BT-Drucksache 17/11153

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 17/10059, 17/11093 - Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 21. September 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt in der Fassung vom 5. April 2012

Vom 24. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11153
17. Wahlperiode 24. 10. 2012

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann,
Lisa Paus, Birgitt Bender, Priska Hinz (Herborn), Sven-Christian Kindler, Oliver
Krischer, Markus Kurth, Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer, Elisabeth
Scharfenberg, Dr. Harald Terpe und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/10059, 17/11093 –

Entwurf eines Gesetzes
zu dem Abkommen vom 21. September 2011
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Schweizerischen Eidgenossenschaft
über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt
in der Fassung vom 5. April 2012

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das von den Regierungen Deutschlands und der Schweiz erstmals am 21. Sep-
tember 2011 und in revidierter Fassung am 5. April 2012 unterzeichnete Steuer-
abkommen stellt keinen Fortschritt bei der Bekämpfung der grenzüberschreiten-
den Steuerhinterziehung dar, sondern einen Rückschritt. In Bezug auf die
Vergangenheit verhindert eine Amnestie die rechtsstaatliche Verfolgung von
Steuerhinterziehung und anderen kriminellen Aktivitäten, zudem zahlen die
Steuerunehrlichen für die vergangenen zehn Jahre oft weniger als die Steuerehr-
lichen. Für die Zukunft wiederum wird das Ziel größtmöglicher Transparenz in
Besteuerungsfragen aufgegeben, da durch die Abgeltungsteuer die Anonymität
deutscher Anleger in der Schweiz dauerhaft gesichert wird. Die Verhandlungen
über eine sachliche und räumliche Ausdehnung der EU-Zinsbesteuerungsricht-
linie unter Einbeziehung auch der Schweiz werden durch den bilateralen Vertrag
unterminiert.

Während die USA durch eine konsequente Verhandlungslinie de facto einen

automatischen Informationsaustausch in Steuersachen mit der Schweiz erreicht
haben, verhindert das deutsch-schweizerische Steuerabkommen auf Dauer die
Erreichung dieses Ziels. Würde das Abkommen ratifiziert, wird ein Präzedenz-
fall für die Legitimität anonymer Quellensteuern geschaffen und das Ziel des
automatischen Informationsaustauschs aufgegeben. Dies hätte auch internatio-
nale Bedeutung, da die Schweiz gegenüber anderen Ländern auf das Abkommen

Drucksache 17/11153 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

mit Deutschland verweisen und die Zugeständnisse gegenüber den Vereinigten
Staaten von Amerika als Sonderfall darstellen könnte.

Das unterzeichnete Steuerabkommen mit der Schweiz beinhaltet zudem zahlrei-
che Schlupflöcher für Steuerhinterzieherinnen und Steuerhinterzieher. Ein
Großteil der Vermögensmasse von Deutschen in der Schweiz wird durch das
Abkommen gar nicht erst erfasst, weil es über Konstruktionen wie Stiftungen,
Trusts, Lebensversicherungsmäntel oder der Vorschaltung von Kapitalgesell-
schaften davor geschützt ist, dass eine deutsche Person als wirtschaftlich Be-
rechtigter dieses Vermögens identifiziert werden kann. Dies bedeutet, dass viele
Steuerflüchtlinge ihr Kapital nicht einmal aus der Schweiz verlegen müssten,
um vom Steuerabkommen nicht betroffen zu sein. Anderen wird es möglich
sein, ihr Geld etwa nach Singapur zu transferieren.

Dies hat zur Folge, dass die Bemessungsgrundlage für die Versteuerung nach
dem Abkommen klein sein wird, sodass auch die zu erwartenden Steuereinnah-
men gering ausfallen werden. Die Bundesregierung hat auf eine Schriftliche
Frage eingeräumt, dass sie die in der Öffentlichkeit vom Bundesministerium der
Finanzen mehrfach genannte Zahl von 10 Mrd. Euro erwarteter Einnahmen
nicht bestätigen kann (Antwort vom 16. März 2012 auf die Schriftliche Frage 32,
Bundestagsdrucksache 17/9002, S. 19). Nicht ohne Grund hat die Schweizer
Seite nur einer Garantiezahlung in Höhe von 1,6 Mrd. Euro zugestimmt. Per
Definition können die genannten Ausweichmöglichkeiten, die zur geringen
Höhe des Aufkommens führen, nur auf multilateralem und nicht auf bilateralem
Wege ausgeräumt werden. Bereits seit dem Jahr 2008 liegt der Entwurf einer
revidierten EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie vor, mit dem diese Schlupflöcher ge-
schlossen würden. Doch ein bilaterales Steuerabkommen zwischen Deutschland
und der Schweiz würde diese Erweiterung unmöglich werden lassen, weil kein
Verhandlungsdruck mehr erzeugt werden kann.

