BT-Drucksache 17/1081

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -17/200, 17/201, 17/606, 17/623, 17/624, 17/625- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsgesetz 2010) hier: Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern

Vom 15. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1081
17. Wahlperiode 15. 03. 2010

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Steffen Bockhahn, Dr. Gesine Lötzsch,
Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Karin Binder, Heidrun Bluhm, Roland Claus,
Katrin Kunert, Caren Lay, Sabine Leidig, Michael Leutert, Thomas Lutze, Kornelia
Möller, Petra Pau, Jens Petermann, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Raju Sharma,
Kersten Steinke, Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann,
Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/200, 17/201, 17/606, 17/623, 17/624, 17/625 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010
(Haushaltsgesetz 2010)

hier: Einzelplan 06
Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Einzelplan 06 wurde in den letzten Jahren im Zuge des „Kampfs gegen den
Terrorismus“ stetig ausgeweitet. Im Mittelpunkt standen dabei die technische
Aufrüstung im Dienste des Anti-Terror-Kampfes – Biometrie, Datenbanken,
Sicherheitsforschung, Bundesamt für Sicherheit, Bundesverwaltungsamt –, die
Zentralisierung der Kräfte zum Beispiel bei der Bundespolizei und die Zusam-
menfassung aller Sicherheitsressourcen für eine Neukonzeption des Bevölke-
rungsschutzes.

Um diese Schwerpunkte realisieren zu können, wurden immer wieder Sonder-
mittel und Sonderprogramme geschaffen. Von 2006 bis 2009 war es das „Pro-
gramm zur Stärkung der Inneren Sicherheit“ (PSIS), das mit über 130 Mio.
Euro den regulären Haushalt ergänzte. Seit 2009 werden Mittel in der Höhe von
einigen Hundert Mio. Euro aus dem „Beschäftigungs- und Stabilitätspakt“
(Konjunkturpaket II) zur Stützung auch des Einzelplans 06 verwendet. Diese

Finanzierung durch Sonderprogramme lehnt der Deutsche Bundestag ab.

Der Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maiziere, hat in seiner Antritts-
rede eine mögliche Neugewichtung der Innenpolitik angedeutet: Strukturen
sollen gestärkt werden, die helfen, dass Menschen sich nicht zurückziehen.
Öffentliche Räume, Bahnhöfe, Waggons und Plätze sollen nicht noch mehr
„entmenschlicht“ werden durch Technik. Klassische Integration solle Schlüs-

Drucksache 17/1081 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

selaufgabe sein, in einem umfassenderen Verständnis aber auch alle Menschen
vom Rande der Gesellschaft in deren Mitte zu führen.

Eine solche Neugewichtung der Innenpolitik spiegelt der Haushalt nicht wider.

Sie ist aber dringend notwendig. Sofort begonnen werden kann in den Berei-
chen Rechtsextremismus, Integration, Evaluierung der Anti-Terror-Sicherheits-
architektur, der Überprüfung der Auslandseinsätze der Polizeien, vor allem in
Afghanistan, und einer Praxis des Vorrangs von Personal vor Technik bei den
Sicherheitsbehörden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert,

1. eine deutliche Erhöhung der Mittel für die Bundeszentrale für politische Bil-
dung;

2. im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern endlich eine „Un-
abhängige Beobachtungsstelle Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemi-
tismus“ einzurichten und im Haushalt eine Anschubfinanzierung von min-
destens 5 Mio. Euro bereitzustellen;

3. die finanziellen Mittel für ein Sonderprogramm zur Auseinandersetzung mit
dem Rechtsextremismus aus Einsparungen bei den Zuschüssen an das Bun-
desamt für Verfassungsschutz zu nehmen;

4. die Mittel zur Durchführung von Integrationskursen um 56 Mio. Euro auf
274 Mio. Euro zu erhöhen, um dringend erforderliche Verbesserungen, wie
etwa eine deutlich höhere, angemessene Bezahlung der Lehrkräfte, eine Ver-
besserung der Kurse nach didaktischen Kriterien und eine Ausweitung des
Zugangs zu Integrationskursen auf weitere Personengruppen, finanzieren zu
können;

5. die Bereitstellung von Haushaltsmitteln schon in diesem Jahr für die Eva-
luierung von Gemeinsamem Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) und Ge-
meinsamem Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM)
durch eine unabhängige Kommission in jeweils mindestens der Höhe der
Kosten für die Evaluierung des Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes
(TBEG);

6. keine Erhöhung der Mittel für die Auslandseinsätze der Polizeien und eine
unabhängige Evaluierung der bilateralen und europäischen Afghanistanein-
sätze der Polizei;

7. die Planstellen bei der Bundespolizei müssen dem derzeit tatsächlichen Be-
darf angepasst werden, die Fehlbestände ausgeglichen und die Abordnungs-
praxis (d. h. die Verpflichtung zum Dienst auf Hunderte von Kilometern von
der eigentlichen Dienststelle entfernte Schwerpunktdienststellen) auf abso-
lute Ausnahmesituationen beschränkt werden;

8. über die im Haushalt schon vorgenommene Erhöhung der Personalstellen
hinaus ein Sonderprogramm einzurichten, das den Bundesbeauftragten für
Datenschutz und Informationsfreiheit in die Lage versetzt, die notwendigen
technischen, personellen und konzeptionellen Voraussetzungen zu einer um-
fassenden Modernisierung des Datenschutzes und seiner Praxis anzugehen;

9. den Verzicht auf weitere Entwicklung, Erprobung und Ankauf von sog.
Nackt- oder Bodyscannern. Stattdessen Neukonzeption der Luftverkehrs-
sicherheit mit „menschlichen Ressourcen“, also Polizeivollzugsbeamten.
Streichung der Mittel für die Bundespolizei, einschließlich GSG 9 zur
Erprobung von Drohnen/unmanned areal vehicles (UAV), den Rückbau der
Privatisierung der Luftverkehrssicherheit und deren Übernahme durch die

Bundespolizei;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1081

10. die Streichung der Mittelerhöhung beim Bundesverwaltungsamt, soweit sie
für die „Strategie zur Bündelung der Telekommunikationsüberwachung“
und der damit verbundenen IT-Anwendungen verwendet werden soll.

Berlin, den 15. März 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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