BT-Drucksache 17/4844

Mitgliedschaft in der International Organisation of Social Tourism

Vom 22. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4844
17. Wahlperiode 22. 02. 2011

Antrag
der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens,
Karin Binder, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Roland Claus, Katrin Kunert,
Caren Lay, Sabine Leidig, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze,
Kornelia Möller, Jens Petermann, Ingrid Remmers, Kersten Steinke,
Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann, Jörn Wunderlich
und der Fraktion DIE LINKE.

Mitgliedschaft in der International Organisation of Social Tourism

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

umgehend einen Antrag auf Mitgliedschaft in der International Organisation of
Social Tourism (OITS) zu stellen und dort aktiv mitzuarbeiten.

Berlin, den 22. Februar 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Eine Mitgliedschaft in der International Organisation of Social Tourism (OITS)
eröffnet der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit der direkten Ein-
flussnahme auf die Fortentwicklung des Sozialtourismus auf europäischer
Ebene, das Kennenlernen guter Praxisbeispiele in anderen Staaten sowie die
Nutzung dieser Beispiele auf nationaler Ebene.

Die International Organisation of Social Tourism (OITS), die Internationale Or-
ganisation für Sozialtourismus, wurde 1963 gegründet. Ihre Initiativen und Er-
fahrungen fanden Eingang in den Ethikcodex der Welttourismusorganisation
(UNWTO), in dem es in Artikel 7 heißt:

„1. Die Aussicht auf den unmittelbaren und persönlichen Zugang zur Ent-
deckung und zum Genuss der Ressourcen des Planeten ist ein Recht, das
allen Bewohnern der Welt in gleicher Weise offen steht; die zunehmend

extensive Beteiligung am nationalen und internationalen Tourismus sollte als
eine der bestmöglichen Formen der Nutzung der ständig zunehmenden
Freizeit angesehen und es sollten ihr keine Hindernisse in den Weg gelegt
werden.

Drucksache 17/4844 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Das universelle Recht auf Tourismus muss als Folge des Rechts auf Erholung
und Freizeit einschließlich einer vernünftigen Begrenzung der Arbeitszeit
und des regelmäßigen bezahlten Urlaubs angesehen werden, das in Artikel 24
der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und Artikel 7. d des Inter-
nationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte garan-
tiert wird;

3. Sozialtourismus, und besonders assoziativer Tourismus, der den breiten Zu-
gang zu Freizeit, Reisen und Urlaub erleichtert, sollte von den öffentlichen
Behörden gefördert und entwickelt werden.

4. Familien-, Jugend-, Studenten- und Seniorentourismus und Tourismus für
Behinderte sollte gefördert werden.“

Die Bundesregierung stellt in ihren Tourismuspolitischen Leitlinien
(www.bmwi.de) fest: „Ziel der Bundesregierung ist die Teilhabe aller Bevölke-
rungskreise am Tourismus. Auch Menschen mit gesundheitlichen, sozialen und
finanziellen Einschränkungen sollen reisen können.“

In seiner Stellungnahme zum „Sozialtourismus in Europa“ (2006/C 318/12)
stellt der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss u. a. fest:

,Alle Menschen, selbst die am stärksten benachteiligten, benötigen in täglichen,
wöchentlichen und jährlichen Abständen Erholung, Freizeit und Zeit zur Re-
generation von der Arbeit, und sie haben einen Anspruch darauf. So ist der
Sozialtourismus für das Bureau International du Tourisme Social (BITS) „die
Gesamtheit aller Bezüge und Phänomene, die sich aus der Beteiligung von so-
zialen Schichten mit niedrigen Einkünften am Tourismus ergeben, sofern diese
Beteiligung durch Maßnahmen mit klar definierter sozialer Zielsetzung ermög-
licht wurde“. (…)

Somit kann man – ohne genau definieren zu wollen, was Sozialtourismus ist,
und davon ausgehend, dass alle ein Recht auf Tourismus haben, das es konkret
umzusetzen gilt – feststellen, dass es sich um Sozialtourismus handelt, wenn
drei Voraussetzungen erfüllt sind:

– völlige oder teilweise Unfähigkeit, sein Recht auf Tourismus frei auszuüben;
dies kann durch die wirtschaftlichen Verhältnisse, eine körperliche oder
geistige Behinderung, persönliche oder familiäre Isolation, eingeschränkte
Mobilität, geographische Schwierigkeiten oder sonstige Gründe bedingt
sein, die ein wirkliches Hindernis darstellen;

– Vorhandensein einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, eines Unterneh-
mens, einer Gewerkschaft oder einfach einer organisierten Personengruppe,
die sich dafür einsetzt, dieses Hindernis zu überwinden, damit die betref-
fende Person ihr Recht auf Tourismus wahrnehmen kann;

– tatsächliche Umsetzung dieser Maßnahme und Beitrag dazu, dass eine Per-
sonengruppe nach den Bedingungen und Werten der Nachhaltigkeit, Zu-
gänglichkeit und Solidarität eine touristische Aktivität unternimmt. (…)

Ebenso wie der Tourismus im Allgemeinen eine Aktivität ist, die verschiedene
Sektoren, Branchen und Wirtschaftsentwicklungsbereiche miteinander verbin-
det, umfasst der Sozialtourismus alle Initiativen, die Personen mit besonderen
Schwierigkeiten Zugang zum Tourismus verschaffen, woraus sich gleichzeitig
positive Auswirkungen sozialer und wirtschaftlicher Art ergeben, die ebenfalls
verschiedene Sektoren, Branchen, Gruppen und Bereiche betreffen.‘ (Amtsblatt
der Europäischen Union vom 23.12.2006 C 318/67).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4844

Der Organisation gehören weltweit 140 Mitglieder aus dem Bereich des Touris-
mus an, darunter die Staaten Griechenland, Italien, Polen, Belgien, Frankreich,
Schweiz, Türkei, Portugal, Spanien, Mexiko. Diese Staaten haben zwischen-
zeitlich gute Erfahrungen mit ihrem Engagement im Bereich Sozialtourismus
gemacht. Es hat sich gezeigt, dass Sozialtourismus auch ein eigener Wirt-
schaftsfaktor und in der Lage ist, die Saisonzeiten in der Tourismuswirtschaft
zu verlängern bzw. zu beseitigen.

Das Bureau International du Tourisme Social (BITS) wurde während der Kon-
ferenz in Rimini vom 19. bis 23. September 2010 in OITS umbenannt.

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