Die im Steuerabkommen festgeschriebenen 1 300 erlaubten Kontenabfragen
deutscher Finanzämter an die Schweiz pro Zweijahreszeitraum gleichen diese
Mängel nicht aus und können nicht überdecken, dass deutsche Anleger in der
Schweiz weiterhin Anonymität genießen. Denn bei rund 600 Finanzämtern in
Deutschland bedeutet dies, dass jedes Finanzamt durchschnittlich nur eine An-
frage pro Jahr an die Schweizer Behörden richten kann. Zudem braucht das deut-
sche Finanzamt dazu einen plausiblen Anlass sowie die Anschrift des Steuer-
pflichtigen. Beides aber liegt nicht unbedingt vor, wenn nur einem Anfangsver-
dacht nachgegangen werden soll.

Die deutsche Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge ist bereits ein Verstoß gegen
die Besteuerung nach Leistungsfähigkeit, weil der Steuertarif keiner Progres-
sion unterliegt und damit Kapitaleinkommen ungerechtfertigterweise gegenüber
Arbeitseinkommen bevorzugt werden. Bei einer Ratifikation des Steuerabkom-
mens mit der Schweiz würde dieses System zementiert. Zwar muss die Schweiz
nach Artikel 19 des Abkommens Steuersatzänderungen nachvollziehen, doch ist
dies nur im Rahmen einer auch in Deutschland geltenden Abgeltungsteuer mög-
lich. Die Abschaffung der Abgeltungsteuer und Wiedereinführung der progres-
siven Besteuerung von Kapitalerträgen in Deutschland wird durch das Steuerab-
kommen stark behindert – denn bei Wiedereinführung der progressiven Besteu-
erung wird ganz legal ein Steuervorteil durch Verlagerung des Vermögens in die
Schweiz erzeugt. Es bliebe lediglich die Kündigung des Abkommens, für die je-
doch eine Zweijahresfrist gilt.

Aufgrund der Amnestieregelung für die Vergangenheit würde das Abkommen
zudem Vermögensmassen legalisieren, die nicht selten aus kriminellen Aktivitä-
ten wie Betrug, Korruption und Drogenhandel stammen dürften. Durch die fort-
bestehende Anonymität verhindert das Abkommen so in Bezug auf mit Steuer-

hinterziehung verbundenen Straftaten die Handlungsfähigkeit der Justizverwal-
tung. Diese Amnestie ist daher auch nicht vergleichbar mit früheren Amnestien,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11153

etwa unter der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2004/2005. Voraussetzung
war damals die Rückkehr in die Steuerehrlichkeit, also die Aufgabe der Anony-
mität – mit der Regelung im Steuerabkommen mit der Schweiz wird jedoch die
Anonymität aufrechterhalten. Dadurch wird die Verfolgung verbundener Straf-
taten erschwert und zudem kein präventiver Charakter entfaltet, wie dies frühe-
ren Amnestien zu Eigen war. Zudem galten frühere Amnestien grundsätzlich für
jeden Steuerpflichtigen, während die im Steuerabkommen mit der Schweiz vor-
gesehene Amnestie nur all jene in Anspruch nehmen können, die undeklariertes
Vermögen in der Schweiz, nicht aber in anderen Staaten, angelegt haben. Es
stellt sich daher die Frage nach der Vereinbarkeit mit dem verfassungsrechtlich
garantierten Gleichheitsgrundsatz.

Insgesamt verletzt das Abkommen in hohem Maße die Steuergerechtigkeit: Es
schützt Steuerhinterzieher, indem ihnen weiterhin Anonymität zugesichert wird
und das Schweizer Bankgeheimnis auf Dauer bewahrt bleibt. Mit einer Ab-
schlagszahlung bezogen auf die letzten zehn Jahre wird Schwarzgeld legalisiert
und den Steuerhinterziehern weiter die Möglichkeit eingeräumt, ihr Geld in der
Schweiz zu belassen. Selbst bei einer späteren Kündigung des Abkommens
könnte die Straffreiheit aufgrund des Vertrauensschutzes nicht aufgehoben wer-
den. Dies schadet auch der Steuermoral, da sowohl in Bezug auf die Vergangen-
heit wie auch in Bezug auf die Zukunft diejenigen am besten gestellt werden, die
sich durch Nutzung findiger Konstruktionen wissentlich der Steuerpflicht ent-
ziehen wollen.

