BT-Drucksache 17/12043

Prekäre Beschäftigung in Bundesministerien, nachgelagerten Ämtern und Behörden

Vom 9. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12043
17. Wahlperiode 09. 01. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Jutta Krellmann, Karin Binder,
Diana Golze, Jan Korte, Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, Werner Dreibus,
Klaus Ernst, Dr. Rosemarie Hein, Ulla Jelpke, Katja Kipping, Jens Petermann,
Yvonne Ploetz, Kathrin Senger-Schäfer, Frank Tempel, Kathrin Vogler,
Harald Weinberg und der Fraktion DIE LINKE.

Prekäre Beschäftigung in Bundesministerien, nachgelagerten Ämtern und
Behörden

Seit einigen Jahren befragt die Fraktion DIE LINKE. die Bundesregierung jähr-
lich über die prekär Beschäftigten beim Bund, seinen Bundesministerien und
nachgeordneten Behörden und Einrichtungen. Danach stieg innerhalb von zehn
Jahren die Zahl der eingesetzten Leiharbeitskräfte von nur einigen Dutzend auf
zuletzt über tausend. Daneben gibt es Hinweise darauf, dass es eine hohe Zahl
befristet Beschäftigter gibt. Hinzu kommt, dass eine Fülle von Dienstleistungen
von Fremdfirmen erbracht werden, deren Beschäftigte nicht selten zu schlech-
ten Löhnen und Arbeitsbedingungen arbeiten.

Für das Ziel „Gute Arbeit“ sollte der Bund als öffentlicher Arbeitgeber mit gu-
tem Beispiel vorangehen, statt prekäre Beschäftigung zu fördern.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter wurden im Jahr 2012 in den
Bundesministerien und Bundesämtern bzw. in den Bundesbehörden einge-
setzt (bitte nach Bundeskanzleramt und Bundesministerien mit den entspre-
chenden Bundesämtern bzw. -behörden aufschlüsseln)?

2. Gibt es Planungen dazu, wie viele Leiharbeitskräfte voraussichtlich im Jahr
2013 eingesetzt werden sollen, und wenn ja, wie lauten die Zahlen?

3. Wie viele der im Jahr 2012 beschäftigten Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter
sind in ein festes Arbeitsverhältnis in einer der oben genannten Dienststellen
übernommen worden?

Welchem Anteil an allen im Jahr 2012 beschäftigten Leiharbeitern und Leih-
arbeiterinnen entspricht dies?

4. Wie hoch war im Jahr 2012 der Anteil von Leiharbeiterinnen und Leiharbei-
tern an allen Beschäftigten, die in den oben genannten Bundesministerien

bzw. Ämtern/Behörden arbeiten?

5. Aus welchen Gründen wurden im Jahr 2012 Leiharbeitskräfte eingesetzt
(bitte die drei häufigsten Gründe mit Fallzahlen auflisten)?

6. Für welche Tätigkeiten wurden im Jahr 2012 die Leiharbeiterinnen und
Leiharbeiter hauptsächlich eingesetzt (bitte die zehn meist ausgeübten Tätig-
keiten mit den entsprechenden Fallzahlen auflisten)?

Drucksache 17/12043 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

7. Wie war im Jahr 2012 die durchschnittliche Beschäftigungsdauer von den
eingesetzten Leiharbeitskräften?

8. Zu welchem Anteil arbeiteten diese Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter in
Vollzeit bzw. Teilzeit?

9. Wie setzen sich die Leiharbeitskräfte nach Geschlecht, Alter, Behinderung
und Staatsbürgerschaft zusammen?

10. Welche Angaben kann die Bundesregierung darüber machen, ob die Leih-
arbeiterinnen und Leiharbeiter weniger Lohn als die regulär Beschäftigten
erhalten?

Wie groß ist gegebenenfalls der Unterschied oder andernfalls auf welcher
Grundlage erfolgt die Gleichbezahlung, und welche Lohn- bzw. Gehaltsbe-
standteile sind davon erfasst?

