BT-Drucksache 16/4813

Flugverkehrskonzept für den Großraum Berlin überprüfen - Flughafen Berlin-Tempelhof offenhalten

Vom 23. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4813
16. Wahlperiode 23. 03. 2007

Antrag
der Abgeordneten Peter Rzepka, Ingo Schmitt (Berlin), Monika Grütters, Kai
Wegner, Karl-Georg Wellmann, Dr. Karl Addicks, Peter Altmaier, Daniel Bahr
(Münster), Norbert Barthle, Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen), Veronika Bellmann,
Otto Bernhardt, Klaus Brähmig, Helmut Brandt, Dr. Ralf Brauksiepe, Monika
Brüning, Angelika Brunkhorst, Georg Brunnhuber, Ernst Burgbacher, Leo
Dautzenberg, Patrick Döring, Marie-Luise Dött, Garrelt Duin, Ingrid Fischbach,
Klaus-Peter Flosbach, Otto Fricke, Erich G. Fritz, Jochen-Konrad Fromme,
Dr. Michael Fuchs, Norbert Geis, Dr. Wolfgang Gerhardt, Ralf Göbel, Peter Götz,
Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Karl-Theodor
Freiherr zu Guttenberg, Olav Gutting, Ernst Hinsken, Robert Hochbaum, Elke Hoff,
Franz-Josef Holzenkamp, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Anette Hübinger,
Hans-Werner Kammer, Alois Karl, Jürgen Klimke, Hellmut Königshaus, Manfred
Kolbe, Gudrun Kopp, Michael Kretschmer, Dr. Hermann Kues, Dr. Karl Lamers
(Heidelberg), Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Ingbert Liebing, Michael Link (Heilbronn), Dr. Klaus W. Lippold,
Patricia Lips, Dr. Michael Luther, Lothar Mark, Wolfgang Meckelburg, Patrick
Meinhardt, Dr. Michael Meister, Friedrich Merz, Dr. h. c. Hans Michelbach, Jan
Mücke, Carsten Müller (Braunschweig), Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Franz Obermeier, Detlef Parr, Beatrix Philipp, Dr. Joachim Pfeiffer, Cornelia Pieper,
Ruprecht Polenz, Peter Rauen, Kurt J. Rossmanith, Anita Schäfer (Saalstadt),
Frank Schäffler, Hermann-Josef Scharf, Hartmut Schauerte, Karl Schiewerling,
Dr. Konrad Schily, Norbert Schindler, Georg Schirmbeck, Bernd Schmidbauer,
Christian Schmidt (Fürth), Reinhard Schultz (Everswinkel), Marina Schuster,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Christian Freiherr von Stetten, Lena
Strothmann, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Hans-Peter Uhl, Arnold Vaatz, Volkmar Uwe
Vogel, Christoph Waitz, Peter Weiß (Emmendingen), Klaus-Peter Willsch,
Dr. Volker Wissing, Margareta Wolf (Frankfurt), Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Flugverkehrskonzept für den Großraum Berlin überprüfen – Flughafen
Berlin-Tempelhof offenhalten
Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bundeshauptstadt Berlin bekommt mit dem Großflughafen Berlin-Branden-
burg International (BBI) einen leistungsfähigen Anschluss an das nationale und
internationale Luftverkehrsnetz. Bis dieser fertiggestellt ist, müssen alle in der

Drucksache 16/4813 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Stadt vorhandenen Kapazitäten genutzt werden, um den stetig wachsenden Luft-
verkehr (Zuwachs des Fluggastaufkommens von Januar bis November 2006 um
8,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum) abzuwickeln und eine Einstel-
lung von Flugverkehren oder eine Abwanderung an andere Standorte zu verhin-
dern.

In den ersten elf Monaten des Jahres 2006 haben die drei Berliner Flughäfen
Tegel, Tempelhof und Schönefeld insgesamt rund 17,1 Millionen Fluggäste ab-
gefertigt. 2005 lag der Vergleichswert bei 15,7 Millionen Fluggästen. Vor allem
Tegel arbeitet am Rande seiner Kapazität. Die Flughafenbetreiber haben sich vor
diesem Hintergrund entschlossen, 12 bis 15 Mio. Euro in den Bau eines zusätz-
lichen Terminals in Tegel zu investieren und die Slot-Eckwerte (Start- und Lan-
dekapazitäten) von 42 auf 47 pro Stunde zu erhöhen.

