BT-Drucksache 17/6371

Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung bezahlbarer Mieten und zur Begrenzung von Energieverbrauch und Energiekosten

Vom 29. Juni 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6371
17. Wahlperiode 29. 06. 2011

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Karin
Binder, Steffen Bockhahn, Roland Claus, Katrin Kunert, Caren Lay, Sabine Leidig,
Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Kornelia Möller, Jens
Petermann, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Kersten Steinke, Sabine Stüber,
Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung bezahlbarer Mieten und zur Begrenzung
von Energieverbrauch und Energiekosten

A. Problem

Mit den Änderungen der mietrechtlichen Vorschriften im Wirtschaftsstrafgesetz,
im Bürgerlichen Gesetzbuch und den Änderungen in der Energieeinsparverord-
nung sollen das soziale Mietrecht in Deutschland weiterentwickelt werden und
ein wirksamer und gerechter Interessenausgleich zwischen Mietern und Ver-
mietern erreicht werden. Dazu sollen die Mieterhöhungsmöglichkeiten und die
Modernisierungsumlage ebenfalls reduziert werden. Die marktbedingten, teil-
weise überhöhten Mietrenditen der Vermieter bei Neuvermietungsmieten, insbe-
sondere in sehr stark nachgefragten Wohnlagen, sollen durch diesen Gesetzent-
wurf begrenzt und dadurch eine Korrektur der Marktentwicklung auf dem
Mietsektor vorgenommen werden. Dem Mietaufwertungsdruck in besonders
nachgefragten Wohngebieten soll entgegengewirkt werden, um damit einen
wichtigen Beitrag zur Sicherung der Bestandsmieten zu leisten. Ziel dieses Ge-
setzes ist es insbesondere, die Mieterschaft vor übermäßigen Mietsteigerungen
zu schützen.

Die Orientierung der Wohnungswirtschaft an einer nachhaltigen, Betriebskosten
sparenden und Klima schützenden Investitionspolitik bringt Vorteile für alle Be-
teiligten und die Umwelt.

B. Lösung

Wenn in Teilgebieten einer Gemeinde die Neuvermietungsmieten auf Grund er-
höhter Nachfrage in Relation zu anderen Gemeindebereichen unverhältnis-
mäßig steigen, dann beeinflusst diese Entwicklung längerfristig auch die ortsüb-
liche Vergleichsmiete im Mietspiegel für die gesamte Kommune. Diesem
Mieterhöhungsdruck gilt es entgegenzuwirken, unangemessen hohe Mietren-

diten zu begrenzen und damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Be-
standsmieten zu leisten.

Der in § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes zu Recht enthaltene Schutz vor Mietpreis-
überhöhungen wird wirkungsvoll verstärkt, indem die maßgeblichen vergleich-
baren Räume und deren Wohnungsangebote nicht mehr – wie bisher – nur auf
der gesamten Gemeindefläche zu Grunde gelegt werden, sondern auch innerhalb
einzelner Teilgebiete einer Gemeinde verglichen werden können. Dies unter-

Drucksache 17/6371 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

stützt gerade in Großstädten und Ballungsgebieten die Präventivwirkung dieser
Norm. Um den Mietpreisauftrieb insgesamt zu verlangsamen, wurden zudem
die Möglichkeit für allgemeine Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichs-
miete (§ 558 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB) von 20 vom Hundert auf
15 vom Hundert gesenkt und der Mieterhöhungszeitraum von drei Jahren auf
vier Jahre gestreckt. Damit wird eine wirksame Abschwächung der Mietent-
wicklung erwartet, die gleichfalls mittelfristig senkend auf die Entwicklung der
ortsüblichen Vergleichsmieten im Mietspiegel wirkt.