Gibt es inzwischen tarifvertragliche Regelungen zur Gleichbezahlung?

11. Wie hoch ist im Allgemeinen oder/und im Einzelnen die Diskrepanz zwi-
schen dem Stundenlohn, den die Beschäftigten erhalten, und dem Geld, das
die entsprechenden Leiharbeitsfirmen pro Stunde erhalten?

Wie viele Leiharbeitskräfte erhalten einen Stundenlohn unter

a) 8,50 Euro und

b) 10 Euro?

12. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass unter den beschäftigten Leih-
arbeiterinnen und Leiharbeitern in den oben genannten Dienststellen des
Bundes auch so genannte Aufstocker sind, also Arbeitnehmer und Arbeit-
nehmerinnen, deren niedriges Arbeitseinkommen durch Arbeitslosengeld II
aufgestockt werden muss?

Kann Sie dies für den Fall eines alleinstehenden vollzeittätigen Beschäftig-
ten ausschließen?

13. Mit wie vielen Firmen gab es im Jahr 2012 Verträge zur Arbeitnehmerüber-
lassung?

Wie hoch waren die getätigten Gesamtausgaben für Arbeitnehmerüberlas-
sung?

14. Befinden oder befanden sich im Jahr 2012 unter den Tarifverträgen, nach
denen die Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer bezahlt wurden,
auch Verträge mit der Scheingewerkschaft CGZP (Tarifgemeinschaft
Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit) oder anderen nicht tariffähigen
„Gewerkschaften“?

Wie viele Leiharbeitskräfte waren bzw. sind davon betroffen, und nach
welchen Tarifverträgen werden bzw. sollen diese künftig bezahlt werden?

Gab es im Jahr 2012 Beschäftigte, die ausgehend vom Urteil des Bundes-
arbeitsgerichts über die Nichttariffähigkeit der CGZP, Nachzahlungen gel-
tend gemacht haben?

Welche Tarifverträge kamen sonst zur Anwendung (bitte jeweils mit Ent-
gelthöhen nennen)?

15. Durften im Jahr 2012 die Leiharbeitskräfte an Betriebs- und Personalrats-
wahlen in den jeweiligen Ämtern bzw. Behörden teilnehmen?

16. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass vormals bei
den Bundesministerien und nachgelagerten Ämtern und Behörden befristet
Beschäftigte nach Auslaufen ihrer Verträge für gleiche oder ähnliche Tätig-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12043

keiten als Leiharbeiterinnen bzw. Leiharbeiter beschäftigt werden bzw.
wurden?

Wie hoch ist gegebenenfalls die Zahl dieser Fälle, und wo sind diese aufge-
treten?

17. Wie haben sich seit dem Jahr 1996 bis 2012 die Zahl und der Anteil der in
den Bundesministerien und Bundesämtern bzw. in den Bundesbehörden
befristet Beschäftigten entwickelt (bitte jeweils jährlich insgesamt angeben
sowie nach Bundeskanzleramt und Bundesministerien mit den entspre-
chenden Bundesämtern bzw. -behörden und Instituten aufschlüsseln)?

18. Wie hoch werden die Zahl und der Anteil der befristet Beschäftigten nach
aktueller Planung im Jahr 2013 liegen?

19. Wie viele der im Jahr 2012 befristet Beschäftigten sind in ein festes Ar-
beitsverhältnis in einer der oben genannten Dienststellen übernommen
worden?

Welchem Anteil an allen im Jahr 2012 befristet Beschäftigten entspricht
dies?

20. Aus welchen Gründen wurden Beschäftigte befristet eingesetzt (bitte neben
der Anzahl der kalendermäßigen Befristungen die fünf häufigsten sach-
lichen Gründe mit Fallzahlen auflisten)?

21. Für welche Tätigkeiten wurden im Jahr 2012 die befristet Beschäftigten
hauptsächlich eingesetzt (bitte die zehn meist ausgeübten Tätigkeiten mit
entsprechenden Fallzahlen auflisten)?

