BT-Drucksache 17/13237

Für eine Neuorientierung im Umgang mit Gewalt und Organisierter Kriminalität in Mexiko und Zentralamerika - Sicherheitsabkommen unter dem Primat der Menschenrechte gestalten

Vom 24. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13237
17. Wahlperiode 24. 04. 2013

Antrag
der Abgeordneten Thilo Hoppe, Hans-Christian Ströbele, Tom Koenigs,
Dr. Harald Terpe, Katja Keul, Agnes Brugger, Ute Koczy, Uwe Kekeritz,
Ingrid Hönlinger, Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen),
Viola von Cramon-Taubadel, Markus Kurth, Kerstin Müller (Köln),
Omid Nouripour, Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin,
Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine Neuorientierung im Umgang mit Gewalt und Organisierter Kriminalität
in Mexiko und Zentralamerika – Sicherheitsabkommen unter dem Primat
der Menschenrechte gestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

In Mexiko und Teilen Zentralamerikas ist die Organisierte Kriminalität mäch-
tiger denn je. Der Staat wird bis in die höchsten Ebenen von kriminellen Struk-
turen unterwandert. Die Behörden der Justiz und des Sicherheitsapparates sind
in weiten Teilen korrumpiert und schlecht ausgebildet. Die Straflosigkeit in der
gesamten Region ist mit Quoten zwischen 97 und 99 Prozent exorbitant hoch,
trägt damit zu den weltweit höchsten Mordraten bei und höhlt die Demokratien
aus. Die Polizei gilt in der Bevölkerung nicht als vertrauenswürdig und wird als
Teil des Problems wahrgenommen. Zivilgesellschaftliches Engagement und
kritische Berichterstattung sind in einigen Regionen lebensgefährlich.

Der von den USA initiierte internationale Krieg gegen Drogen, Terror und die
Organisierte Kriminalität setzt auch in Mexiko und Zentralamerika auf Militari-
sierung. Mexiko ist Sitz der großen Kartelle, die transnational vernetzt in unter-
schiedlichen illegalen Geschäftsfeldern, wie unter anderem Drogen-, Waffen-
und Menschenhandel, Holzhandel, Produktpiraterie oder Geldwäsche, tätig sind.
Guatemala, Honduras und El Salvador sind als Transitländer des Handels mit
illegalen Gütern betroffen. Das repressive und militarisierte Paradigma vernach-
lässigt bis heute präventive Maßnahmen, Ursachenbekämpfung, den Schutz der
Bevölkerung und der Menschenrechte sowie Maßnahmen, die dem Anspruch
der shared responsibility, der geteilten Verantwortung, für die internationale
Dimension der Organisierten Kriminalität Rechnung tragen. Statt Frieden zu
fördern, gehen die Regierungen mit eiserner Faust und unter Inkaufnahme von

Gewalt und Menschenrechtsverletzungen vor.

Allein in Mexiko sind 60 000 Soldaten im Einsatz. Seit der Wahl des ehemaligen
Staatschefs Felipe Calderóns 2006 kam es durch die Ausweitung des Kriegs
gegen die Kartelle zu einer Gewalteskalation, die mehr als 70 000 Todesopfer
und 26 000 Verschwundene forderte. Honduras war 2011 mit 92 Morden pro
100 000 Einwohner das Land mit der höchsten Mordrate weltweit, gefolgt von
El Salvador mit 69 und Guatemala mit 39 Morden. Auch wenn die Gewalt vor-

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wiegend von der Organisierten Kriminalität ausgeht, werden Menschenrechts-
verbrechen, wie willkürliche Verhaftungen, Folter, extralegale Hinrichtungen
und gewaltsames Verschwindenlassen, auch durch staatliche Sicherheitskräfte
verübt. Zuletzt sind die weltweit höchsten Mordraten auch auf den Krieg der
Drogenkartelle und der Maras – kriminell aktiver und gewalttätiger Jugendban-
den – zurückzuführen.