Die Höhe der Modernisierungsumlage nach § 559 BGB soll im Sinne eines In-
teressenausgleichs und, um eine Akzeptanz von energetischen Modernisie-
rungsmaßnahmen bei Mietern zu erhöhen, von derzeit 11 vom Hundert auf 9 vom
Hundert abgesenkt werden. Damit Mieter den energetischen Zustand des Wohn-
gebäudes bei Bezug wirklich kennen, soll der Energieausweis ein Bestandteil
des Mietvertrages werden (Einfügung § 550a BGB). Damit Mieter besser als
bisher auf die Aussagekraft des Energieausweises vertrauen können, wird durch
Änderung der Energieeinsparverordnung nur noch der bedarfsorientierte Ener-
gieausweis zugelassen. Wohnungsinteressenten sollen besser als bisher den
energetischen Zustand der Wohnung/des Wohngebäudes vor der Mietentschei-
dung würdigen können. Um dieses zu gewährleisten, wird zukünftig der Ener-
gieausweis bereits bei der Wohnraumbesichtigung in Kopie auszuhändigen sein.
Um abzusichern, dass die Umstellung auf eine gewerbliche Wärmelieferung im
Wohnungsbestand nicht nur Energieeinsparung und eine weitgehende Pflichten-
entlastung für den Vermieter bewirkt, werden unter dem Gesichtspunkt der Kos-
tenneutralität für die Mieter oder der Zustimmung der Mehrheit der Mieterschaft
neue Regelungen für das Wärmecontracting bei bestehenden Mietverhältnissen
eingefügt (Einfügung § 556b BGB).

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Keine.

E. Sonstige Kosten

Das Gesetz führt zu Belastungen der Vermieter und in gleichem Umfang zur
Entlastung der Mieterhaushalte durch die mietpreisdämpfende Wirkung der auf
15 vom Hundert abgesenkten Kappungsgrenze, die zeitliche Streckung des Er-
höhungszeitraums und die auf 9 vom Hundert abgesenkte Modernisierungsum-
lage. Eine Quantifizierung ist nicht möglich.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6371

Umstellung auf gewerbliche Wärmelieferung „vier“ und die Angabe „20“ durch die Angabe „15“ er-
(1) Stellt der Vermieter die bisherige Versorgung mit
Wärme auf eigenständig gewerbliche Lieferung durch
einen Dritten (Wärmelieferung) um, hat der Mieter die

setzt.

5. In § 559 Absatz 1 wird die Angabe „11“ durch die Anga-
be „9“ ersetzt.
Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung bezahlbarer Mieten und zur Begrenzung
von Energieverbrauch und Energiekosten

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Gesetzes zur weiteren Verein-
fachung des Wirtschaftsstrafrechts

(Wirtschaftsstrafgesetz 1954)

§ 5 des Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Wirt-
schaftsstrafrechts 1954 (Wirtschaftsstrafgesetz 1954) in der
Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juni 1975 (BGBl. I
S. 1313), zuletzt geändert durch § 20 Absatz 2 des Gesetzes
vom 9. April 2008 (BGBl. I S. 714), wird wie folgt geändert:

1. In Absatz 1 Satz 1 werden vor den Wörtern „Ordnungs-
widrig handelt, …“ die Wörter „Zur Sicherstellung einer
angemessenen Versorgung der Bevölkerung mit bezahl-
barem Wohnraum wird bestimmt:“ eingefügt.

2. Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden nach den Wörtern „die in der Ge-
meinde“ die Wörter „, einem Teil der Gemeinde“ ein-
gefügt.

b) Folgende Sätze werden angefügt:

„Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese
Gemeinden oder Teilgebiete der Gemeinden durch
Rechtsverordnung zu bestimmen. Die Bestimmung
der Gebiete soll in regelmäßigen Abständen überprüft
werden.“

Artikel 2

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekannt-
machung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I
S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom
17. Januar 2011 (BGBl. I S. 34), wird wie folgt geändert:

1. Nach § 550 wird folgender § 550a eingefügt:

㤠550a

Energieausweise

Ein Mietvertrag kommt erst dann wirksam zustande,
wenn der bedarfsorientierte Energieausweis für das
Wohngebäude, in dem der Wohnraum liegt, dem Mieter
ausgehändigt wurde.“

2. Nach § 556a wird folgender § 556b eingefügt:

㤠556b

Kosten der Wärmelieferung als Betriebskosten zu tragen,
wenn der Dritte die Wärme aus einer von ihm errichteten
neuen Anlage zur Wärmeerzeugung oder als Fernwärme
liefert. Betrifft die Umstellung zugleich die Warmwasser-
lieferung, so gilt dies auch für die Kosten der Warm-
wasserlieferung. Die Wärmelieferungskosten dürfen die
Betriebskosten der bisherigen Heizungs- und Warmwas-
serversorgungsanlage, bezogen auf den Zeitpunkt der
Umstellung, nicht übersteigen. § 559a gilt sinngemäß.

