BT-Drucksache 17/12559

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP - Drucksachen 17/11818, 17/12527 - Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vorschriften

Vom 27. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12559
17. Wahlperiode 27. 02. 2013

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Karin Binder, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch,
Herbert Behrens, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Roland Claus, Katrin Kunert,
Caren Lay, Sabine Leidig, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze,
Kornelia Möller, Jens Petermann, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Kersten Steinke,
Sabine Stüber, Alexander Süßmair und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksachen 17/11818, 17/12527 –

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Lebensmittel- und
Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vorschriften

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der Gesetzentwurf wird den Auswirkungen eines zunehmend globalen
Lebensmittelhandels nicht gerecht. Er greift die Änderungsvorschläge des
Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung zur Umstruktu-
rierung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes (Schwerpunkt Lebens-
mittel) in Deutschland nur unzureichend auf. Der europaweite Fund von
Pferdefleisch in verschiedenen Rindfleischfertigprodukten, der auch an den
Grenzen zu Deutschland nicht Halt macht, verdeutlicht einmal mehr, dass
eine Neuordnung der Lebensmittelsicherheit in Deutschland dringend erfor-
derlich ist. Die Lebensmittelkontrolle in Deutschland ist mit ihrer zersplitter-
ten Zuständigkeit zwischen Kommunen und Ländern mit Blick auf die Ent-
wicklung des weltweiten Handels von Lebensmitteln nicht mehr zeitgemäß.

2. Der Gesetzentwurf setzt außerdem weder die Entscheidung der Verbraucher-
schutzministerkonferenz (VSMK) von 2012 um, noch wird er dem Beschluss
des Bundesrates vom 1. Februar 2013 gerecht. Der Bundesrat fordert, dass der
Bund die Verantwortung für ein bundesweit einheitliches System zur Infor-
mation der Verbraucherinnen und Verbraucher über die Ergebnisse amtlicher
Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen übernimmt und die erforderlichen
Rechtsgrundlagen schafft (Beschluss des Bundesrates vom 1. Februar 2013,

Bundesratsdrucksache 789/12 (Beschluss)). Gerichte urteilten in den letzten
Monaten mehrheitlich, dass die derzeitigen Rechtsgrundlagen für die Ver-
öffentlichung von Hygienemängeln nicht ausreichend sind.

Drucksache 17/12559 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. das Gutachten des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwal-
tung „Organisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes (Schwerpunkt
Lebensmittel)“ konsequent umzusetzen und vor allem bei „herausgehobenen
Überwachungsaufgaben“, zum Beispiel bei Lebensmittel- und Futtermittel-
unternehmen, die für einen überregionalen Markt produzieren, und bei über-
regional tätigen Handels- und Discounterketten für Lebensmittel sowie
systemgastronomischen Einrichtungen (z. B. Fastfood-Ketten) dem Bund die
Zuständigkeit im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) zuzu-
ordnen;

2. unverzüglich die von der 8. VSMK am 14. September 2012 beschlossene
und vom Bundesrat geforderte Rechtsgrundlage zur Veröffentlichung der
Ergebnisse amtlicher Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen zu schaffen,
einschließlich der Gestaltung eines bundeseinheitlichen Modells zur Trans-
parentmachung der Kontrollergebnisse von Lebensmittelunternehmen.

Berlin, den 26. Februar 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Der Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung stellte in
seinem Gutachten „Organisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes
(Schwerpunkt Lebensmittel)“ klar: Bezogen auf das Lebensmittelrecht gibt das
Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit dem Staat auf, durch
wirksame Gesetze, Behördenstrukturen und Kontrollsysteme für unbedenkliche
Lebensmittel zu sorgen. Der Bund ist dann verantwortlich, wenn dieses Ziel
nicht ausreichend auf Länderebene und stattdessen besser auf Bundesebene er-
reicht werden kann. Der Bund hat laufend zu beobachten, ob die Lebensmittel-
überwachung durch die Länder die grundrechtlich verbürgten Rechtsgüter
Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit ausreichend schützt. Erge-
ben sich Anhaltspunkte für Mängel in sicherheitsrelevanten Bereichen, die die
Länder – systembedingt – nicht mehr lösen können, muss der Bund selbst Ab-
hilfe schaffen. Gesamtverantwortung bei der Lebens- und Futtermittelsicher-
heit trägt der Bund auch nach außen, insbesondere als Mitglied der EU. Ihr
gegenüber hat er zu verantworten, dass das Unionsrecht bei der nationalen
Rechtsetzung und beim Verwaltungsvollzug ordnungsgemäß umgesetzt wird.
Der Bund ist (auskunftspflichtiger) Ansprechpartner und haftet gegenüber der
EU.

Erforderlich ist es, ein bundesweit einheitliches System zur Information der Ver-
braucherinnen und Verbraucher über die Ergebnisse amtlicher Überwachungs-
und Kontrollmaßnahmen zu schaffen. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen
sich über die Ergebnisse amtlicher Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen vor
dem Kauf eines Produktes in einfacher Art und Weise informieren können. Zu-
dem soll das Transparenzsystem die einzelnen Lebensmittel- und Futtermittel-
unternehmerinnen und -unternehmer noch stärker und kontinuierlicher als bis-
her dazu veranlassen, die Betriebe sorgfältiger zu führen. 2012 urteilten mehrere
Gerichte, dass § 40 Absatz 1a LFGB nicht als Rechtsgrundlage für die Ver-
öffentlichung von Hygienemängeln taugt (Verwaltungsgericht Karlsruhe,

Beschluss vom 7. November 2012 – 2 K 2430/12; Verwaltungsgericht Berlin,
Urteil vom 28. November 2012 – VG 14 K 79.11 –; Verwaltungsgericht Trier,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12559

Beschluss vom 28. November 2012 – 1 L 1339/12.TR; Verwaltungsgericht
Würzburg, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – W 6 E 12.994). Die betroffe-
nen Unternehmen klagten immer erfolgreich. Den Behörden wurde in allen Fäl-
len die Veröffentlichung von Hygienemängeln in Gaststätten im Internet unter-
sagt. Ihnen wurde verboten, auf den Internetseiten der Städte unter Angabe von
Name und Anschrift der Gaststätte sowie ihrer Betreiberin oder ihres Betreibers
über bei Kontrollen festgestellte Mängel bei der Betriebshygiene sowie Reini-
gungsmängel zu informieren.

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