BT-Drucksache 17/12224

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 17/11048, 17/12198 - Entwurf eines Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern

Vom 30. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12224
17. Wahlperiode 30. 01. 2013

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ingrid Hönlinger, Katja Dörner, Monika Lazar, Ulrich Schneider,
Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, Memet Kilic, Jerzy Montag, Dr. Konstantin von
Notz, Beate Walter-Rosenheimer, Wolfgang Wieland, Josef Philip Winkler und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/11048, 17/12198 –

Entwurf eines Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander
verheirateter Eltern

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

im Zuge der im Gesetzentwurf vorgesehenen Evaluierung insbesondere zu prü-
fen,

1. inwieweit sich die Regelung bewährt, wonach der Antrag des Vaters auf Er-
langung des gemeinsamen Sorgerechts an das Familiengericht zu richten
und von diesem zu entscheiden ist. Dabei soll untersucht werden, ob dies
von den potentiellen Antragstellern als eine Hürde empfunden wird, die
etwa durch die Möglichkeit einer Antragstellung beim Jugendamt gesenkt
werden könnte;

2. ob die für einen Widerspruch der Mutter gewährte Frist dazu führt, dass die
betroffenen Mütter, insbesondere bei Antragstellung in der Zeit unmittelbar
nach der Geburt, wegen unzureichender Vorbereitungszeit von der Nutzung
der Widerspruchsmöglichkeit oder der Begründung des Widerspruchs in ei-
ner relevanten Zahl von Fällen absehen;

3. inwiefern Beratungs-, Mediations- und Unterstützungsangebote tatsächlich
bereitgestellt und genutzt werden und welche Maßnahmen gegebenenfalls zu
treffen sind, um eine stärkere Nutzung solcher Angebote in dem Verfahren zu
erreichen.
Berlin, den 29. Januar 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Drucksache 17/12224 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Begründung

Im Dezember 2009 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) entschieden, dass die Regelung zum Sorgerecht für unverheiratete
Väter eine Benachteiligung dieser gegenüber Müttern und verheirateten Vätern
darstellt. Im August 2010 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen
früheren Beschluss aus dem Jahr 2003 revidiert und kommt nun zu dem
Schluss, dass es das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes verletzt,
wenn der Vater ohne Zustimmung der Mutter generell von der Sorgetragung für
sein Kind ausgeschlossen ist und nicht gerichtlich überprüfen lassen kann, ob
es aus Gründen des Kindeswohls angezeigt ist, ihm zusammen mit der Mutter
die Sorge für sein Kind einzuräumen oder ihm anstelle der Mutter die Allein-
sorge für das Kind zu übertragen.

Auf diese Urteile hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN umgehend mit
dem Antrag „Gemeinsames elterliches Sorgerecht für nicht miteinander verhei-
ratete Eltern“ (Bundestagsdrucksache 17/3219) reagiert und konkrete Vor-
schläge für eine Sorgerechtsreform formuliert. Danach soll der Vater einen
gleichberechtigten und niedrigschwelligen Zugang zur elterlichen Sorge haben,
wenn es dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Der von der Bundesregierung erst mehr als zwei Jahre später vorgelegte Ge-
setzentwurf kommt dem in diesem Antrag formulierten Konzept sehr nahe und
setzt einen Großteil der Forderungen um. Dennoch gibt es Aspekte, die im Rah-
men der Evaluierung der Umsetzung des Gesetzes besondere Beachtung finden
sollten.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache
17/3219) sah abweichend vom Regierungsentwurf insbesondere vor, dass

1. der Antrag auf gemeinsame elterliche Sorge beim Jugendamt gestellt wird:

Väter, die nicht mit der Mutter des gemeinsamen Kindes verheiratet sind
und die die Vaterschaft anerkannt haben oder deren Vaterschaft gerichtlich
festgestellt wurde, sollen beim zuständigen Jugendamt einen Antrag auf ge-
meinsame elterliche Sorge stellen können. Das Jugendamt hat die Aufgabe,
die Mutter des gemeinsamen Kindes über den Antrag zu informieren und ihr
eine Frist zu setzen, in der sie dem Antrag widersprechen kann. Die Zustän-
digkeit des Jugendamtes und nicht des Familiengerichts, wie im Regierungs-
entwurf vorgesehen, gewährleistet ein niedrigschwelliges, schnelles und un-
bürokratisches Verfahren;

2. die Widerspruchsfrist der Mutter länger und flexibler ausgestaltet wird:

Die für den Widerspruch der Mutter gewährte Frist von frühestens sechs
Wochen nach der Geburt ist, wie auch die Sachverständigenanhörung erge-
ben hat, zu kurz. Angemessen ist es, der Mutter eine Frist von acht Wochen
zu gewähren, die ab der Kenntnis des Antrags des Vaters beginnt und inner-
halb der Mutterschutzfrist (sechs Wochen vor und acht Wochen nach der
Geburt) gehemmt ist. Nur eine Frist von angemessener Länge kann der Aus-
nahmesituation gerecht werden, in der sich die Mutter nach der Geburt be-
findet;

3. Konflikte verstärkt durch Beratungs- und Mediationsangebote gelöst wer-
den:

In den Fällen, in denen die Mutter der Antragstellung des Vaters widerspro-
chen hat und die gemeinsame Sorge durch eine familiengerichtliche Entschei-
dung erteilt wurde, sollten beide Eltern auf die Möglichkeit der Beratung
nach den §§ 16, 17 und 18 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII)
oder Angebote der Mediation hingewiesen werden. Zudem sollten Be-

ratungs-, Mediations- und Unterstützungsangebote sowie Elterntrainings

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12224

bedarfsgerecht bereitgehalten und zielgruppenspezifisch ausgebaut werden,
sodass eine Lösung von Umgangskonflikten und elterlichen Einigungs-
schwierigkeiten erleichtert wird. Daher sollte bei der Evaluierung besonders
untersucht werden, ob die Länder solche Angebote ausreichend bereithalten.

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