BT-Drucksache 17/12620

Entwurf eines Gesetzes zur Eindämmung des Missbrauchs des Abmahnwesens

Vom 4. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12620
17. Wahlperiode 04. 03. 2013

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Jerzy Montag, Renate Künast, Jürgen Trittin, Dr. Konstantin von
Notz, Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger, Memet Kilic, Claudia Roth (Augsburg),
Wolfgang Wieland, Josef Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Eindämmung des Missbrauchs des Abmahnwesens

A. Problem

Im Urheberrecht ist das grundsätzlich wünschenswerte System einer außerge-
richtlichen Lösung urheberrechtlicher Streitigkeiten durch Abmahnungen,
durch eine bewusste, aber sinnwidrige Nutzung rechtlicher Möglichkeiten deut-
lich in Misskredit geraten. Im Bereich der urheberrechtlichen Abmahnungen ist
festzustellen, dass sich auf Seiten der Rechteinhaber wie leider auch auf Seiten
der sie vertretenden Rechtsanwälte die außergerichtliche Geltendmachung von
Unterlassungsansprüchen und die Eintreibung von Vertragsstrafen zu einer ei-
genständigen Einnahmequelle und einem prosperierenden Geschäftsmodell ent-
wickelt haben.

Die Einführung und Ausweitung des Onlinehandels haben zu einer Entwicklung
im Bereich der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung geführt, die der im Bereich
des Urheberrechts nahekommt. Gerade bei Existenzgründern und kleinen Händ-
lern sind hohe Abmahnkosten oft existenzbedrohend.

Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll dieser Missbrauch eingedämmt wer-
den und den Abgemahnten eine bessere Position zur Durchsetzung ihrer Gegen-
ansprüche und Überprüfung der Forderungen eingeräumt werden.

B. Lösung

Um Abmahnungen wieder zu einer akzeptierten Methode der außergerichtlichen
Schlichtung werden zu lassen, müssen die finanziellen Anreize für Geschäfts-
modelle, die durch sinnwidrige Nutzung der rechtlichen Möglichkeiten massen-
haft Abmahnungen versenden, reduziert werden. Dafür bedarf es einer Ände-
rung des Urheberrechtsgesetzes und des Gerichtskostengesetzes sowie des
Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und des Unterlassungsklagengeset-
zes.

C. Alternativen
Beibehaltung des bisherigen Zustands.

D. Kosten

Keine.

nahm, Urheberrechtsstreitsachen
3. für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienst-
leistungen erbrachte oder

4. nach den Angaben einer in Nummer 1 oder 2 ge-
nannten Person an der Herstellung, Erzeugung
oder am Vertrieb solcher Vervielfältigungsstücke,

(1) In einer Urheberrechtsstreitsache beträgt der Streit-
wert für den Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch
700 Euro, wenn der Beklagte

1. eine natürliche Person ist, die urheberrechtliche Wer-
ke oder durch verwandtes Schutzrecht geschützte
Drucksache 17/12620 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Eindämmung des Missbrauchs des Abmahnwesens

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Urheberrechtsgesetzes
Das Urheberrechtsgesetz in der Fassung vom 9. Septem-

ber 1965 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt durch … geändert
worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 97a wird wie folgt gefasst:

㤠97a

Abmahnung

(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung
eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmah-
nen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe
einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten
Unterlassungsverpflichtung beizulegen.

(2) Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Er-
satz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.
§ 49 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzu-
wenden.

(3) Soweit die Abmahnung unberechtigt ist, kann der
Abgemahnte Ersatz der für die Rechtsverteidigung erfor-
derlichen Aufwendungen verlangen. Weiter gehende Er-
satzansprüche bleiben unberührt.“

2. § 101 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wir folgt gefasst:

„(1) Wer im geschäftlichen Verkehr das Urheber-
recht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütz-
tes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Ver-
letzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft
und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Verviel-
fältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse in An-
spruch genommen werden.“

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung
oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Ver-
letzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch bei
widerrechtlicher Verletzung des Urheberrechts oder
eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Rechts
im geschäftlichen Verkehr auch gegen eine Person,
die im gewerblichen Ausmaß

1. rechtsverletzende Vervielfältigungsstücke in ihrem
Besitz hatte,

2. rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch

es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385
der Zivilprozessordnung im Prozess gegen den Verlet-
zer zur Zeugnisverweigerung berechtigt. Im Fall der
gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs nach
Satz 1 kann das Gericht den gegen den Verletzer an-
hängigen Rechtsstreit auf Antrag bis zur Erledigung
des wegen des Auskunftsanspruchs geführten Rechts-
streits aussetzen. Der zur Auskunft Verpflichtete kann
von dem Verletzten den Ersatz der für die Auskunfts-
erteilung erforderlichen Aufwendungen verlangen.“

3. Nach § 105 wird folgender § 105a eingefügt:

㤠105a

Gerichtsstand

Für Klagen aus unerlaubter Handlung auf Grund die-
ses Gesetzes ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk
die Handlung begangen wurde, wenn der Beklagte im In-
land weder eine gewerbliche oder selbständige berufliche
Niederlassung noch einen Wohnsitz hat.“

4. Dem § 106 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Nicht bestraft wird, wer Werke oder die Bearbei-
tung oder Umgestaltung von Werken nur in geringer Zahl
und ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch oder
zum privaten Gebrauch von mit dem Täter persönlich
verbundenen Personen vervielfältigt oder an solchen Ver-
vielfältigungen teilnimmt (§§ 26, 27 des Strafgesetzbu-
ches).“

Artikel 2

Änderung des Gerichtskostengesetzes

Das Gerichtskostengesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I
S. 718), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a) Die Angabe zu § 49 wird wie folgt gefasst:

„§ 49 Urheberrechtsstreitsachen“.

b) Die Angabe zu § 51 wird wie folgt gefasst:

„§ 51 Gewerblicher Rechtsschutz“.