Während die Militarisierung der sichtbarste Auslöser für die hohen Gewaltraten
darstellt, liegen die Ursachen tiefer. Die soziale Situation und Ungleichheit, die
Perspektivlosigkeit der Jugend, Folgen der Migration, die hohe Straflosigkeit,
das korrumpierte politische System und schwach ausgeprägte Konfliktlösungs-
mechanismen schaffen ein Umfeld, das das Übergreifen von Kriminalität und
Gewalt auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens erleichtert.

Der repressive Ansatz, der sogenannte Krieg gegen Drogen und Kriminalität,
hat sich als gescheitert erwiesen. Statt Erfolgen ist vielmehr der beschriebene
Anstieg von Gewalt festzustellen. Zwar gab es Ansätze zum Schutz der Men-
schenrechte, der Kontrolle der Sicherheitskräfte und zur Reform des Justizwe-
sens. Diese waren aber bisher wenig effektiv oder scheiterten an der Umsetzung.
Heute suchen daher einige Regierungschefs unterschiedlicher politischer Lager
und Vertreter und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft zunehmend nach alter-
nativen Lösungen bis hin zur Legalisierung bisher illegaler Drogen.

Vor dem Hintergrund dieser problematischen Situation kündigte der damalige
Bundespräsident, Christian Wulff, im Zuge seines Staatsbesuchs im Mai 2011 in
Mexiko ein Abkommen zur „Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich“ an. Es soll
laut Bundesregierung der „Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Bekämp-
fung, Verhütung und Aufklärung schwerer Straftaten der Organisierten Krimi-
nalität, insbesondere der Rauschgift- und Schleuserkriminalität, des Menschen-
handels sowie des Terrorismus“ (Plenarprotokoll 17/107, S. 12280) dienen. Das
Abkommen befindet sich nach dem dürftigen Informationsstand des Parlamen-
tes derzeit in einer abschließenden Verhandlungsrunde und folgt dem geschei-
terten repressiven Paradigma. Die diesbezügliche Orientierung der Bundes-
regierung wurde zuletzt in der folgenden Aussage des Präsidenten des
Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, aus einer Pressemitteilung vom 11. März
2013 deutlich: „Wir müssen der Betäubungsmittelkriminalität weiterhin mit
allen zur Verfügung stehenden Mitteln – präventiv wie repressiv – entgegentre-
ten.“ Klare und transparente Instrumente und Kriterien zur Fortschrittskontrolle
im Bereich der Achtung der Menschenrechte, der Demokratisierung der Sicher-
heitskräfte und der Korruptionsbekämpfung sind trotz der Lage vor Ort für das
Abkommen mit Mexiko begleitend nicht vorgesehen.

Die Bundesregierung orientiert sich bei der Ausgestaltung des Abkommens
nicht an den Lessons Learned der USA. Diese haben ihr Sicherheitsabkommen
mit Mexiko, die Mérida Initiative, die seit 2008 mit 1,6 Mrd. US-Dollar die
militärische und polizeiliche Infrastruktur sowie den Ausbau des Grenzkontroll-
systems finanziert, durch Programme zur Stärkung des Rechtsstaates bis auf die
Gemeindeebene und zur Unterstützung der Justizreform ergänzt. Diese Maßnah-
men und solche, die die USA im Sinne der geteilten Verantwortung in den Be-
reichen Eindämmung der Geldwäsche, Kontrolle der Waffenexporte und der
Drogenpolitik im eigenen Land ankündigte, zeigen bislang allerdings nicht die
nötige Wirkung.