Die Ratifikation des Steuerabkommens würde insgesamt der Schweiz sowie den
Schweizer Banken deutlich größere Vorteile bringen als der deutschen Seite.
Daher ist es ungerechtfertigt, den Schweizer Banken in einem angehängten Pro-
tokoll zum Abkommen zusätzlich einen erleichterten Marktzugang in Deutsch-
land zu gewähren. Das Protokoll hebt die Pflicht zur Anbahnung von Kunden-
beziehungen über eine deutsche Bank oder eine in Deutschland tätige Filiale ei-
ner Bank aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf. Damit geht der
Marktzugang für Schweizer Banken über den für Banken aus anderen Nicht-
EWR-Staaten hinaus und Schweizer Banken könnten ohne Gründung einer
Tochtergesellschaft auf deutschem Boden Geschäfte durchführen. Dies wird zu-
sätzliche Probleme aufwerfen, die heute in ihrer Auswirkung noch nicht über-
schaubar sind.

Das Modell eines Abgeltungsteuerabkommens würde zudem auf Dauer zu redu-
zierten Steuereinnahmen im Vergleich zur Anwendung der erweiterten Zins-
besteuerungsrichtlinie führen, in Deutschland wie auch in anderen EU-Mitglied-
staaten. Damit wird es die Lage der öffentlichen Haushalte weiter verschlechtern
– auf Kosten der sozialen Gerechtigkeit.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. den Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 21. September 2011
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eid-
genossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanz-
markt in der Fassung vom 5. April 2012 zurückzuziehen und nicht im Deut-
schen Bundestag zur Abstimmung zu stellen;

2. stattdessen auf Ebene der Europäischen Union auf die Umsetzung der Richt-
linie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/48/EG im Bereich der Be-
steuerung von Zinserträgen (KOM(2008) 727 endgültig vom 13. November
2008) unter Einbeziehung auch der Schweiz zu drängen, um damit einen er-
weiterten automatischen Informationsaustausch zu etablieren;

3. auf Ebene der G20 den Aufbau eines multilateralen Systems zum automati-

schen Informationsaustausch voranzutreiben;

Drucksache 17/11153 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. nur dann einer bilateralen Lösung mit der Schweiz zuzustimmen, wenn eine
Informationsweitergabe vereinbart ist, die identisch ist mit der in der Richt-
linie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/48/EG im Bereich der Be-
steuerung von Zinserträgen vorgesehenen, sodass dies ein erster Schritt zu ei-
ner EU-weiten Lösung wäre;

5. sich auch in Zukunft finanziell am Ankauf von Datenträgern mit steuerrele-
vanten Sachverhalten (sogenannte Steuer-CDs) durch Landesfinanzbehörden
zu beteiligen und diese Ankäufe nicht zu behindern.

Berlin, den 24. Oktober 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Die Erfolgsaussichten des Inkrafttretens der überarbeiteten EU-Zinsrichtlinie
mit automatischem Informationsaustausch dürfen nicht aufs Spiel gesetzt wer-
den

Die im Jahr 2005 in Kraft getretene EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie war ein gro-
ßer Erfolg im Kampf gegen europäische Steuerflucht. Zum ersten Mal imple-
mentierte eine überregionale und wirtschaftlich eng verflochtene Staatengruppe
den automatischen Informationsaustausch. Dieser Austausch ist ein effektives
Instrument gegen Steuerflucht, weil automatisierte Kontrollmitteilungen verhin-
dern, dass den nationalen Steuerbehörden Kapitalerträge ihrer steuerpflichtigen
Bürger im Ausland verborgen bleiben. Die Richtlinie war ein großer Erfolg all
jener, die sich über Jahre hinweg für eine größere Steuertransparenz eingesetzt
haben. Darüber hinaus wurde es explizites Ziel der EU-Institutionen, den auto-
matischen Informationsaustausch möglichst umfassend zu implementieren,
auch mit fünf verbundenen Drittstaaten, zu denen die Schweiz gehört.

Allerdings hatte die Richtlinie nach wie vor Kompromisscharakter: Sie spart
wichtige Bereiche wie Stiftungen und Lebensversicherungen aus, zudem konn-
ten sich drei Mitgliedstaaten (Belgien, Österreich und Luxemburg) dem in der
Richtlinie vorgesehenen automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen
entziehen. Seit Inkrafttreten der Richtlinie gab es daher Bemühungen um eine
Ausweitung der Richtlinie, die auch konkrete Erfolge zeitigten. So nimmt
Belgien mittlerweile am Informationsaustausch teil und auch Österreich und
Luxemburg hatten signalisiert, dass sie sich nicht dauerhaft gegen einen automa-
tischen Informationsaustausch sperren würden. Bereits Ende 2008 hat die Euro-
päische Kommission zudem einen Vorschlag für eine umfassende Erweiterung
der Zinsbesteuerungsrichtlinie angenommen. Seitdem ist es erklärtes Ziel der
Europäischen Kommission, die Richtlinie sachlich und räumlich auszuweiten,
darunter auch auf die Schweiz. Aufgrund des international zunehmenden
Drucks auf die Schweiz sind diese Verhandlungen in letzter Zeit erfolgreich
wieder aufgenommen worden. Diese Fortschritte waren möglich aufgrund eines
nahezu einheitlichen Auftretens derjenigen EU-Länder, die die Zinsrichtlinie
voll implementiert haben, d. h. die einen automatischen Informationsaustausch
vorsehen.