2. § 49 wird wie folgt gefasst:

㤠49
sonstiger Erzeugnisse oder Dienstleistungen betei-
ligt war,

Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständi-
ge Tätigkeit verwendet, und

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12620

2. in den letzten zwei Jahren nicht bereits wegen eines
Anspruchs des Klägers durch Vertrag, auf Grund einer
rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer
einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflich-

2. § 12 Absatz 4 wird durch die folgenden Absätze 4 und 5
ersetzt:

„(4) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen
tet ist.
(2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn ein Unterlas-

sungs- und ein Beseitigungsanspruch nebeneinander gel-
tend gemacht werden.“

3. § 51 wird wie folgt gefasst:
㤠51

Gewerblicher Rechtsschutz
(1) In Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechts-

schutzes (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 14) und in Verfah-
ren über Ansprüche nach dem Patentgesetz, dem
Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Ge-
schmacksmustergesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und
dem Sortenschutzgesetz ist der Wert nach billigem Er-
messen zu bestimmen.

(2) In Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz ge-
gen den unlauteren Wettbewerb ist, soweit nichts anderes
bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag
des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache
nach Ermessen zu bestimmen.

(3) Ist die Bedeutung der Sache für den Beklagten er-
heblich geringer zu bewerten als der in Absatz 2 ermittel-
te Streitwert, ist dieser angemessen zu mindern. Bietet
der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streit-
werts hinsichtlich des Beseitigungs- oder Unterlassungs-
anspruchs keine genügenden Anhaltspunkte, ist insoweit
ein Streitwert von 1 000 Euro anzunehmen, auch wenn
diese Ansprüche nebeneinander geltend gemacht werden.

(4) Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist
der sich aus den Absätzen 2 und 3 ergebende Wert in der
Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung
gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen.

(5) Die Vorschriften über die Anordnung der Streitwert-
begünstigung (§ 12 Absatz 4 des Gesetzes gegen den un-
lauteren Wettbewerb, § 144 des Patentgesetzes, § 26 des
Gebrauchsmustergesetzes, § 142 des Markengesetzes,
§ 54 des Geschmacksmustergesetzes) sind anzuwenden.“

Artikel 3

Änderung des Gesetzes gegen den
unlauteren Wettbewerb

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fas-
sung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I
S. 254) wird wie folgt geändert:

1. Dem § 8 Absatz 4 wird folgender Satz angefügt:
„In diesen Fällen kann der Anspruchsgegner Ersatz der
für seine Rechtsverteidigungen erforderlichen Aufwen-
dungen verlangen. Weiter gehende Ersatzansprüche blei-
ben unberührt.“

durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Ge-
setz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird,
glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach
dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich
gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag
anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zah-
lung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirt-
schaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst.
Die Anordnung hat zur Folge, dass
1. die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsan-

walts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts
zu entrichten hat,

2. die begünstigte Partei, soweit ihr die Kosten des
Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese
übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Ge-
richtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsan-
walts nur nach dem Teil des Streitwerts zu entrichten
hat und

3. der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die
außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder
von ihm übernommen werden, seine Gebühren von
dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert
beitreiben kann.

(5) Der Antrag nach Absatz 4 kann vor der Geschäfts-
stelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist
vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Da-
nach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder
festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufge-
setzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der
Gegner zu hören.“

3. § 14 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Für Klagen aus unerlaubter Handlung auf Grund

dieses Gesetzes ist außerdem das Gericht zuständig, in
dessen Bezirk die Handlung begangen ist, wenn der Be-
klagte im Inland weder eine gewerbliche oder selbständi-
ge berufliche Niederlassung noch einen Wohnsitz hat.“

Artikel 4

Änderungen des Unterlassungsklagengesetzes
In § 5 des Unterlassungsklagengesetzes in der Fassung

der Bekanntmachung vom 27. August 2002 (BGBl. I
S. 3422, 4346), das zuletzt durch das Gesetz vom 6. Februar
2012 (BGBl. I S. 146) geändert worden ist, wird die Angabe
„§ 12 Abs. 1, 2 und 4“ durch die Wörter „§ 12 Absatz 1, 2, 4
und 5“ ersetzt.

Artikel 5

Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 4. März 2013
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

und Rechtsverfolgungskosten sowie pauschalierten Scha-
dem Abgemahnten Aufwendungsersatz leisten zu müssen.
densersatz – wegen Urheberrechtsverletzungen im Bagatell-
bereich wesentlich mehr an Wert abzuschöpfen, als der mit
der Unterlassungsverpflichtung verbundenen Ausgleichs-

Die Einführung und Ausweitung des Onlinehandels hat zu
einer ähnlichen Entwicklung im Bereich der wettbewerbs-
rechtlichen Abmahnung geführt. Wettbewerbsverstöße im
Drucksache 17/12620 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeines

1. Ausgangslage

Abmahnungen stellen im Grundsatz einfache Möglichkeiten
dar, um Streitigkeiten wegen vermeintlicher Rechtsverlet-
zungen ohne Einschaltung von Gerichten zu klären. Erfor-
derlich ist hierfür lediglich ein formloses Schreiben. Bei Ein-
lenken des Abgemahnten kann auf diese Weise eine ihm
drohende Klage vor Gericht schnell und unbürokratisch ab-
gewendet werden. Dieses Verfahren entlastet die Justiz und
stellt im Vergleich zum Klageverfahren eine kostengünstige
Alternative dar.

