BT-Drucksache 17/6447

Städtebauförderung auf hohem Niveau verstetigen, Forderungen der Bauministerkonferenz umsetzen

Vom 6. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6447
17. Wahlperiode 06. 07. 2011

Antrag
der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Karin
Binder, Steffen Bockhahn, Roland Claus, Katrin Kunert, Caren Lay, Sabine Leidig,
Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Kornelia Möller, Jens
Petermann, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Kersten Steinke, Sabine Stüber,
Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Städtebauförderung auf hohem Niveau verstetigen, Forderungen der
Bauministerkonferenz umsetzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Konferenz der für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen
Minister und Senatoren der Länder (ARGEBAU) hat auf ihrer Bauminister-
konferenz am 28. Juni 2011 einen einstimmigen Beschluss gefasst, mit dem die
Bundesregierung aufgefordert wird,

1. die Zusagen des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und FDP aus dem
Jahr 2009 einzuhalten und die Städtebauförderung ab 2012 mindestens
wieder wie im Jahr 2010 auf 535 Mio. Euro anzuheben. Dieses Niveau ist
auch für die Folgejahre in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes zu
gewährleisten;

2. die vorgesehenen Mittel für das Programm der KfW Bankengruppe zur
energetischen Stadtentwicklung in die bewährte Systematik der gemein-
samen Städtebauförderung einzugliedern und

3. die Länder sowie die Städte und Gemeinden zukünftig intensiver in die
Planungen der Bundesfinanzhilfen einzubeziehen, um rechtliche, konzep-
tionelle und finanzielle Planungssicherheit und Flexibilität bei Ländern,
Städten und Gemeinden im Bereich der Städtebauförderung zu gewähr-
leisten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

die Resolution der Bauministerkonferenz vom 28. Juni 2011 umzusetzen und
dafür die gesetzlichen Grundlagen auf den Weg zu bringen.
Berlin, den 5. Juli 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 17/6447 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Begründung

1. Städtebauförderung schafft Lebensqualität

Die Lebensqualität in deutschen Städten und Gemeinden ist ein sehr hohes Gut
für den „Standort Deutschland“. Sie wird vor allem geprägt durch die örtliche
soziale und kulturelle Infrastruktur, den öffentlichen Raum und das Wohn-
umfeld. Dies gilt es zu sichern und weiterzuentwickeln. Es ist schließlich der
Städtebauförderung zu verdanken, dass es den Städten und Gemeinden ge-
lungen ist, ihre Entwicklung dem ökonomischen, demografischen und öko-
logischen Wandel anzupassen und dabei ihre baukulturelle Identität zu wahren.
Städtebauförderung ist erfolgreich, da sie mehrere Politikbereiche wie Wirt-
schafts-, Sozial- und Infrastrukturpolitik mit dem Städtebau intelligent ver-
bindet und vor allem räumlich koordiniert. Mit dem aktuellen Umfang der
Anträge auf Städtebauförderungsmittel bestätigen die Städte und Gemeinden
eindrucksvoll, dass der Erneuerungsbedarf unverändert hoch ist. Nach den im
Auftrag des Bundes von der Gesellschaft für Finanz- und Regionalanalysen
(GEFRA) 2007 ermittelten Daten sind bundesweit 700 Mio. Euro Bundesmittel
der Städtebauförderung pro Jahr erforderlich, um die vorhandene Lebens-
qualität und gesellschaftliche Stabilität in den Städten und Gemeinden aufrecht-
zuerhalten.

2. Alle Akteure der Stadtentwicklung haben der Regierungskoalition vertraut

Mit ihren Anträgen auf Städtebauförderung zeigen die Städte und Gemeinden
Verantwortung und Gestaltungsanspruch. Sie reagieren dabei auch auf die aktive
Rolle des Bundes u. a. im Rahmen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik, der
in zahlreichen Kongressen, Weißbuch-Prozessen, Transfer-Veranstaltungen und
Wettbewerben zu aktiver Stadtgestaltung aufruft und auf seine Förderangebote
hinweist. Die Anträge auf Städtebauförderung beruhen auf breit angelegten par-
tizipativen Prozessen zur Entwicklung integrierter Handlungskonzepte. Mit
einem gebietsbezogenem Ansatz wird sichergestellt, dass die gemeinsam ent-
wickelten Handlungskonzepte und Vorhaben auch verwirklicht werden können.
Vielerorts haben sich in den Innenstädten, Ortszentren und Quartieren private
Immobilieneigentümer, Wohnungsunternehmen, Träger der Wohlfahrtspflege,
Handel, Gewerbe- und Dienstleistungsunternehmen, aber auch Träger öffent-
licher Infrastrukturen wie öffentlicher Personennahverkehr, Ver- und Entsor-
gung oder die Energiewirtschaft sowie die Bevölkerung in diese Prozesse ein-
gebracht. Die Investitionsplanungen aller Beteiligten erfolgten im Vertrauen auf
die Ankündigung der Regierungskoalition von 2009, den Bundesanteil der
Städtebauförderung auf bisherigem Niveau fortzuführen.

