BT-Drucksache 17/6343

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts

Vom 29. Juni 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6343
17. Wahlperiode 29. 06. 2011

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, Katja Dörner, Kai Gehring,
Ingrid Hönlinger, Monika Lazar, Memet Kilic, Agnes Krumwiede,
Dr. Konstantin von Notz, Tabea Rößner, Claudia Roth (Augsburg),
Dr. Gerhard Schick, Wolfgang Wieland, Josef Philip Winkler und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung
für Personen gleichen Geschlechts

A. Problem

Gleichgeschlechtlichen Paaren ist bis heute die Ehe verwehrt, was eine kon-
krete und symbolische Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuel-
len Identität darstellt. Angesichts des gesellschaftlichen Wandels und der damit
verbundenen Änderung des Eheverständnisses gibt es keine haltbaren Gründe
homo- und heterosexuelle Paare unterschiedlich zu behandeln und am Ehehin-
dernis der Gleichgeschlechtlichkeit festzuhalten. Darüber hinaus sind gleichge-
schlechtliche Paare trotz Einführung des Instituts der eingetragenen Lebens-
partnerschaft im Jahre 2001 in einer Reihe von Rechtsbereichen noch immer
gegenüber der Ehe benachteiligt. Dies betrifft in erster Linie das Steuer- und
Adoptionsrecht.

B. Lösung

Es wird durch Ergänzung von § 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
klargestellt, dass auch gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe eingehen kön-
nen. Die Rechte der Kirchen und Religionsgemeinschaften bleiben von dieser
gesetzlichen Neuregelung unberührt.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten
Die für gleichgeschlechtliche Paare vorgeschlagenen Regelungen im Bereich
der Einkommensteuer werden zu Mehrausgaben der öffentlichen Haushalte
führen. Diese sind jedoch nur in geringem Umfang zu erwarten, da bereits von
der Institution der eingetragenen Lebenspartnerschaft bislang eher zurück-
haltend Gebrauch gemacht wird. Sichere Schätzungen sind nicht möglich, da
über die Sozialstruktur der künftigen gleichgeschlechtlichen Ehen zu wenig be-
kannt ist. Allerdings ist zu erwarten, dass die oben genannten Kosten auch ohne

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Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts
anfallen werden, was sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts (BVerfG) zu Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG) im
Hinblick auf das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft ergibt.

Berlin, den 28. Juni 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion
Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

1. Nach § 1309 Absatz 2 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Absatz 1 gilt nicht für Personen, die eine gleich-
geschlechtliche Ehe eingehen wollen und deren Heimat-
staat die Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe
nicht vorsieht.“

2. § 1353 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerliches Gesetzbuchs in
der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002
(BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch
… geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

„Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder
gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“

Artikel 2
Änderung von weiteren Bundesgesetzen

1. Das Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16. Februar 2001
(BGBl. I S. 266), das zuletzt durch … geändert worden
ist, wird wie folgt geändert:

a) Folgender Abschnitt 5 wird eingefügt:

„Abschnitt 5
Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe

§ 20a

Eine Lebenspartnerschaft wird in eine Ehe umge-
wandelt, wenn zwei Lebenspartnerinnen oder Lebens-
partner gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger
Anwesenheit erklären, miteinander eine Ehe auf Le-
benszeit führen zu wollen. Die Erklärungen können
nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung ab-
gegeben werden. Die Erklärungen werden wirksam,
wenn sie vor dem Standesbeamten abgegeben wer-
den.“

b) Der bisherige Abschnitt 5 wird Abschnitt 6.

2. Das Personenstandsgesetz vom 19. Februar 2007 (BGBl.
I S. 122), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird
wie folgt geändert:

„Begründung der Lebenspartnerschaft und Umwand-
lung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe“.

b) Nach § 17 wird folgender § 17a eingefügt:

㤠17a
Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe

und ihre Beurkundung

(1) Die Lebenspartner haben bei der Umwandlung
ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe das Bestehen
der Lebenspartnerschaft durch öffentliche Urkunden
nachzuweisen.

