BT-Drucksache 17/5818

Pendlerpauschale in sozial gerechtes Pendlergeld umwandeln und erhöhen

Vom 12. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5818
17. Wahlperiode 12. 05. 2011

Antrag
der Abgeordneten Klaus Ernst, Herbert Behrens, Heidrun Bluhm,
Matthias W. Birkwald, Dr. Martina Bunge, Werner Dreibus, Nicole Gohlke,
Dr. Rosemarie Hein, Inge Höger, Ulla Jelpke, Dr. Lukrezia Jochimsen,
Harald Koch, Jutta Krellmann, Katrin Kunert, Sabine Leidig, Dr. Gesine Lötzsch,
Thomas Lutze, Cornelia Möhring, Thomas Nord, Jens Petermann, Yvonne Ploetz,
Ingrid Remmers, Paul Schäfer (Köln), Kathrin Senger-Schäfer, Sabine Stüber,
Frank Tempel, Alexander Ulrich, Sahra Wagenknecht, Harald Weinberg,
Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Pendlerpauschale in sozial gerechtes Pendlergeld umwandeln und erhöhen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Menschen mit niedrigen Einkommen, die wenig oder keine Lohnsteuer zah-
len, werden durch die geltenden Bestimmungen zur Pendlerpauschale (Ent-
fernungspauschale) schlechtergestellt. Sie können ihre Fahrtkosten nur teil-
weise oder gar nicht von der Steuer absetzen und müssen die Fahrtkosten
aus ihren Einkommen begleichen. Diese Benachteiligung ist zu beenden.

2. Die in den letzten Monaten rasant gestiegenen Kraftstoffpreise verteuern die
Lebenshaltungskosten der Pendlerinnen und Pendler spürbar. Dies gilt ins-
besondere für Erwerbstätige mit geringem Einkommen. In der Folge müssen
die Menschen immer mehr für den Weg zur Arbeit ausgeben, ihnen bleibt
weniger Nettoeinkommen vom Bruttoeinkommen. Deshalb muss die Neu-
gestaltung der Entfernungspauschale mit einer höheren Entlastung der Pend-
lerinnen und Pendler einhergehen. Ziel ist, die Preissteigerung auszuglei-
chen und so das Nettoeinkommen der Beschäftigten zu erhöhen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

ein Gesetzentwurf vorzulegen, der vorsieht,

1. die Pendlerpauschale (Entfernungspauschale) in ein Pendlergeld umzuwan-
deln, das einen festen Auszahlbetrag je Kilometer vorsieht. Dieser Betrag
wird von der Steuerschuld statt wie bisher vom zu versteuernden Einkom-
men abgezogen. Damit erhält jeder und jede Steuerpflichtige unabhängig
von der Höhe des Einkommens den gleichen Betrag je Kilometer erstattet.

Erwerbstätige mit geringem Einkommen, bei denen das ihnen zustehende
Pendlergeld die Steuerschuld übersteigt, erhalten den Differenzbetrag direkt
ausgezahlt;

2. als Einstieg den Kilometerbetrag für das Pendlergeld so hoch anzusetzen,
dass damit die Preissteigerungen bei den Kraftstoffpreisen seit dem Jahr
2004 ausgeglichen werden. In der bisher gültigen Systematik der Pendler-

Drucksache 17/5818 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

pauschale müsste diese zum Ausgleich des Preisanstiegs auf 45 Cent pro
Kilometer steigen. Die Einstiegshöhe des Pendlergeldes sollte sich an der
Steuerentlastung orientieren, die sich für eine Arbeitnehmerin oder einen
Arbeitnehmer mit Durchschnittsverdienst bei einer Erhöhung der bisherigen
Pendlerpauschale auf 45 Cent ergeben würde. Danach läge das Pendlergeld
bei 13 Cent je Kilometer.

Berlin, den 12. Mai 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

1. Für Erwerbstätige mit geringem Einkommen entfaltet die geltende Pendler-
pauschale, im Steuerrecht Entfernungspauschale genannt, kaum oder keine
Wirkung. Ursache ist, dass die Pendlerpauschale lediglich das zu versteu-
ernde Einkommen reduziert. Je höher letzteres ist, umso höher fällt aufgrund
des progressiven Tarifverlaufs der Einkommensteuer die steuerliche Entlas-
tung aus. Steuerpflichtige mit hohem Einkommen profitieren daher stärker
von der Pendlerpauschale.

An der steuerlichen Berücksichtigung von Fahrtkosten zur Arbeitsstätte
führt dennoch kein Weg vorbei. Das gebietet zumindest das Gerechtigkeits-
prinzip der Besteuerung nach der ökonomischen Leistungsfähigkeit. Nach
diesem Prinzip sind alle beruflich bedingten Kosten, die so genannten Wer-
bungskosten, kein Bestandteil des steuerpflichtigen Einkommens und müs-
sen daher von den Einkünften von Vornherein abgezogen werden. Fahrtkos-
ten zur Arbeitsstätte sind eindeutig Werbungskosten, denn Pendeln ist zur
Arbeitsaufnahme und Einkommenserzielung notwendig. Es bedarf daher
einer steuerrechtlichen Lösung, die dafür sorgt, dass Manager und Manage-
rinnen mit einem Jahreseinkommen von mehreren Mio. Euro über die Pend-
lerpauschale nicht auch noch die höchste Steuerentlastung erhalten, während
Geringverdienende auf den Mehrkosten der Mobilität sitzen bleiben.

2. Die Preise für Kraftstoffe steigen seit Jahren. Seit 2004 sind die Benzin-
preise um 50 Prozent gestiegen. Auch die Preise für den öffentlichen Per-
sonennahverkehr und den Bahnverkehr steigen kontinuierlich.

In der Folge müssen die Menschen immer mehr für den Weg zur Arbeit
ausgeben. Seit dem Jahr 2004 liegt die Pendlerpauschale (Entfernungs-
pauschale) bei 30 Cent pro Kilometer. Seither wurde die Pauschale nicht an
die Preisentwicklung angepasst. Zum Ausgleich der Preissteigerung müsste
die alte Pendlerpauschale auf 45 Cent je Kilometer angehoben werden.

Die Einstiegshöhe des Pendlergeldes orientiert sich daher an der Steuerent-
lastung, die sich für die Pendlerin oder den Pendler mit einem durchschnitt-
lichen Verdienst bei der Erhöhung der bisherigen Pendlerpauschale auf
45 Cent ergeben würde. Das durchschnittliche zu versteuernde Einkommen
für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beträgt bei Einzelveranlagung
22 670 Euro und bei Anwendung des Splittingtarifs 42 550 Euro. Das ent-
spricht einem persönlichen Steuersatz von rund 28 Prozent. Danach läge die
Einstiegshöhe des Pendlergeldes bei 13 Cent je Kilometer (28 Prozent Steu-
erentlastung bei 45 Cent Pendlerpauschale = 12,6 Cent, aufgerundet 13 Cent
Pendlergeld).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5818

Aufgrund vielfach mangelnder Angebote des öffentlichen Personennahver-
kehrs und der immer weiteren Ausdünnung der Bahn in der Fläche ist eine
große Anzahl der Pendlerinnen und Pendler auf das eigene Auto als Ver-
kehrsmittel angewiesen, mit schädlichen Folgen für Klima und Umwelt. Die
notwendigen Entlastungen der Pendlerinnen und Pendler durch das Pendler-
geld müssen deshalb mit dem ökologisch verantwortlichen Ausbau des
öffentlichen Personennahverkehrs sowie des Regional- und Fernverkehrs
der Bahn einhergehen.

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