Doch dieser erfolgreiche Prozess wird nun vollständig vom deutsch-schweizeri-
schen Abkommen konterkariert, die Verhandlungen sind abgebrochen – weil
eine andere vermeintliche Lösung gefunden sei. Sofort nach Bekanntwerden

haben Österreich und Luxemburg ihre Bereitschaft zu Verhandlungen über den
automatischen Informationsaustausch zurückgezogen. Darüber hinaus kündigten

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/11153

andere Länder an, vergleichbare Abgeltungsteuerabkommen mit der Schweiz
schließen zu wollen. Eine Ratifizierung des Abkommens hätte also zwei nega-
tive Effekte: Erstens wird die Implementierung eines automatischen Informa-
tionsaustauschs in der gesamten EU dauerhaft verhindert, zweitens gibt es kein
einheitliches Auftreten der EU mehr – es droht ein Rückfall in Verflechtungen
vieler bilateraler Abkommen, statt die zielführendere Vorgehensweise gemein-
samer EU-Abkommen und einer EU-weit gemeinsamen Haltung fortzusetzen.
Das deutsch-schweizerische Steuerabkommen zerstört damit die gemeinsame
EU-Strategie, indem gerade Deutschland, das sich immer für den automatischen
Austausch eingesetzt hatte, aus der gemeinsamen Linie ausschert und die
EU-Position hintertreibt. Das Verhalten der Regierungen von Österreich und
Luxemburg zeigt, dass das bilaterale deutsch-schweizerische Abkommen Aus-
wirkungen weit über die beiden unterzeichnenden Staaten hätte.

Das Abgeltungsteuerabkommen ist nicht besser als der Status quo

Immer wieder wird eingewendet, dass der Status quo dennoch nicht die bessere
Alternative sei. Zwar ist auch dieser in der Tat nicht befriedigend – jedoch ist
gegenwärtig eine große Dynamik beim Kampf gegen Steuerflucht zu beobach-
ten: Die Schweiz steht international zunehmend unter Druck und muss reagie-
ren. Länder wie die USA, aber auch Frankreich, gehen mit dieser Situation an-
ders um als Deutschland: Sie nutzen diese Situation und erhöhen den Druck auf
die Schweiz noch, um das Bankgeheimnis immer weiter zurückzudrängen. Und
das mit Erfolg: Die USA erreichten bereits viel weitreichendere Zugeständnisse
der Schweiz, als es in dem Abkommensentwurf mit Deutschland vorgesehen ist.
Der richtige Ansatz wäre deshalb jetzt, dass die Bundesregierung zurückkehrt
zum EU-Ansatz und die derzeitige Situation nutzt, ein EU-Abkommen mit der
Schweiz auszuhandeln, das keine Anonymität mehr zulässt. Dieses Ziel ist zur-
zeit nicht unrealistisch – es zu erreichen würde aber mit einer Ratifikation des
Abgeltungsteuerabkommens zwischen der Schweiz und Deutschland unmög-
lich. Aus diesem Grund ist gegenwärtig der Zustand ohne Abkommen ein güns-
tigerer als die Umsetzung des unterzeichneten Abkommens, sowohl aus deut-
scher wie auch aus europäischer Sicht. Die Schweiz würde sich mit einer Ratifi-
kation des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens dem von den Vereinigten
Staaten von Amerika verstärkten Druck, dem automatischen Informationsaus-
tausch zuzustimmen, erfolgreich entziehen. Dies würde es der Schweiz erlauben,
gegenüber anderen Ländern für die anonyme Abgeltungsteuer zu werben und
sich einer erweiterten Steuerkooperation mit allen anderen Staaten zu verwei-
gern.