(2) Abweichend von Absatz 1 sind höhere Wärmelie-
ferungskosten vom Mieter zu tragen, wenn die von dem
Dritten errichtete neue Anlage oder die Umstellung auf
Fernwärmeversorgung eine Einsparung von nicht unter
15 vom Hundert des bisherigen Primärenergiebedarfs be-
wirkt und innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung
über die geplante Umstellung mehr als die Hälfte der be-
troffenen Mieter zustimmt. Das gilt nicht, wenn die mit
der Umstellung verbundenen höheren Wärmelieferungs-
kosten für den Mieter eine nicht zu rechtfertigende Härte
bedeuten würden und der Mieter deshalb in der Frist wi-
derspricht. Der Vermieter darf in diesem Fall die Diffe-
renz zwischen den neuen Wärmelieferungskosten und
den Betriebskosten der bisherigen Heizungs- und Warm-
wasseranlage nicht auf die übrigen Mieter umlegen.

(3) Der Vermieter hat dem Mieter spätestens drei
Monate vor der Umstellung Zeitpunkt und Art der
Umstellung, die Kosten und deren Berechnung sowie die
im Wärmelieferungsvertrag vereinbarten Preise und
Preisanpassungsklauseln in Textform mitzuteilen. In der
Mitteilung hat der Vermieter den Mieter im Falle des Ab-
satzes 2 auf die Möglichkeit hinzuweisen, der Umstel-
lung gemäß Absatz 2 widersprechen zu können. Der Ver-
mieter hat das Abstimmungsergebnis dem Mieter in
Textform mitzuteilen.

(4) Hat der Mieter nicht nur unerheblich höhere Wär-
melieferungskosten zu tragen, so ist er berechtigt, inner-
halb von drei Monaten, die auf den Monat folgen, in dem
die Mitteilung des Abstimmungsergebnisses zuging, au-
ßerordentlich zum Ablauf des dann nächsten Monats zu
kündigen.

(5) Die Preise dürfen nur zum Ausgleich nachweisba-
rer Änderungen der Energie-, Lohn- oder Materialkosten
entsprechend den tatsächlichen Kostenanteilen angepasst
werden. Dem Mieter sind Preisanpassungen mindestens
einen Monat im Voraus mitzuteilen.“

3. Der bisherige § 556b wird § 556c.

4. In § 558 Absatz 3 werden das Wort „drei“ durch das Wort

Berlin, den 20. Juni 2011

Dr. Gregor Gysi und Frak
einheit“ die Wörter “… mit der Maßgabe, dass der
Energieausweis bereits bei den ersten Unterlagen
bzw. beim ersten Besichtigungstermin in Kopie zur
Verfügung zu stellen ist“ angefügt.

b) In Absatz 3 Satz 2 wird die Angabe „oder 9“ gestri-
chen.

2. § 17 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 werden nach dem Wort „Energiebe-
darfs“ die Wörter „oder des erfassten Energiever-
brauchs“ gestrichen und die Wörter „der §§ 18
und 19“ durch die Angabe „des § 18“ ersetzt.

bb) In Satz 2 werden das Wort „sowohl“ durch das
Wort „neben“ ersetzt und das Wort „als“ gestri-
chen.

b) In Absatz 5 Satz 1 werden die Wörter „oder nach § 19
Absatz 1 Satz 1 und 3, Absatz 2 Satz 1 oder 3 und Ab-
satz 3 Satz 4“ gestrichen.

Artikel 4

Inkrafttreten

1. Die Artikel 1 und 2 des Gesetzes treten am Tag nach der
Verkündung in Kraft.

2. Abweichend von Nummer 1 treten Artikel 2 Nummer 1
und Artikel 3 des Gesetzes ein Jahr nach der Verkündung
in Kraft.

tion
Drucksache 17/6371 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Artikel 3

Änderung der Verordnung über energiesparenden
Wärmeschutz und energiesparende Anlagentech-

nik bei Gebäuden

Die Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und
energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieein-
sparverordnung – EnEV) in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 24. Juli 2007 (BGBl. I S. 1519), zuletzt geändert
durch die Verordnung vom 29. April 2009 (BGBl. I S. 954),
wird wie folgt geändert:

1. § 16 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 2 Satz 2 werden nach dem Wort „Nutzungs-

Dies führt zu stark unterschiedlichen Teilmarktlagen und in gleichs und um die Akzeptanz von energetischen Moderni-

der Folge zu unerwünschten Mietverzerrungen.

