BT-Drucksache 16/5905

Ermäßigung der Visumgebühr für Menschen aus Belarus

Vom 4. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5905
16. Wahlperiode 04. 07. 2007

Antrag
der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Alexander
Bonde, Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Winfried
Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock,
Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie der Abgeordneten Michael Link (Heilbronn), Harald Leibrecht, Jens
Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff,
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff,
Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Burkhardt
Müller-Sönksen, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig
Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Ermäßigung der Visumgebühr für Menschen aus Belarus

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Seit 1994 leidet Belarus unter der autoritären Herrschaft des Präsidenten
Alexander Lukaschenko. Nach den Präsidentschaftswahlen am 19. März 2006,
die die OSZE als weder frei noch fair bezeichnete, ist die Opposition und Zivil-
gesellschaft weiter unter Druck geraten. Der Oppositionskandidat Alexander
Kosulin ist wegen seines Aufrufs zu Protesten gegen das gefälschte Wahlergeb-
nis zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Nichtregierungsorganisatio-
nen werden in ihrer Arbeit massiv eingeschränkt, engagierte Bürger verlieren
ihren Studien- oder Arbeitsplatz. Es gibt keine Möglichkeit zur freien Mei-
nungsäußerung in den elektronischen Medien, unabhängige Zeitungen dürfen
nicht mehr vertrieben werden.

In zwei Anträgen vor und nach den Präsidentschaftswahlen in Belarus hat der

Deutsche Bundestag in breiter Übereinstimmung den demokratischen Kräften
in Belarus seine Unterstützung zugesichert. Neben der Forderung nach einer
Ausweitung des Visum-Banns für Mitglieder der Regierung und andere ver-
antwortliche Personen und dem Einfrieren von Konten haben sich Mitglieder
aller Fraktionen in diesem Zusammenhang für die Intensivierung des Jugend-
und Studentenaustausches ausgesprochen. Dahinter steht die Überzeugung,
dass gerade der jungen Generation in Belarus das Reisen in das westliche Aus-

Drucksache 16/5905 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
land ermöglicht werden soll, um so die Entwicklung von Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit zu fördern.

Der Rat der Justiz- und Innenminister der Europäischen Union hat am 1. Juni
2006 über die Erhöhung der Visumgebühren für Schengen-Visa von 35 Euro
auf 60 Euro zum 1. Januar 2007 entschieden (Amtsblatt L 175 vom 29. Juni
2006, S. 77). Belarus ist das einzige Land in Osteuropa, bei dem die Gebühren-
erhöhung voll zum Tragen kommt. Für Russland und die Ukraine gelten ge-
sonderte Abkommen über Visumerleichterungen. Das Regime Lukaschenko
hat eine solche Visumerleichterung nicht beantragt und damit dokumentiert,
dass es an der Reisefreiheit der belarussischen Staatsangehörigen kein Interesse
hat.

Mit der Anhebung der Visumgebühr auf 60 Euro erreicht diese circa ein Drittel
eines weißrussischen Monatseinkommens und läuft damit dem Ziel nach ver-
mehrtem Austausch zuwider, da ein Visum für den Großteil der Bevölkerung
nicht mehr finanzierbar ist. Für Reisen in das westliche Ausland sollten daher
keine finanziellen Hürden errichtet werden und die Erhöhung der Visumgebüh-
ren von 35 Euro auf 60 Euro nicht uneingeschränkt Anwendung finden.

Im Einklang mit der Entscheidung des Rates vom 1. Juni 2006 sieht das natio-
nale Recht dabei – neben einer Begünstigung bestimmter Gruppen (§ 52 Abs. 8
der Aufenthaltsverordnung – AufenthV) – auch vor, dass die Gebühren im Ein-
zelfall ermäßigt werden können oder von ihrer Erhebung abgesehen werden
kann, wenn die Visumerteilung „der Wahrung kultureller, außenpolitischer, ent-
wicklungspolitischer oder sonstiger erheblicher Interessen dient oder sonst aus
humanitären Gründen erfolgt“ (§ 52 Abs. 7 AufenthV). Aus den genannten
Gründen ist eine großzügige Anwendung dieser Bestimmung geboten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. von der Regelung des § 52 Abs. 7 AufenthV bei Staatsangehörigen von
Belarus generell großzügig Gebrauch zu machen und

2. insbesondere folgende Personen zur Wahrung kultureller, außenpolitischer
und der genannten (I.) weiteren erheblichen Interessen der Bundesrepublik
Deutschland im jeweiligen Einzelfall von der Visumgebühr zu befreien:

– Personen bis zum vollendeten 26. Lebensjahr,

– Künstler, die von einer kulturellen Organisation eingeladen sind,

– Mitglieder von Menschenrechtsorganisationen sowie

3. die Visumgebühr zu ermäßigen, wenn die Antragsteller nur über ein ge-
ringes Einkommen verfügen.

Berlin, den 3. Juli 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion
Guido Westerwelle und Fraktion

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