BT-Drucksache 17/10741

Mögliche Einflussnahme auf FDP-geführte Bundesministerien durch Parteispenden

Vom 19. September 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10741
17. Wahlperiode 19. 09. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Dr. Harald Terpe, Dr. Tobias Lindner,
Wolfgang Wieland, Dr. Gerhard Schick, Britta Haßelmann, Jerzy Montag,
Dr. Konstantin von Notz und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mögliche Einflussnahme auf FDP-geführte Bundesministerien durch
Parteispenden

Laut einem ARD-Bericht vom 10. September 2012 soll die FDP verdeckte
Spenden aus dem Umfeld des Herstellers für Glücksspielautomaten, P. G. (Vor-
standssprecher der Gauselmann Gruppe und Vorstandsvorsitzender des Ver-
bands der Deutschen Automatenindustrie e. V. – VDAI), erhalten haben. Dem-
nach soll ein Berater des Spielautomatenunternehmens GAUSELMANN AG,
der auch Finanzvorstand der Gauselmann Stiftung ist, insgesamt 2,5 Mio. Euro
in FDP-Tochterunternehmen investiert haben, wovon zumindest ein Teil des
Geldes an die Partei geflossen sein soll. Nachdem der Berater Anteile an der da-
mals FDP-eigenen Druckerei altmann-druck GmbH übernommen und 1,1 Mio.
Euro in das Unternehmen investiert hatte, kaufte dieses sowohl das Firmenge-
lände wie -gebäude, die bis dahin im Besitz der FDP-Bundespartei waren. Der
Kaufpreis habe, so die Berichterstattung, weit höher gelegen, als Gelände und
Gebäude wert gewesen seien (Bericht von ARD-exclusiv vom 10. September
2012; vgl. auch SPIEGEL ONLINE vom 9. September 2012). Derselbe Berater
ist ebenfalls Mitinhaber der Firma Pro Logo GmbH, die für die FDP in Sponso-
ringfragen tätig ist (Süddeutsche Zeitung vom 10. März 2011). Der frühere FDP-
Schatzmeister Dr. Hermann Otto Solms war zudem früher Geschäftspartner der
Firma GAUSELMANN AG (ebd.). Derzeit plant das FDP-geführte Bundes-
ministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) eine Novelle der Verord-
nung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (Spielverord-
nung – SpielV), die die Rahmenbedingungen für Geldspielgeräte, wie sie von
der GAUSELMANN AG hergestellt werden, reformieren soll. Eine vom Bun-
desministerium in Auftrag gegebene Studie hatte im Vorhinein ein erhebliches
Suchtpotential dieser Automaten festgestellt; Spielsuchtexperten führen dies auf
die unscharfen Vorgaben in der Spielverordnung zurück. Darüber hinaus wird
seit Jahren Kritik aufgrund gutachterlicher Erkenntnisse an der Manipulations-
fähigkeit von Spielautomaten geäußert, die in aktuelle Gesetzgebungsverfahren
eingeflossen ist (vgl. Bundesratsdrucksache 459/1/12).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Plant die Bundesregierung, die Spielverordnung noch in dieser Legislatur-
periode zu novellieren?

2. Wann soll die Reform der Spielverordnung im Kabinett behandelt und wann
an den Bundesrat weitergeleitet werden?

Drucksache 17/10741 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Welche Beratungsverfahren haben bezüglich der Novellierung der Spiel-
verordnung stattgefunden, und welche sind bis zum Abschluss der Novel-
lierung noch geplant?

4. Wann fanden vonseiten des BMWi hierzu Vorgespräche statt, und welche
Interessenvertreterinnen und -vertreter oder sonstige Experten wurden ein-
geladen?

5. Liegen dem BMWi Stellungnahmen vor, und wenn ja, von wem?

6. In welcher Form haben Verbände und Vertreter der Automatenindustrie an
der Erarbeitung der Vorschläge für die neue Spielverordnung mitgewirkt,
und welche Regelungsvorschläge wurden auf ihre Stellungnahme hin
modifiziert?

7. Unterstützt das BMWi den Vorschlag, die Prüfung der Physikalisch-Tech-
nischen Bundesanstalt (PTB) auf Auslese- und Zusatzgeräte von Spielauto-
maten auszudehnen?
Wenn nein, warum nicht?

8. Unterstützt das BMWi den Vorschlag, die bisher vom Hersteller zuzu-
sichernden Kriterien von Spielautomaten nach § 12 Absatz 2 SpielV künftig
ebenso der PTB-Prüfung zu unterziehen wie die Kriterien nach § 13 Ab-
satz 1 SpielV?
Wenn nein, warum nicht?

