BT-Drucksache 17/12844

Rechte von Menschen mit Behinderungen in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sichern und Inklusion weltweit ermöglichen

Vom 20. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12844
17. Wahlperiode 20. 03. 2013

Antrag
der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Markus Kurth, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Agnes
Brugger, Priska Hinz (Herborn), Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen),
Viola von Cramon-Taubadel, Kai Gehring, Katja Keul, Sven-Christian Kindler,
Tom Koenigs, Kerstin Müller (Köln), Beate Müller-Gemmeke, Omid Nouripour,
Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Elisabeth Scharfenberg,
Dr. Frithjof Schmidt, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Markus Tressel und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rechte von Menschen mit Behinderungen in der deutschen Entwicklungs-
zusammenarbeit sichern und Inklusion weltweit ermöglichen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Menschen mit Behinderungen kämpfen seit mehreren Jahrzehnten in vielen
Ländern gegen Diskriminierung und für gleichberechtigte Teilhabe. Ein Ergeb-
nis dieses Prozesses ist das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen der Vereinten Nationen (Behindertenrechtskonvention), das in
Deutschland am 26. März 2009 ratifiziert wurde. In der Konvention werden
keine Sonderrechte für Menschen mit Behinderungen formuliert. Vielmehr kon-
kretisiert die Konvention für die verschiedenen Politikfelder, welche Bedingun-
gen gegeben sein müssen, damit Menschen mit Behinderungen ihre Menschen-
rechte wahrnehmen können. Die Artikel 32 und 11 der Konvention formulieren
den Anspruch und den Auftrag an die Vertragsstaaten, ihre Entwicklungszusam-
menarbeit und humanitäre Hilfe inklusiv zu gestalten.

Als völkerrechtlicher Vertrag setzt die Konvention ein deutliches Zeichen für
eine menschenrechtsbasierte Behindertenpolitik. Das Fürsorgeprinzip, das die
politische Diskussion nicht nur in Deutschland lange Jahre dominiert hat, gehört
der Vergangenheit an. Überholt ist auch das Verständnis von Behinderung als
medizinisch definierbare Eigenschaft. Entscheidend für den Grad der Teilhabe
und das Ausmaß der Behinderung sind im Zusammenhang mit individuellen
Fähigkeiten oder Beeinträchtigungen vielmehr die gesellschaftlichen Rahmen-
bedingungen. Diese umfassen unter anderem unzureichende, gesellschaftliche
Akzeptanz der Vielfalt von Menschen, fehlende Durchsetzung der Rechte von

Menschen mit Behinderungen und eine unzugängliche Umwelt. Deshalb
braucht es weit mehr als nur den Abbau von Barrieren. Es gilt, unsere Umwelt
von vornherein so zu gestalten, dass eine Teilhabe für alle Menschen möglich
ist. Darüber hinaus muss die Gesellschaft für die Rechte von Menschen mit Be-
hinderungen sensibilisiert werden.

Inklusion ist eine globale Aufgabe. Menschen mit Behinderungen machen
15 Prozent der Weltbevölkerung aus (World Report on Disability der Welt-

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gesundheitsorganisation – WHO). Das sind rund eine Milliarde Menschen. In
Entwicklungsländern liegt der Anteil von Menschen mit Behinderungen an der
Gesamtbevölkerung um 50 Prozent höher als in Industrieländern. Rund 80 Pro-
zent aller Menschen mit Behinderungen weltweit leben in Entwicklungsländern.
20 Prozent der Menschen, die in extremer Armut leben, sind Menschen mit Be-
hinderungen.