Urheberrechtliche Abmahnungen haben sich in den vergan-
genen Jahren jedoch zu einem Mittel entwickelt, durch
welches nicht nur, wie ursprünglich intendiert, die Rechte-
inhaber durch strafbewehrte Unterlassungserklärungen wirt-
schaftlich angemessen gesichert werden. Leider haben in im-
mer größerem Maße sowohl Rechteinhaber, als auch die sie
vertretenden Rechtsanwälte in der vielfachen Versendung
von gleichlautenden Abmahnungen eine neue Einnahme-
quelle gefunden. Die Möglichkeiten des Internets, urheber-
rechtlich geschützte Werke in digitalisierter Form zu verviel-
fältigen und zu verbreiten, haben zu einer exorbitanten
Zunahme von Abmahnungen wegen angeblicher Urheber-
rechtsverletzungen geführt. Der Verein gegen den Abmahn-
wahn e. V. berichtet nach statistischen Erhebungen von
250 000 Abmahnungen in 2008, 453 000 in 2009 und
575 000 in 2010. Trotz einer Abnahme in den Jahren 2011
und 2012 ist weiterhin von einem übermäßig verbreiteten
Gebrauch und auch Missbrauch der Abmahnungen im Urhe-
berrecht und dabei insbesondere auch im Bagatellbereich
von Urheberrechtsverletzungen auszugehen. Noch im Jahr
2012, in dem die Anzahl der Abmahnungen gegenüber 2011
leicht abgenommen hatte, wurden Abmahnung mit einem
Gesamtforderungsvolumen von 90 Mio. Euro versandt. Laut
einer Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverband wur-
den bereits 4,3 Millionen Menschen in Deutschland abge-
mahnt.

2. Begrenzung der Abmahnkosten im Urheberrecht
und im UWG

Die massenhafte und teilweise auch missbräuchliche Versen-
dung von Abmahnungen durch einige schwarze Schafe der
Branche schadet dem Ansehen der urheberrechtlichen
Rechteinhaber ebenso wie dem der Anwaltschaft im Bereich
des geistigen Eigentums. Der ursprüngliche Abmahnzweck,
nämlich die Entlastung insbesondere der Justiz sowie die Be-
seitigung und Unterlassung der Verletzungshandlungen bei
gleichzeitiger Sicherung des Rechtsfriedens, ist nicht er-
reicht worden. Es hat sich sogar im Gegenteil eine Tendenz
entwikkelt, systematisch – durch Abmahnungen, Anwalts-

nung bei. Dem soll durch Änderungen im Urheberrecht ent-
gegengewirkt werden.

Zwar war durch die Änderung des § 97a UrhG im Rahmen
des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rech-
ten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I
S. 1191) die Begrenzung der Abmahnkosten bereits inten-
diert. § 97a Absatz 2 UrhG alte Fassung beschränkt den Er-
satzanspruch für die erstmalige Abmahnung in sogenannten
einfach gelagerten Fällen mit nur „unerheblicher Rechtsver-
letzung“ auf 100 Euro, sofern die Rechtsverletzung nicht im
geschäftlichen Verkehr begangen wurde. Wegen der diffusen
unbestimmten Rechtsbegriffe der „einfach gelagerten Fälle“
und „unerheblichen Rechtsverletzungen“ sowie der weiten
Auslegung des Begriffes des „Handeln im geschäftlichen
Verkehr“ als jede wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Markt,
die der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäfts-
zwecks zu dienen bestimmt ist, haben sich die mit § 97a
UrhG verfolgten Zwecke nicht erfüllt. Die Regelung ist seit
ihrer Einführung faktisch nahezu ins Leere gelaufen.

Vielmehr werden Massenabmahnungen in wirklich einfach
gelagerten Fällen und bei tatsächlich unerheblichen Rechts-
verletzungen mit Forderungen von mehreren hundert Euro
verschickt und die Betroffenen mit der Androhung weiteren,
sehr kostenträchtigen gerichtlichen Vorgehens zu völlig un-
angemessenen vorgerichtlichen Vergleichsabschlüssen ge-
drängt. Die Abmahnung von Urheberrechtsverletzungen im
Internet dient so der Erschließung einer neuen Einkommens-
quelle, die in absurder und dem Sinn und Zweck des Geset-
zes völlig entgegenstehender Weise einträglicher ist als die
Lizensierung der geschützten Werke. Dieser Missstand soll
mit der Änderung von § 97a UrhG und dem Verweis auf das
Gerichtskostengesetz und die dortig geregelte neue Streit-
wertbegrenzung für Unterlassungs- und Beseitigungsan-
sprüche gegenüber nichtgewerblichen Nutzern behoben
werden.