22. Wie war im Jahr 2012 die durchschnittliche Beschäftigungsdauer der be-
fristet Beschäftigten (bitte getrennt nach zeitlicher und sachlicher Befris-
tung angeben)?

23. Wie setzen sich die befristet Beschäftigten nach Vollzeit, Teilzeitarbeit, Ge-
schlecht, Alter, Behinderung und Staatsbürgerschaft zusammen?

24. Welche Angaben kann die Bundesregierung darüber machen, ob die befris-
tet Beschäftigten weniger Lohn als die regulär Beschäftigten erhalten?

Wie groß ist gegebenenfalls der Unterschied oder andernfalls auf welcher
Grundlage erfolgt die Gleichbezahlung, und welche Lohn- bzw. Gehalts-
bestandteile sind davon erfasst?

25. Inwiefern ist sichergestellt, dass befristet Beschäftigte – abgesehen von
Vertretungen wie Elternzeit oder Angehörigenpflege – keine regulären
Pflichtaufgaben sowie keine regulären Verwaltungsaufgaben wahrnehmen?

26. Was sind die wesentlichen Gründe dafür, dass der Bund und seine Behör-
den zwischen den Jahren 1997 und 2011 in 928 Fällen vormals in Eigenre-
gie ausgeführte Arbeiten an Fremddienstleister auslagerte (vgl. Antwort
der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zu
Frage 17 auf Bundestagsdrucksache 17/8664)?

27. Inwiefern sind davon hoheitliche Aufgaben betroffen?

28. Wie verteilen sich die seit 1997 bis heute erfolgten Auslagerungen auf die
einzelnen Jahre?

29. Was sind die Hauptbereiche, die ausgelagert wurden bzw. in denen am
meisten Arbeiten ausgelagert wurden?

30. Wie viele Fremddienstleister waren seit 1997 bis heute jeweils jährlich
tätig?

Drucksache 17/12043 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
31. Wie hoch war im Jahr 2012 die Zahl und der Anteil der Fremddienstleister
in den Bereichen Gebäudereinigung, Informationstechnologie, Gastrono-
mie und Wach- und Sicherheitsdienst (bitte jeweils einzelne Bereiche aus-
weisen)?

32. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Zahl der für Fremdfirmen täti-
gen Beschäftigten?

Kann sie Angaben über die zentralen Einsatzbereiche machen?

33. Wie oft kommen Fremddienstleister in folgenden Bereichen, wie Winter-
dienst, Gebäudemanagement/Hausmeister/technischer Hausmeister und
Grünpflege/Gärtnerarbeiten/Pflege von Außenanlagen zum Einsatz?

Inwiefern wurden diese Dienstleistungen in den zurückliegenden 16 Jahren
noch ganz oder teilweise selbst erbracht?

34. Welche Erkenntnisse über das Entgelt und die Arbeitsbedingungen bei den
beauftragten Fremdfirmen liegen der Bundesregierung vor?

Kann sie ausschließen, dass Beschäftigte dort zu Niedriglöhnen arbeiten?

Wie geht sie mit diesem Problem um?

35. Ist der Bundesregierung bekannt, ob Fremddienstleister bisher bestehende
Mindestlohnregelungen oder Tarifverträge verletzt haben?

Um welche Fälle handelt es sich (bitte Firmenname, Zahl der betroffenen
Arbeitnehmer sowie Gegenstand der Verletzung nennen)?

36. Wie hoch war das Leistungsvolumen der seit dem Jahr 1997 an Fremd-
dienstleister vergebenen Aufträge insgesamt sowie jeweils jährlich (bitte in
Euro nennen)?

37. Was sind gemessen am Leistungsvolumen die fünf größten Bereiche (bitte
mit konkreten Zahlen in Euro benennen)?

38. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung dagegen, einen
Großteil oder alle ausgelagerten Dienstleistungen wieder in Eigenregie mit
eigenem Personal zu erbringen?

39. Hat es in den zurückliegenden Jahren in einzelnen Fällen solche Rückver-
lagerungen gegeben?

Wenn ja, welche, und warum?

Berlin, den 9. Januar 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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