BT-Drucksache 17/2913

Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskredite verbrauchergerecht deckeln

Vom 14. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2913
17. Wahlperiode 14. 09. 2010

Antrag
der Abgeordneten Caren Lay, Harald Koch, Dr. Axel Troost, Dr. Dietmar Bartsch,
Herbert Behrens, Karin Binder, Matthias W. Birkwald, Roland Claus, Dr. Barbara
Höll, Ralph Lenkert, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Richard Pitterle, Michael
Schlecht, Kersten Steinke, Sabine Stüber, Sahra Wagenknecht und der Fraktion
DIE LINKE.

Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskredite verbrauchergerecht deckeln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Kreditinstitute reichen die billigen Kredite, die sie von der Europäischen Zen-
tralbank bekommen, nicht an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiter. Sie
versuchen, die Kosten der Finanz- und Wirtschaftskrise zu Lasten der Kund-
schaft wettzumachen. Zugleich ist das Problem nicht neu: Seit Jahren passen
Kreditinstitute ihre Kreditzinssätze nur teilweise und stark verzögert oder gar
nicht an sinkende Leitzinssätze an. Das gilt besonders für die ohnehin ver-
gleichsweise teuren Dispo- und Überziehungskredite.

Hohe Dispo- und Überziehungszinsen sind besonders problematisch, weil viele
Menschen diesen Kleinkredit dauerhaft nutzen. Hauptgrund dafür ist der Ver-
such, Einkommenseinbußen, die etwa mit Arbeitslosigkeit einhergehen, auszu-
gleichen. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher sind finanziell nicht in der
Lage, zeitnah aus dem Dispo herauszukommen.

Mit Inkrafttreten der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie seit dem
11. Juni 2010 müssen Kreditinstitute einen Vergleichszins angeben, damit Zins-
satzänderungen nachvollziehbar sind. Eine klare Obergrenze fehlt jedoch wei-
terhin. Somit besteht die Gefahr, dass Kreditinstitute die Verbraucherkreditricht-
linie dazu nutzen, den aktuellen Rekordabstand zum Vergleichszins dauerhaft
festzuschreiben: Das Unrecht der Vergangenheit droht zum Maßstab für die Zu-
kunft zu werden.

Die hohen Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskredite sind ein eindeu-
tiges Zeichen von Marktversagen. Das macht Regulierung erforderlich.

Drucksache 17/2913 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem

● der Zinssatz für eingeräumte Dispositionskredite von Verbraucherinnen und
Verbrauchern auf maximal 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz und

● der Zinssatz für geduldete Überziehungskredite von Verbraucherinnen und
Verbrauchern auf maximal 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz gedeckelt
wird.

Berlin, den 13. September 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

777 Mio. Euro haben Verbraucherinnen und Verbraucher allein von Dezember
2008 bis April 2010 durch überhöhte Dispo- und Überziehungszinsen verloren.
Das ergab eine Erhebung der Verbraucherzentrale Bremen. Grundlage der Be-
rechnung war die fehlende Weitergabe des gesunkenen Leitzinssatzes, zu dem
Kreditinstitute sich untereinander Geld leihen: Obwohl der Drei-Monats-Euribor
(European Interbank Offered Rate) um 4 Prozentpunkte gefallen ist, sank der
durchschnittliche Zinssatz für eingeräumte Dispositions- und geduldete Überzie-
hungskredite lediglich um 1,7 Prozentpunkte.

Dispositions- und Überziehungskredite gehören zu den teuersten Krediten, ob-
wohl sie für Kreditinstitute ein vergleichsweise geringes Risiko darstellen.
Denn anders als langfristige Kredite sind sie jederzeit kündbar. Daher fordert die
Finanzaufsicht im Gegensatz zu anderen Krediten keinerlei Eigenkapitalunter-
legung.

Die Zinssatzdeckelung von 5 bzw. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ge-
währleistet, dass regulär eingeräumte Dispositionskredite nicht höher verzinst
werden als Zahlungsverzug. Denn der Zinssatz bei Zahlungsverzug ist für Ver-
braucherinnen und Verbraucher gesetzlich bereits auf 5 Prozentpunkte über dem
Basiszinssatz festgelegt (§ 288 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Für
Dispositions- und Überziehungskredite fehlt bisher eine angemessene Regelung
zur Zinssatzbegrenzung. Die Deckelung würde aktuell einen Dispozinssatz von
5,12 Prozent bedeuten. Der Überziehungszinssatz würde derzeit 8,12 Prozent
betragen.

Eine Zinssatzdeckelung erlaubt weiterhin, unterschiedlich hohen Risiken durch
unterschiedliche Zinssätze Rechnung zu tragen. Ebenso berücksichtigt die Zins-
bindung an den Basiszinssatz die allgemeine Zinsentwicklung. Zugleich werden
Zinsexzesse unterbunden.

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