(2) Für die Umwandlung einer Lebenspartner-
schaft in eine Ehe gelten die §§ 11 und 12 Absatz 1
und 2 Nummer 1 bis 3 sowie die §§ 14 bis 16 ent-
sprechend.“

3. § 7 Absatz 1 Nummer 3 des Transsexuellengesetzes vom
10. September 1980 (BGBl. I S. 1654) wird aufgehoben.

4. Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche
in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September
1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), das zuletzt
durch … geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

a) Artikel 17b erhält folgende Überschrift:

„Eingetragene Lebenspartnerschaft und gleichge-
schlechtliche Ehe“.

b) Artikel 17b Absatz 4 wird wie folgt gefasst:

„(4) Die Bestimmungen der Absätze 1 bis 3 gelten
für die gleichgeschlechtlichen Ehen entsprechend“.

Artikel 3
Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2012 in Kraft.

(2) Für Rechte und Pflichten der Lebenspartnerinnen
oder Lebenspartner bleibt nach der Umwandlung der Le-
benspartnerschaft in eine Ehe der Tag der Begründung der
Lebenspartnerschaft weiterhin maßgebend.

(3) Lebenspartnerschaften können ab dem 1. Januar 2012
nicht mehr begründet werden.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6343

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung
für Personen gleichen Geschlechts

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: a) Kapitel 4 erhält folgende Überschrift:

Eheverständnisses, der eine Öffnung der Ehe für gleichge- beigemessen und durch die Streichung des § 8 Absatz 1

schlechtliche Partnerschaft zulässt, war damit für die Zu-
kunft nicht ausgeschlossen.

Seit einiger Zeit gibt es nun hinreichende Anhaltspunkte für

Nummer 2 des Transsexuellengesetzes gleichgeschlecht-
liche Ehen zugelassen. Es gibt infolgedessen in Deutschland
schon jetzt legale gleichgeschlechtliche Ehen.
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Begründung

A. Allgemeines

Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) bestimmt: „Ehe
und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staat-
lichen Ordnung.“ Nach der Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts wird durch diese Vorschrift u. a. die Ehe
als Institut garantiert. Der Gesetzgeber muss deshalb die
wesentlichen, das Institut der Ehe bestimmenden Struktur-
prinzipien beachten. Diese Strukturprinzipien hat das Bun-
desverfassungsgericht aus den vorgefundenen, überkomme-
nen Lebensformen in Verbindung mit dem Freiheitscharak-
ter des Artikels 6 Absatz 1 GG und anderen Verfassungs-
normen hergeleitet. Allerdings wird die Ehe durch Artikel 6
Absatz 1 GG nicht abstrakt gewährleistet, sondern in der
verfassungsgeleiteten Ausgestaltung, wie sie den herrschen-
den, in der gesetzlichen Regelung maßgeblich zum Aus-
druck gelangenden Anschauungen entspricht.

Danach schützt das Grundgesetz die Ehe – anders als die
Weimarer Verfassung, die die Ehe als Grundlage der Fami-
lie verstand und die Fortpflanzungsfunktion hervorhob, –
als Beistand- und Verantwortungsgemeinschaft, unabhängig
von der Familie. Deshalb fällt unter dem Schutz des
Artikels 6 GG ebenso kinderlose Ehe.