Armut und Behinderung bedingen sich gegenseitig. Wenn Teilhabe, beispiels-
weise am Arbeitsmarkt, nicht möglich ist und durch medizinische Versorgung
Zusatzkosten entstehen, steigt auch das Armutsrisiko. Gleichzeitig sind arme
Menschen stärker gefährdet zu erkranken oder eine dauerhafte Beeinträchti-
gung zu erwerben, beispielsweise durch fehlenden Zugang zu medizinsicher
Versorgung, sauberem Wasser oder angemessener Ernährung. Fast die Hälfte
der Beeinträchtigungen, die zu Behinderungen führen, sind vermeidbar. Armut
ist also eine zentrale Ursache für Behinderung. Entwicklungspolitik muss daher
einerseits inklusiv gestaltet sein, um Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit
Behinderungen zu verbessern, und gleichzeitig auch darauf ausgerichtet sein,
Armut zu reduzieren, um den vermeidbaren Ursachen für langfristige körper-
liche, seelische, geistige oder sensorische Beeinträchtigungen entgegenzu-
wirken.

Nicht nur die Konsequenzen von Armut, auch Naturkatastrophen, humanitäre
Notlagen, kriegerische Auseinandersetzungen oder Gewalt führen zu körper-
lichen und psychischen Beeinträchtigungen. Gleichzeitig treffen diese Extrem-
bedingungen Menschen mit Behinderungen besonders schwer. Laut einer Studie
von Handicap International e. V. wurden beispielsweise bei den verheerenden
Überschwemmungen 2004 in Bangladesch 60 Prozent der Menschen mit Be-
hinderungen bei den Nothilfemaßnahmen nicht berücksichtigt. Und bei bewaff-
neten Konflikten endet die Gefahr der Verwundung nicht mit dem Ende der
kriegerischen Auseinandersetzung. Über 100 Millionen Landminen liegen noch
heute unentdeckt in der Erde, bereits 500 000 Menschen wurden Opfer von
Minen und haben mit schweren Beeinträchtigungen überlebt.

Menschen mit Behinderungen werden oftmals stigmatisiert oder sind in ihrer
Selbstbestimmung eingeschränkt. In Entwicklungs- und Schwellenländern
spielt dies oft eine stärkere Rolle als in den wohlhabenden Staaten. Häufig sind
sie vom sozialen Leben ausgeschlossen und haben einen erschwerten Zugang
zu Gesundheitsversorgung und Bildung. Beispielsweise bleibt rund 89 Prozent
der Kinder mit Behinderungen eine formale Bildung verwehrt. Auch im
Arbeitsleben erfahren Menschen mit Behinderungen besonders große Benach-
teiligungen. Sie sind laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) deutlich
stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als Erwerbstätige ohne Beeinträchtigung.
In manchen Ländern sind 80 Prozent der Menschen mit Behinderungen arbeits-
los.

Menschen mit Behinderungen werden oft mehrfach diskriminiert, wenn bereits
benachteiligte Gruppen, wie etwa Mädchen und Frauen, Ältere oder arme Men-
schen von körperlichen, seelischen, geistigen oder sensorischen Beeinträchti-
gungen betroffen sind. Inklusive Entwicklungszusammenarbeit muss daher
nicht nur in allen Bereichen des Lebens – von der Bildung über die Gesund-
heitsversorgung bis zur Arbeitsmarktsituation – Beiträge leisten. Sie muss auch
Menschen mit Behinderungen in ihrer Vielfalt berücksichtigen. Frauen und
Mädchen mit Behinderungen benötigen mitunter andere Formen der Unter-
stützung als Männer mit Behinderungen und umgekehrt.

Der im Februar 2013 veröffentlichte Aktionsplan des Bundesministeriums für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) stellt einen längst fäl-
ligen Schritt dar. Seit Jahren kommt die Bundesregierung ihrer Verpflichtung,

Entwicklungszusammenarbeit inklusiv zu gestalten, nur unzureichend nach.
Bislang haben lediglich 2,5 Prozent der entwicklungspolitischen Maßnahmen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12844

einen behinderungsspezifischen Fokus. Die Zahl der inklusiven Maßnahmen
kann das BMZ gar nicht beziffern. Vor diesem Hintergrund ist die Zielsetzung
des ersten Aktionsplans wenig ambitioniert. Diesem zufolge sollen in den kom-
menden drei Jahren entwicklungspolitische Maßnahmen, die inklusiv gestaltet
sind, in nur fünf Sektorschwerpunkten und in zehn Ländern durchgeführt wer-
den. Im Bereich behinderungsspezifischer Maßnahmen werden mitunter bereits
laufende Vorhaben genannt und nur unzureichend neue Maßnahmen formuliert.
Dies widerspricht dem Anspruch der VN-Konvention, die gesamte Entwick-
lungszusammenarbeit inklusiv zu gestalten und auch der Zielsetzung eines
Aktionsplans, der die Inklusion als Querschnittsaufgabe verankern will.

