BT-Drucksache 16/843

Für eine wirksamere Kontrolle der Geheimdienste

Vom 8. März 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/843
16. Wahlperiode 08. 03. 2006

Antrag
der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Volker Beck (Köln), Marieluise Beck
(Bremen), Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Monika Lazar, Jerzy Montag,
Winfried Nachtwei, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock, Silke
Stokar von Neuforn, Jürgen Trittin, Wolfgang Wieland und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine wirksamere Kontrolle der Geheimdienste

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Nach dem Bericht der Bundesregierung sowie des Parlamentarischen Kon-
trollgremiums (PKGr) des Deutschen Bundestages zu den Untersuchungs-
vorgängen Bundesnachrichtendienst – BND – Bagdad und CIA-Gefange-
nentransporte und unabhängig von der Einsetzung eines Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses zeigt sich, dass in der Vergangenheit

– die Kontrolle der Nachrichtendienste auch durch die Fachaufsicht nicht
wirkungsvoll genug erfolgte,

– das PKGr durch die Bundesregierung nicht wie geschuldet umfassend in-
formiert wurde, sondern viele berichtspflichtige Vorgänge erst aus den
Medien erfuhr,

– das PKGr nicht über ausreichend sowie zeitgemäße Ausstattung und Be-
fugnisse verfügt, um eine angemessene Kontrolle der Dienste zu gewähr-
leisten,

– die Regierung vielfach vorschnell, thematisch weitreichend und das Kon-
trollgremiumgesetz (PKGrG) überdehnend eine angebliche Alleinzustän-
digkeit des geheim tagenden PKGr vor den mitzuständigen Fachausschüs-
sen und dem Plenum reklamiert hat.

Es hat sich jedoch während der Untersuchung der genannten Themen auch
gezeigt, dass die Arbeitsmöglichkeiten des PKGr sowie dessen Unterrichtung
durch die Bundesregierung durchaus effektiver gestaltet werden können und
dass auch die Fachausschüsse sowie das Plenum intensiv in die Aufklärung
einbezogen werden kann.

2. Um die Kontrolle der Nachrichtendienste auf Dauer wirksamer zu gestalten,

hält der Deutsche Bundestag eine unverzügliche Novellierung des PKGrG
für erforderlich. Insbesondere ist Folgendes neu zu regeln:

a) Mehr Transparenz:

– indem die Mitglieder des PKGr über dessen Beratungen ihre Fraktions-
vorsitzenden unterrichten dürfen wie derzeit schon praktiziert;

Drucksache 16/843 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
– indem die Mitglieder des PKGr dessen Beratungen anders als bisher in
der Öffentlichkeit nicht nur bewerten, sondern auch inhaltlich berich-
ten dürfen, sofern das PKGr dies mit qualifizierter Mehrheit beschließt,
außer Sicherheit oder Wohl der Bundesrepublik Deutschland würden
hierdurch gefährdet;

– indem das PKGr die Möglichkeit erhält, wie auch andere Fachaus-
schüsse ohne absolute Geheimhaltung zu tagen, außer dies würde die
Sicherheit von Personen, der Bundesrepublik Deutschland, operative
Vorgänge oder die Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen gefähr-
den;

– indem auch die Kontrollbefugnisse des Vertrauensgremiums, das die
Haushalte der Geheimdienste kontrolliert, gestärkt werden.

b) Bessere Arbeitsmöglichkeiten des PKGr:

– indem die PKGr-Mitglieder – ähnlich wie in anderen Fachausschüssen
– je einen Mitarbeiter zu den Sitzungen und deren Vorbereitungen hin-
zuziehen können;

– indem die PKGr-Mitglieder auch einzeln das gesetzliche Aktenein-
sichtsrecht in Geheimdienstunterlagen ausüben dürfen: ein exklusives
Einsichtsrecht nur der PKGr-Vorsitzenden „in camera“ ist klarstellend
gesetzlich auszuschließen;

– indem die PKGr-Sitzungen – ebenso wie früher – wieder protokolliert
werden, damit auch nach längerer Zeit noch der Beratungsgang und
-inhalt nachvollzogen werden kann.

c) Qualifiziertere und vollständige Unterrichtung des PKGr durch die Bun-
desregierung:

– indem die schon derzeit gesetzlich berichtspflichtigen „Vorgänge von
besonderer Bedeutung“ weiter präzisiert werden: etwa wenn ein Minis-
ter oder die sog. Nachrichtendienstliche Lage im Kanzleramt mit dem
Vorgang befasst war;

– indem „Sanktionen“ für den Fall geschaffen werden, dass die Bundes-
regierung das PKGr nicht, nicht vollständig, rechtzeitig oder wahr-
heitsgemäß unterrichtet: etwa dass das PKGr einen solchen Fall stets
mit substanziellem Inhalt öffentlich mitteilen wird.

d) Stärkung der Zuständigkeit der Fachausschüsse und des Plenums:

– indem deren nach § 1 Abs. 2 PKGrG vorbehaltene Mit-Zuständigkeit
für Themen mit nachrichtendienstlichen Bezügen vor weiteren Aus-
höhlungsversuchen geschützt wird durch eine gesetzliche Klarstellung,
dass keine thematische Alleinzuständigkeit des PKGr begründet wird
(etwa bei Themen mit bloßem Bezug zu ausländischen Geheimdiens-
ten, z. B. Gefangenen-Transporte der CIA).

Berlin, den 8. März 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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