Der Streitwert in Urheberrechtsstreitsachen gegen Privatper-
sonen wird auf 700 Euro begrenzt. Dementsprechend redu-
zieren sich auch die Rechtsanwaltsgebühren auf sodann
120,67 Euro. Dem zu Unrecht Abgemahnten wird darüber
hinaus ein eigener Gegenanspruch auf Ersatz von Aufwen-
dungen zugestanden. Er ist damit nicht mehr auf das allge-
meine Deliktsrecht verwiesen, in dem er bisher mit neuem
Prozessrisiko einen Schadensersatzanspruch geltend machen
musste. Bisher ist die Zahl der Schadensersatzklagen wegen
missbräuchlichen Abmahnungen relativ gering. Mit der
Schaffung eines eigenständigen klaren Gegenanspruches
soll die Hürde einer Durchsetzung eines Gegenanspruches
gesenkt werden, so dass in Zukunft mehr zu Unrecht Abge-
mahnte ihren Gegenanspruch geltend machen und damit das
Risiko für Versender missbräuchlicher Abmahnungen steigt,
und Genugtuungsfunktion entspricht. Das trägt wesentlich
zum Akzeptanzverlust des Urheberrechts wie der Abmah-

Bagatellbereich sowie Verstöße gegen Marktverhaltens-
regeln wie z. B .Impressumsangabepflichten und Regelun-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12620

gen der Preisangabeverordnung oder der AGB werden oft
von Existenzgründern und kleinen Händlern begangen. Ge-
gen sie eingesetzte Abmahnungen und Aufforderung der Ab-
gabe einer Unterlassungserklärung haben wegen der geltend
gemachten erheblichen Kosten – insbesondere die Erstattung
der Aufwendungen für die Einschaltung eines Rechtsanwalts
nach § 12 Absatz 1 Satz 2 UWG und § 5 UKlaG – häufig
eine existenzgefährdende Wirkung. Die Reduktion der
finanziellen Anreize von Abmahnungen und die Schaffung
von Gegenansprüchen für missbräuchlich Abgemahnte soll
zu einer erheblichen Reduktion der Anzahl von Abmahnun-
gen im wettbewerbsrechtlichen Bereich beitragen. Der Ge-
setzentwurf verringert die Anzahl unbestimmter und durch
Gerichte auszulegende Rechtsbegriffe und schafft damit
Rechtssicherheit und ein geringeres Prozessrisiko für
Rechtsanwender.

Dem zu Unrecht Abgemahnten soll auch in § 8 Absatz 4
UWG ein eigener Gegenanspruch auf Ersatz von Aufwen-
dungen zugestanden werden. Mit der Schaffung eines klaren
Gegenanspruches soll, wie im Bereich des Urheberrechts,
die Hürde einer Durchsetzung eines Gegenanspruches ge-
senkt werden, so dass auch hier in Zukunft mehr zu Unrecht
Abgemahnte ihren Gegenanspruch geltend machen und da-
mit das Risiko für Versender missbräuchlicher Abmahnun-
gen steigt, dem Abgemahnten Aufwendungsersatz leisten zu
müssen.

Durch die Einführung einer gesetzlichen Streitwertbegren-
zung im Gerichtskostengesetz sollen die finanziellen Anrei-
ze einer unangemessen hohen Streitwertfestsetzung redu-
ziert werden, weil sich durch sie die Vergleichssummen und
gerade auch die Gebühren für die außergerichtliche Tätigkeit
derjenigen missbräuchlich tätig werdenden Rechtsanwälte
vermindern, die massenhaft wettbewerbsrechtliche und ur-
heberrechtliche Abmahnungen versenden.

3. Begrenzung des Auskunftsanspruch und des
Drittauskunftsanspruchs

Mit der Reform des Urheberrechts 2008 hat der Gesetzgeber
ohne Not den Auskunftsanspruch des Verletzten gegen den
Verletzer nach § 101 Absatz 1 UrhG ausgeweitet. Der Ge-
setzentwurf beschränkt diesen Auskunftsanspruch wieder,
wie schon im Regierungsentwurf zur Reform des Urheber-
rechts 2008 vorgesehen, auf widerrechtliche Verletzungen
des Urheberrechts im „geschäftlichen Verkehr“. Damit wer-
den wirtschaftliche Tätigkeiten auf dem Markt erfasst, die
der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszwecks
zu dienen bestimmt sind. Die 2008 eingeführte Ausweitung
auf Verletzungen „im gewerblichen Ausmaß“ überschreitet
diese Begrenzung des Auskunftsanspruchs und wirkt bis in
den privaten Bereich hinein, in dem ein solcher Auskunfts-
anspruch aber weder ökonomisch noch rechtspolitisch not-
wendig ist.

Mit der sogenannten Enforcement-Richtlinie der Europä-
ischen Union wurden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, ein
gerichtliches Verfahren einzuführen, in dem jede Person, die
rechtmäßige Dienstleistungen anbietet, über die von Dritten
Urheberrechtsverletzungen im gewerblichen Ausmaß be-
gangen werden, zur Auskunft über Namen und Adressen

bleiben. Die Richtlinie begrenzt diesen Drittauskunftsan-
spruch auf Rechtsverletzungen „im gewerblichen Ausmaß“
und beschreibt im Erwägungsgrund 14 die Rechtsverletzung
im gewerblichen Ausmaß als eine, die wegen eines unmittel-
baren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen
Vorteils vorgenommen wird; Endverbraucher im guten
Glauben scheiden aus. Diese Richtlinie wurde in Deutsch-
land 2008 im neuen § 101 Absatz 2 i. V. m. Absatz 1 UrhG
umgesetzt.

Der Europäische Gerichtshof hat indessen in einem Urteil
vom 29. Januar 2008 – Promusicae ./. Telefonica C 275/06 –
entschieden, dass die Richtlinie 2004/48/EG die Mitglied-
staaten nicht verpflichtet, Pflichten zur Mitteilung personen-
bezogener Daten im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfah-
rens vorzusehen.

