BT-Drucksache 17/2930

Die Lage auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt 20 Jahre nach der Einheit

Vom 14. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2930
17. Wahlperiode 14. 09. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Jutta Krellmann, Diana Golze, Dr. Dietmar
Bartsch, Matthias W. Birkwald, Roland Claus, Heidrun Dittrich, Werner Dreibus,
Klaus Ernst, Katja Kipping, Katrin Kunert, Caren Lay, Dr. Gesine Lötzsch, Cornelia
Möhring, Kornelia Möller, Jens Petermann, Kersten Steinke, Sabine Stüber,
Dr. Kirsten Tackmann, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Die Lage auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt 20 Jahre nach der Einheit

Die Bilanz der deutschen Einheit wird im Osten und im Westen 20 Jahre nach
dem 3. Oktober 1990 sehr unterschiedlich bewertet. Dabei spiegeln sich beson-
ders auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt die Auswirkungen der voranschreiten-
den Deindustrialisierung wider. Im August 2010 gab es 224 434 Arbeitslosen-
geldbezieherinnen und -bezieher und 1,62 Millionen erwerbsfähige Leistungs-
empfängerinnen und -empfänger im ALG-II-Bezug. Diesen standen 51 137 so-
fort zu besetzende sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen gegenüber.

Menschen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Wende ihre Arbeit ver-
loren haben und seitdem arbeitslos sind, eine Reihe von Qualifizierungs- und
Marktersatzmaßnahmen über die Jahre durchlaufen und doch keine Chance auf
dem Arbeitsmarkt haben, sind in den neuen Bundesländern keine Seltenheit.
Das Lohnniveau der neuen Länder liegt in den meisten Branchen immer noch
deutlich unter dem der alten. Viele ostdeutsche Regionen sind von einer struktu-
rellen Erwerbslosigkeit geprägt. Langzeiterwerbslosigkeit und fehlende beruf-
liche Perspektiven sind die prägende Erfahrung des Alltags vieler Ostdeutscher.
Viele Kommunen sind gezeichnet von einem anhaltenden Abwanderungspro-
zess vor allem junger und gut ausgebildeter Menschen, überwiegend junger
Frauen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie schätzt die Bundesregierung die Entwicklung des ostdeutschen Arbeits-
marktes der vergangenen 20 Jahre ein?

2. Wie hat sich die Arbeitslosigkeit seit Januar 1991 in Jahreszahlen und Ar-
beitslosenquote in den westdeutschen Bundesländern und in den ostdeut-
schen Bundesländern entwickelt?

Welchen Einfluss hatten bzw. haben die demografische Entwicklung und die
Abwanderung von Erwerbspersonen auf die Arbeitslosigkeit in Ostdeutsch-

land?

3. Wie haben sich die Langzeitarbeitslosigkeit und ihr Anteil an der Gesamt-
arbeitslosigkeit seit Januar 1991 in Jahresscheiben in den westdeutschen
Bundesländern und in den ostdeutschen Bundesländern in Jahresscheiben
entwickelt?

Drucksache 17/2930 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Welches Qualifikationsniveau spiegelt sich in der Erwerbslosigkeit im Ver-
gleich Ost/West seit der Herstellung der deutschen Einheit wider?

a) Wie hoch ist der Anteil der Hoch- und Fachschulabsolventen an den
Arbeitslosen (Arbeitsförderungsgesetz/Drittes Buch Sozialgesetzbuch –
SGB III), unterschieden nach Ost und West in den Jahresscheiben 1991
bis August 2010?

b) Wie hoch ist der Anteil der Arbeitslosen mit Berufsabschluss bzw. der
Facharbeiter (Arbeitsförderungsgesetz/SGB III), unterschieden nach Ost
und West in den Jahresscheiben 1991 bis August 2010?

c) Wie hoch ist der Anteil der an- und ungelernten Arbeitslosen (Arbeitsför-
derungsgesetz/SGB III), unterschieden nach Ost und West in den Jahres-
scheiben 1991 bis August 2010?

5. Wie hat sich das Qualifikationsniveau von Langzeiterwerbslosen entwickelt
im Vergleich Ost/West seit der Herstellung der deutschen Einheit entspre-
chend den Qualifikationsstufen in der Gliederung der Fragen 4a bis 4c?