Das BMZ praktiziert seit Jahren einen zweigleisigen Ansatz (sog. twin track
approach) und kombiniert behinderungsspezifische Maßnahmen mit inklusiven
Maßnahmen. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings wird dieser Ansatz
bislang nur unzureichend umgesetzt. Insbesondere die inklusive Ausgestaltung
von Entwicklungsmaßnahmen ist kaum zu beobachten. Dies ist jedoch eine
zentrale Aufgabe, denn eine inklusive Entwicklungspolitik darf nicht als reines
Sektorvorhaben begriffen werden. Inklusion muss als Querschnittsaufgabe ver-
standen werden. Dazu gehört auch, dass Inklusion im Bundesministerium wie
auch bei den Durchführungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusam-
menarbeit in Deutschland und vor Ort personell verankert wird. Damit nach-
vollziehbar ist, wie erfolgreich Inklusion umgesetzt wird, bedarf es einerseits
messbarer Ziele und andererseits klarer Kriterien, um Inklusion messbar zu
machen. Hierzu hat das BMZ aber bislang noch keine Methodik entwickelt und
ist nicht in der Lage zu messen, inwieweit die deutsche Entwicklungszusam-
menarbeit inklusiv ist.

Im Jahr 2015 laufen die Millenniumentwicklungsziele (MDGs) der Vereinten
Nationen aus. Die Staatengemeinschaft muss im Rahmen der Post-MDG-
Debatte dem Thema Inklusion von Menschen mit Behinderungen gerecht wer-
den. Während bei den MDGs Menschen mit Behinderungen keine Erwähnung
finden, muss im Nachfolgeprozess und im Zusammenhang mit neuen globalen
Nachhaltigkeitszielen (SDGs) Inklusion mit auf die Agenda. Gleichzeitig muss
aber auch national ein dauerhafter Prozess zur Inklusion vorangetrieben wer-
den, um weltweit die Teilhabe für Menschen mit Behinderungen zu ermög-
lichen und Inklusion voranzutreiben.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der deutschen Ent-
wicklungszusammenarbeit gezielt voranzutreiben und Inklusion als Quer-
schnittsaufgabe zu verankern;

auf nationaler Ebene

2. jeweils eine/einen Ansprechpartnerin/Ansprechpartner im BMZ und in den
Durchführungsorganisationen aus dem bestehenden Personal auf Führungs-
ebene zu benennen, die das Thema Menschen mit Behinderungen in der Ent-
wicklungszusammenarbeit und Inklusion strategisch und inhaltlich betreut
und verantwortet;

3. Ansprechpartnerinnen/Ansprechpartner aus dem bestehenden Personal in
den Regionalreferaten im BMZ und in den Durchführungsorganisationen zu
benennen und diese entsprechend für eine inklusive Entwicklungszusam-
menarbeit zu sensibilisieren und zu schulen;

4. die Anzahl der im BMZ mit dem Thema Inklusion von Menschen mit Be-
hinderungen befassten Referentinnen/Referenten deutlich zu steigern, um

dem Anspruch einer inklusiven Entwicklungszusammenarbeit gerecht zu
werden und dazu entsprechende Umschichtungen im Hause vorzunehmen;

Drucksache 17/12844 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. zeitnah klare und messbare Kriterien für Projekte, in denen Menschen mit
Behinderungen berücksichtigt werden, einzuführen und dabei klar zwi-
schen behindertenspezifischen und inklusiven Indikatoren zu unterschei-
den, um eine Bestandsaufnahme und Monitoring zu ermöglichen;