Die Verhinderung der europäischen Bemühungen um einen automatischen In-
formationsaustausch ist von Schweizer Seite ganz offensichtlich einer der wich-
tigsten Gründe für die Umsetzung des bilateralen Steuerabkommens mit Deutsch-
land. Dies legt auch eine Publikation der Schweizer Bankiervereinigung, die eng
in den Verhandlungsprozess eingebunden war, nahe. Darin heißt es (Quelle:
www.swissbanking.org/faktenblatt_steuerabkommen_2012.pdf, abgerufen am
4. Oktober 2012):

„Die EU hat klare Ziele: Sie will auch der Schweiz den automatischen Informa-
tionsaustausch aufzwingen und den gläsernen Bürger schaffen. Um das zu
verhindern, hat die Schweiz ein eigenständiges Gegenkonzept entwickelt: die
Abgeltungsteuer. Alle Vertragsstaaten akzeptieren diese Lösung als dauerhafte
Alternative zum Informationsaustausch. Weitere Staaten werden folgen. Zum
ersten Mal überhaupt anerkennen ausländische Staaten den dauerhaften Schutz
der Privatsphäre der Kunden von Schweizer Banken. Mit einem JA zu den Steu-
erabkommen kann dieses Modell dauerhaft verankert werden. Das bewahrt die
Privatsphäre der Bankkunden.“
Die Alternative zum Steuerabkommen lautet daher nicht „Status quo“, sondern
„automatischer Informationsaustausch“.

Drucksache 17/11153 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Das Steuerabkommen hat gravierende Schlupflöcher

Über diese grundsätzlichen Einwände hinaus hat das unterzeichnete Steuerab-
kommen auch erhebliche Schwächen in der konkreten Ausgestaltung. Dazu
zählt, dass Dienstleistungen der Vermögensverwaltung in vielen Rechtsgebieten
auf der Welt angeboten werden. Steuerflüchtige können daher ihre Schweizer
Konten auflösen und in anderen Rechtsgebieten neue Konten eröffnen, um das
Abkommen zu umgehen. Eine umfassende Lösung des Problems der Steuer-
flucht muss daher multilateral sein. Neben der Transferierung von Vermögen in
andere Jurisdiktionen kann das Steuerabkommen aber auch innerhalb der
Schweiz umgangen werden, da es lediglich Konten betrifft, deren Inhaber natür-
liche, in Deutschland ansässige Personen sind. Wenn aber Deutsche in der
Schweiz ihr Geld in bestimmten Stiftungen, Trusts, Lebensversicherungsmän-
teln oder ähnlichen Konstruktionen angelegt haben, ist der oder die wirtschaft-
lich Berechtigte nach diesem Abkommen gar nicht identifizierbar und fällt somit
auch nicht unter das Steuerabkommen. Der Entwurf für eine erweiterte EU-
Zinsrichtlinie hingegen beinhaltet Instrumente, die wirtschaftlich Berechtigten
genau solcher Konstruktionen zu identifizieren. Auch deshalb ist es entschei-
dend, dass Deutschland die Umsetzung der revidierten EU-Zinsrichtlinie voran-
und sie nicht mit einem bilateralen Abkommen hintertreibt.

Praktisch sämtliche Erweiterungen und Präzisierungen, die im Revisionsvor-
schlag der EU-Zinsrichtlinie von 2008 enthalten sind, tauchen im Steuerabkom-
men nicht auf. Das heißt, dass die vielen Umgehungsmöglichkeiten, die in
Bezug auf die Zinsrichtlinie seit dem Jahr 2005 bekannt sind, auf Dauer fest-
geschrieben werden. Die Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten wäre den
deutschen Finanzämtern nur mit einem umfassenden Informationsaustausch
möglich, den das Abkommen aber nicht vorsieht. Stattdessen werden die mög-
lichen Anfragen deutscher Finanzämter an die Schweizer Behörden auf lediglich
1 300 Stück pro Zweijahreszeitraum begrenzt – dieser Vereinbarung steht die
Zahl von 26 000 Deutschen gegenüber, die sich nach den ersten CD-Ankäufen
im Jahr 2010 selbst angezeigt haben, sowie die Tatsache, dass die USA auf
diplomatischen Druck auf einen Schlag 5 000 Kundendaten der UBS AG über-
mittelt bekam. Hinzu kommen detaillierte und selten zu erreichende Vorgaben,
in welchen Fällen die Schweizer Behörden überhaupt Auskunft geben dürfen.
Schon bei den gegenwärtig bestehenden Auskunftsabkommen nach dem Standard
der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)
ist es Deutschland fast nie möglich, Anforderungen dieser Art zu erfüllen.

Vielen Verdachtsfällen wird daher nicht nachgegangen werden können und ein
konsequenter Steuervollzug bliebe nach wie vor und dauerhaft unmöglich. Die
Finanzämter müssten sich bei der Abführung der Abgeltungsteuer stattdessen
ausgerechnet auf die Schweizer Banken verlassen, die bislang mit der Steuer-
hinterziehung gute Geschäfte gemacht haben. Nicht ohne Grund bezeichnet die
Deutsche Steuer-Gewerkschaft diese Regelung als „Ausverkauf deutscher
Hoheitsrechte“ (vgl. „Information der Deutschen Steuer-Gewerkschaft“ vom
14. August 2011, abrufbar unter www.dstg.de/aktuell/2011/Kritik_Steuerab-
kommen_D_CH.pdf).