Auch von daher ist es geboten, wirksame preisbegrenzende
Maßnahmen bei Neuvermietungen zu installieren. In der

sierungsmaßnahmen bei Mietern zu erhöhen von 11 auf
9 vom Hundert der aufgewendeten Kosten für die Wohnung
abgesenkt werden.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/6371

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Problem

Mit den Änderungen der mietrechtlichen Vorschriften im
Wirtschaftsstrafgesetz, im Bürgerlichen Gesetzbuch und den
Änderungen in der Energieeinsparverordnung soll das so-
ziale Mietrecht in Deutschland weiterentwickelt werden und
ein wirksamer und gerechter Interessenausgleich zwischen
Mietern und Vermietern erreicht werden. Dazu sollen die
Mieterhöhungsmöglichkeiten und die Modernisierungsum-
lage reduziert werden. Die marktbedingten teilweise über-
höhten Mietrenditen der Vermieter bei Neuvermietungsmie-
ten, insbesondere in sehr stark nachgefragten Wohnlagen,
sollen durch diesen Gesetzentwurf begrenzt und dadurch
eine Korrektur der Marktentwicklung auf dem Mietsektor
vorgenommen werden. Dem Mietaufwertungsdruck in be-
sonders nachgefragten Wohngebieten soll entgegen gewirkt
werden, um damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der
Bestandsmieten zu leisten.

Das gegenwärtige Mietrecht ist auf das Territorialprinzip
einer Gebietskörperschaft ausgerichtet. Dies führt in großen
Städten wie Berlin, Hamburg und Bremen aber auch in Bal-
lungsgebieten, wie denen des Rhein- und Ruhrgebietes und
den Innenbereichen deutscher Großstädte, wie Stuttgart,
Köln und München, aufgrund des demographischen Wan-
dels und neuer Wanderungsbewegungen zu nicht mehr hin-
nehmbaren wohnungs- und mietenpolitischen Verzerrungen.
Wenn in Teilgebieten einer Gemeinde die Neuvermietungs-
mieten aufgrund erhöhter Nachfrage in Relation zu anderen
Gemeindebereichen unverhältnismäßig steigen, dann beein-
flusst diese Entwicklung längerfristig auch die ortsübliche
Vergleichsmiete für die gesamte Kommune.

Die Orientierung der Wohnungswirtschaft an einer nachhal-
tigen, Betriebskosten sparenden und Klima schützenden In-
vestitionspolitik bringt Vorteile für alle Beteiligten und die
Umwelt.

II. Lösung

Unter der derzeitigen Rechtslage und der rechtlichen Gestal-
tung des Mietspiegels haben Knappheitssituationen an Woh-
nungsangeboten mietpreistreibende Effekte nicht nur in den
von der Wohnungsknappheit betroffenen, sondern auch in
anderen Regionen einer Gemeinde. Dies liegt daran, dass der
Mietspiegel nicht regional, etwa nach Bezirken oder Stadt-
teilen gegliedert ist, sondern nach Lagen. Somit können sich
beispielsweise Mietpreissteigerungen auch in Stadtteilen
auswirken, die die gleiche Lageeinordnung haben und an-
sonsten gleiche Wohnwertmerkmale nach Mietspiegel ha-
ben, in denen aber gleichwohl keine Übernachfrage besteht.
Tatsächlich ist aber die Nachfrageentwicklung in den einzel-
nen Bezirken und deren Teilgebieten sehr unterschiedlich.

mer stärker in Teilmärkte ausdifferenzieren. Die für andere
Warenmärkte unterstellte Homogenität und Ortsneutralität,
die den jederzeitigen Produktwechsel ermöglichen, gab es
am Wohnungsmarkt schon in der Vergangenheit nicht. Die
besonderen Eigenschaften des Wohnungsmarktes als Be-
standsmarkt, seine Intransparenz, seine Bindung an sehr un-
terschiedliche Standorte, die Einbindung der Gebäude in so-
zial unterschiedliche Nachbarschaften und die damit
verbundenen Marktbarrieren zwischen den Wohnungsteil-
märkten sind vielfach untersucht und die Wirkungen sind
empirisch belegt worden. Entwicklungen der letzten Jahre
wie der demographisch bedingte Bevölkerungsrückgang und
die Polarisierung der Einkommensstruktur haben die Markt-
barrieren verstärkt. Innerhalb einer Stadt findet man in be-
stimmten Gebieten Angebotsknappheiten und in anderen
städtischen Teilgebieten bei bestimmten Wohnungen hohen
Wohnungsleerstand. Diese Situation trifft insbesondere auf
große Städte mit heterogener Gebäude- und Gebietsstruktur
zu.