Die Beschreibung des „gewerblichen Ausmaßes“ in der
Richtlinie 2004/48/EG ist völlig missglückt. Einerseits soll
jeder auch mittelbare wirtschaftliche Vorteil ausreichen.
Dies führt zur Uferlosigkeit des Anspruches, weil damit
jeder private Endverbraucher umfasst ist, der sich durch
die Rechtsverletzung den vielleicht minimalen Preis eines
legalen Downloads erspart. Ausgenommen werden lediglich
– auch nicht ausnahmslos, sondern nur in der Regel – End-
verbraucher, die Handlungen in gutem Glauben vorgenom-
men haben. Damit werden nur diejenigen Fälle ausgenom-
men, bei denen der Endverbraucher unverschuldet irrig
annimmt, legal zu handeln, während es sich objektiv doch
um eine Rechtsverletzung handelt. Praktisch werden somit
alle Privatpersonen, die Dienstleistungen für angeblich
rechtsverletzende Tätigkeiten nutzen, erfasst, während ande-
rerseits mit der Einführung des Tatbestandsmerkmals „ge-
werbliches Ausmaß“ ja gerade eine Einschränkung des An-
spruches stattfinden sollte.

Die Umsetzung der Richtlinie ins deutsche Urheberrecht
2008 hat zudem zu einer weiteren Ausweitung des neuen
Drittauskunftsanspruchs geführt. Nach § 101 Absatz 1 Satz 2
UrhG soll sich das „gewerbliche Ausmaß“ sowohl aus der
Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus ihrer Schwere
im Einzelfall ergeben können, was die Europäische Richt-
linie – so – nicht fordert. Damit ist eine Unterscheidung zwi-
schen kommerzieller Betätigung und dem Verhalten von pri-
vaten Endverbrauchern ohne geschäftliche Betätigung
unmöglich gemacht worden.

Da aber Richtlinien nicht wortgetreu, sondern nur in ihrer
Zielsetzung in nationales Recht umzusetzen sind, ist es sach-
gerecht, zu eingrenzenden Formulierungen zu kommen.

Es widerspricht dem europäischen Recht nicht, den urheber-
rechtlichen Drittauskunftsanspruch in Fällen zu verneinen,
bei denen der potentiell Auskunftsverpflichtete lediglich le-
gale Dienstleistungen erbringt, die von privaten Dritten für
rechtsverletzende Handlungen genutzt werden. Die Ände-
rung des § 101 Absatz 2 UrhG beschränkt durch klare For-
mulierungen urheberrechtliche Drittauskunftsansprüche wie
die Auskunftsansprüche nach § 101 Absatz 1 UrhG auf im
geschäftlichen Verkehr begangene Rechtsverletzungen und
schafft hierdurch (die Rechtsverletzungen müssen im ge-
schäftlichen Verkehr begangen worden sein und die Dienst-
leistungserbringungen müssen im gewerblichen Ausmaß er-
dieser Dritten verpflichtet werden kann, wobei Regelungen
über die Verarbeitung personenbezogener Daten unberührt

folgen) Auskunftsansprüche gegenüber denjenigen wieder
ab, die lediglich legale Dienstleistungen erbringen, welche

Drucksache 17/12620 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

von privat handelnden Dritten in urheberrechtsverletzender
Weise verwendet werden1. Mit der expliziten Einführung der
Notwendigkeit der sogenannten „doppelten Gewerblichkeit“
im Rahmen des § 101 Absatz 2 UrhG, die vom Gesetzgeber
bereits mit der Reform des Urheberrechts 2008 intendiert
war2, werden so beispielsweise Access Provider, die ledig-
lich und völlig legal Internetzugänge zur Verfügung stellen,
von ihrer Offenlegungspflicht gegenüber ihren lediglich pri-
vat handelnden Kunden befreit.

Mit dieser Regelung wird unter Beachtung datenschutzrecht-
licher Vorgaben, der Rechtsprechung des Europäischen Ge-
richtshofs und der Intention der Enforcement-Richtlinie eu-
ropäisches Recht in nationales Rechts umgesetzt, ohne dass
dabei überschüssige und rechtspolitisch nicht gewollte Aus-
kunftspflichten begründet wurden, die der deutschen Zivil-
rechtsordnung zuwider laufen.

4. Einführung einer Bagatellklausel

Die sogenannte Bagatellklausel (Strafausschließungsgrund)
war bereits im ursprünglichen Referentenentwurf zum zwei-
ten Korb der Urheberrechtsreform 2008 angedacht. Danach
wird von einer Bestrafung im Fall unerlaubter Nutzung urhe-
berrechtlich geschützter Werke abgesehen, wenn nur eine
geringe Zahl von Werken und ausschließlich zum eigenen
privaten Gebrauch oder mit dem Täter persönlich verbunde-
nen Personen vervielfältigt wird.

Die Klausel entspricht der ohnehin herrschenden Praxis der
Staatsanwaltschaften, im privaten Bereich nicht jede einzel-
ne unzulässige Kopie zu verfolgen, würde jedoch umfangrei-
che Ermittlungen ersparen, die völlig unnötig Kapazitäten
der Ermittlungsbehörden binden. Dafür spricht auch, dass
diejenigen Schäden, die durch das Kopieren von illegalen
Vorlagen entstehen, ihre Ursache hauptsächlich in gewerbs-
mäßigem Handeln und organisierter Kriminalität haben.
Diese bleiben selbstverständlich strafbar und verfolgbar.

Die vorgeschlagene Bagatellklausel in bestimmten Fällen
unerlaubter Nutzung geschützter Werke entspricht auch der
im UrhG schon jetzt vorhandenen Bagatellklausel in be-
stimmten Fällen der Umgehung von Kopierschutz. Da, wo
der Unrechtsgehalt gleich gering ist, sollte das Gesetz nicht
unterschiedliche Sanktionstiefen vorsehen.