Nach dem traditionellen Eheverständnis kam der Ge-
schlechtsverschiedenheit der Ehegatten prägende Bedeu-
tung zu. Ebenso galt sie lange Zeit als notwendige Voraus-
setzung der Ehe im Sinne des Artikels 6 Absatz 1 GG, so
dass gleichgeschlechtlichen Partnerschaften vom Ehebegriff
ausgeschlossen waren (BVerfG NJW 1993, 3058; BVerfGE
105, 313, 345f = NJW 2002, 2543; BVerwGE 100, 287, 294
= NVwZ 1997, 189). Bei der Verabschiedung des Grundge-
setzes galt Homosexualität als sittenwidrig und wurde in
§ 175f des Strafgesetzbuchs (StGB) mit einem strafrecht-
lichen Verbot belegt. Eine Einbeziehung Homosexueller in
den Diskriminierungsschutz des Grundgesetzes oder gar die
Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare waren zu dieser
Zeit jenseits der Vorstellungswelt über alle Parteigrenzen
hinweg. Erst im Zuge der Aufhebung des strafrechtlichen
Totalverbots von männlicher Homosexualität im Jahr 1969
änderte sich die rechtliche Praxis und nahm schrittweise die
gesellschaftliche Stigmatisierung ab.

In einem Kammerbeschluss von 1993 stellte das Bundesver-
fassungsgericht fest, dass „hinreichende Anhaltspunkte für
einen grundlegenden Wandel des Eheverständnisses in dem
Sinne, dass der Geschlechtsverschiedenheit keine prägende
Bedeutung mehr zukäme“, nicht vorgetragen worden seien
(BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1993 – 1 BvR 640/93).
Das Gericht lehnte es daher ab, die Ehe für Homosexuelle
von Verfassung wegen zu öffnen und überließ es dem Ge-
setzgeber, weitere Schritte zur rechtlichen Anerkennung ho-
mosexueller Paare einzuleiten. Ein künftiger Wandel des

setzgebers die Einführung des Rechts auf Eheschließung für
Personen gleichen Geschlechts verfassungsrechtlich zulas-
sen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
lässt einen Bedeutungswandel zu, wenn entweder neue, von
der gesetzlichen Regelung nicht erfasste Tatbestände auf-
tauchen oder sich Tatbestände durch Einordnung in die Ge-
samtentwicklung verändert haben (BVerfGE 2, 380, 401 =
NJW 1953, 1137; BVerfGE 45, 1, 33 = NJW 1977, 1387).
Im Ergebnis kann sich die Bedeutung einer Verfassungs-
rechtsnorm ohne Veränderung ihres Textes ändern. Die
Grenze liegt allerdings in Sinn und Zweck der Verfassungs-
norm, was im Falle des Artikels 6 Absatz 1 GG einen erheb-
lichen Wertewandel zulässt.

Erstens erfolgte der grundlegende Wandel des Eheverständ-
nisses in Folge der Einführung des Rechtsinstituts der Le-
benspartnerschaft. In der Bevölkerung wird heute nicht
mehr zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft unterschieden.
Die Eingehung einer Ehe und die Begründung einer Lebens-
partnerschaft werden unterschiedslos als „heiraten“ be-
zeichnet. Man macht auch keinen Unterschied mehr zwi-
schen „verheiratet“ und „verpartnert“, sondern spricht un-
terschiedslos bei Ehegatten und bei Lebenspartnern davon,
dass sie „verheiratet“ sind. Die Bevölkerung geht zudem
wie selbstverständlich davon aus, dass Ehegatten und Le-
benspartner dieselben Pflichten und Rechte haben, obwohl
das tatsächlich nur für die Pflichten zutrifft.

In einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung („Die Ab-
wertung der Anderen“, 2011) stimmten 60,3 Prozent der
Befragten der These „Es ist eine gute Sache, Ehen zwischen
zwei Frauen bzw. zwei Männern zu erlauben.“ voll und
ganz bzw. eher zu. Lediglich die Minderheit von
39,8 Prozent stimmte der These eher nicht bzw. überhaupt
nicht zu.