Der in § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes zu Recht enthaltene
Schutz vor Mietpreisüberhöhungen wird wirkungsvoll ver-
stärkt, indem die maßgeblichen vergleichbaren Räume und
deren Wohnungsangebote nicht mehr – wie bisher – nur auf
der gesamten Gemeindefläche zu Grunde gelegt werden,
sondern auch innerhalb einzelner Teilgebiete einer Gemein-
de verglichen werden können. Dies unterstützt gerade in
Großstädten und Ballungsgebieten die Präventivwirkung
dieser Norm.

Die allgemeine Kappungsgrenze für Mieterhöhungen bei be-
stehenden Mietverhältnissen wird von 20 auf 15 vom Hun-
dert gesenkt und der Zeitraum, innerhalb dessen eine solche
Erhöhung möglich ist, von drei auf vier Jahre ausgeweitet.
Die Mietentwicklung insgesamt hat gezeigt, dass die gegen-
wärtige Grenze für Mieterhöhungen gerade bei preisgünsti-
gen Wohnungen und insbesondere bei ehemaligen Sozial-
wohnungen zu nicht hinnehmbaren Härten für die
betroffenen, zumeist einkommensschwachen Mieter führen
kann.

Der Entwurf berücksichtigt, dass Modernisierungsmaßnah-
men notwendig und erforderlich sind, um einen gut vermiet-
baren Bestand an Wohnraum zu erhalten. Die Reduzierung
der Modernisierungsumlage von gegenwärtig 11 vom Hun-
dert auf 9 vom Hundert berücksichtigt einerseits die Grund-
überlegung der weiteren Wirtschaftlichkeit solcher Verbes-
serungs- und Energieeinsparmaßnahmen sowie das seit
langem niedrige Zinsniveau auf dem deutschen und interna-
tionalen Kapitalmarkt und ermöglicht andererseits eine
wirksame Abschwächung der Mietentwicklung, die gleich-
falls mittelfristig bremsend auf die Entwicklung der ortsüb-
lichen Vergleichsmieten im Mietspiegel wirken wird. Die
Mieterhöhung soll daher im Sinne eines Interessenaus-
wohnungswirtschaftlichen Fachdiskussion herrscht heute
Einvernehmen darüber, dass sich die Wohnungsmärkte im-

Der Gesetzentwurf geht auch auf Belange der Energieein-
sparung und des Klimaschutzes, insbesondere durch die

Drucksache 17/6371 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Pflicht zur Bereitstellung eines bedarfsorientierten Energie-
ausweises, ein. Die hierfür notwendigen Regelungen werden
in das deutsche Mietrecht eingebracht und bieten den
Mietern die Möglichkeit, aktiv an der Umsetzung gesetz-
licher Mindestanforderungen mitzuwirken. Durch die Mo-
dernisierung der Wärmeerzeugungsanlagen einschließlich
der Warmwassererzeugung oder der Umstellung auf Fern-
wärme sind erhebliche Effizienzsteigerungen und damit
Energieeinsparungen erreichbar. Die Umstellung auf eigen-
ständig gewerbliche Wärmelieferung, das so genannte Wär-
mecontracting, als Alternative zu hohen Investitionskosten
des Vermieters, kann die Modernisierung der Wärmeversor-
gung in vermieteten Wohngebäuden deutlich beschleunigen
und soll deshalb erleichtert und einheitlich geregelt werden.

III. Alternativen

Keine.

IV. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen
Haushalte

Keine.

V. Sonstige Kosten

Das Gesetz führt zu Belastungen der Vermieter und in glei-
chem Umfang zur Entlastung der Mieterhaushalte durch die
mietpreisdämpfende Wirkung der auf 15 vom Hundert ab-
gesenkten Kappungsgrenze, die zeitliche Streckung des
Erhöhungszeitraums und die auf 9 vom Hundert abgesenkte
Modernisierungsumlage. Eine Quantifizierung ist nicht
möglich.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung des Gesetzes zur weiteren
Vereinfachung des Wirtschaftsstraf-
rechts – Wirtschaftsstrafgesetz 1954)

Zu Nummer 1 (§ 5 Absatz 1)

Hier wird im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundes-
gerichtshofs der „Sozialschutz“ der Vorschrift klargestellt.