6. beim Monitoring des Aktionsplans sowie bei der weiteren Berichtslegung
zur Behindertenrechtskonvention Angaben zum prozentualen Anteil inklu-
siver Entwicklungsvorhaben am Gesamtvolumen der Entwicklungszusam-
menarbeit vorzulegen;

7. im Hinblick auf die jeweiligen Sektorstrategien bzw. Sektorkonzepte und
deren Umsetzungsmechanismen, das Thema Inklusion als integralen Be-
standteil zu berücksichtigen und insbesondere die jeweiligen Strategie-
papiere und Konzepte zu Gesundheit, Bildung, Stärkung sozialer Siche-
rungssysteme, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Demokratie, Zivil-
gesellschaft und öffentliche Verwaltung dahingehend zu überarbeiten;

8. die Sensibilisierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen in
der Entwicklungszusammenarbeit unter Beteiligung von Menschen mit
Behinderungen voranzutreiben, unter anderem durch regelmäßige Runde
Tische im BMZ, durch Bereitstellung von entsprechendem Informations-
material in barrierefreien Formaten und durch Informations- und Fort-
bildungsveranstaltungen;

9. bei der Förderung nichtstaatlicher Entwicklungsvorhaben die inklusive Ge-
staltung von Vorhaben anhand klarer und messbarer Kriterien zu berück-
sichtigen und gleichzeitig bei der Durchführung von Vorhaben anfallende
Mehrkosten, wie z. B. Assistenz oder Gebärdendolmetscherinnen/Gebärden-
dolmetscher zusätzlich zu gewähren;

10. sicherzustellen, dass bei der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit
der Privatwirtschaft den Vorgaben der Behindertenrechtskonvention ent-
sprochen wird;

11. Einschränkungen der Finanzierung von Teilhabeleistungen, wie Assistenz-
und Pflegeleistungen für Menschen mit Behinderungen im Ausland für die
Teilnahme an entwicklungspolitischen Freiwilligendiensten aufzuheben;

in den Partnerländern und auf internationaler Ebene

12. die inklusive Gestaltung von Entwicklungsmaßnahmen auf alle Sektoren
und Länder auszuweiten;

13. sicherzustellen, dass Inklusion in der Durchführung der entwicklungspoliti-
schen Maßnahmen als Querschnittsthema berücksichtigt wird und dafür
Ansprechpartnerinnen/Ansprechpartner aus dem bestehenden Personal in
den Außenstrukturen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu be-
nennen und diese entsprechend für eine inklusive Entwicklungszusammen-
arbeit zu sensibilisieren und zu schulen;

14. die Situationsanalyse zur Umsetzung von Barrierefreiheit in BMZ-unter-
stützten Infrastrukturmaßnahmen, wie beispielsweise Verkehrsmittel oder
der Bau von Gebäuden, sowie in deutschen Botschaften sukzessive auf alle
Kooperationsländer auszuweiten, zu prüfen, inwieweit ein Umbau erforder-
lich bzw. möglich ist, und sicherzustellen, dass alle zukünftigen Infrastruktur-
maßnahmen unter Berücksichtigung nationaler Vorgaben und Koopera-
tionspartner barrierefrei gestaltet werden;

15. die Förderung des zweigleisigen Ansatzes (twin track approach), der einer-
seits behinderungsspezifischen Maßnahmen und andererseits die inklusive
Gestaltung von Entwicklungsmaßnahmen beinhaltet, deutlich auszubauen

und dabei besonders die inklusive Ausgestaltung von Maßnahmen voran-
zutreiben;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12844

16. entsprechend der WHO-Leitlinien die Förderung von gemeindenahen
Rehabilitationsmaßnahmen zu stäken (community-based rehabilitation –
CBR), die dazu beitragen, dass Menschen mit Behinderungen in Angebote
und Maßnahmen aus den Bereichen Gesundheit, Bildung und Ausbildung,
Beschäftigung und Soziales aktiv einbezogen werden, insbesondere auch in
ländlichen Gegenden;