Zu diesem Wandel des Eheverständnisses hat der Gesetz-
geber durch das Gesetz zur Änderung des Transsexuellen-
gesetzes vom 19. Juni 2009 mit beigetragen. Durch dieses
Gesetz ist § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Transsexuellengeset-
zes ersatzlos gestrichen worden, weil das Bundesverfas-
sungsgericht die Vorschrift für nichtig erklärt hatte
(BVerfGE 121, 175). Sie ließ die rechtliche Änderung des
Personenstands bei einem verheirateten Transsexuellen nur
zu, wenn dieser sich zuvor hatte scheiden lassen. Auf das
Urteil des Bundesverfassungsgerichts hätte der Gesetzgeber
auch anders reagieren können. Das Bundesverfassungs-
gericht hatte ihm ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt
zu bestimmen, dass das als „Ehe“ begründete Rechtsver-
hältnis zwar mit gleichen Rechten und Pflichten, aber unter
anderem Etikett weitergeführt wird. Damit sollte es dem
Gesetzgeber ermöglicht werden, die strikte Verschiedenge-
schlechtlichkeit der Ehe zu verteidigen. Diesem Gesichts-
punkt hat der Gesetzgeber keine entscheidende Bedeutung
einen grundlegenden Wandel des traditionellen Ehever-
ständnisses, die angesichts der Gestaltungsfreiheit des Ge-

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesver-
fassungsgericht auch allgemein den gesellschaftlichen Wan-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/6343

del bei der Auslegung des Artikels 6 GG durchaus rezipiert
und zur Kenntnis nimmt. So hat es eine Vorlage des Amts-
gerichtes Schweinfurt für unzulässig erklärt (BVerfG, Be-
schluss vom 10. August 2009 – 1 BvL 15/09), in welcher
dieses Gericht im Kern behauptete, Eltern im Sinne des
Artikels 6 Absatz 2 Satz 1 könnten nicht gleichgeschechtli-
che Lebenspartner sein, weil diese Bestimmung von einem
„natürlichen“ Recht der Eltern spreche, welches nach Auf-
fassung des Gerichtes offenbar homosexuellen Personen
nicht zustehen sollte. Hierzu führt das Bundesverfassungs-
gericht kurz aus: „Abgesehen davon, dass das Gericht we-
der auf die Entstehungsgeschichte von Artikel 6 GG und
eventuelle Rückschlüsse daraus auf die Trägerschaft des El-
ternrechts eingegangen ist noch auf einen möglichen, auf
die Interpretation von Artikel 6 GG Einfluss nehmenden
Wandel des Rechtsverständnisses von Elternschaft, hat es
sich nur ungenügend mit der Rechtsprechung des Bundes-
verfassungsgerichts und der in der Literatur vertretenen
Auffassungen zu der Frage, wer Träger des Elternrechts sein
kann, auseinandergesetzt.“ Im Übrigen weist das Bundes-
verfassungsgericht sodann auf seine Rechtsprechung hin,
nach der die leibliche Elternschaft gegenüber der rechtli-
chen und sozial-familiären Elternschaft keinen Vorrang hat.
Auch dieses zeigt, wie der soziale Wandel – einschließlich
vom Gesetzgeber getroffener Entscheidungen – auf die
Auslegung des Artikels 6 einwirkt. Was hier beim Familien-
und Elternschaftsbegriff möglich war, sollte auch bei der
Ehe möglich sein. Hätte das Amtsgericht Schweinfurt im
19. Jahrhundert für seine Auslegung sicher noch Anhänger
gefunden, so ist dies heute nicht mehr der Fall.

Schließlich bieten die Rechtsordnungen anderer Länder
weitere Anhaltspunkte dafür, dass das Konzept der Ge-
schlechtsverschiedenheit der Ehegatten überholt ist. So
wurde in den Ländern Belgien, Niederlande, Kanada, Süd-
afrika, Spanien, Norwegen, Schweden, Portugal, Island und
Argentinien, fünf Bundesstaaten der USA (Massachusetts,
Connecticut, Iowa, Vermont, New Hampshire) und dem
District of Columbia, sowie in Mexiko-Stadt die Zivilehe
für Personen gleichen Geschlechts eingeführt.