Der in § 106 Absatz 3 – neu – UrhG enthaltene Strafaus-
schließungsgrund stellt zudem ein Korrektiv für die stetige
Verkomplizierung des Alltags in der Informationsgesell-
schaft dar. Die Unwissenheit und Überforderung der Ver-
braucher und Nutzer digitaler Werke soll nicht noch straf-

rechtlich geahndet werden können. Die von der Gesellschaft
für Konsumforschung im Auftrag der Deutschen Phonover-
bände regelmäßig veröffentlichten Brennerstudien, die zur
Argumentation für eine Streichung der Bagatellklausel her-
angezogen wurden, unterscheiden nicht zwischen legaler
und illegaler Kopie. Damit kann das Zahlenmaterial in der
Argumentation nicht überzeugen. Die Industrie ist im übri-
gen aufgefordert, auf die Beteiligten, insbesondere Nutzer
und Verbraucher, zuzugehen und legale Möglichkeiten des
Verwendens und Kopierens von Vorlagen im Internet anzu-
bieten.

5. Änderungen der urheberrechtlichen und
wettbewerbsrechtlichen Gerichtsstandsregelung

Bisher gilt für Urheberrechtsverletzungen der besondere Ge-
richtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO. Da-
nach ist dasjenige Gericht zuständig, in dessen Bezirk die
unerlaubte Handlung begangen wurde. In Fällen von Urhe-
berrechtsverletzungen im Internet ist der Begehungsort jeder
Ort an dem der Aufruf über das Internet erfolgt. Damit ist
eine Zuständigkeit an jedem Gericht in Deutschland gege-
ben, was praktisch dazu führt, dass sich die Kläger ein belie-
biges Gericht aussuchen können. In dem neu geschaffenen
§ 105a UrhG wir der sogenannte fliegende Gerichtsstand bei
Verletzungshandlungen mittels eines weit verbreiteten Mas-
senmediums auf Ausnahmefälle reduziert. Damit wird das
sogenannte forum shopping verhindert – die Ausnutzung des
sogenannten fliegenden Gerichtsstand durch die Kläger. Ge-
rade bei Klagen nach § 97 UrhG haben Kläger vielfach dazu
geneigt, Klagen bei für sie vermeintlich günstigen Gerichten
einzureichen, welche dazu tendieren, besonders hohe Streit-
werte festzusetzen und regelmäßig und rasch einstweilige
Verfügungen zu erlassen oder möglichst weit von Wohn- oder
Geschäftssitz des Antragsgegner entfernt sind, so dass diese
davor zurückschrecken, einen Widerspruch mit der Folge
einer mündlichen Verhandlung einzulegen.

Im Recht des unlauteren Wettbewerbs wird der Gerichts-
stand von Klagen von Mitbewerbern nach § 14 Absatz 2
UWG parallel zum Urheberrecht neu geregelt. So gilt nicht
mehr grundsätzlich der Gerichtsstand der unerlaubten Hand-
lung. Vielmehr wird die Zuständigkeit des Gerichts, in dem
der Beklagte seine gewerbliche oder selbständige berufliche
Niederlassung oder seinen Wohnsitz bzw. seinen inländi-
schen Aufenthaltsort hat, zum Regelfall. Damit wird auch im
Wettbewerbsrecht das sogenannte forum shopping verhin-
dert.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1

Der bisherige Satz 2 des Absatzes 1 wird Satz 1 von Absatz 2.
Anstelle der Begrenzung des Aufwendungsersatzes in Ab-
satz 2 alte Fassung wird in Absatz 2 Satz 2 neu auf den neu
geschaffenen § 49 des Gerichtskostengesetzes verwiesen,
der eine Streitwertbegrenzung beinhaltet. Die Begrenzung der
Kosten für Abmahnungen bei Urheberrechtsverstößen auf

1 Diese Beschränkung der zivilrechtlichen Durchsetzung von Unterlas-
sungs- und Schadensersatzansprüchen im Internet ist rechtspolitisch
gewollt, um auch datenschutzrechtlichen Belangen wie dem Schutz
der Provider und ihrer Kunden Rechnung zu tragen. Es gibt ( insoweit
gegen BGH I ZB 80/11vom 19. April 2012 ) keinen allgemeinen
Anspruch auf Informationserlangung von unbeteiligten Dritten, um
die Voraussetzungen zur Rechtsverfolgung vermeintlicher Unterlas-
sungs- und Schadensersatzansprüche zu schaffen.

2 „So geht aus der Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes
zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigen-
tums hervor, dass die Verfasser des Regierungsentwurfs der Ansicht
waren, der Auskunftsanspruch gegen Dritte setze eine Rechtsverlet-
100 Euro (§ 97a Absatz 2 alte Fassung), wie sie mit dem Ge-
setz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des

zung im gewerblichen Ausmaß voraus“ ( BGH I ZB 80/11, Beschluss
vom 19. April 2012, S. 14).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/12620

geistigen Eigentums (Bundestagsdrucksache 16/5048) in-
tendiert war, ist nicht eingetreten.

Dem zu Unrecht Abgemahnten wird in Absatz 3 neu ein
eigener Gegenanspruch auf Ersatz von Aufwendungen zuge-
standen. Hiermit stehen dem vermeintlich Verletzten wie
dem vermeintlichen Verletzer gleiche Aufwendungsersatz-
ansprüche zu.

Zu Nummer 2

Zu Absatz 1

Der Begriff des „gewerblichen Ausmaßes“ wird in Absatz 1
Satz 1 durch den Begriff „im geschäftlichen Verkehr“ er-
setzt. Die Beschreibung des „gewerblichen Ausmaßes“ in
Absatz 1 Satz 2 wird gestrichen.