Die Bundesregierung sollte gerade deshalb einen richtungsweisenden Impuls
setzen, indem sie ihre Kooperation mit der Region viel stärker als bisher auf
rechtsstaatliche Probleme und Gewaltprävention fokussiert und insbesondere
die geteilte Verantwortung im Kampf gegen transnational vernetzte Organisierte
Kriminalität ernst nimmt. Bei Amtsantritt hat der neue mexikanische Präsident,

Enrique Peña Nieto, eine neue Sicherheitsstrategie vorgelegt, die stärker auf
Prävention, polizeiliche Maßnahmen und Sozialprogramme ausgerichtet und im

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Haushaltsplan mit den notwendigen Mitteln hinterlegt ist. Es bleibt abzuwarten,
wie umfassend diese Strategie tatsächlich umgesetzt wird. Die Bundesregierung
sollte die Regierung Enrique Peña Nietos beim Wort nehmen und die Umsetzung
des neuen Ansatzes unterstützen. Sie sollte ihrer eigenen Aussage Rechnung
tragen, wonach wesentliche Faktoren zur Begünstigung der Organisierten Krimi-
nalität die Schwäche staatlicher Institutionen, extreme soziale Ungleichheit und
hohe Jugendarbeitslosigkeit darstellen. Flankierende Maßnahmen zum Sicher-
heitsabkommen über die bisherige wirtschaftliche und die Entwicklungskoope-
ration hinaus müssen der Komplexität der Lage und der negativen Bilanz des bis-
herigen Vorgehens Rechnung tragen. Internationale Zusammenarbeit und geteilte
Verantwortung mit Mexiko, Guatemala, Honduras und El Salvador sind zur
Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und der Wiederherstellung der
Sicherheit von Bürgerinnen und Bürgern erforderlich. Sie sollten sich jedoch auf
Strukturreformen bei Polizei und Justiz konzentrieren und dies unter voller Beach-
tung der Menschenrechte und einer vertieften Beteiligung der Zivilgesellschaft.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

in Bezug auf Sicherheitsabkommen:

1. den Deutschen Bundestag schon während der Verhandlungsphase des Sicher-
heitsabkommens mit Mexiko ausführlich und transparent über die verhandel-
ten Punkte und Inhalte zu informieren;

2. für zwischenstaatliche Abkommen im Bereich der Sicherheitszusammen-
arbeit, Ausbildungs- und Ausstattungshilfe für Polizei und Militär sowie
jegliche sonstige Unterstützungsmaßnahmen im Sicherheitssektor folgende
formale Anforderungen festzulegen:

a) Die Bundesregierung bzw. das Bundeskriminalamt als deutscher Durch-
führungspartner des Sicherheitsabkommens ist dazu verpflichtet, dem
Deutschen Bundestag vierteljährliche Berichte über Tätigkeiten und Er-
fahrungen seiner polizeilichen Verbindungsbeamten sowie über die durch-
geführte Ausbildungs-, Ausstattungs- und Beratungshilfe vorzulegen. Die
Unterrichtung enthält Angaben insbesondere über
• den Verwendungsauftrag,
• den Verwendungszweck,
• das Verwendungsgebiet inklusive der dortigen politischen und rechts-

staatlichen Lage,
• die rechtlichen Grundlagen der Verwendung,
• die Zahl der entsendeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundes

und die geplante Dauer der Verwendung.

Der Deutsche Bundestag kann durch Beschluss verlangen, dass eine
Verwendung im Ausland unverzüglich beendet wird, wenn konkrete An-
haltspunkte dafür vorliegen, dass Diensthandlungen im Rahmen einer
Verwendung gegen das Grundgesetz bzw. gegen die Verpflichtungen der
Bundesrepublik Deutschland, die sich aus internationalen bzw. euro-
päischen Menschenrechtsabkommen ergeben, verstoßen;

b) Anhand klarer und vorab verbindlich festgelegter Kriterien muss über
Fort- oder Rückschritte in den Bereichen Menschenrechte und der
Korruptionsbekämpfung berichtet werden. Dazu müssen diverse Infor-
mationsquellen zur Analyse herangezogen und die Zivilgesellschaft und
Wissenschaft vor Ort durch regelmäßige Hearings mit verschiedenen
zivilgesellschaftlichen Gruppen verbindlich in das Monitoring mit einbe-
zogen werden. Dies wird sichergestellt durch regelmäßige Hearings mit

verschiedenen zivilgesellschaftlichen Gruppen. Anhaltend negative Er-

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gebnisse müssen zu einer Aussetzung und/oder Beendigung des Sicher-
heitsabkommens führen;