Zu Nummer 2

Zu Buchstabe a (§ 5 Absatz 2 Satz 1)

Die bisherige Regelung verwehrt bei der Feststellung einer
Mangellage auf Teilgebiete abzustellen und trägt den unter-
schiedlichen Entwicklungen des Wohnungsmarktes vor al-
lem in Ballungsgebieten nicht ausreichend Rechnung. Wäh-
rend einige Stadtteile nach wie vor einem erheblichen
Mieterhöhungsdruck ausgesetzt sind, sind andere Stadtteile,
z. B. bei überproportionalem Leerstand, anders zu beurtei-
len. Die Möglichkeit, auch für Teilgebiete einer Gemeinde
die Wohnungsmarktsituation zu beurteilen, entspricht dem
System von Gebietsbestimmungsverordnungen für die Kün-
digungssperrfrist nach Wohnungsumwandlungen (nunmehr
§ 577a Absatz 2 Satz 1 BGB).

Zu Buchstabe b (§ 5 Absatz 2 Satz 3 – neu – und 4 – neu)

Durch diese Verordnungsermächtigung wird die Regelungs-

für die Wohnungsbauförderung ohnehin über regionalisierte
Daten, so dass sie zielgenau lenkend eingreifen können. Die
Festlegungen sollen zeitnah überprüft werden, da nur da-
durch auch eine hinreichende Rechtssicherheit erreicht wer-
den kann.

Zu Artikel 2 (Änderung des Bürgerlichen Gesetz-
buchs)

Zu Nummer 1 (§ 550a – neu –, Energieausweise)

Insbesondere bei Wohnungsvermietungen mit mehreren Be-
werbern kommt es nach vielfachen Erfahrungen von Mieter-
verbänden und Bürgern zu Schlechterstellungen, wenn ein
Mietinteressent die Vorlage des Energiepasses verlangt.
Wenn eine Wirksamkeit des Mietvertrages von der Aushän-
digung des Energieausweises abhängt, ist es einzelnen Ver-
mietern nicht möglich, Mietern den Energiepass vorzuent-
halten und Schlechterstellungen werden vermieden.

Zu Nummer 2 (§ 556b – neu –, Umstellung auf gewerb-
liche Wärmelieferung)

Durch „Contracting“ können enorme Energie- und Kosten-
einsparungen erzielt werden, ohne dass die öffentlichen
Haushalte zusätzliche Investitionen tätigen müssen. Ein pri-
vates Unternehmen plant und finanziert Maßnahmen zur
Verbesserung der Gebäudetechnik. Der Vorteil für den Mie-
ter besteht in der Senkung des Energieverbrauchs und der
Energiekosten für Heizwärme, Strom und Wasser. Der
Eigentümer profitiert vom energieeffizienten und sicheren
Betrieb der technischen Anlagen und reduziert gleichzeitig
die CO2-Emissionen seiner Gebäude.

Die Kosten für die in Eigenregie betriebenen Heizungs-
anlagen umfassen im Wesentlichen nur die in § 2 Absatz 1
Nummer 4a und 4b, 5a, 6a der Betriebskostenverordnung
bzw. in § 7 Absatz 2, § 8 der Heizkostenverordnung genann-
ten Kosten für den Brennstoff, die Bedienung und die laufen-
den Wartungskosten der Anlage. Die Entgelte für die Wärme-
lieferung umfassen zusätzlich auch die Instandhaltungs- und
Investitionskosten bzw. die Abschreibung, Kapitalkosten
und den kalkulierten Gewinn der Wärmelieferanten.

Unter der Bedingung, dass die Wärme aus einer neuen Anla-
ge zur Wärmeerzeugung oder zur Fernwärmebereitstellung
geliefert wird, erfolgt in Absatz 1 die Klarstellung, dass diese
Kosten, mit Ausnahme von Dritt- und Fördermitteln, den
Mietern als Betriebskosten auferlegt werden. Zusätzlich wird
die grundsätzliche Pflicht zur Kostenneutralität geregelt.

