BT-Drucksache 17/2350

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates -Drucksache 17/1462- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 33 des Gerichtsverfassungsgesetzes

Vom 30. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2350
17. Wahlperiode 30. 06. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 17/1462 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 33 des Gerichtsverfassungsgesetzes

A. Problem

1. Das Ehrenamt eines Schöffen kann grundsätzlich von jedem erwachsenen
deutschen Staatsangehörigen ausgeübt werden (§ 31 des Gerichtsverfassungsge-
setzes – GVG). Die Schöffen wirken dabei als gesetzliche Richter im Sinne des
Grundgesetzes an der Entscheidungsfindung mit. Im Hinblick auf diese verfas-
sungsrechtliche Garantie bedarf es zum Ausschluss ungeeigneter Schöffen vom
Schöffenamt einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. In § 33 GVG sind be-
reits Fälle geregelt, in denen eine Person zum Amt eines Schöffen nicht berufen
werden soll. Darüber hinaus kann ein bereits ernannter Schöffe gemäß § 52 Ab-
satz 1 Nummer 2 GVG von der Schöffenliste gestrichen werden, wenn die Vor-
aussetzungen des § 33 GVG vorliegen.

Der Gesetzentwurf zu § 33 GVG sieht vor, dass zum Schöffen nicht berufen
werden soll, wer nicht über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache ver-
fügt. Mit dieser Änderung wird die Streichung eines Schöffen von der Schöffen-
liste ermöglicht.

2. Im Bereich des Maßregelvollstreckungsrechts können Oberlandesgerichte in
der grundlegenden Frage der Erledigterklärung einer Sicherungsverwahrung
oder der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus rechtlich vonein-
ander abweichende Entscheidungen treffen – zum Beispiel bei der Berücksich-
tigung einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
(EGMR) im Rahmen des nationalen Rechts. Im geltenden Recht ist eine Ent-
scheidung des Bundesgerichtshofs, die zu einer bundeseinheitlichen Klärung
führen würde, nicht vorgesehen.

B. Lösung
Annahme des Gesetzentwurfs mit Änderungen. Insbesondere ist eine Neufas-
sung des § 121 Absatz 2 GVG vorgesehen, der eine Vorlagepflicht eines letzt-
instanzlich zuständigen Oberlandesgerichtes im Maßregelvollstreckungsrecht
bei abweichenden Entscheidungen über die Erledigterklärung einer Sicherungs-
verwahrung oder Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ein-
führt.

Drucksache 17/2350 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

E. Bürokratiekosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2350

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/1462 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

1. Der Titel wird wie folgt gefasst:

„Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes“.

2. Artikel 1 wird wie folgt gefasst:

,Artikel 1

Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Das Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom
9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird
wie folgt geändert:

a) § 33 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 4 werden die Wörter „zu dem“ durch die Wörter „für das“
ersetzt.

bb) Nach Nummer 4 wird folgende Nummer 5 eingefügt:

„5. Personen, die mangels ausreichender Beherrschung der deutschen
Sprache für das Amt nicht geeignet sind;“.

cc) Die bisherige Nummer 5 wird Nummer 6.

b) In § 109 Absatz 3 Satz 2 wird die Angabe „5“ durch die Angabe „6“
ersetzt.

c) § 121 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1. nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer
nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,

2. nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergange-
nen Entscheidung oder

3. nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatri-
schen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstrek-
kung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung

eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bun-
desgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof
vorzulegen.“‘

Berlin, den 30. Juni 2010

Der Rechtsausschuss

Siegfried Kauder
(Villingen-Schwenningen)
Vorsitzender

Ansgar Heveling
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Christine Lambrecht
Berichterstatterin
Jens Petermann
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

ren relevant werden könne, oder gar dessen vollständigen
Bedeutungsgehalt präsent haben müsse. Ein solches Ver-

Rechtsprechung bei den Folgeentscheidungen bisher nicht
gewährleistet, denn bei Entscheidungen über die Erledigt-
ständnis würde zu Unrecht wie eine Anforderung an weiter-
gehendes Wissen oder generelle intellektuelle Fähigkeiten
wirken und damit in nicht gewollter Weise den Kreis poten-
tieller Bewerberinnen und Bewerber für das Schöffenamt

erklärung einer Sicherungsverwahrung oder einer Unter-
bringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine
Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die zu einer bundes-
einheitlichen Klärung der Rechtsfrage führen würde, nicht
Drucksache 17/2350 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ansgar Heveling, Jörg van Essen, Christine Lambrecht,
Jens Petermann und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/1462 in seiner 46. Sitzung am 10. Juni 2010 beraten und
an den Rechtsausschuss zur Beratung überwiesen.

II. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 16. Sitzung
am 16. Juni 2010 beraten und beschlossen, ein erweitertes
Berichterstattergespräch durchzuführen, das am 28. Juni
2010 stattfand. In seiner 19. Sitzung am 30. Juni 2010 hat der
Rechtsausschuss die Vorlage abschließend beraten und mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung der Beschluss-
empfehlung empfohlen. Zuvor hatte er über den der Be-
schlussempfehlung zugrundeliegenden Änderungsantrag der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP im Einzelnen abge-
stimmt. Für die Annahme des Punktes 1 (Änderung des
Titels) stimmten die Fraktionen CDU/CSU, FDP, SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. Für die Annahme der Nummern 2a
und 2b des Änderungsantrags (Änderung bezüglich der §§ 33
und 109 GVG) stimmten die Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD. Für die Annahme der Nummer 2c des Än-
derungsantrages (Änderung des § 121 GVG – Divergenzvor-
lage) stimmten die Fraktionen CDU/CSU, FDP, SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE.

Die Bundesregierung erklärte, das mit dem Wort „Beherr-
schung“ der deutschen Sprache zum Tragen kommende ak-
tive Element sei mit Blick auf die hohe Verantwortung, die
den Schöffen bei ihrer Tätigkeit im Strafprozess zukomme,
zu sehen. Schöffen müssten über Sprachkenntnisse verfü-
gen, die sie in die Lage versetzen, sowohl dem Verhand-
lungsgeschehen zu folgen – also das gesprochene Wort (pas-
siv) zu verstehen – als auch den eigenen Standpunkt
insbesondere bei der Urteilsberatung (aktiv) einbringen zu
können. Letzteres dürfe nicht an mangelnder Sprachfertig-
keit scheitern. Hingegen seien mit dem „Beherrschen der
deutschen Sprache“ keine Anforderungen verbunden, die
darauf gerichtet wären, dass ein Schöffe Fachvokabular be-
herrsche, das zum Beispiel in einem Wirtschaftsstrafverfah-

Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer
Stellung angemessen berücksichtigt werden sollen.

III. Zur Begründung der Beschlussempfehlung
Im Folgenden werden lediglich die vom Rechtsausschuss
beschlossenen Änderungen gegenüber der ursprünglichen
Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss
den Gesetzentwurf unverändert übernommen hat, wird hin-
sichtlich der jeweiligen Begründung auf Drucksache 17/
1462, S. 6 verwiesen. Die vorgeschlagenen Änderungen
werden wie folgt begründet:

1. Allgemeines

Die Änderungen in Nummer 2 Buchstabe a und b betreffen
die im Entwurf in Artikel 1 vorgesehene Neuregelung von
§ 33 (GVG) sowie Folgeänderungen. Diese Änderungen
sind im Wesentlichen rechtstechnischer und redaktioneller
Art.

Darüber hinaus ist in Nummer 2 Buchstabe c eine Neufas-
sung von § 121 Absatz 2 GVG vorgesehen. Dies hat folgen-
den Hintergrund:

Die freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Si-
cherung in der Form der Sicherungsverwahrung – §§ 66 bis
66b des Strafgesetzbuchs (StGB) sowie inzwischen auch § 7
Absatz 2 bis 4 und § 106 Absatz 3 bis 7 des Jugendgerichts-
gesetzes (JGG) – und der Unterbringung in einem psychia-
trischen Krankenhaus (§ 63 StGB) haben in den letzten Jah-
ren an Bedeutung gewonnen. Wesentlicher Zweck dieser
Maßregeln ist der Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen
Tätern durch eine zeitlich nur durch den Zweck der Maßre-
gel begrenzte, ansonsten aber grundsätzlich unbefristete
Freiheitsentziehung.

Im Erkenntnisverfahren hat der Gesetzgeber im Hinblick auf
die Schwere des mit einer dauerhaften Unterbringung ver-
bundenen Grundrechtseingriffs die Entscheidungen über die
Anordnung der Sicherungsverwahrung den Landgerichten
gemäß § 24 Absatz 1 Nummer 2, § 74 Absatz 1 Satz 2 GVG
übertragen. Darüber hinaus haben gemäß § 275a der Straf-
prozessordnung (StPO) die Erkenntniskammern auch die
Entscheidungen im Nachverfahren über die Anordnung der
nachträglichen Sicherungsverwahrung und die Entschei-
dung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach
Vorbehalt zu treffen. Hiermit ist sichergestellt, dass der Bun-
desgerichtshof als Revisionsinstanz zuständig ist und des-
halb schnell eine höchstrichterliche Rechtsprechung erlangt
werden kann.