3. bei der Ausbildungsunterstützung Schwerpunkte auf Menschenrechts- und
Rechtsstaatsausbildung, Korruptions- und Geldwäschebekämpfung sowie
Ermittlungstechniken zur Aufklärung von Straftaten, wie z. B. forensische
Techniken oder Tatortsicherung, zu legen;

4. bestehende (auch zivilgesellschaftliche) Kontroll- und Evaluierungsmecha-
nismen vor Ort im Bereich Polizei und Sicherheitskräfte in ihrer Unabhän-
gigkeit und Effektivität nachhaltig zu stärken bzw. neue Mechanismen unter
Einbeziehung der Zivilgesellschaft zu schaffen;

5. Maßnahmen gegen Korruption und gegen die Verwicklung der Polizei in die
Organisierte Kriminalität sowie zur besseren Ausbildung zu unterstützen und
gegebenenfalls im Sinne einer umfassenden Polizeireform auszubauen;

in Bezug auf den Umgang mit der Organisierten Kriminalität und der Menschen-
rechtslage in Mexiko und Mittelamerika:

6. Transparenz und demokratische Kontrolle durch die Parlamente und die
Zivilgesellschaft auf allen Ebenen u. a. in den Sektoren Demokratie, Einhal-
tung der Menschenrechte, Rechenschaftslegung, Sicherheit, Recht, Waffen-
handel, Polizei und Militär zu stärken, indem

a) deutschen Organisationen (insbesondere politischen Stiftungen, Kirchen
und Nichtregierungsorganisationen – NGO), die bereits in diesen Be-
reichen vor Ort tätig sind, zusätzliche Mittel bereitgestellt werden;

b) solche lokalen zivilgesellschaftlichen Partnerorganisationen und -instan-
zen in ihrer Unabhängigkeit und Effektivität nachhaltig gestärkt werden,
die zu mehr Transparenz und Einhaltung des Rechts beitragen (beispiels-
weise durch die Ausbildung von Richterinnen und Richtern, Staatsanwäl-
tinnen und Staatsanwälten sowie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten
und die Stärkung von Kontrollinstanzen wie sogenannten Watchdog- NGOs,
Ombudsmännern und -frauen, Observatorien und Konsultationsprozessen,
der Stärkung des parlamentarischen Rechts auf Information etc.);

c) insbesondere solche lokalen Organisationen und Initiativen gestärkt
werden, die nicht nur die Täter, sondern auch die Opfer von Gewalt und
Repression und ihre Angehörigen in den Blick nehmen und diese durch
psychosoziale Hilfe, Traumaarbeit, Rechtshilfe, Suche nach Verschwun-
denen, Öffentlichkeitsarbeit etc. unterstützen;

7. sich in der Region für einen menschenrechtsbasierten und entwicklungs-
orientierten Ansatz im Umgang mit Organisierter Kriminalität einzusetzen,
der mehr Mittel für soziale Sicherungs-, Bildungs- und Beschäftigungs-
programme, insbesondere für Jugendliche, bereitstellt. Dadurch können die
sozialen und wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst werden, die zu Gewalt
und der Rekrutierung von jungen Menschen durch das Organisierte Verbre-
chen beitragen. Auch auf europäischer Ebene sollte die Bundesregierung für
die Bereitstellung von erheblichen finanziellen Ressourcen für Maßnahmen
werben, die den sozialen Zusammenhalt und die Bekämpfung von Armut,
Ungleichheit und Ausgrenzung stärken;

8. sich gemeinsam mit den Vereinten Nationen und anderen Geberstaaten für
eine Konsolidierung des Rechtsstaates und eine Reform der Justiz und des
Strafvollzugs einzusetzen, damit deren Unabhängigkeit und Effizienz ver-
bessert, die weit verbreitete Straflosigkeit für Gewaltverbrechen und Men-
schenrechtsverletzungen in Mexiko und den zentralamerikanischen Ländern

eingedämmt werden und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das
Rechtssystem wieder hergestellt werden kann;

