BT-Drucksache 17/12629

Überarbeitung und Einhaltung der Umwelt- und Sozialstandards der Weltbankgruppe

Vom 1. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12629
17. Wahlperiode 01. 03. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ute Koczy, Dr. Gerhard Schick, Uwe Kekeritz, Thilo Hoppe,
Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Agnes Brugger, Viola von Cramon-
Taubadel, Harald Ebner, Hans-Josef Fell, Katja Keul, Sven-Christian Kindler, Tom
Koenigs, Dr. Tobias Lindner, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour, Lisa Paus,
Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Frithjof
Schmidt, Dorothea Steiner, Dr. Harald Terpe, Markus Tressel, Beate Walter-
Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Überarbeitung und Einhaltung der Umwelt- und Sozialstandards der
Weltbankgruppe

Die Weltbankgruppe prägt als größte multilaterale Entwicklungsbank die inter-
nationale Entwicklungszusammenarbeit. Ihre Investitionsentscheidungen und
Politikleitlinien sind von großer Bedeutung für multi- und bilaterale Geber.
Auch die Umwelt- und Sozialstandards der verschiedenen Institutionen der
Weltbankgruppe haben einen weitreichenden Einfluss auf die Gebergemein-
schaft und darüber hinaus. Die seit Januar 2012 gültigen „Performance Stan-
dards“ der International Finance Corporation (IFC) dienen beispielsweise als
Grundlage für die sogenannten Äquator-Prinzipien, einer Reihe von Umwelt-
und Sozialstandards, zu deren Einhaltung sich mittlerweile 79 Privatbanken bei
ihrer Projektfinanzierung verpflichtet haben. Auch regionale Entwicklungsban-
ken nehmen in ihren Projektrichtlinien Bezug auf die IFC „Performance Stan-
dards“. Gleichzeitig orientieren sich die Leitlinien für Exportkredite (Common
Approaches on Environment and Officially Supported Export Credits) der
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) an
den IFC „Performance Standards“, die damit auch maßgebend für die Vergabe
deutscher Exportkredite sind. Neben den IFC-Standards sind auch die „Safe-
guard Policies“ der Weltbankarme International Bank for Reconstruction and
Development (IBRD) und International Development Association (IDA)
grundlegende Umwelt- und Sozialstandards, zu deren Einhaltung sich die Insti-
tutionen verpflichten und öffentlich zur Verantwortung gezogen werden kön-
nen. Im Jahr 2010 gab die Weltbank bekannt, dass diese Standards aktualisiert
und konsolidiert werden sollen. Die Weltbank lancierte den offiziellen zweijäh-
rigen „Safeguard Review“-Prozess im Oktober 2012.

Zivilgesellschaftliche Organisationen und von Projekten der Weltbankgruppe

betroffene Bevölkerungsgruppen mahnen jedoch immer wieder Verstöße gegen
die genannten Richtlinien an und kritisieren außerdem das mangelnde Monito-
ring und die ungenügende Supervision der Umwelt- und Sozialauswirkungen
von Entwicklungsvorhaben der Weltbankgruppe. Auch bankinterne Strukturen
wie etwa die Independent Evaluation Group (IEG) unterstreichen diese Defizite.
Außerdem äußern sich der unabhängige Compliance Advisor Ombudsman-
Mechanismus (CAO) der IFC und der Multilateral Investment Guarantee

Drucksache 17/12629 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Agency (MIGA) sowie das ebenfalls unabhängige Inspection Panel der Welt-
bank kritisch zu einzelnen Projekten, in denen die selbstverpflichtenden Richt-
linien durch die Weltbankinstitutionen verletzt wurden bzw. werden.

Der Bundesrepublik Deutschland kommt hier als einer der größten Anteils-
eigner der Weltbank eine besondere Verantwortung zu.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Fortschritte wurden aus Sicht der Bundesregierung vor dem Hinter-
grund der für das Jahr 2013 anstehenden Wiederauffüllung der IDA seitens
der Weltbank im Hinblick auf den Schutz globaler öffentlicher Güter wie
Klima und Biodiversität bislang erzielt, anhand welcher Erfolgsindikatoren
werden diese Fortschritte gemessen, und wo sieht die Bundesregierung noch
Nachholbedarf?