Im Maßregelvollstreckungsrecht ist diese Einheitlichkeit der
beschränken. Eine solche Einschränkung stünde auch im Wi-
derspruch zu § 36 Absatz 2 GVG, wonach alle Gruppen der

vorgesehen. Die Entscheidung über die Dauer einer Unter-
bringung im Rahmen von freiheitsentziehenden Maßregeln

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/2350

der Besserung und Sicherung obliegt der Strafvollstreckungs-
kammer oder dem Gericht des ersten Rechtszuges (zum gel-
tenden Recht vgl. § 463 Absatz 1, 3 Satz 1, Absatz 6 und 7,
§§ 454, 462, 462a Absatz 1 StPO gegebenenfalls in Verbin-
dung mit § 2 Absatz 2, § 82 Absatz 3 JGG). Als Rechtsmittel
gegen diese Entscheidung sieht das Gesetz die sofortige
Beschwerde zum Oberlandesgericht vor. Mit der oberlandes-
gerichtlichen Entscheidung ist der Instanzenzug abgeschlos-
sen. Bei voneinander abweichenden obergerichtlichen
Entscheidungen besteht keine Vorlagemöglichkeit an den
Bundesgerichtshof. Die gemäß § 121 Absatz 2 GVG vorge-
sehene Vorlagepflicht bei divergierenden obergerichtlichen
Entscheidungen erfasst nicht die Entscheidungen nach § 121
Absatz 1 Nummer 2 GVG.

Das Fehlen einer Vorlagepflicht kann dazu führen, dass die
Oberlandesgerichte bei der Auslegung des einschlägigen
Rechts über die Erledigung der Unterbringung in der Siche-
rungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Kranken-
haus (zum geltenden Recht vgl. insbesondere § 67d Absatz 3
und 6 StGB) zu unterschiedlichen rechtlichen Ergebnissen
kommen mit der Folge, dass je nach Rechtsauffassung die
Unterbringung für erledigt zu erklären ist oder nicht. Mit die-
ser Entscheidung ist der Instanzenzug beendet. Aufgrund
dieser Rechtslage besteht die Gefahr der Ungleichbehand-
lung der Untergebrachten in der grundlegenden Frage der
Dauer von freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung
und Sicherung, abhängig von der rechtlichen Auffassung des
im Einzelfall zuständigen Oberlandesgerichts.

Unterschiedliche rechtliche Bewertungen können aktuell in
den Fällen auftreten, in denen zu entscheiden ist, inwieweit
es die Artikel 5 und 7 der Konvention zum Schutz der Men-
schenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) in Verbindung
mit der Entscheidung des EGMR vom 17. Dezember 2009 in
dem Verfahren 19359/04 (M. vs. Deutschland) gebieten, eine
über zehn Jahre hinausgehende Vollstreckung der Siche-
rungsverwahrung für erledigt zu erklären, wenn die Tat, we-
gen derer die Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, vor
dem 31. Januar 1998 begangen wurde. Nach dieser inzwi-
schen endgültigen Entscheidung verstößt nämlich eine
„rückwirkende“ Aufhebung der bis zum 30. Januar 1998 gel-
tenden Vollstreckungshöchstfrist von zehn Jahren gegen
Artikel 5 EMRK sowie gegen das Rückwirkungsverbot des
Artikels 7 Absatz 1 Satz 2 EMRK (die Frist wurde durch Ar-
tikel 1 Nummer 4 und Artikel 2 des Gesetzes zur Bekämp-
fung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten
vom 26. Januar 1998, BGBl. I S. 160, auch für „Altfälle“
aufgehoben). Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht in
seinem Beschluss vom 14. Oktober 2004 (2 BvR 1481/04 –
„Görgülü“) entschieden, dass zur Bindung an Gesetz und
Recht (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) die Berück-
sichtigung der Gewährleistungen der EMRK und der Ent-
scheidungen des EGMR im Rahmen methodisch vertretbarer
Gesetzesauslegung gehört.