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9. sich für die Umsetzung der Empfehlungen des UN-Sonderberichterstatters
für die Unabhängigkeit von Richtern und Staatsanwälten, der UN-Arbeits-
gruppe des Menschenrechtsausschusses zur Frage des Verschwindenlassens,
des UN-Ausschusses gegen Folter und des UN-Menschenrechtsausschusses
einzusetzen, die diese nach Besuchen der Region formuliert haben;

10. in diesem Sinne in den Regierungsverhandlungen mit Mexiko, El Salvador,
Guatemala und Honduras darauf hinzuwirken, die staatliche Entwicklungs-
zusammenarbeit auf die Bereiche Recht und Justiz (Rechtssetzung, Rechts-
anwendung, Rechtsvollzug, Zugang zum Recht), Ausgestaltung der
politischen und institutionellen Rahmenbedingungen nach Maßgabe der
Menschenrechte, Polizeiaufbau und -reform, Kleinwaffenkontrolle, Kampf
gegen Korruption sowie die Reform des Sicherheitssektors auszuweiten,
die bislang nicht Teil des entwicklungspolitischen Portfolios sind. Dabei
sollte die Bundesregierung ihre Ziele und Maßnahmen in enger Abstim-
mung mit anderen Gebern definieren;

11. sich im Dialog mit den Staaten der Region und mit Mexiko für eine voll-
ständige Umsetzung der Konvention der Vereinten Nationen gegen die
grenzüberschreitende Organisierte Kriminalität und seine ergänzenden Pro-
tokolle einzusetzen. Dazu gehört auch eine verstärkte Zusammenarbeit zur
Verbesserung der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere
durch regionale Kooperationsprojekte zwischen Polizei- und Justizbehör-
den, Schulungsprogramme zur Stärkung der Kapazitäten der Strafverfol-
gungsbehörden und Austausch bewährter Verfahren für die Erstellung von
Täterprofilen;

12. die Internationale Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala
(CICIG) finanziell zu unterstützen und Bestrebungen anderer mittelameri-
kanischer Länder aufzugreifen, die darauf abzielen, dort ähnliche UN-Mis-
sionen zur Bekämpfung der Straflosigkeit zu installieren sowie, insbeson-
dere ihre Forderung nach einem Zeugenschutzprogramm, zu unterstützen;

13. die Förderung von zivilen Konfliktbearbeitungsmechanismen in der Ent-
wicklungs- und Menschenrechtszusammenarbeit mit Mexiko und Zentral-
amerika auszubauen, die lokalen Kapazitäten zur Beilegung von Konflikten
zu stärken, den Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und Men-
schenrechtsverteidigern sowie Journalistinnen und Journalisten zu unter-
stützen und innovative und regionale Modelle zur Reduzierung der Gewalt
und Gewährleistung öffentlicher Sicherheit zu identifizieren, analysieren
und gegebenenfalls als Modell in andere Regionen zu verbreiten. Dafür
sollten insbesondere Organisationen und Programme mit langjähriger Er-
fahrung, wie der Zivile Friedensdienst, peace brigades international oder
das Programm zivik (zivile Konfliktbearbeitung), einbezogen werden;

14. in Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korrup-
tion zu ratifizieren, das bereits 2003 unterzeichnet wurde, in der Koopera-
tion Korruptionsbekämpfung einzufordern und durch Ausbildungshilfe und
Beratung für Angehörige des Justizwesens in der Region zu unterstützen.
Das Ausmaß der Korruption stellt eine schwere Bedrohung für die Stabilität
und Sicherheit der demokratischen Institutionen dar;

15. insbesondere Beratung und Unterstützung bei Reformen im Bereich der
Wahlkampf- und Parteienfinanzierung zu leisten, um für mehr Transparenz
zu sorgen und den Einfluss der Organisierten Kriminalität auf die Politik zu
verringern;

16. im Rahmen der Financial Action Task Force (FATF) und der Egmont Group
der Financial Intelligence Units Maßnahmen in Deutschland zur Bekämp-

fung von Geldwäsche im Sinne des Prinzips der geteilten Verantwortung
auszubauen und personell zu verstärken und die Empfehlungen der FATF in