17. Vorhaben, die den Abbau von Vorurteilen und die Entstigmatisierung von
Menschen mit Behinderungen zum Ziel haben, stärker als bisher zu för-
dern;

18. Selbstvertreterinnen-/Selbstvertreterorganisationen von Menschen mit Be-
hinderungen in den Partnerländern stärker zu unterstützen und zu befähigen,
sich stärker vor Ort, bei den Parlamenten und bei ihren Regierungen einzu-
bringen;

19. das Thema Inklusion von Menschen mit Behinderungen aktiv in den Post-
MDG-Prozess einzubringen und sich dafür einzusetzen, dass dieses bei der
Erarbeitung der SDGs explizit benannt und berücksichtigt wird;

20. das internationale Versprechen zu halten und 0,7 Prozent des Brutto-
nationaleinkommens im Kampf gegen Hunger und Armut bereitzustellen,
einen fairen finanziellen Beitrag für Klimaschutz zu leisten und eine aktive
Friedens- und Abrüstungspolitik zu betreiben, um den vermeidbaren
Ursachen für langfristige körperliche, seelische, geistige oder sensorische
Beeinträchtigungen entgegenzuwirken.

Berlin, den 20. März 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Die Bundesregierung hat sich mit der Ratifizierung der Behindertenrechts-
konvention zu einer inklusiven Entwicklungszusammenarbeit verpflichtet. Bis-
lang wird sie dieser Verpflichtung allerdings nicht ausreichend gerecht. In ihrer
Antwort auf die Schriftlichen Fragen auf Bundestagsdrucksache 17/12440 be-
stätigte das BMZ, dass es derzeit nicht in der Lage ist, zu messen, inwieweit
Maßnahmen inklusiv gestaltet sind oder nicht. Dies führt auch dazu, dass keine
Bestandsaufnahme vorliegt, zu welchem relativen oder absoluten Grad deutsche
Entwicklungszusammenarbeit bereits inklusiv betrieben wird. Der im Februar
2013 veröffentlichte Aktionsplan sieht zwar Statusberichte zur Überprüfung der
Umsetzung des Aktionsplans vor, die Aussagekraft wird aber ohne stichhaltige
Zahlen begrenzt bleiben.

Auch bleibt der Aktionsplan hinter dem Anspruch zurück, die gesamte Entwick-
lungszusammenarbeit inklusiv zu gestalten. Das BMZ verfügt über eine bilate-
rale Zusammenarbeit mit 50 Kooperationsländern und über eine fokussierte re-
gionale oder thematische Zusammenarbeit mit weiteren 28 Kooperationsländern.
Das BMZ steuert zudem 30 Sektorvorhaben der Deutschen Gesellschaft für In-
ternationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH. Vor diesem Hintergrund ist das Ziel
des Aktionsplans die inklusive Ausgestaltung von fünf Sektorschwerpunkten in
zehn Ländern mehr als unbefriedigend. Auch bei den behinderungsspezifischen
Maßnahmen benennt das BMZ mitunter bereits laufende Maßnahmen, wie etwa
die Equal Opportunity Commission in Uganda, welche bereits seit 2010 unter-

stützt wird.

Drucksache 17/12844 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Um eine inklusive Entwicklungszusammenarbeit sowohl im BMZ wie auch in
den Durchführungsorganisationen als Querschnittsthema zu verankern, müssen
Menschen mit Behinderungen als Expertinnen und Experten in eigener Sache
systematisch einbezogen werden. Die Umsetzung in der Praxis funktioniert nur
mit Agentinnen/Agenten des Wandels, Expertinnen und Experten, die entspre-
chend sensibilisiert das Thema vorantreiben und gleichzeitig Kolleginnen und
Kollegen sensibilisieren. Darüber hinaus braucht es auch mehr als eine halbe
Referentinnen-/Referentenstelle im BMZ, die das Thema Inklusion von Men-
schen mit Behinderungen betreut. Eine strategische und inhaltliche Veranke-
rung des Themas im BMZ ist mit einer halben Stelle wenig wahrscheinlich.

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