Absatz 2 schafft die Voraussetzungen, unter denen die Wär-
melieferungskosten nach Umstellung auch dann umlegbar
sind, wenn mit den geplanten Neuanlagen zunächst eine
Kostenneutralität gegenüber der bisherigen Heizungs- und
Warmwassererzeugungsanlage nicht erreicht wird, aber zu-
mindest eine nachhaltige und wesentliche Einsparung von
nicht unter 15 vom Hundert des bisherigen Primärenergiebe-
darfs eintritt. Hierfür bedarf es der Zustimmung von mehr als
der Hälfte der Mieter; mehrere Mieter einer Wohnung haben
nur ein gemeinsames Stimmrecht. Die Härteklausel berück-
sichtigt das auf dem grundrechtlich geschützten Besitzrecht
basierenden Bestandsinteresse des Mieters. Der Vermieter
kann dem sich hierauf berufenden Mieter gegenüber die neuen
kompetenz auf die Länder verlagert. Diese verfügen auf-
grund der räumlichen Nähe und Gesetzgebungskompetenz

Wärmelieferungskosten nicht geltend machen. Der Vermie-
ter darf in diesem Fall die Differenz zwischen den neuen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/6371

Wärmelieferungskosten und den Betriebskosten der bisheri-
gen Heizungs- und Warmwasseranlage nicht auf die übrigen
Mieter umlegen. Die Zulässigkeit der Umstellung wird hier-
von nicht berührt.

In Absatz 3 sind die Informationspflichten des Vermieters
dargestellt.

Absatz 4 knüpft an die vorgeschriebenen Mitteilungen an;
sie bieten die Grundlage eines außerordentlichen Kündi-
gungsrechts in entsprechend angemessenen Fristen hinsicht-
lich der schwerwiegenden Entscheidung über eine Kündi-
gung verbunden mit den sich hieraus ergebenen Umständen.

In Absatz 5 ist die Anpassung an zukünftige Kostenentwick-
lungen geregelt. Diese Regelung berücksichtigt, dass es sich
bei der Wärmelieferung um ein Dauerschuldverhältnis mit
zum Teil langen Vertragslaufzeiten handelt. Wichtig ist hier-
bei, dass Preisänderungen nicht in das Belieben einer Ver-
tragspartei gestellt werden, sondern nur im Maße der tatsäch-
lichen Änderungen zulässig sind.

Zu Nummer 4 (§ 558 – Mieterhöhung bis zur orts-
üblichen Vergleichsmiete)

Bei allgemeinen Mieterhöhungen kann eine Miete gemäß
§ 558 Absatz 3 BGB derzeit innerhalb von drei Jahren um
bis zu 20 vom Hundert erhöht werden, nur begrenzt durch
die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Folge ist,
dass dann die ortsübliche Miete bei deren Neufeststellung
weiter ansteigt. Dieser Effekt wird noch verstärkt, da auch
die Neuvermietungen einbezogen werden, welche keine
Mietbegrenzung auf die Vergleichsmiete vorsehen müssen
und diese in der Praxis häufig massiv überschreiten. Die bis-
lang eingeräumte Mieterhöhungsmöglichkeit übersteigt die
allgemeinen Steigerungen der Lebenshaltungskosten bei
weitem. Die Änderungen dienen dem Ziel, den möglichen
Mietpreisanstieg durch eine zeitliche Streckung des gegen-
wärtig möglichen Erhöhungszeitraumes um ein Jahr auf vier
Jahre und eine Reduzierung in der Höhe auf 15 vom Hundert
möglichst im Bereich der allgemeinen Preissteigerung zu
halten.

Zu Nummer 5 (§ 559 – Mieterhöhung bei Modernisie-
rung)

Modernisierungen führen zur Verbesserung des Wohnungs-
bestandes, Erhöhung des Wohnkomforts und der Wohnqua-
lität und zur Entlastung der Umwelt. § 559 BGB definiert
das Recht des Vermieters, für das Mehr an Leistung in Form
einer verbesserten Wohnung eine Mieterhöhung zu verlan-
gen. Mithin fördert die Möglichkeit zur Mieterhöhung bei
Modernisierung die Anpassung des Wohnraums an die geän-
derten Wohnbedürfnisse und die notwendigen energetischen
Verbesserungen der Wohnungsbestände. Gleichwohl führt
die Erhöhung bei Modernisierung von 11 vom Hundert der
aufgewendeten Kosten auf die jährliche Miete bei umfassen-
den Modernisierungen zumindest teilweise für einkommens-
schwächere Mieter zu nicht mehr tragbaren finanziellen Be-
lastungen. Die Härteklausel in § 554 Absatz 2 Satz 2 BGB,
das Wohngeld und mögliche Leistungen nach dem Zweiten
und Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB XII)
führen nicht immer zur Verhinderung oder sozialen Abfede-

tionsprozesse der Mieterschaft eines Hauses oder ganzer
Wohngebiete. Einkommensschwächere Haushalte werden
tendenziell aus den Wohnhäusern verdrängt, und nur noch fi-
nanziell leistungsstärkere Mieter können in den Wohnungen
dauerhaft verbleiben.