Auch bei Entscheidungen nach § 67d Absatz 6 StGB können
weitreichende Rechtsfragen zu klären sein, die zudem für
etwaige Folgeentscheidungen nach § 66b Absatz 3 StGB
bedeutsam sein können. Ist die Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Absatz 6 StGB für
erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit aus-
schließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unter-

§ 66b Absatz 3 StGB genannten Voraussetzungen die Unter-
bringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich ange-
ordnet werden. Die Frage, unter welchen rechtlichen Bedin-
gungen im Einzelnen eine Erledigterklärung nach § 67d
Absatz 6 StGB erfolgen muss, hat folglich auch Auswirkun-
gen auf den Anwendungsbereich des ebenfalls einen grund-
sätzlich unbefristeten Freiheitsentzug gestattenden § 66b
Absatz 3 StGB (vgl. jüngst zur Wechselbeziehung zwischen
§ 67d Absatz 6 und § 66b Absatz 3 StGB BVerfG, Kammer-
beschluss vom 5. August 2009, 2 BvR 2098/08 und 2 BvR
2633/08, bei juris Randziffern 29 und 32).

2. Zu den einzelnen Änderungen

Zu Nummer 1

Die geänderte Überschrift berücksichtigt die über die Ände-
rungen des § 33 GVG hinausgehenden Änderungen dieses
Gesetzes.

Zu Nummer 2

Zu Buchstabe a

Zu Doppelbuchstabe aa

Die Änderung enthält eine sprachliche Modernisierung.

Zu Doppelbuchstabe bb

Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse der Schöffinnen
und Schöffen sind Voraussetzung dafür, dass die Strafrechts-
pflege – im Interesse aller am Verfahren Beteiligten – ihre
Aufgabe sachgerecht erfüllen kann.

Die neu eingefügte Nummer 5 nimmt das Ziel der
in Artikel 1 des Entwurfs vorgesehenen neuen Nummer 4a
auf, ist jedoch präziser gefasst. Die Formulierung „mangels
ausreichender Beherrschung“ trägt dem Anliegen des Ent-
wurfs besser Rechnung.

Diese Formulierung enthält durch das Wort „Beherrschung“
ein aktives Element. Zudem beinhaltet „beherrschen“ vom
Wortsinn her, dass der Bewerber für das Schöffenamt, der ja
ohnehin Deutscher sein muss, bessere Sprachkenntnisse
besitzen muss, als es das Führen einer alltäglichen Konver-
sation oder die Lektüre eines Textes des täglichen Lebens
erfordert. Das Wort „ausreichend“ wird gerade auch im Zu-
sammenhang mit Fertigkeiten des Sprachgebrauchs wesent-
lich häufiger verwendet als das im Entwurf enthaltene Wort
„hinreichend“. Es kann daher als ein in der Gesetzessprache
eingeführter und darüber definierter Begriff herangezogen
werden.

In der rechtstechnischen Gestaltung wird die Neuregelung
als Nummer 5 und nicht, wie im Entwurf vorgesehen, als
Nummer 4a eingefügt. Ein Buchstabenzusatz soll bei späte-
ren Einschüben durch Änderungsgesetze ausnahmsweise
nur dann erfolgen, wenn auf diese Weise umfangreiche Glie-
derungseinheiten und damit verbundene Folgeänderungen
vermieden werden sollen. Dies ist vorliegend nicht zu besor-
gen.

Zu Doppelbuchstabe cc

Es handelt sich um eine Folgeänderung aufgrund der Einfü-
gung einer neuen Nummer 5.

Zu Buchstabe b
bringung beruhte, im Zeitpunkt der Entscheidung über die
Erledigterklärung nicht bestanden hat, kann unter den in

Es handelt es sich um eine Folgeänderung, die sich aus der
neuen Nummerierung von § 33 GVG ergibt.

Drucksache 17/2350 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Buchstabe c

Um die bestehende Lücke bei der Vorlagepflicht für Rechts-
fragen zur Dauer von grundsätzlich unbefristeten freiheits-
entziehenden Maßregeln zu schließen, wird § 121 Absatz 2
GVG um die Entscheidungen über die Erledigung der Maß-
regel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder
in einem psychiatrischen Krankenhaus erweitert. Die neu
eingefügte Nummer 3 ist in ihrem Anwendungsbereich eng
umgrenzt: Sie erfasst allein Entscheidungen über Beschwer-
den gegen Beschlüsse, die die Prüfung der Erledigung von
Maßregeln der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
oder in einem psychiatrischen Krankenhaus zum Gegen-
stand haben.