Einnahmeschätzungen sind nicht haltbar

Die Schlupflöcher des Abkommens und die mangelhafte Anfragemöglichkeit
deutscher Finanzämter bei Schweizer Behörden werden selbstverständlich auch
Auswirkungen auf die Höhe der zu erwartenden Einnahmen aus dem Abkom-
men haben. Das Bundesministerium der Finanzen hat mehrfach gegenüber der
Öffentlichkeit die Zahl von 10 Mrd. Euro genannt, die durch die Ratifikation des
Abkommens in den Haushalt fließen würden. Doch ist diese Zahl ganz offenbar

eine politisch motivierte: Auf eine Schriftliche Frage, welche Basis dieser Zahl
zugrunde liegt, antwortete die Bundesregierung, dass „keine belastbaren Anga-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/11153

ben über die Höhe der insgesamt aus der Nachversteuerung zu erwartenden Ein-
nahmen möglich“ seien. Es kann zudem kein Zufall sein, dass die Schweiz in
den Nachverhandlungen nicht bereit war, die Garantiesumme von jetzt 2 Mrd.
Franken (etwa 1,6 Mrd. Euro) zu erhöhen – obwohl dies ein wichtiges Argument
für die Ratifikation in Deutschland gewesen wäre. Auch die Europäische Kom-
mission geht in einer Schätzung vom Juni 2012 davon aus, dass die Einnahmen
für Deutschland aus dem Steuerabkommen die Marke von 4 Mrd. Franken
(ca. 3,3 Mrd. Euro) nicht überschreiten werden.

Änderungen im deutschen (Steuer-)Recht werden erschwert

Die Implementierung einer Abgeltungsteuerregelung auch in der Schweiz hätte
zudem direkte Auswirkungen auf den deutschen Gesetzgebungsprozess: Nicht
nur würde die in Deutschland geltende Abgeltungsteuer, die Kapitalerträge un-
gerechtfertigterweise gegenüber Arbeitserträgen privilegiert, dauerhaft festge-
schrieben, auch die Einführung einer Vermögensabgabe würde erschwert wer-
den, weil die Vermögen Deutscher in der Schweiz nicht erfasst werden können.
Eine Bürgerversicherung, die auch Kapitalerträge zu den Sozialversicherungen
heranzieht, würde ebenso unmöglich gemacht.

Ohne einen automatischen Informationsaustausch bleibt der Ankauf von Steuer-
CDs notwendig

Solange sich die Schweiz dem Druck des Beitritts zur EU-Zinsrichtlinie nicht
gebeugt hat, ist daher kurzfristig statt der Abgeltungsteuerregelung die derzei-
tige Strategie einiger Landesregierungen, durch den Erwerb steuerrelevanter
Daten Unsicherheit bei Steuerbetrügern zu erzeugen, richtig. Bereits 3 Mrd.
Euro Steuermehreinnahmen sind bis September 2012 durch die Auswertung der
Daten eingenommen worden (vgl. „Steuer-CDs bringen drei Milliarden Euro“,
in: „DIE WELT“ vom 21. September 2012, abrufbar unter www.welt.de/
wirtschaft/article109391395/Steuer-CDs-bringen-drei-Milliarden-Euro.html).
Dieser Betrag beläuft sich auf fast das Doppelte wie die im Steuerabkommen zu-
gesicherte Garantiezahlung der Schweiz. Zudem werden weitere Fälle folgen.

Nur durch den Ankauf dieser Daten kann derzeit wirksam Druck erzeugt werden
auf all diejenigen, die das vermeintliche „Kavaliersdelikt“ Steuerhinterziehung
begehen. Diese verharmlosende Zuordnung ist völlig unangemessen: Dutzende
Milliarden Euro gehen dem deutschen Staat jährlich durch Steuerhinterziehung
verloren – Gelder, die dann nicht zur Verfügung stehen für eine bessere Bildung,
mehr Klimaschutz oder eine intaktere Infrastruktur. Ausgleichen müssen dieses
Defizit dann jene, die gar keine Möglichkeit der Steuerumgehung haben, näm-
lich durchschnittliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Steuern so-
fort vom Lohn abgezogen werden. Solange die Schweiz ihr Bankgeheimnis
nicht aufgibt, muss daher der Ermittlungsdruck hochgehalten werden.

