BT-Drucksache 17/12626

Repräsentanz von Menschen mit Einwanderungsgeschichte im öffentlichen Dienst

Vom 5. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12626
17. Wahlperiode 05. 03. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Memet Kilic, Volker Beck (Köln), Josef Philip Winkler, Ingrid
Hönlinger, Monika Lazar, Dr. Konstantin von Notz, Britta Haßelmann und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Repräsentanz von Menschen mit Einwanderungsgeschichte im öffentlichen
Dienst

Eine besonders unrühmliche Rolle bei der Integration von Menschen mit
Einwanderungsgeschichte in den deutschen Arbeitsmarkt spielt der öffentliche
Dienst. Dies belegt u. a. der Zweite Integrationsindikatorenbericht der Bundes-
regierung (Bundestagsdrucksache 17/8540). So betrug der Anteil von Beschäf-
tigten mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst im Jahr 2010 im
Schnitt 9,9 Prozent und lag damit gerade einmal 0,6 Prozent höher als im Jahr
2005. Bei einem Gehaltsniveau über 2 000 Euro netto lag die Quote sogar bei
nur 6,3 Prozent.

Diesen Befund bestätigte jüngst die im Dezember 2012 veröffentlichte Studie
„Integration von Zuwanderern: OECD-Indikatoren 2012“ der OECD. Demnach
ist Deutschland eines der Schlusslichter unter den westlichen Industriestaaten,
wenn es um die Integration von in Deutschland geborenen Kindern von Ein-
wanderinnen und Einwanderern in den öffentlichen Dienst geht. Nur Australien,
Estland und Spanien schneiden noch schlechter ab.

Um dies zu ändern, ging die Bundesregierung in ihrem „Nationalen Aktions-
plan Integration“ (NAP-I) verschiedende Selbstverpflichtungen ein (Bundes-
tagsdrucksache 17/8540, S. 133 und S. 143 ff.).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Welchen Anteil haben Menschen mit Migrationshintergrund an der
Gesamtzahl der Beschäftigten im Bereich der Bundesverwaltung?

b) Wie hoch liegt deren Anteil bei der Gruppe, die ein monatliches Netto-
einkommen von weniger als 1 100 Euro oder mehr als 2 000 Euro be-
zieht?

2. Wie haben sich die Einstellungsquoten von Auszubildenden mit Migrations-
hintergrund im öffentlichen Dienst – und hierbei insbesondere in der
Bundesverwaltung – seit 2005 jährlich entwickelt (bitte auch nach den ent-
sprechenden Berufs- bzw. Vergütungsgruppen und Geschlecht aufschlüs-

seln)?

3. Wurden und werden seitens der Bundesregierung Migrantenselbstorganisa-
tionen in die Bemühungen eingebunden, den Anteil von Beschäftigten mit
Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst zu erhöhen?

Wenn ja, welche Verbände werden hier wie eingebunden?

Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 17/12626 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Ist das Instrument der Zielvereinbarung nach Auffassung der Bundesregie-
rung ein geeignetes Mittel, um in den Bereichen der Bundesverwaltung den
Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund zu erhöhen?

Wenn ja, wie wird die Bundesregierung dieses Instrument einsetzen?

Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung ihre Einschätzung?

5. Plant die Bundesagentur für Arbeit bei der Erfassung von Beschäftigungs-
verhältnissen im öffentlichen Dienst künftig auch den Migrationshinter-
grund von Beschäftigten bzw. von Anwärterinnen und Anwärtern zu er-
fassen (so die implizite Empfehlung des Zweiten Integrationsindikatoren-
berichts, S. 134)?

Wenn ja, ab wann, und auf welcher definitorischen Grundlage?

Wenn nein, warum nicht?

6. Welche Handlungsempfehlungen zur Veränderung der Einstellungspraxis
für die Bundesverwaltung leitet die Bundesregierung aus dem erfolgreichen
Abschluss des Pilotprojekts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes
zum anonymisierten Bewerbungsverfahren ab?

7. a) Welche Ergebnisse erbrachte die angekündigte Überprüfung der Aus-
schreibungstexte auf mittelbar diskriminierende Formulierungen (vgl.
S. 145, NAP-I)?

b) Inwieweit ist die Feststellung im NAP-I, „[j]ede Bewerberin und jeder
Bewerber für den öffentlichen Dienst muss die deutsche Sprache in dem
für die Wahrnehmung der Aufgaben der Laufbahn erforderlichen Maß
beherrschen“, geeignet, das ebendort angestrebte Ziel zu erreichen,
„mittelbare Diskriminierung bei der Festlegung des Anforderungsprofils
auszuschließen“?

c) Welche Ergebnisse erbrachte die im NAP-I angekündigte „Prüfung des
geforderten Sprachniveaus auf Angemessenheit“?

8. Hat die Bundesagentur für Arbeit inzwischen die angekündigten Handlungs-
empfehlungen entwickelt bzw. einen Leitfaden zum Diversity-Management
erstellt und dies den Behörden der Bundesverwaltung zur Verfügung gestellt
(vgl. S. 147, NAP-I)?

Wenn ja, welchen Inhalts?

Wenn nein, warum nicht, und wann ist damit zu rechnen?

9. Inwieweit werden seitens der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung
– wie im NAP-I auf S. 146 angekündigt – für die angestrebte interkulturelle
Öffnung der Bundesverwaltung neu konzipierte Fortbildungsveranstaltun-
gen angeboten (insbesondere für Führungskräfte bzw. Personalentscheider
und Auswahlkommissionsmitglieder)?

10. Erachtet es die Bundesregierung für sinnvoll, die in der Bundesverwaltung
tätigen Gleichstellungsbeauftragten ressourcenmäßig so auszustatten, da-
mit diese sich in Zukunft für einen diskriminierungsfreien Umgang in der
Verwaltung in einem umfassenden Sinne einsetzen können (also z. B. auch
im Hinblick auf das Diskriminierungsmerkmal Migrationshintergrund)?

Wenn ja, welche zusätzlichen Haushaltsmittel wären hierfür notwendig,
und wann ist mit entsprechenden haushalterischen/personellen Schritten
seitens der Bundesregierung zu rechnen?

Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12626

11. Beabsichtigt die Bundesregierung, den europarechtlichen Gleichbehand-
lungsgrundsätzen folgend für nachstehende Personengruppen den Zugang
zum Beamtenverhältnis entsprechend der Regelung für Unionsbürger ge-
mäß § 7 Absatz 1 Nummer 1a des Bundesbeamtengesetzes zu öffnen:

a) Familienangehörige von Unionsbürgern gemäß der sog. Freizügigkeits-
richtlinie (Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 29. April 2004),

b) türkische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie ihre Familien-
angehörigen nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-
Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980
(ARB 1/80),

c) langfristig Aufenthaltsberechtigte nach der sog. Daueraufenthaltsricht-
linie (Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003),

d) Hochqualifizierte nach der sog. Hochqualifiziertenrichtlinie (Richtlinie
2009/50/EG des Rates vom 25. Mai 2009) sowie

e) anerkannte Flüchtlinge nach der sog. Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie
2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004)?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 5. März 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.