Demgegenüber sollen in Tempelhof Kapazitäten abgebaut und der Flughafen
zum 31. Oktober 2008 geschlossen werden. Die Berliner Flughafengesellschaft
(BFG) betreibt die Schließung von Tempelhof mit der Begründung, der Flug-
hafen sei defizitär. Jedoch resultieren die Verluste nach Auffassung von Exper-
ten im Wesentlichen aus dem Leerstand der denkmalgeschützten Gebäude, die
bei Einstellung des Flugbetriebs von den Eigentümern Berlin (zu 17 Prozent)
und Bund (zu 83 Prozent), letztlich von den Steuerzahlern, getragen werden
müssten.

Dabei ist, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil zum Planfeststel-
lungsbeschluss für BBI am 16. März 2006 festgestellt hat, eine Schließung zum
genannten Zeitpunkt aus Gründen der Planrechtfertigung nicht erforderlich
(„Unter dem Gesichtspunkt der Planrechtfertigung ist auf den Zeitpunkt der
Inbetriebnahme des planfestgestellten Vorhabens abzustellen.“, BVerwG 4 A
1075.04, S. 87, Rn. 195).

Ein tragfähiges Konzept für die Nachnutzung des Flughafens Tempelhof gibt
es nicht. Die Eigentümer des Flughafengeländes – wiederum das Land Berlin
(zu 24 Prozent) und der Bund (zu 76 Prozent) – haben keine überzeugenden
Nutzungsalternativen entwickelt. Demgegenüber liegen Angebote potenter
Investoren vor, den Flugbetrieb in Tempelhof weiterzuführen und auch die
Immobilie zu betreiben. Die Investorenangebote belegen, dass betriebswirt-
schaftlich tragfähige Lösungen zum Weiterbetrieb des Flughafens Tempelhof
entwickelt werden können. Diese Angebote werden bislang nicht ernsthaft ge-
prüft. Dies gilt auch für das im Herbst 2006 vorgelegte Angebot der Deutsche
Bahn AG, Tempelhof gemeinsam mit Ronald S. Lauder und Fred Langhammer
für Geschäftsflüge offenzuhalten sowie Flughafengelände und -gebäude in
Eigenregie dauerhaft zu betreiben.

Eine Vielzahl von Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Sport
und Kultur setzt sich für den Flughafen Tempelhof ein. Der Bundesverband der
Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag
(DIHK) mit der Berliner Industrie- und Handelskammer halten es für zwingend
notwendig, Tempelhof offenzuhalten.

Die Offenhaltung von Tempelhof wird, wie aktuelle Umfragen beweisen, von
74 Prozent der Berlinerinnen und Berliner sowie von führenden Bundes- und
Landespolitikern unterschiedlicher Parteien gefordert oder jedenfalls nicht mehr
ausgeschlossen. Die Chancen für den Flughafen sind damit deutlich gestiegen.

Demgegenüber würde seine Schließung die wirtschaftliche, politische und kul-
turelle Entwicklung Berlins beeinträchtigen. Hunderte von Arbeitsplätzen
wären direkt oder indirekt betroffen. Auch die Durchführung von Großver-
anstaltungen, wie zuletzt der Fußballweltmeisterschaft, wäre ohne Tempelhof
gefährdet. Seine Offenhaltung ist auch deshalb zwingend, weil Luftverkehrs-

rechtler der Wiedereinrichtung eines einmal entwidmeten Stadtflughafens
keine Chancen einräumen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4813

Nicht zuletzt würde der wirtschaftliche Erfolg des seit kurzem im Bau befind-
lichen Großflughafens BBI bei Beeinträchtigung der Entwicklungsmöglich-
keiten des Berliner Luftverkehrs erschwert werden. Auch nach dessen Inbetrieb-
nahme bleiben Tempelhofs Kapazitäten in unmittelbarer Nähe zum Regierungs-
viertel für kleinere Flugzeuge eine sinnvolle Ergänzung.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich – auch im Interesse des Bundes als Anteilseigner der Berliner Flughafen-
gesellschaft (BFG) und als Haupteigentümer der Flughafenimmobilie – dafür
einzusetzen, dass der Flugbetrieb in Tempelhof, zumindest bis zur Fertigstel-
lung von BBI, fortgesetzt wird;