Bei dem Ankauf von Steuer-CDs handelt es sich nicht um neuartige Ermitt-
lungsmaßnahmen. Auch bei anderen Delikten sind die Strafverfolgungsbehör-
den auf Hinweise und Informationen aus dem Umfeld der Täter zwingend ange-
wiesen. Es handelt sich daher beim Erwerb von Steuerdaten nicht um Hehlerei,
vielmehr hat der deutsche Fiskus einen Anspruch auf diese Daten, die ihm der
Steuerpflichtige nach den Erklärungs- und Mitwirkungspflichten der Abgaben-
ordnung (AO) freiwillig liefern müsste. Das Argument, dass der Staat sogar ver-
pflichtet ist, diese Daten zu erwerben, um den Steuer- und den Strafanspruch zu
realisieren, ist stichhaltig.

Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Abkommens
In Bezug auf die Vergangenheitsregelung im Steuerabkommen werden Zweifel
an der Verfassungsmäßigkeit laut. Der Steuerstrafrechtler Prof. Dr. Wolfgang

Drucksache 17/11153 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Joecks bezeichnet die Regelung in einer Stellungnahme für den Finanzaus-
schuss des Deutschen Bundestages als verfassungswidrig, da Steuerhinterzieher
unterschiedlich behandelt werden. Wer als Deutscher außerhalb der Schweiz
Steuern hinterzogen hat, müsste den Weg in die Legalität über die strafbefrei-
ende Selbstanzeige nach § 371 AO gehen und damit sämtliche Fehler der Ver-
gangenheit für alle noch nicht verjährten Jahre berichtigen. Demgegenüber wer-
den Deutsche, die über die Schweiz Steuern hinterzogen haben, durch eine Ein-
malzahlung, die in den meisten Fällen günstiger ausfällt als bei der Selbstan-
zeige, straffrei. Zudem sei durch die im Steuerabkommen mit der Schweiz
festgeschriebene Amnestieregelung aufgrund der Fortschreibung der Anonymi-
tät die künftige Besteuerung nicht sichergestellt. In der Verbindung verstoße das
unterzeichnete Abkommen gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 Ab-
satz 1 des Grundgesetzes.

Die Steuergerechtigkeit wird verletzt – Steuersünder häufig besser gestellt als
ehrliche Steuerzahler

Die Schlechterstellung von Selbstanzeigern gegenüber denjenigen, die unter die
Amnestieregelung des Steuerabkommens fallen, erklärt sich daraus, dass bei der
Versteuerung der Altfälle in vielen Fällen lediglich der im Abkommen festge-
schriebene Mindeststeuersatz von 21 Prozent zur Anwendung käme. Professor
Dr. Frank Hechtner hat in seiner Stellungnahme für die Anhörung des Finanz-
ausschusses des Deutschen Bundestages dargelegt, dass die Anwendung des er-
höhten Steuersatzes nur in Ausnahmefällen zur Anwendung käme. Im Regelfall
liege der durchschnittliche Steuersatz deutlich unter 30 Prozent. In der Legalität
hätten die meisten Vermögensbesitzer wohl den Spitzensteuersatz (bis zum Be-
ginn der Abgeltungsteuer im Jahr 2009) auf die Vermögenserträge gezahlt. Dies
hätte innerhalb von zehn Jahren den Effekt gehabt, dass ca. 28 Prozent des Ver-
mögens hätte abgeführt werden müssen. Nur wenige Steuerhinterzieher müssen
also nach den Regelungen des Abkommens mehr zahlen als sie es hätten tun
müssen, wenn sie ihr Vermögen legal versteuert hätten. Mit dem Abkommen
werden somit all jene belohnt, die dem erhöhten Druck durch den Ankauf von
Steuer-CDs standgehalten und sich nicht selbst angezeigt haben. Sie werden nun
legalisiert und müssen oft weniger für ihr hinterzogenes Vermögen nachzahlen
als Selbstanzeiger, die ihre Steuernachforderungen verzinsen müssen.