Zudem haben Verfassungsgerichte aus einigen den o. g. US-
Bundesstaaten, kanadischen Provinzen sowie aus Südafrika
sogar gegen Entscheidungen des dortigen Gesetzgebers eine
Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare erzwun-
gen, um Diskriminierungen zu vermeiden. Auch diese Ge-
richte nahmen dabei den Gedanken – der sich in der Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichtes findet – durch-
aus zur Kenntnis, dass der Ehe historisch in allen westlichen
Staaten eine gemischtgeschlechtliche Konzeption zu
Grunde lag. Dennoch kamen sie zum Ergebnis, dass der
Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare von der Ehe mit
den verfassungsrechtlichen Prinzipien des Respekts vor der
Privatautonomie und der Gleichheit vor dem Gesetz unver-
einbar sei. Schließlich wies beispielsweise das Massachus-
sets Supreme Judical Court darauf hin, dass über Jahrzehnte
und Jahrhunderte in Teilen der USA auch keine gesetzliche
Ehe zwischen weißen und schwarzen Amerikanern möglich
gewesen sei und zog eine Parallele zu dieser Konstellation,
da es in beiden Konstellationen keine sachlichen Gründe für
die Differenzierung gäbe.

mente erhoben. Ehe sei eine Verbindung von Mann und
Frau, es war so und es soll so bleiben. Darauf betonten die
Befürworter, dass Ehe – wie Familie – dynamische gesell-
schaftliche Kategorien darstellen und erinnerten, dass in der
Vergangenheit beispielsweise Ehen zwischen Katholiken
und Protestanten ebenso verboten waren wie die Unauflös-
barkeit zu den Strukturprinzipien der Ehe gehörte.

Abgesehen von den theoretischen Bedenken bezüglich Ein-
haltung der Strukturprinzipien eines sich wandelndes fami-
lienrechtlichen Instituts kann eine einfachgesetzliche Ein-
führung des Rechts auf Eheschließung für Personen glei-
chen Geschlechts die im Artikels 6 Absatz 1 GG verankerte
Institutionsgarantie nicht antasten. Es gibt keine Dimension
dieses Grundrechts, die damit verletzt wird, insoweit darf
die objektive Funktion des Artikels 6 ebensowenig gegen
subjektive Rechte anderer Grundrechtsträger instrumentali-
siert und missbraucht werden.

Mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
entfällt der Bedarf, das Rechtsinstitut der eingetragenen Le-
benspartnerschaft weiter für Neueintragungen offen zu hal-
ten – auch angesichts dessen, dass es bislang zwar die glei-
chen Pflichten wie die Ehe beinhaltet, nicht aber die vollen
Rechte (z. B. im Steuerrecht). Deshalb wird die Neueintra-
gung der Lebenspartnerschaft nicht mehr möglich sein. Die
schon eingetragen Lebenspartnerschaften werden hingegen
weiter bestehen, es sei denn die LebenspartnerInnen werden
sie in eine Ehe umwandeln.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen
Gesetzbuchs)

Zu Nummer 1

Da die meisten Staaten keine gleichgeschlechtliche Ehe
kennen und schon beim Institut der eingetragenen Lebens-
partnerschaft häufig kein Ehefähigkeitszeugnis ausstellen,
wird im Falle der gleichgeschlechtlichen Ehe eine Aus-
nahme gemacht. Nichtdestotrotz müssen Eheschließende
nach § 12 Absatz 2 Nummer 1 des Personenstandsgesetzes
ihren Personenstand und damit ihre Ledigkeit durch öffent-
liche Urkunden nachweisen.

Zu Nummer 2

Es wird durch Einfügung der Wörter ,,von zwei Personen
verschiedenen oder gleichen Geschlechts“ in § 1353 Ab-
satz 1 Satz 1 BGB klargestellt, dass auch gleichgeschlecht-
liche Personen eine Ehe eingehen können.