2. In welcher Form war und ist die Bundesregierung an der aktuellen Über-
arbeitung der „Safeguard Policies“ der Weltbank beteiligt?

a) Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung bei dem derzeit laufenden
Aktualisierungs- und Konsolidierungsprozess der Umwelt- und Sozial-
richtlinien, und für welche Änderungen der „Safeguard Policies“ setzt sie
sich im Rahmen der damit verbundenen Verhandlungen ein?

b) Inwiefern setzt sich die Bundesregierung bei der Überarbeitung der
Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank für eine Erweiterung des
Anwendungsbereiches der „Safeguard Policies“ über die abnehmende
traditionelle Projektfinanzierung hinaus auf andere Instrumente wie bei-
spielsweise Development Policy Loans oder Programs for Results und für
die Aufnahme weiterer oder strengerer Richtlinien in den bisherigen
Katalog ein, und falls sie dies nicht tut, warum nicht?

c) Ist die Bundesregierung der Meinung, dass einer eventuell zu befürchten-
den Abschwächung der bisherig gültigen „Safeguard Policies“ der Welt-
bankgruppe durch weniger verbindliche Leitlinien im Laufe des momen-
tan stattfindenden Überarbeitungsprozesses oder durch die Übernahme
der IFC-„Performance Standards“ als Richtlinien für Projekte der IBRD/
IDA im Privatsektor präventiv entgegengewirkt werden muss, und wenn
ja, was tut sie dafür, bzw. wenn nein, warum nicht?

d) Stimmt die Bundesregierung damit überein, dass die „Safeguard Policies“
als verbindliche Umwelt- und Sozialstandards nicht durch Prinzipien-
erklärungen ersetzt werden sollten?

e) Stimmt die Bundesregierung damit überein, dass die Weltbank für die
Implementierung ihrer „Safeguards“ selbst rechenschaftspflichtig ist,
obgleich die Stärkung von Systemen für gesetzlich bindende Umwelt-
und Sozialstandards in den Partnerländern zweifelsohne wichtig ist?

f) Inwieweit und in welcher Form setzt die Bundesregierung sich dafür ein,
dass das Inspection Panel der Weltbank seine Erfahrungen in den „Safe-
guard Review“-Prozess mit einbringen kann?

g) Setzt sich die Bundesregierung für die Schaffung von bankinternen
Anreiz- und Haftungsstrukturen, welche die Einhaltung der „Safeguard
Policies“ voraussichtlich besser gewährleisten könnten, ein, und wenn ja,
in welcher Form, bzw. wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12629

3. Was unternimmt die Bundesregierung um sicherzustellen, dass die Um-
setzung der angekündigten besseren „Kundenorientierung“ von Krediten,
die aus einem „Investment Lending Reform Paper“ des Überarbeitungs-
prozesses der Geschäftsprinzipien bei Investitionskrediten der Weltbank-
gruppe hervorgeht, die bisherigen Umwelt- und Sozialstandards nicht in
ihrem Umfang, Inhalt oder Anwendungsbereich beschränkt?

4. Inwiefern wird nach Kenntnisstand der Bundesregierung gewährleistet, dass
durch die vom Board der Exekutivdirektorinnen und -direktoren im letzten
Jahr beschlossene Übernahme der IFC-„Performance Standards“ als Um-
welt- und Sozialrichtlinien auch für Projekte der IBRD/IDA im Privatsektor,
für die bis dato die Weltbank „Safeguard Policies“ geltend waren, die prakti-
sche Umsetzung und Kontrolle der Standards nicht eingeschränkt wird?

a) Wie reagiert die Bundesregierung auf die Feststellung der IEG (IEG =
Evaluative Directions of the World Bank Group’s Safeguard and Sustain-
ability Policies, 2011, S. 23), dass eine Schwachstelle der IFC darin be-
stehe, die Supervision von Umwelt- und Sozialauswirkungen ihrer Pro-
jekte hauptsächlich in die Hände ihrer Privatsektorkunden zu legen und
es laut IEG dabei an unabhängiger Verifizierung mangele, insbesondere
im Hinblick auf die Tatsache, dass es sich bei den IBRD/IDA-Projekten,
bei welchen nun die IFC-Standards angewendet werden sollen, auch um
Staudamm- und Bergbauprojekte mit hohen Umwelt- und Sozialrisiken
handelt?