6. Wie hat sich die Anzahl der Ein- und Auspendler zwischen den alten und
den neuen Bundesländern seit Januar 1991 bis August 2010 in Jahresschei-
ben absolut und relativ (Relation zwischen Anzahl der Auspendler und Be-
schäftigten am Wohnort in Prozent) entwickelt?

7. Wie hat sich die Erwerbstätigkeit in den alten und neuen Bundesländern in
der Zeitspanne 1991 bis 2010 entwickelt (bitte untergliedert nach sozialver-
sicherungspflichtiger Beschäftigung und aufgeschlüsselt nach insgesamt,
privaten Arbeitgebern, öffentlichem Dienst) in Vollzeit und Teilzeit, Mini-
jobs, befristeten Arbeitsverhältnissen, Leiharbeit, selbstständiger Tätigkeit?

8. Wie hat sich die Differenz des Lohnniveaus zwischen den alten und den
neuen Bundesländern in den vergangenen 20 Jahren entwickelt?

Welches sind die zehn Branchen mit den größten bzw. kleinsten Lohnunter-
schieden (bitte jeweiligen Lohnabstand angeben)?

9. Wie hat sich die Niedriglohnschwelle in den vergangenen 20 Jahren ge-
trennt nach alten und neuen Bundesländern entwickelt (bitte nach Bundes-
ländern einzeln aufführen), und welche Ursachen gibt es für diese Entwick-
lung?

10. Wie hat sich die Zahl der so genannten Aufstocker (erwerbstätige Leis-
tungsbezieher nach SGB II) seit 2005, unterschieden nach alten und neuen
Bundesländern, entwickelt (bitte auch den Anteil an sozialversicherungs-
pflichtig Beschäftigten insgesamt angeben)?

Wie hat sich die Anzahl der Empfängerinnen und Empfänger des Kinder-
zuschlages seit dessen Einführung getrennt nach alten und neuen Bundes-
ländern entwickelt?

11. In welchem Umfang sind in den vergangenen 20 Jahren (in Jahresscheiben)
Arbeitsplätze von Ost nach West und umgekehrt verlagert worden?

12. In welchem Umfang wurden in den vergangenen 20 Jahren (in Jahresschei-
ben) in den einzelnen Bundesländern Landes- und Bundesmittel zur arbeits-
marktpolitischen Förderung bereitgestellt, und wie wurden diese in An-
spruch genommen?

13. Wie hat sich in den vergangenen 20 Jahren das Verhältnis der aktiven und
passiven Arbeitsmarktpolitik in den neuen und in den alten Bundesländern
entwickelt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2930

14. Welche wichtigsten positiven und negativen Effekte sieht die Bundesregie-
rung bei der Entwicklung des Einsatzes arbeitsmarktpolitischer Maßnah-
men in den alten Bundesländern, in den neuen Bundesländern und gesamt-
gesellschaftlich?

15. Wie hat sich die Arbeitszufriedenheit in den alten Bundesländern und in den
neuen Bundesländern in den vergangenen 20 Jahren entwickelt?

16. Wie hat sich die Unternehmensstruktur in den neuen Bundesländern gegen-
über den alten Bundesländern entwickelt,

a) dargestellt anhand der Rechtsform (z. B. AG, KG, GmbH, Einzelunter-
nehmen u. a.) und dem Sitz des Mehrheitseigners (Inland Ost/West, Aus-
land),

b) dargestellt anhand der Unternehmensgröße?

17. Wie hoch ist die Forschungs- und Entwicklungsintensität ostdeutscher Un-
ternehmen im Vergleich zu westdeutschen, bzw. wie hoch ist der Anteil ost-
deutscher Unternehmen mit eigenem FuE- Bereich (FuE – Forschung und
Entwicklung) im Vergleich zu westdeutschen Unternehmen?

18. Wie schätzt die Bundesregierung die Entwicklung der ostdeutschen Wirt-
schaftsstruktur im Vergleich zur westdeutschen seit der Einheit hinsichtlich
sektoraler Zusammensetzung, Branchenstruktur, Wachstumskernen, Pro-
duktivität, Arbeitskosten ein?

Berlin, den 13. September 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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