Zu Artikel 2 (Änderung von weiteren Bundes-
gesetzen)

Zu Nummer 1 (Lebenspartnerschaftsgesetz)

Durch Einführung eines neuen Abschnitts soll den bereits
eingetragenen Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern er-
möglicht werden, eine Ehe zu schließen, ohne dass sie zum
einjährigen Getrenntleben und zur darauf folgenden Aufhe-
Auch in europäischen Staaten wurden bei der Öffnung der
Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ähnliche Gegenargu-

bung der Lebenspartnerschaft gezwungen werden, was eine
unbillige Härte darstellen würde.

Transsexuellen, die nach erfolgter Vornamensänderung eine
Ehe eingehen, die Vornamensänderung automatisch unwirk-
sam wird. Mit dieser Regelung sollte der Anschein einer
gleichgeschlechtlichen Ehe verhindert werden. Mit der Öff-
nung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist der gesetz-
geberische Grund für diese Regelung entfallen, so dass auch
§ 7 Absatz 1 Nummer 3 TSG ersatzlos zu streichen ist.

Zu Nummer 4 (Einführungsgesetz
zum Bürgerlichen Gesetzbuche)

Mit der Streichung des bisherigen Artikels 17b Absatz 4
entfällt die nicht mehr erforderliche Kappungsregelung für

C-147/08; BVerfGE 124, 199; BVerfG 1 BvR 611 u. 2464/
07) hingewiesen und sie als europarechts- und verfassungs-
rechtswidrig bewertet haben, rückwirkend beseitigt. Dies
bedeutet, dass bestimmte sozial- und steuerrechtliche Ent-
scheidungen neu getroffen werden müssen.

Zu Absatz 3

Da mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
der Bedarf entfällt, das Rechtsinstitut der eingetragenen Le-
benspartnerschaft weiter für Neueintragungen offen zu hal-
ten, wird die Neueintragung nicht mehr möglich sein.
Drucksache 17/6343 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Nummer 2 (Personenstandsgesetz)

Zu Buchstabe a

Die neue Überschrift des Kapitels 4 entspricht dessen um
den § 17a (Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine
Ehe und ihre Beurkundung) ergänzten Inhalt.

Zu Buchstabe b

Absatz 1 bestimmt, dass die Lebenspartnerinnen und Le-
benspartner das Bestehen ihrer Lebenspartnerschaft durch
öffentliche Urkunden nachweisen müssen, um die Um-
wandlung ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe anzumel-
den. Absatz 2 schreibt ferner vor, dass für das Verfahren die
Bestimmungen des Personenstandsgesetzes zur Eheschlie-
ßung (Kapitel 3 Abschnitt 1) mit wenigen Ausnahmen ent-
sprechend gelten. Zu den Ausnahmen zählen der Verzicht
auf die Prüfung der Ehevoraussetzungen nach § 13, sowie
der Verzicht auf den Nachweis der Auflösung bisheriger
Ehen und Lebenspartnerschaften, die bereits vor der Be-
gründung der Lebenspartnerschaft erfolgten.

Zu Nummer 3 (Transsexuellengesetz)

In § 7 Absatz 1 Nummer 3 TSG wird bestimmt, dass bei

die im Ausland eingetragenen Lebenspartnerschaften. Mit
der neuen Überschrift wie der Neufassung des Artikels 17b
Absatz 4 werden die Kollisionsvorschriften für Lebenspart-
nerschaften auf gleichgeschlechtliche Ehen entsprechend
angewandt.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Zu Absatz 1

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Im Hin-
blick auf nötige Vorarbeiten bei den Standesämtern soll es
für den 1. Januar 2012 bestimmt werden.

Zu Absatz 2

Nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe
haben die Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner die glei-
chen Rechte und Pflichten, als ob sie am Tag der Begrün-
dung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Damit wird
die bestehende Ungleichbehandlung eingetragener Lebens-
partnerinnen und Lebenspartner mit Ehegatten, auf die be-
reits mehrmals sowohl europäische als auch deutsche Ge-
richte (EuGH Rs. Maruko – C-267/06; EuGH Rs. Römer –

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