b) Wie wird das von der IEG identifizierte Problem nach Kenntnisstand der
Bundesregierung angegangen, und wie wird sichergestellt, dass inner-
halb der Institution die notwendigen Kapazitäten und die erforderliche
Expertise für eine solche Umstellung der Standards und die ausnahmslose
Anwendung und Einhaltung der Richtlinien vorhanden ist?

c) Wie wird bei Projekten, bei welchen die genannte Umstellung der Um-
welt- und Sozialstandards Anwendung findet, in Zukunft die unabhängige
Prüfung von Beschwerden durch das Inspection Panel gewährleistet,
und wie wird dabei sichergestellt, dass Betroffene frühzeitig und um-
fassend von ihren Beschwerdemöglichkeiten in Kenntnis gesetzt werden?

d) Kennt die Bundesregierung die Liste der von der Umstellung der Stan-
dards betroffenen Projekte, und wenn ja, wie und in welchem Umfang hat
die Bundesregierung die Einzelprojekte auf Konsistenz mit den deutschen
Entwicklungszielen, wie sie in den verschiedenen Konzepten des Bun-
desministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ), beispielsweise dem Menschenrechtskonzept, festgehalten sind,
überprüft, und wenn sie das nicht getan hat, warum nicht?

e) Welchen Stellenwert misst die Bundesregierung den einzelnen Projekten
(insbesondere das Mphanda Nkuwa Staudammprojekt in Mosambik, das
Guinea Simandou Eisenerzprojekt, das Braunkohlekraftwerksprojekt im
Kosovo sowie die Staudammprojekte in Nepal und Pakistan) im Hinblick
auf ihren Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung, ihre ökologischen und
sozialen Auswirkungen, und welche Anstrengungen unternimmt die
Bundesregierung, damit bei diesen Hochrisikoprojekten eine unabhän-
gige Überprüfung der Umwelt- und Sozialauswirkungen erfolgt?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der Überarbeitung des
„Sustainability Framework“ der IFC?

a) Wie bewertet die Bundesregierung die Überarbeitung des IFC-„Per-
formance Standards 6“ zur Biodiversität, der nun die Zerstörung von
„critical natural habit“ erlaubt, sofern dafür ein Ausgleich (off-set)

geschaffen wird?

Drucksache 17/12629 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

b) Welche empirischen Beweise hat die Bundesregierung dafür, dass „off-
sets“ auch langfristig den irreversiblen Verlust von Artenvielfalt, der aus
Entwicklungsvorhaben resultiert, kompensieren können, und falls dafür
keine empirischen Belege vorliegen, was tut die Bundesregierung, um
dem in diesem Fall unausgeglichenen und unwiederbringlichen Verlust
von Artenvielfalt entgegenzuwirken?

c) Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass das IFC-„Sustain-
ability Framework“ Menschenrechtsprüfungen (human rights due dili-
gence) auch in Situationen mit hohem Risiko lediglich als optional für
ihre Klienten erklärt?

d) Inwiefern setzt sich die Bundesregierung für eine Erweiterung des
Geltungsbereiches des Konzeptes des „Free, Prior and Informed Consent“
(FPIC) für indigene Gruppen auch für die von der IFC finanzierten Pro-
jekte, die zwar außerhalb indigener Territorien stattfinden, diese aber in-
direkt beeinflussen, ein?

e) Inwiefern nutzt die Bundesregierung ihre Rolle im Verwaltungsrat der
IFC, um sich für die Erweiterung oder Verschärfung von Standards für die
von der IFC direkt oder indirekt finanzierten Projekte im Bereich der Um-
welt-, Sozial- und Menschenrechte einzusetzen?

6. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung bei den genannten Aktualisierungs-
und Überarbeitungsprozessen innerhalb der verschiedenen Institutionen der
Weltbankgruppe für eine praktische Umsetzung des vom BMZ im Jahr 2011
vorgestellten Menschenrechtskonzeptes ein?

7. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus den Befunden des Prüfberichtes (Audit) des Compliance Advisor/
Ombudsman-Mechanismus von IFC und MIGA vom 5. Februar 2013 zu
Finanzdienstleistern (Third Party Financial Intermediaries), welcher fest-
stellt, dass die IFC „sehr wenig“ über die ökologischen und sozialen Aus-
wirkungen ihrer Kreditvergabe an „Financial Intermediaries“ wisse (vgl.
www.cao-ombudsman.org/newsroom/index.html), obwohl die Unterstützung
von „Financial Intermediaries“ ca. 40 Prozent des Portfolios der IFC aus-
macht, und was unternimmt die Bundesregierung, um hier Verbesserungen
herbeizuführen?

8. Wie steht die Bundesregierung zu dem derzeitig im Weltbank „Board of
Directors“ geprüften Finanzpaket von über 900 Mio. US-Dollar in Ver-
bindung mit einer Risikoabsicherung von bis zu 1 Mrd. US-Dollar der bei-
den Weltbanktöchter IFC und MIGA für die von dem Unternehmen Rio
Tinto bzw. des Tochterunternehmens Turquoise Hill betriebene und derzeit
am Ende der ersten Umbauphase befindliche mongolische Gold- und
Kupfermine Oyu Tolgoi (OT) in der südlichen Wüste Gobi, insbesondere im
Hinblick auf mehrere Vorwürfe aus Zivilgesellschaft und Presse (vgl. z. B.
Entwicklungspolitik online vom 24. September 2012 „Mongolei: Weltbank
prüft Investition in umstrittene Mine“), das Projekt verletzte die dafür
eigentlich zwingend geltenden Umwelt- und Sozialstandards?

a) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der von mongolischen Nomadinnen/Nomaden bei der Beschwerde-
einrichtung CAO der IFC und der MIGA eingereichten Beschwerde, in der
die Beschwerdesteller/Beschwerdestellerinnen unter anderem eine ent-
sprechende Entschädigung für sie betreffende und ihren traditionellen Le-
bensstil gefährdende Auswirkungen des Projektes, wie beispielsweise eine
ihrer Ansicht nach zu schnelle Umsiedlung, die ihnen keine ausreichende
Suche nach geeigneten neuen Weideplätzen ermöglicht oder die von ihnen
befürchteten Gefährdungen für den Wasserhaushalt des regionalen Öko-

systems, verlangen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12629

b) Setzt sich die Bundesregierung für die bis dato noch nicht erfolgte
Anerkennung der mongolischen Nomadinnen und Nomaden als indigene
Gruppe, die den Nomadinnen und Nomaden weitergehende Rechte im
Rahmen der „Performance Standards“ der IFC einräumen würde und die
bislang von den beteiligten Weltbankorganisationen abgelehnt werden,
ein, und wenn ja, in welcher Form, bzw. wenn nein, warum nicht?

c) Hält die Bundesregierung eine Überprüfung des bereits in Frage 8b ge-
nannten Streitpunktes der Anerkennung der mongolischen Nomadinnen
und Nomaden durch ein unabhängiges und zur für den weiteren Fortgang
des Projektes bedeutsamen Beantwortung dieser Frage ausreichend quali-
fiziertes Team für angebracht, und wenn ja, was tut sie für die Einsetzung
einer solchen Prüfkommission, bzw. wenn nein, warum nicht?

d) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Fortschritt hin-
sichtlich der Managementpläne, die laut Antwort der Bundesregierung
auf die Schriftliche Frage 155 (Bundestagsdrucksache 17/10968) vom
28. September 2012 der Abgeordneten Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) laufend aktualisiert würden und deren nächste Aktualisierung
spätestens für den Januar 2013 vorgesehen war?

