falls nach den Verhandlungen am Bau der Festen
Fehmarnbeltquerung festgehalten wird, die Bauarbeiten nur außerhalb der
Tourismussaison stattfinden, die Kosten für Anpassungen von Bahnübergän-
gen abweichend vom Eisenbahnkreuzungsgesetz allein vom Bund getragen
werden und entlang der gesamten Trasse ein über die gesetzlichen Verpflich-
tungen hinausgehender umfassender Lärmschutz gewährleistet wird sowie
das Nadelöhr der Fehmarnsundbrücke durch einen schallgeschützten Tun-
nelneubau beseitigt wird.

Berlin, den 7. März 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

1. Die Planung, Errichtung und der Betrieb des Querungsbauwerks sind einem
dänischen Staatsunternehmen übertragen worden, das die Baukosten von
5,5 bis 7 Mrd. Euro zuzüglich der laufenden Kosten vollständig durch mit
Staatsbürgschaften abgesicherte Kreditaufnahmen am Kapitalmarkt finan-
zieren und durch kostendeckende Mautkosten refinanzieren soll. Die Maut
soll sich dabei an den bisherigen Querungskosten orientieren und bei rund
70 Euro für eine einfache Pkw-Fahrt liegen (Barrieregutachten, Prof.
Bröcker, Universität Kiel, 2006). Der Fahrzeitgewinn einer festen Querung
gegenüber dem Tag und Nacht im Halbstundentakt pendelnden Fährverkehr
liegt bei unter 30 Minuten.

2. Das Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel zweifelt an dem
Finanzierungskonzept: „Das Projekt wäre daher entweder nur mit staat-

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lichen Zuschüssen realisierbar, die so erheblich sein müssten, dass man
kaum mehr von einem privat finanzierten Projekt sprechen könne. Oder es
müssten für die aufgenommenen Kredite staatliche Garantien gegeben wer-
den, die zur Folge hätten, dass alle wesentlichen Risiken bei der öffentlichen
Hand verblieben, und zwar für einen Schuldentilgungszeitraum von schät-
zungsweise 33 bis 37 Jahren, im ungünstigsten Fall bis zu 66 Jahren“.
(Klaus Schrader, Claus-Friedrich Laaser und Henning Sichelschmidt:
„Schleswig-Holsteins Wirtschaft im Kräftefeld der Globalisierung“, in:
„Kieler Diskussionsbeiträge 434/435“, Institut für Weltwirtschaft, Dezem-
ber 2006, S. 34).

3. Die Feste Fehmarnbeltquerung würde bestehende Verkehrsströme umlen-
ken. Dadurch würden bisherige Investitionen in die A 20 und in die Ostsee-
hafeninfrastruktur entwertet. Gleiches gilt für die Große Belt Brücke in
Dänemark, über die seitdem der Schienengüterverkehr zwischen Hamburg
und Kopenhagen–Malmö abgewickelt wird.

4. In der Projektplanung wird zur Kofinanzierung von einem erheblichen
Zuschuss der Europäischen Union aus Mitteln der transeuropäischen Ver-
kehrsnetze (TEN-V) ausgegangen. Aktuell werden die Voraussetzungen für
zukünftige TEN-Fördermittel durch eine Neufassung der Leitlinien grund-
legend geändert. Unter anderem soll die frühere Projektfinanzierung zu-
gunsten einer mulitmodalen Korridorförderung ersetzt werden, die sich auf
ein europäisches Kernnetz konzentriert. Ob zukünftig noch mit einem Bau-
kostenzuschuss gerechnet werden kann, hängt stark von der zukünftigen
Ausgestaltung der Leitlinien ab.

5. Nach einem Gutachten des Planungsbüros Vieregg-Rössler GmbH gab es auf
der Strecke vor der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 nach Verkehrs-
zählungen eine Grundlast von 2 900 bis 4 300 Pkw und 1 100 Lkw pro Tag,
mit einer kurzzeitigen Spitzenlast im Hochsommer zwischen 5 700 und
11 400 Pkw pro Tag. Die Grundlast liegt damit unter 20 Prozent der üblichen
Kapazität einer zweistreifig Schnellstraße von ca. 26 000 Pkw pro Tag. Das
von der DB Netz AG für 2025 prognostizierte Bahnverkehrsaufkommen von
210 Zügen täglich (davon 150 Güterzüge) wurde von ihr zur Antragskonfe-
renz des Raumordnungsverfahrens im Juni 2010 auf 96 Züge täglich (davon
78 Güterzüge) reduziert.

6. Der Bundesrechnungshof hat in seinem Bericht vom April 2009 erhebliche
Unsicherheiten für künftige Bundeshaushalte aufgezeigt und empfohlen, an-
gesichts der niedrigen Verkehrsprognose die Wirtschaftlichkeit des beab-
sichtigten Ausbaus vor der parlamentarischen Zustimmung zum Vertrags-
gesetz sehr kritisch zu überprüfen. Dies ist nicht erfolgt.