9. Sollte nach Ansicht des BMWi die Möglichkeit der Manipulation von
Spielgeräten zu Geldwäschezwecken ebenfalls in die Zulassungskriterien
für Spielgeräte aufgenommen werden?
Wenn nein, warum nicht?

10. Welche Ergebnisse hat die zum Komplex Manipulationsmöglichkeiten von
Spielautomaten eingerichtete Arbeitsgruppe der obersten Finanzbehörden
inzwischen hervorgebracht, und wie sollen diese bei der Novellierung der
Spielverordnung oder in anderen Rechtssetzungsverfahren umgesetzt wer-
den?
In welcher Weise wurden Unternehmen direkt oder über Verbände in die
Arbeit der Arbeitsgruppe einbezogen?

11. Welche Position hat die Bundesregierung bezüglich der Aussage des Par-
lamentarischen Staatssekretärs beim Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie, Ernst Burgbacher, nach der das BMWi die Ergebnisse der
Evaluierung der Spielverordnung „in enger Abstimmung mit der Unterhal-
tungsautomatenbranche prüfen – und sich daraus möglicherweise ergebende
Forderungen umsetzen werde“ (vgl. www. baberlin.de/nachricht.html?&tx_
ttnews[tt_news]=974&tx_ttnews[back-Pid]=5&cHash=05aa21bc1a, abge-
rufen am 4. Mai 2010)?
Was ist unter dieser „engen Abstimmung“ zu verstehen, und welche „For-
derungen“ sollen nach dem Willen des BMWi umgesetzt werden?

12. Sind an der Neugestaltung der Spielverordnung externe Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter oder Kanzleien beteiligt, und wenn ja, welche?

13. Weshalb plant die Bundesregierung, die Forderung der Drogenbeauftragten
der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, Geldspielautomaten in Knei-
pen vollständig abzubauen, nicht umzusetzen?

14. Weshalb plant die Bundesregierung, die Kontrollen von Spielautomaten vor
Ort durch unabhängige Sachverständige abzuschaffen?

15. a) Warum hat das BMWi im Jahr 2007 per Weisung nur eine Grenze für das

eigentlich illegale sogenannte Punktspiel festgelegt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10741

b) Warum lehnt die Bundesregierung weiterhin ein Verbot des sogenannten
Punktspiels als „nicht sinnvoll“ ab und erklärt, dass durch die oben ge-
nannte Weisung ein „Vertrauenstatbestand“ gegenüber der Branche ge-
schaffen wurde?

16. Warum wurden der Automatenbranche im Entwurf der Novelle relativ
großzügige Übergangsfristen gewährt, die sich an der Amortisierung der
Geräte orientieren, und welche Auswirkung werden diese Fristen auf eine
wirksame Bekämpfung der von Geldspielgeräten ausgehenden Suchtgefah-
ren haben?

17. Seit wann ist dem BMWi bekannt, dass der Glückspielautomatenunterneh-
mer P. G. Anteile einer FDP-eigenen Druckerei übernommen hat?

18. Welche Kontakte des Bundesministers, der Parlamentarischen Staatssekre-
täre oder von Mitarbeitern des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG),
des Bundesministeriums der Justiz (BMJ), des BMWi und der ihm unterste-
henden PTB gab es seit dem 28. Oktober 2009 zu P. G., einem seiner Unter-
nehmen oder dem VDAI (Termine, Briefe, Telefonate, E-Mailverkehr)?

19. An welchen Unternehmen ist die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Frei-
heit, nach Kenntnis der Bundesregierung, alleiniger Eigentümer oder betei-
ligt?
Welche Firmen und mit welchem Anteil?

20. Erhält die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zusätzliche Gelder
von der Bundesregierung/Bundesministerien/Ämtern durch Werbung,
Sponsoring, Aufträge u. a.?
Wenn ja, von welchen Bundesministerien, wofür und für wie viel in den
letzten fünf Jahren?

21. Haben die Bundesregierung/Bundesministerien/Regierungsstellen oder
oberste Bundesbehörden der FDP oder ihren parlamentarischen Fraktionen
unmittelbar Geld zukommen lassen, z. B. durch die Schaltung von Werbung
in parteieigenen Publikationen, Anmietung von Ständen bei Parteitagen,
Sponsoring usw. (bitte Vorgänge einzeln aufführen)?

22. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von Spenden, die den Bundes-
ministern und Staatssekretären des BMWi, des BMG und des BMJ mittel-
bar durch die Unterstützung von ihnen geförderter Projekte oder auch un-
mittelbar zugutekamen (bitte mit Auflistung der Spender, des Datums und
der Höhe der Spende seit Beginn dieser Legislaturperiode), und inwiefern
sieht die Bundesregierung dadurch die Interessenunabhängigkeit bei den
von den Personen betrauten Themen gefährdet?

Berlin, den 18. September 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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