Handlungen „im geschäftlichen Verkehr“ erfassen wirt-
schaftliche Tätigkeiten auf dem Markt, die der Förderung ei-
nes eigenen oder fremden Geschäftszwecks zu dienen be-
stimmt sind. Dies ist genau der Bereich, für den der
Auskunftsanspruch nach § 101 Absatz 1 UrhG benötigt
wird, um dem Rechteinhaber die Informationen zur Verfü-
gung zu stellen, die er zur Verfolgung seiner Ansprüche be-
nötigt. Denn nur im Bereich des geschäftlichen Verkehrs er-
gibt die Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg
rechtsverletzender Vervielfältigungsstücke wirtschaftlich einen
Sinn.

Zu Absatz 2

Auskunftsansprüche gegenüber Dritten, insbesondere wenn
sie an den vermeintlichen rechtsverletzenden Handlungen
unbeteiligt sind, stellen eine Durchbrechung allgemeiner zi-
vilrechtlicher Grundsätze dar. Grundsätzlich ist ein solcher
Drittauskunftsanspruch dem Deliktsrecht fremd. Europä-
ische Richtlinien sind nicht wortgetreu, sondern lediglich in
ihrer Zielsetzung in nationales Recht umzusetzen. Der Dritt-
auskunftsanspruch gegenüber denjenigen, die legale Dienst-
leistungen erbringen und dabei Daten ihrer Kunden ver-
arbeiten, muss datenschutzrechtliche Grenzen beachten, die
verfassungsmäßigen Rechte der Dienstleistungserbringer
wahren und nicht zuletzt auf diejenigen vermeintlichen
Verletzer urheberrechtlicher Rechte fokussiert sein, die im
geschäftlichen Verkehr, also nicht lediglich privat ohne Ge-
winnerzielungsabsicht handeln.

Die Neuformulierung des Absatz 2 stellt sicher, was der Ge-
setzgeber schon mit der Reform 2008 intendiert hat. Auch
der Drittauskunftsanspruch gegenüber denjenigen, die ledig-
lich legale Dienstleistungen erbringen, welche von Dritten
zu rechtsverletzenden Tätigkeiten genutzt werden, ist auf
Rechtsverletzungen zu beschränken, die im geschäftlichen
Verkehr begangen werden.

Damit wird ein Gleichlauf mit dem Auskunftsanspruch nach
Absatz 1 erreicht, weshalb der auch schon bisher unnötige
Zusatz „unbeschadet von Absatz 1“ entfallen kann.

Zu Nummer 3

Mit dem neu geschaffenen § 105a UrhG wir der besondere
Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO im
Bereich des Urheberrechtsgesetzes modifiziert. Er gilt in der

noch einen Wohnsitz haben. Damit wird der sogenannte flie-
gende Gerichtsstand bei Verletzungshandlungen mittels
eines weit verbreiteten Massenmediums auf Ausnahmefälle
reduziert. Hierdurch wird mit dem neu geschaffenen § 105a
UrhG der allgemeine Gerichtsstand nach § 12 ZPO zum Re-
gelfall.

Zu Nummer 4

Die Änderung sieht vor, die sogenannte Bagatellklausel
(Strafausschließungsgrund), die im ursprünglichen Referen-
tenentwurf3 zum zweiten Korb der Urheberrechtsreform
vorgeschlagen war, wiederaufzunehmen. Danach wird von
einer Bestrafung im Fall unerlaubter Vervielfältigung urhe-
berrechtlich geschützter Werke abgesehen, wenn nur eine
geringe Zahl von Werken und ausschließlich zum eigenen
privaten Gebrauch oder mit dem Täter persönlich verbunde-
nen Personen betroffen ist.

Die Regelung entspricht der Bagatellklausel im § 108b
Absatz 1 a. E. UrhG.

Zu Artikel 2

Zu Nummer 1

Es werden die Überschriften der §§ 49 und 51 des GKG neu
gefasst.

Zu Nummer 2

Es hat sich gezeigt, dass durch die Annahme exorbitanter
Streitwerte Abgemahnte häufig in völlig unangemessene
Vergleichsangebote gedrängt werden, weil ihnen deutlich zu
hohe Folgekosten einer möglichen gerichtlichen Klärung an-
gedroht werden. Deswegen wird in § 49 GKG neu der Streit-
wert auf 700 Euro festgelegt, wenn die angebliche Urheber-
rechtsverletzung von einer natürlichen Person außerhalb
ihrer gewerblichen Tätigkeit begangen worden ist und sie
sich innerhalb von zwei Jahren noch nicht gegenüber dem
Rechteinhaber zur Unterlassung verpflichtet hat. Damit wer-
den die Gebühren für Ansprüche gegenüber privaten Nut-
zern gering gehalten. Die Vergütung eines Rechtsanwaltes
beschränkt sich nach Nummer 2300 des Vergütungsver-
zeichnisses des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und unter
Einschluss der Auslagenpauschale und der Umsatzsteuerbei
außergerichtlicher Geltendmachung von Unterlassungs- und
Beseitigungsansprüchen auf 120,67 Euro. Gleichzeitig
bleibt beiden Parteien nach § 511 Absatz 2 Nummer 1 ZPO
die Möglichkeit der Berufung offen.