7. Schon in den Machbarkeitsstudien von 1999 wurde das Vorhaben mit einem
marginalen Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) von 1,29:1 bewertet (Planco/
COWI, June 1999, Economic and Financial Evaluation of a Fixed Link
Across the Fehmarn Belt). Eine Überprüfung der Studie durch die Professo-
ren Breitzmann und Lüsch vom Ostseeinstitut für Marketing, Verkehr und
Tourismus an der Universität Rostock (2007) weist der Studie erhebliche
methodische Fehler nach. Nach deren Korrektur kommen sie zu einem NKV
des Projektes von maximal 0,65:1. Ein Gutachten des Planungsbüros
Vieregg-Rössler GmbH aus dem Jahr 2008 weist auf weitere Fehler bei den
Grundannahmen hin. Demnach fällt das NKV noch niedriger aus, wenn die
üblichen Baukostensteigerungen aufgrund der Inflation bis zur Projektfertig-
stellung berücksichtigt würden sowie von einem niedrigeren Verkehrsauf-
kommen ausgegangen würde.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8912

8. Am 11. November 2010 wurde dem Haushaltsausschuss und dem Aus-
schuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bundestages
der aktualisierte Bedarfsplan für die Bundesschienenwege vorgelegt. Hierzu
hatten die Büros BVU GmbH und INTRAPLAN Consult GmbH eine Stu-
die verfasst, bei der eine Nutzen-Kosten-Untersuchung für die noch nicht
in Bau befindlichen Eisenbahnprojekte des Bedarfsplans Schiene durch-
geführt wurde. Demnach wird der Hinterlandanbindung der Festen Feh-
marnbeltquerung ein NKV von 6,7:1 bescheinigt. Eine Plausibilitätsprü-
fung seitens der Verkehrsberater Vieregg-Rössler GmbH vom März 2011
stellte schwerwiegende Mängel bei den Annahmen zur Höhe der Verkehrs-
verlagerungen und Kosten fest, die zu weit überhöhten Nutzwirkungen der
Schienenhinterlandanbindung führen würden. Gleiches gelte für die not-
wendigen Investitions- und Betriebskosten. Nach einer Korrektur der
Annahmen anhand von Vergleichsprojekten und - daten einschlägiger Sta-
tistiken schrumpfe das NKV auf weit unter 1,0. Die Wirtschaftlichkeit des
Projektes unterschreitet somit deutlich die Vorgaben der Bundeshaushalts-
ordnung.

9. Der Vorhabenträger geht davon aus, dass der Fährbetrieb mit der Eröffnung
einer festen Querung eingestellt wird. Die Reederei Scandlines hat jedoch
bekräftigt, den Fährbetrieb über den Fehmarnbelt in Konkurrenz zur festen
Querung weiterzuführen und kostengünstiger zu fahren. Das hätte erhebli-
che Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen und die damit verknüpfte
Refinanzierung des Projektes durch Mauteinnahmen. Die Annahmen des
verkehrlichen und wirtschaftlichen Nutzens des Projektes sind nicht mehr
darstellbar. Die Voraussetzungen für Verhandlungen über einen Ausstieg
aus dem Staatsvertrag sind offensichtlich.

10. Das Projekt ist zudem mit erheblichen negativen ökologischen Wirkungen
verbunden. Die langjährige Bauphase bedroht unter anderem die akustisch
hoch sensiblen und vom Aussterben bedrohten Schweinswale im Fehmarn-
belt. Deren Zahl ging zwischen 1994 und 2005 von 28 000 Tieren auf
10 900 zurück (Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere e. V., GSM,
2011). Die Naturschutzunion IUCN stufte den Bestand 2008 als „critically
endangered“ (vom Aussterben bedroht) ein. Die Ostsee steht als „Particu-
larly Sensitive Sea Area“ unter internationalem Schutz und gilt als
Schweinswalschutzgebiet. Es ist zudem als Schutzgebiet 1332-301 nach
der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ausgewiesen und Teil des Natura-2000-
Netzwerks.

11. Die CO2-Emissionen der Fährschiffe werden offiziell als ökologisches Ar-
gument für eine feste Querung angeführt. Allerdings wurden hierbei die
Emissionen moderner Pkw mit der Schadstoffbelastung im Fall des Einsat-
zes alter Schiffsmotoren verglichen. Die Ergebnisse sind nach einer groben
Abschätzung des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie GmbH
zu bezweifeln. Dies gilt unter Berücksichtigung der Ziele der EU-Ostsee-
strategie, der Umsetzung des Projektes Clean Baltic Sea Shipping und des
Aktionsplanes der Helsinki-Kommission (HELCOM) zum Schutz der Ost-
see umso mehr. Dies gilt auch für andere Emissionen. Nach Inkrafttreten
der neuen Emissionsgrenzwerte der Internationalen Maritimen Organisa-
tion (IMO) für die Nord- und Ostsee dürfen ab 2015 Schiffstreibstoffe statt
1 Prozent nur noch 0,1 Prozent Schwefelanteil haben, während er auf an-
deren Meeren bei 4,5 Prozent liegt und bis 2020 nur auf 0,5 Prozent ab-
gesenkt wird. Bei einem Einsatz von „Green Ships“ mit Erdgas, Leichtöl
oder -diesel sowie neuen Filteranlagen mit minimierten Emissionen sieht
die Bilanz anders aus.

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