Die Strafverfolgung wird durch das Steuerabkommen massiv eingeschränkt

Die Amnestieregelung für die Vergangenheit ist jedoch nicht nur unter finan-
ziellen Gesichtspunkten abzulehnen. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter e. V.
hat mehrfach darauf hingewiesen, dass das Vermögen, das von Deutschen in der
Schweiz liegt, zu einem nicht unbeträchtlichen Teil aus in Deutschland began-
genen Steuerstraftaten, Wirtschaftskriminalität, Korruption, organisierter Kri-
minalität, Bandenkriminalität oder weiteren schwerwiegenden Delikten stammt.
Daher bezeichnet der Bund Deutscher Kriminalbeamter e. V. die Altfallregelung
im Steuerabkommen mit der Schweiz zu Recht als „größte Begnadigung deut-
scher Straftäter, die die Geschichte je gesehen hat“. Es würde „eine der größten
Geldwäscheanlagen Europas“ legalisiert und dauerhaft aus fiskalischen Grün-
den die Strafverfolgung vereitelt (vgl. „Steuerabkommen mit der Schweiz –
Deutschlands Kriminalbeamte wütend auf Schäuble“, abrufbar unter www.bdk.
de/lv/nordrhein-westfalen/presse/pressemitteilungen/steuerabkommen-schweiz).
Das Abkommen schlägt den Kriminalbeamten und Steuerfahndern fast sämt-
liche Instrumente aus der Hand.

Deswegen ist die im Steuerabkommen vorgesehene Amnestie nicht vergleichbar
mit der Steueramnestie der rot-grünen Bundesregierung: Diese war ein Angebot,

um Steuersünder in die Legalität zurückzuholen – das heißt: es gab eine Frist
und Voraussetzung war die vollständige Rückkehr in die Steuerehrlichkeit unter

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/11153

Offenlegung der Hinterziehungstatbestände. Innerhalb des ersten Jahres der
15- monatigen Amnestiefrist mussten nominal 15 Prozent des Vermögens ge-
zahlt werden, in den letzten drei Monaten der Amnestie 21 Prozent. Das war
zwar weniger als heute im Abkommen mit der Schweiz vorgesehen ist, dafür
aber bestand damals für die Steuerhinterzieher der große Vorteil der fortdauern-
den Anonymität nicht. Außerdem galt die Amnestie für alle Steuerflüchtlinge.
Das Abkommen mit der Schweiz ist anders: Es belässt die Steuersünder in der
Anonymität. Außerdem bevorzugt es Steuerhinterzieher aus der Schweiz gegen-
über jenen, die ihr Geld in anderen Staaten anlegten, sowie gegenüber Selbstan-
zeigern. Hinzu kommt, dass die Amnestie selbstverständlich durch inländische
Finanzbehörden abgewickelt wurde – und nicht die Steuerhoheit de facto an
Schweizer Banken abgetreten wurde. Dadurch entstand für die Zukunft eine prä-
ventive Wirkung, da die Finanzbehörden in Zukunft die amnestierten Fälle ge-
nauer unter die Lupe nehmen konnten.

Eine Ablasszahlung entschädigt nicht für die gravierenden Mängel des bilatera-
len Abkommens

Haushaltspolitische Erwägungen durch die – ohnehin wahrscheinlich nicht allzu
hohen – Mehreinnahmen rechtfertigen nicht die Ungerechtigkeiten einer Am-
nestie und de facto einer Abgabe der deutschen Steuersouveränität an Schweizer
Banken. Angesichts vermuteter unversteuerter Vermögen von Deutschen in der
Schweiz in Höhe von 250 Mrd. Euro sind die 2 Mrd. Franken eine sehr geringe
Garantiezahlung. Selbst bei einem Steuersatz von nur 30 Prozent (also im Rah-
men der vereinbarten Spanne von 21 bis 41 Prozent) wären 75 Mrd. Euro fällig.

Im Rahmen der Drittstaatenregelung der EU-Zinsrichtlinie haben Schweizer
Banken im Jahr 2010 nur rund 500 Mio. Franken (ca. 440 Mio. Euro) Quellen-
steuer an Deutschland gezahlt. Auch hier gilt: Bei einem geschätzten Volumen
des Gesamtvermögens von über 400 Mrd. Euro, einem angenommenen Zinssatz
von 5 Prozent nominal und einem damaligen Quellensteuersatz von 20 Prozent
hätten eigentlich rund 4 Mrd. Euro Quellensteuer abgeführt werden müssen. Ge-
zahlt wurde also nur etwa ein Zehntel. Diesen Banken würde die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nun mit einer Ratifikation des Steuerabkommens
den Vollzug der Abgeltungsteuer für die Zukunft anvertrauen. Dies ist keine
überzeugende Lösung für die Problematik der Steuerflucht.

Stattdessen brauchen wir eine konsequente Verfolgung von Steuerhinterziehung
– etwa durch weitere Käufe von Steuer-CDs, durch die Anwendung des Steuer-
hinterziehungsbekämpfungsgesetzes sowie durch Druck bei der Implementie-
rung der revidierten EU-Zinsrichtlinie, die die Schlupflöcher schließen würde.
Dieser Ansatz ist in Bezug auf die Erhöhung der Steuereinnahmen deutlich viel-
versprechender als ein löchriges, aber dauerhaftes Steuerabkommen mit der
Schweiz.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.