e) Wie genau setzt sich die Bundesregierung für die strikte Einhaltung aller
geltenden Umwelt- und Sozialrichtlinien beim Projekt in Oyu Tolgoi ein,
insbesondere im Hinblick auf die Antwort der Bundesregierung auf die
bereits in Frage 5d genannte Schriftliche Frage, in welcher die Bundes-
regierung versicherte, genau dies intensiv zu tun?

f) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung aus der Kritik zahlreicher zivilgesellschaftlicher Organisationen an
der Umweltverträglichkeitsprüfung für das OT-Projekt, welche im August
2012 als Teil des Finanzierungsantrags der Weltbank sowie der Euro-
päischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) zur Ver-
fügung gestellt und veröffentlicht wurde, insbesondere im Hinblick auf
den Vorwurf, die Auswirkungen auf die Wasserversorgung im Ökosystem
der Wüste Gobi seien aufgrund der geplanten Nutzung tiefliegender und
fossiler Wasseradern in der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht hinrei-
chend geprüft worden?

g) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die geplante Um-
leitung des Undai-Flusses, mit der ohne hinreichende Konsultation mit
den Nomadinnen und Nomaden bereits begonnen wurde, obwohl schwer-
wiegende, andauernde Auswirkungen auf das Ökosystem inklusive dem
Verlust der Bor Ovoo Quelle drohen (Entwicklungspolitik online vom
24. September 2012 „Mongolei: Weltbank prüft Investition in umstrittene
Mine“), und wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die
Arbeiten an der Umleitung gestoppt werden, soweit sie bereits begonnen
haben?

h) Spricht sich die Bundesregierung für eine ernsthafte und robuste Analyse
von Alternativen zum für die Energieversorgung der Mine geplanten
Kohlekraftwerk aus, vor allem im Hinblick auf die Kriterien des Strategic
Framework for Development and Climate Change (SFDCC) der Welt-
bank, das unter anderem vorschreibt, eine solche Analyse für alle im
Rahmen von Weltbank-Projekten geplanten Kohlekraftwerke durchzufüh-
ren, und wenn ja, in welcher Form setzt sie sich dafür ein, bzw. wenn nein,
warum nicht?

Drucksache 17/12629 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

i) Wie steht die Bundesregierung zu den Forderungen der mongolischen
Regierung, die in zurzeit unterbrochenen Gesprächen mit dem Unter-
nehmen Rio Tinto bzw. Turquoise Hill eine Vergrößerung der eigenen
Anteile am OT-Projekt aushandeln möchte, was laut Medienberichten
bereits zu einer Androhung eines vorübergehenden Baustopps vonseiten
der ausführenden Unternehmen führte (Bloomberg vom 14. Februar 2013
„Rio says Mongolian Project’s Start depends on End to Dispute“)?

j) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den derzeitigen Stand
und Fortgang der Umbauarbeiten der OT-Mine und über die nähere Zu-
kunftsplanung des ausführenden Unternehmens hinsichtlich der geplan-
ten zweiten Bauphase bzw. der (vollständigen) Wiederaufnahme der
kommerziellen Arbeiten in der Mine?

9. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem im Januar 2013 bekannt gewordenen Gutachten der Independent
Evaluation Group (IEG) der Weltbankgruppe, welches den Erfolg der Wald-
strategie der Weltbank an mehreren zentralen Punkten massiv infrage stellt?

a) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung aus dem IEG-Bericht im Hinblick auf seine Feststellung, dass bei
drei Vierteln der untersuchten Naturschutzprojekte die ökologische Nach-
haltigkeit gefährdet sei?

b) Teilt die Bundesregierung die Schlussfolgerungen der IEG, welche unter
anderem die Nichtbeteiligung von lokalen zivilgesellschaftlichen Akteu-
rinnen und Akteure an der Planung und Umsetzung der Projekte als
Grund dafür anführt, dass das Ziel der Armutsreduzierung nur bei zwei
der 37 evaluierten Projekte in geschützten Regionen erreicht wurde (bitte
begründen), und wie setzt sich die Bundesregierung für eine zukünftig
stärkere Beteiligung der lokalen Zivilgesellschaft an den Projekten ein,
um die Ziele der Waldstrategie besser erreichen zu können?

c) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung aus dem Befund der IEG, dass es bei drei Vierteln der Weltbank-
Naturschutzprojekte in geschützten Regionen zu Zwangsumsiedlungen
und damit zur Anwendung von OP 4.12 kam, es jedoch kaum Bericht-
erstattung darüber gibt, ob und wie die potentiellen negativen Auswirkun-
gen auf die Lebensgrundlage der Betroffenen ausgeglichen worden sind?

d) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung aus der Tatsache, dass das genannte Gutachten keine Befunde dahin-
gehend enthält, dass von der Weltbank unterstützte Reformen des indus-
triellen Holzeinschlags in tropischen Feuchtwäldern in Ländern mit
schwacher Regierungsführung (governance) zur nachhaltigen und sozial-
verantwortlichen Entwicklung beitragen?

e) Teilt die Bundesregierung die aus dem in Frage 8d genannten Befund ab-
geleitete Forderung der IEG nach einer umfassenden öffentlichen Studie
der wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Ergebnisse dieser von der
Weltbank unterstützten Vorhaben, insbesondere vor dem Hintergrund,
dass eine solche Studie auch hilfreich für die genannte Überarbeitung der
„Safeguard Policies“ und außerdem im Interesse des deutschen Engage-
ments für die REDD-Initiave wäre (bitte begründen)?

f) Wie möchte die Bundesregierung auch vor dem Hintergrund des genann-
ten IEG-Gutachtens sicherstellen, dass Investitionen oder Kredite der
Weltbankgruppe für Agrarindustrieprojekte oder große Infrastruktur-
projekte die Ziele der Waldstrategie der Weltbankgruppe nicht weiterhin
gefährden, und zieht sie zu diesem Zwecke die Einführung von strengeren

Prüfkriterien und Überprüfungsmaßnahmen für Projekte solcher und ähn-
licher Art in Betracht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/12629

10. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Finanzierung von Projekten
fossiler Energien durch die Weltbank vor dem Hintergrund des im Oktober
2012 von Weltbank-Präsident Jim Yong Kim vorgestellten Klimaberichtes
unter dem Titel „Turn Down the Heat“, der die katastrophalen Folgen einer
möglichen Klimaerwärmung von vier Grad Celsius beschreibt und die
besondere Verantwortung der Weltbank im Kampf gegen eine solche Er-
wärmung des globalen Klimas betont sowie im Hinblick auf die Äußerun-
gen vom Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung, Dirk Niebel, der den Bericht in einer Pressemitteilung des BMZ vom
19. November 2012 als „klimapolitischen Weckruf“ bezeichnete?

a) Vertritt die Bundesregierung die Meinung, dass die Weltbankgruppe als
Reaktion zur Bekämpfung des Klimawandels die Finanzierung von Pro-
jekten, bei denen fossile Energien gefördert werden, zukünftig aus-
schließen bzw. kritischer untersuchen sollte, und wenn ja, in welcher
Form setzt sie sich für eine solch restriktivere Kreditvergabe ein, bzw.
wenn nein, warum nicht?

b) In welcher Form unterstützt die Bundesregierung den Weltbank-Präsi-
denten Jim Yong Kim bei der praktischen Umsetzung seiner angekün-
digten Neuausrichtung der Weltbank, die das Vorgehen gegen die Klima-
erwärmung zukünftig zu einem der Hauptbestandteile der Armuts-
bekämpfung machen soll?

c) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache,
dass laut dem in Frage 9 genannten Evaluierungsgutachten nur bei ei-
nem Drittel der Weltbankprojekte in geschützten Regionen seit 2008 der
Begriff des Klimawandels im Projektdesign berücksichtigt wird, und
welche Konsequenzen zieht sie daraus?

d) Welche Projekte, die die Förderung fossiler Energieträger beinhalteten,
wurden in den letzten fünf Jahren zu Teilen oder ganz von den Institu-
tionen der Weltbankgruppe (mit-)finanziert (bitte nach Projekt, Zeit-
raum, finanziellem Volumen, beteiligter Weltbankorganisation, beteilig-
ten Unternehmen auflisten)?

Berlin, den 1. März 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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