Zur Umschreibung der erfassten Fälle sieht die Neuregelung
bewusst davon ab, auf die einschlägigen Paragraphen des
geltenden Rechts (§ 67d Absatz 3 StGB in Verbindung mit
§ 463 Absatz 1, 3 Satz 1, Absatz 7, § 454 Absatz 3 Satz 1,
§ 462a Absatz 1 StPO gegebenenfalls in Verbindung mit § 2
Absatz 2, § 82 Absatz 3 JGG sowie § 67d Absatz 6 Satz 1
StGB in Verbindung mit § 463 Absatz 1, 6 Satz 1, Absatz 7,
§§ 462, 462a Absatz 1 StPO) abzustellen. Vielmehr wird all-
gemein auf Entscheidungen über die Erledigung einer Unter-
bringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psy-
chiatrischen Krankenhaus abgestellt. Damit können im
Bereich der Sicherungsverwahrung auch Fälle erfasst wer-
den, in denen die Gerichte aufgrund der oben genannten Ent-
scheidung des EGMR vom 17. Dezember 2009 über eine
konventionskonforme Auslegung des § 2 Absatz 6 StGB zu
einer Anwendung des vor dem 31. Januar 1998 geltenden
Rechts gelangen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar
2010, 4 StR 577/09). Aus diesem Grund spricht der Entwurf
auch nicht von „Erledigterklärung“, sondern allgemeiner
von „Erledigung“, da nach dem alten Recht die Erledigung
nach Ablauf der Höchstfrist kraft Gesetzes mit der Entlas-
sung eintrat (vgl. § 67d Absatz 3 StGB a. F.; zum geltenden
Recht vgl. auch § 67d Absatz 4 StGB), auch wenn bei einem
Rückgriff auf diese Rechtslage eine Erledigterklärung des
Gerichts schon aus Gründen der Rechtssicherheit angezeigt
sein dürfte. Durch die Wörter „oder über die Zulässigkeit
ihrer weiteren Vollstreckung“ wird außerdem klargestellt,
dass die Fälle eingeschlossen sind, in denen im Rahmen des
Verfahrens nach § 458 Absatz 1 StPO über die Zulässigkeit
der weiteren Vollstreckung entschieden wird, so dass insbe-
sondere auch die Entscheidungen umfasst sind, bei denen die

weitere Vollstreckung für unzulässig erklärt wird, weil auf-
grund der genannten Entscheidung des EGMR altes Recht
angewendet wird (vergleiche LG Marburg, Beschluss vom
17. Mai 2010, 7 StVK 220/10, bei juris).

Im Übrigen umfasst die Formulierung „Entscheidung (…)
über die Erledigung“ negative Entscheidungen, mit denen
die Erledigung der Maßregel und damit die Entlassung des
Untergebrachten abgelehnt werden.

Durch die Begrenzung auf die erfassten Beschwerdeverfah-
ren wird sichergestellt, dass die Anzahl der vorlagepflichti-
gen Verfahren sehr gering sein wird und deshalb weder zu ei-
ner erheblichen Arbeitsbelastung des Bundesgerichtshofs
noch zu einer auch unter Berücksichtigung von Artikel 6
EMRK zu befürchtenden erheblichen Verfahrensverzöge-
rung führen wird.

Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in der Siche-
rungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Kranken-
haus stellt nach deutschem Strafrecht einen besonders
schweren Eingriff in das Freiheitsrecht des Untergebrachten
aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes dar. In Hin-
blick auf die mithin hohe Bedeutung von Entscheidungen
über deren Erledigung besteht auch hier die Notwendigkeit,
bei divergierenden Entscheidungen der zuständigen Ober-
landesgerichte beziehungsweise eines Oberlandesgerichts
und des Bundesgerichtshofs zu einer bundeseinheitlichen
Klärung zu gelangen.

Die übrigen im Rahmen des § 121 Absatz 2 GVG zu erfüllen-
den Voraussetzungen für die Vorlagepflicht bleiben unberührt
und gelten auch für die nunmehr umfassten Entscheidungen
über die Dauer von freiheitsentziehenden Maßregeln.

Die Neuregelung gilt für alle nach dem Inkrafttreten des Ge-
setzes zu treffenden Entscheidungen der Oberlandesgerich-
te. Bei allen zum und nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens
rechtshängigen Verfahren vor den Oberlandesgerichten ha-
ben diese der Vorlagepflicht zu entsprechen, wenn sie bei
den im Gesetz bezeichneten Entscheidungen von der Ent-
scheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bun-
desgerichtshofs abweichen wollen. Als Stichtag für das Er-
gehen einer Entscheidung, von der das Oberlandesgericht
abweichen möchte, ist der 1. Januar 2010 festgelegt worden.
Diese Eingrenzung ist sachgerecht und sichert in den betrof-
fenen Rechtsfragen eine bundeseinheitliche Klärung in dem
erforderlichen Umfang.

Berlin, den 30. Juni 2010

Ansgar Heveling
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Christine Lambrecht
Berichterstatterin

Jens Petermann
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.