Zu Nummer 3

Ebenso soll in Verfahren des gewerblichen Rechtsschutzes
die Bestimmung des Streitwerts neu geregelt werden. Absatz 1
wird inhaltlich unverändert übernommen und gegenüber den
neu geschaffenen Absätzen 2 bis 4 mit dem Verweis auf § 1
Absatz 1 Satz 1 Nummer 14 GKG konkretisiert. Da in Ver-
fahren nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
das Landgericht ausschließlich zuständig ist, kommt ein
Streitwert nach Zuständigkeit in diesem Zusammenhang
nicht in Betracht. Nach dem neu geregelten Absatz 2 soll

3 Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz „Entwurf eines

Sache nur noch gegenüber Beklagten, die im Inland weder
eine gewerbliche oder selbständige berufliche Niederlassung

zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informa-
tionsgesellschaft“, vom 17. Februar 2005.

Drucksache 17/12620 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

sich der Streitwert grundsätzlich nach der Bedeutung für den
Kläger richten. Die Bedeutung der Sache entspricht dabei
dem objektiven Interesse des Klägers an der erstrebten Ent-
scheidung. Damit ergibt sich zukünftig der Streitwert im
Rahmen des § 3 ZPO lediglich aus der aus dem Klagebegeh-
ren hervorgehenden Bedeutung für den Kläger – darüber hi-
nausgehende Einflüsse auf die Festsetzung des Streitwertes
bleiben unberücksicht. Durch die Bindung des Streitwerts an
die konkrete Bedeutung der Sache für den Kläger, werden
auch hier die Anwalts- und Gerichtsgebühren für die Partei-
en reduziert. Weiterhin ist im neu geschaffenen Absatz 3 der
Streitwert nochmals angemessen zu mindern, wenn die Sache
für den Beklagten von erheblich geringerer Bedeutung ist.
Hierdurch wird im Sinne eines Interessensausgleich ein

zes (§ 144 des Patentgesetzes, § 26 des Gebrauchsmuster-
gesetzes, § 142 des Markengesetzes und § 54 des Ge-
schmacksmustergesetzes) angepasst werden. Zwar wird hier
der Streitwert nicht gemindert. Es wird den Parteien jedoch
ermöglicht, bei Gericht zu beantragen, Gerichts- und An-
waltskosten aus einem niedrigeren Streitwert entrichten zu
dürfen, wenn die Prozesskosten ihre wirtschaftliche Lage er-
heblich gefährden würden. Damit wird verhindert, dass Ge-
richtsverfahren gerade bei Wettbewerbsverstößen im Baga-
tellbereich zu einem Existenzrisiko für die Parteien werden.

Die Regelung des neu gefassten § 12 Absatz 4 betrifft den
Fall, dass trotz der Wertvorschrift des neu gefassten § 51
GKG ein hoher Streitwert festgesetzt wird. So kann sicher
Streitwert im Rahmen der Ermessensausübung festgesetzt,
der die zum Teil wesentlichen Unterschiede in der Bedeu-
tung der Sache für Kläger und Beklagten berücksichtigt. Ist
eine Bestimmung nicht möglich, sieht § 51 Absatz 3 Satz 2
die Festsetzung eines Streitwerts von 1 000 Euro vor. Gerade
im Bereich von Wettbewerbsverstößen gibt es regelmäßig
große Schwierigkeiten bei der Festsetzung der Streitwerte,
weil sich die wirtschaftlichen Nachteile des Mitbewerbers
nur schlecht messen lassen. In diesem Fall soll die gesetzli-
che Annahme eines Streitwerts von 1 000 Euro parallel zur
Streitwertbegrenzung im Urheberrecht die Kosten im Be-
reich der Abmahnungen reduzieren und damit die finanziel-
len Anreize drosseln, missbräuchlich massenhaft Abmah-
nungen im wettbewerbsrechtlichen Bereich zu verschicken.

Nach Absatz 4 wird im Verfahren des einstweiligen Rechts-
schutzes der Streitwert nochmals ermäßigt.

Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 5.

Zu Artikel 3

Zu Nummer 1

Dem zu Unrecht Abgemahnten soll in § 8 Absatz 4 ein eige-
ner Gegenanspruch auf Ersatz von Aufwendungen zugestan-
den werden. Hiermit stehen dem vermeintlich Verletzten wie
dem vermeintlichen Verletzer gleiche Aufwendungsersatz-
ansprüche zu.

Zu Nummer 2

Der neu gefasste § 12 Absatz 4 soll an die entsprechenden
Vorschriften in den Gesetzen des gewerblichen Rechtsschut-

gestellt werden, dass auch im Falle einer auch für den Be-
klagten hohen wirtschaftlichen Bedeutung einer Sache, die
den Streitwert auch nach § 51 GKG hoch ausfallen lässt, sich
die daraus ergebenden Gebühren nicht zu einem Existenz-
risiko für eine Partei entwickeln. Dies ist vor allem dann re-
levant, wenn sich die wirtschaftlichen Möglichkeiten der
Parteien wesentlich unterscheiden. In diesem Fall soll der fi-
nanziell schwächeren Partei die Möglichkeit geboten wer-
den, sich durch Antrag bei unverändertem Streitwert vor
existenzbedrohlichen Anwalts- und Gerichtsgebühren zu
schützen.

Zu Nummer 3

Der Gerichtsstand bei Verfahren nach dem UWG richtet sich
gem. § 14 Absatz1 nach dem Geschäfts- oder Wohnsitz des
Beklagten. Hinzu kommt nach § 14 Absatz 2 neu bei uner-
laubten Handlungen der Begehungsort, wenn der Beklagte
im Inland weder einen Geschäftssitz noch Wohnort hat.

Zu Artikel 4

Die neuen Regelungen für die Abmahnungen nach dem Ge-
setz gegen den unlauteren Wettbewerb sollen auch auf die
Abmahnungen nach dem Unterlassungsklagengesetz über-
tragen werden.

Zu Artikel 5

Der Artikel regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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