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Deutschland komplett umzusetzen, um zu verhindern, dass deutsche Finanz-
systeme und Unternehmen zum Waschen von Erlösen aus Straftaten aller
Art genutzt werden können;

17. auch in Mexiko und Zentralamerika mehr Mittel für die Prävention, Ermitt-
lung und Verfolgung von Geldwäsche – z. B. in Form von Ausbildungs-
hilfen für die Ermittlungs- und Justizapparate sowie Aufsichtsbehörden
bereitzustellen, letzteres insbesondere im nichtfinanziellen Sektor – und
sich im Dialog mit Mexiko und den zentralamerikanischen Staaten für
verstärkte Anstrengungen zur Konfiszierung und Verwaltung von illegal
erworbenen Besitztümern und Geldern einzusetzen;

18. vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte in Lateinamerika und den USA
eine völlige Neuorientierung der Drogenpolitik, Initiativen zur Evaluierung
und enttabuisierten Prüfung der bestehenden Drogenpolitik sowie darüber
hinaus aktueller Reformansätze zur Entkriminalisierung und Regulierung
von Drogen zu unterstützen, um so der Organisierten Kriminalität die
Finanzgrundlage zu entziehen und gesundheitliche und menschenrechtliche
Aspekte in den Vordergrund zu stellen;

19. sich in der Drogenpolitik an den Empfehlungen der Global Commission on
Drug Policy zu orientieren und in diesem Sinne innerhalb der Vereinten
Nationen und der anderen für die Drogenpolitik maßgeblichen internationa-
len Organisationen einen drogenpolitischen Dialog über eine Drogenpolitik
anzustoßen, die die Gesundheitsprävention, Schadensminderung (harm
reduction) und bedarfsgerechte Therapie- sowie Hilfsangebote in den Vor-
dergrund stellt, die Entkriminalisierung von Drogenbauern und -konsumen-
ten fördert und Initiativen zur staatlichen Regulierung als Alternative zum
prohibitiven Ansatz und den Umbau zu einer alternativen Drogenpolitik
(Drogenanbausubstitution) unterstützt;

20. verstärkt mit Zentralamerika und Mexiko zusammenzuarbeiten, um ge-
meinsam Bemühungen bei der Bekämpfung der Verbreitung von Klein-
waffen und leichten Waffen sowie der zugehörigen Munition zu verstärken.
In diesem Sinne sollte die Umsetzung der wichtigsten internationalen und
regionalen Regelungen und Abkommen zu Kleinwaffen in der Region
eingefordert und unterstützt werden, u. a. des Zusatzprotokolls Feuerwaffen
des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschrei-
tende Organisierte Kriminalität, deren Interamerikanische Konvention zur
Bekämpfung des illegalen Handels mit Schusswaffen und des Central Ame-
rican Code of conduct of Central American States on the Transfer of Arms,
Ammunition, Explosives and Other Related Material;

21. anzuerkennen, dass der Export von Kleinwaffen und leichten Waffen nach
Mexiko und Zentralamerika auf Grund der Menschenrechtslage, der Unter-
wanderung des Staates und der Sicherheitsbehörden, der Straflosigkeit und
der Tatsache, dass ihre Verbreitung bislang nicht kontrolliert werden
konnte, nicht mit den Kriterien der Rüstungsexportrichtlinien und dem
Gemeinsamen Standpunkt der EU zu Rüstungsexporten vereinbar sind und
daher temporär ausgesetzt werden müssen. Auch deutsche staatliche Stellen
sollten dabei Verantwortung übernehmen;

22. die bestehenden Regelungen zur Rüstungsexportkontrolle zu konkreti-
sieren und in ein Gesetz zu überführen entsprechend des Antrags der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Rüstungsexporte kontrollieren – Frie-
den sichern und Menschenrechte wahren“ (Bundestagsdrucksache 17/9412).

Berlin, den 23. April 2013
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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