Die Regelung in § 559 BGB muss geändert werden, um
gleichzeitig Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnungs-
bestandes weiterhin zu fördern und eine Überforderung der
Mieter durch die Maßnahmen weitgehend auszuschließen.
Die Mieterhöhung soll daher von 11 auf 9 vom Hundert der
aufgewendeten Kosten für die Wohnung abgesenkt werden.
Dies ist auch aufgrund der niedrigen Kreditzinsen gerecht-
fertigt, um Zugewinne für die Vermieter zu vermeiden. Seit
dem Zeitpunkt der letzten Mietrechtsreform im September
2001 ist der Leitzins der Europäischen Zentralbank von
4,25 auf aktuell 1 vom Hundert abgesenkt worden. Selbst
wenn mittelfristig wieder eine Verdoppelung des Leitzinses
eintreten würde, wäre eine Absenkung der Modernisierungs-
umlage um 2 Prozentpunkte weiterhin gerechtfertigt.

Zu Artikel 3 (Änderung der Verordnung über
energiesparenden Wärmeschutz und
energiesparende Anlagentechnik bei
Gebäuden)

Zu Nummer 1

Zu Buchstabe a (§ 16 Absatz 2 Satz 2)

Bisher ist der Energieausweis bei Abschluss eines Mietver-
trages den Mietern nur auf Anforderung „zugänglich zu ma-
chen“.

Insbesondere bei Wohnungsvermietungen mit mehreren Be-
werbern kommt es nach vielfachen Erfahrungen von Mieter-
vereinen und Bürgern zu Schlechterstellungen, wenn ein
Mietinteressent die Vorlage des Energiepasses verlangt.
Durch die generelle Verpflichtung, potentiellen Käufern
oder Mietern den Energieausweis – ohne besondere Auffor-
derung – zur Verfügung zu stellen, und die Neuregelung in
§ 550a BGB ist es einzelnen Vermietern nicht mehr möglich,
Mietern den Energiepass vorzuenthalten und Schlechterstel-
lungen werden vermieden.

Zu Buchstabe b (§ 16 Absatz 3 Satz 2)

Die Notwendigkeit der Streichung ergibt sich logisch aus der
Änderung zu Nummer 3.

Zu Nummer 2

Zu Buchstabe a (§ 17 Absatz 1 Satz 1)

Die Überleitung vom verbrauchsabhängigen zum bedarfs-
orientierten Energieausweis ist erforderlich, weil offenbar
auch deutlich fehlerhafte Vermieterangaben zu aktuellen
Energieverbräuchen bei der Erstellung von verbrauchsorien-
tierten Energiepässen – z. B. über das Internet – nicht be-
anstandet werden und zu einem entsprechend irreführenden
Energiepass führen. Dadurch werden die Mieter massiv über
die tatsächlich zu erwartenden Nebenkosten für Energie in
die Irre geführt und fällen ggf. folgenschwere Fehlentschei-
dungen. Bei der Erstellung eines bedarfsabhängigen Ener-
giepasses ist immer eine Ortsbesichtigung erforderlich, so
rung untragbarer Mieterhöhungen. Umfassende Modernisie-
rungen sind damit auch Auslöser für unerwünschte Segrega-

dass grobe Einschätzungsfehler durch den Ersteller des
Energiepasses vermieden werden können.

Drucksache 17/6371 ndestag – 17. Wahlperiode

H. Heene
ese
– 8 – Deutscher Bu

Zu Buchstabe b (§ 17 Absatz 5 Satz 1)

Eine Bereitstellung von Daten zum erfassten Energiever-
brauch ist aufgrund der Änderung in Absatz 1 nicht mehr er-
forderlich.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Diese Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Die Regelungen
von Artikel 2 Nummer 1 und Artikel 3 treten um ein Jahr
verzögert in Kraft, um dem zeitlichen Umstellungsbedarf auf
die bedarfsorientierten Energieausweise gerecht zu werden.
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