2. mit der Expertise des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung eigenständig zu prüfen, ob eingeschränkter Flugverkehr in Tem-
pelhof über die Eröffnung von BBI hinaus – mit reduzierten Emissionen und
bei reduziertem Gefahrenpotential – die Planfeststellung für BBI nach gegen-
wärtigem Planungsstand gefährde und ob eine gegebenenfalls geänderte
Landesentwicklungsplanung der Länder Berlin und Brandenburg eine einge-
schränkte Weiterführung des Flugbetriebes in Tempelhof möglich mache,
ohne die Planfeststellung des Großflughafens BBI zu gefährden;

3. die Argumente zur dauerhaften Offenhaltung des Flughafens Tempelhof für
die allgemeine Luftfahrt zu prüfen und zu bewerten;

4. dafür Sorge zu tragen, dass die Angebote der Deutsche Bahn AG, von Luft-
fahrtunternehmen und weiteren privaten Investoren, den Flughafen Tempel-
hof in Eigenregie zu betreiben, gewissenhaft geprüft und beschieden werden;

5. zu prüfen, welche Teile der Flugbereitschaft der Bundesregierung zum regie-
rungsnahen Standort Tempelhof verlagert werden könnten, wie sich die Kos-
ten durch die Verlagerung entwickeln und welche positiven Effekte sich für
die Nutzungsberechtigten hieraus ergeben würden;

6. zu prüfen, welche Vorteile sich aus der Offenhaltung des Flughafens Tempel-
hof für die wirtschaftliche, politische und kulturelle Entwicklung Berlins
ergeben würden, insbesondere vor dem Hintergrund der Anstrengungen an-
derer Metropolen, innerstädtische Flughäfen neu zu schaffen oder wiederzu-
beleben;

7. zu prüfen, welche Kosten der Bund als wesentlicher Eigentümer der Flug-
hafenimmobilie bei Schließung des Flughafens Tempelhof zu tragen hätte;

8. dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Mai 2007 Bericht zu erstatten.

Berlin, den 6. März 2007

Peter Rzepka
Ingo Schmitt (Berlin)
Monika Grütters
Kai Wegner
Karl-Georg Wellmann
Dr. Karl Addicks
Peter Altmaier
Daniel Bahr (Münster)
Norbert Barthle
Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)
Veronika Bellmann
Otto Bernhardt
Klaus Brähmig

Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Angelika Brunkhorst
Georg Brunnhuber
Ernst Burgbacher
Leo Dautzenberg
Patrick Döring
Marie-Luise Dött
Garrelt Duin
Ingrid Fischbach
Klaus-Peter Flosbach
Otto Fricke
Erich G. Fritz

Dr. Michael Fuchs
Norbert Geis
Dr. Wolfgang Gerhardt
Ralf Göbel
Peter Götz
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)
Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
Olav Gutting
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Elke Hoff
Helmut Brandt Jochen-Konrad Fromme Franz-Josef Holzenkamp

Drucksache 16/4813 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Anette Hübinger
Hans-Werner Kammer
Alois Karl
Jürgen Klimke
Hellmut Königshaus
Manfred Kolbe
Gudrun Kopp
Michael Kretschmer
Dr. Hermann Kues
Dr. Karl Lamers (Heidelberg)
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Ingbert Liebing
Michael Link (Heilbronn)
Dr. Klaus W. Lippold
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Lothar Mark
Wolfgang Meckelburg

Patrick Meinhardt
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Dr. h. c. Hans Michelbach
Jan Mücke
Carsten Müller (Braunschweig)
Burkhardt Müller-Sönksen
Dirk Niebel
Franz Obermeier
Detlef Parr
Beatrix Philipp
Dr. Joachim Pfeiffer
Cornelia Pieper
Ruprecht Polenz
Peter Rauen
Kurt J. Rossmanith
Anita Schäfer (Saalstadt)
Frank Schäffler
Hermann-Josef Scharf
Hartmut Schauerte
Karl Schiewerling
Dr. Konrad Schily

Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)
Reinhard Schultz (Everswinkel)
Marina Schuster
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Christian Freiherr von Stetten
Lena Strothmann
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Christoph Waitz
Peter Weiß (Emmendingen)
Klaus-Peter Willsch
Dr. Volker Wissing
Margareta Wolf (Frankfurt)
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

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