3. Investitionen in die Zukunft brauchen finanzielle Anstöße des Staates

Wohnen in guter Nachbarschaft, sozialer Zusammenhalt und reges Vereins-
leben, kulturelle Vielfalt und starke Zentren mit attraktivem Handel sind Aus-
druck funktionierender aktiver Städte, Gemeinden und Quartiere. Private Inves-
titionen sowie ehrenamtliches Engagement sind wesentliche Grundpfeiler für
die Zukunftsfähigkeit unserer Städte und Gemeinden. Sie erfordern Vertrauen
in die Handlungswilligkeit und Handlungsfähigkeit der Kommune. Heraus-
forderungen, wie sie die Spaltung der Stadtgesellschaft, Migration, demografi-
scher Wandel oder Klimawandel darstellen, erfordern heute mehr denn je ein
aktives kommunales Handeln durch kluge Steuerung und finanzielle Anreize,
damit Lebensqualität nicht verloren geht. Die anspruchsvollen Ziele der Bun-
desregierung zur drastischen Minderung von Energie- und Flächenverbrauch
lassen sich nur in und mit den Städten und Gemeinden erreichen. Neben recht-
lichen und steuerlichen Instrumenten sind finanzielle Anstöße erforderlich, um
drohende Investitionsstaus zu vermeiden und einer baulichen wie gesellschaft-

lichen Vernachlässigung oder gar Verödung entgegenzuwirken. Der Gebiets-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6447

bezug ist dabei Garant für ein erfolgreiches Gegensteuern. Es geht um den
Stadtteil, den Ortskern, das Quartier, die Nachbarschaft. Im Unterschied zu
Einzelinvestitionen sowie fachspezifischen, räumlich ungesteuerten Förder-
programmen wird die Wirksamkeit der Städtebauförderung durch die räumliche
und zeitliche Konzentration von Mitteln deutlich erhöht. Zugleich erfährt das
Stadtteilleben durch den integrierten Ansatz der Städtebauförderung eine Neu-
belebung der ehrenamtlichen Tätigkeit. Das Engagement von Kirchen, Initiati-
ven, Unternehmen und der Bevölkerung ist ein wirkungsvoller Beitrag für eine
gelebte Demokratie vor Ort.

4. Wirtschaftliche Vernunft verlangt nach den Impulsen der Städtebauförde-
rung

Gerade wegen der notwendigen Konsolidierung der öffentlichen Haushalte
kommt es darauf an, die Städtebauförderung als wirksamstes Instrument für
eine nachhaltige und strukturelle Entwicklung von Städten und Gemeinden zu
stärken. Die Städtebauförderung ist dank ihrer Anreizsysteme das wesentliche
Wirtschafts- und Konjunkturprogramm. Aktuelle wissenschaftliche Studien
belegen die enormen Anstoß- und Bündelungswirkungen der Städtebau-
förderung sowie die zusätzlichen Steuereinnahmen und Sozialversicherungs-
beiträge, die wiederum zu einer Entlastung der öffentlichen Haushalte führen.
Die Kleinteiligkeit der Aufträge in der Städtebauförderung sowie das damit ver-
bundene Vergabemanagement der Städte und Gemeinden führen dazu, dass bis
zu 90 Prozent aller öffentlichen Aufträge an Unternehmen aus der Stadt oder
der Region vergeben werden. Dies belegt die zentrale konjunkturpolitische Wir-
kung der Städtebauförderung für heimische Handwerks- und Gewerbeunter-
nehmen sowie für den lokalen und regionalen Arbeitsmarkt. Es ist also ein
Gebot der wirtschaftlichen Vernunft, mit den Mitteln der Städtebauförderung die
Lebensqualität in den Städten und Gemeinden der Bundesrepublik Deutschland
zu erhalten, die lokale und regionale Konjunktur anzuregen und gleichzeitig
einen Beitrag zur Einnahmesituation der öffentlichen Haushalte zu leisten.

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