BT-Drucksache 16/9278

Bericht des Bundesrechnungshofes über die Wirkungslosigkeit von Ein-Euro-Jobs

Vom 23. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9278
16. Wahlperiode 23. 05. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus Ernst, Karin Binder, Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina Bunge,
Werner Dreibus, Diana Golze, Katja Kipping, Katrin Kunert, Kornelia Möller,
Elke Reinke, Volker Schneider (Saarbrücken), Frank Spieth, Dr. Axel Troost
und der Fraktion DIE LINKE.

Bericht des Bundesrechnungshofes über die Wirkungslosigkeit von
Ein-Euro-Jobs

Am 29. April 2008 legte der Bundesrechnungshof erneut einen Bericht über die
Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II) vor. In dem Bericht kommt der Bundesrechnungs-
hof zu dem Schluss, dass die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschä-
digung (so genannte Ein-Euro-Jobs) kein geeignetes arbeitsmarktpolitisches In-
strument darstellen, um Erwerbslose wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Vielmehr wären bei drei von vier geförderten Bezieherinnen/Bezieher von
Grundsicherung gemäß SGB II keine messbaren Integrationsfortschritte zu ver-
zeichnen. Weiterhin heißt es in dem Bericht, dass bei zwei Drittel der geprüften
Arbeitsgelegenheiten mindestens eine Förderungsvoraussetzung nicht erfüllt
wäre und die so genannten Ein-Euro-Jobs reguläre Arbeitsverhältnisse verdrän-
gen würden. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch das Institut für Arbeits-
markt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit in seiner Wirkungs-
analyse über Ein-Euro-Jobs vom Februar 2008 (IAB-Kurzbericht 2/2008).

Der Bundesrechnungshof ist außerdem der Ansicht, dass die Qualität der Ver-
mittlungstätigkeit und des Fallmanagements der Grundsicherungsstellen auch
im dritten Jahr nach Inkrafttreten des SGB II nicht überzeugen, unabhängig da-
von, in welcher Organisationsform die Leistungen vor Ort erbracht wurden.
Der Bundesrechnungshof sieht die Ursache für diese Probleme in der Organisa-
tionsstruktur der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II, die
komplizierte und fehleranfällige Abstimmungsprozesse zwischen den verschie-
denen Trägern bzw. der Aufsicht verlangt. Er empfiehlt stattdessen die Schaf-
fung zentraler Qualitätsstandards durch die Bundesagentur für Arbeit und das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).

Angesichts des Berichtes des Bundesrechnungshofes stellt sich erneut die
Frage nach der Sinnhaftigkeit des zentralen arbeitsmarktpolitischen Instrumen-
tes für Langzeiterwerbslose, dessen Wirksamkeit zunehmend in Frage gestellt

wird.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Bericht des
Bundesrechnungshofes, der den so genannten Ein-Euro-Jobs weitgehende
Wirkungslosigkeit attestiert?

Drucksache 16/9278 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, angesichts der Tatsa-
che, dass zwei Drittel der vom Bundesrechnungshof geprüften Arbeitsge-
legenheiten mindestens eine Fördervoraussetzung nicht erfüllen?

3. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um zu verhindern, dass
Ein-Euro-Jobs vor allem genutzt werden, um reguläre Aufgaben eines
öffentlichen Trägers wahrzunehmen und dadurch reguläre Arbeitsverhält-
nisse verdrängt werden?

4. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Grundsicherungsstel-
len genaue Kenntnis über die konkreten Tätigkeiten der so genannten Ein-
Euro-Jobber haben, was derzeit weitgehend nicht gegeben ist?

5. Für wie sinnvoll hält die Bundesregierung die so genannten Ein-Euro-Jobs,
bei denen die Arbeitswilligkeit erprobt wird, aber auf die erprobte Arbeits-
willigkeit kein Jobangebot erfolgt?

6. Denkt die Bundesregierung derzeit darüber nach, die Anzahl der Arbeits-
gelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung zu reduzieren, und wenn
ja, um wie viel?

7. Welche arbeitsmarktpolitischen Instrumente kann die Bundesregierung an-
bieten, die anstelle der Ein-Euro-Jobs Langzeiterwerbslosen zur Verfügung
gestellt werden, um sie wieder wirksam in den Arbeitsmarkt zu integrie-
ren?

8. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, die systembedingten
Nachteile des Trägerwechsels beim Übertritt aus dem Rechtskreis der Ar-
beitsförderung nach dem SGB III in den Rechtskreis der Grundsicherung
für Arbeitsuchende nach dem SGB II zu entschärfen?

9. Wie gedenkt die Bundesregierung ihre Aufsichts- und Trägerverantwor-
tung zu nutzen, um die vom Bundesrechnungshof festgestellten Mängel
bei der Vermittlungstätigkeit, dem Fallmanagement und der Durchführung
von Eingliederungsmaßnahmen zu beheben?

10. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung angesichts der Aus-
sage, dass das BMAS nur bei Arbeitsgemeinschaften und Agenturen für
Arbeit in getrennten Trägermodellen bundeseinheitliche Regelungen für
den rechtmäßigen, wirtschaftlichen und bundesweit einheitlichen Verwal-
tungsvollzug und seine Kontrolle wirksam durchsetzen kann?

11. Wann und wie gedenkt die Bundesregierung der Empfehlung des Bundes-
rechnungshofes nachzukommen, zentrale Qualitätsstandards bei der Be-
treuung von Langzeiterwerbslosen im Rechtskreis der Grundsicherung für
Arbeitsuchende nach dem SGB II zu schaffen?

Berlin, den 22. Mai 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und die Fraktion

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