BT-Drucksache 16/4553

Rente mit 67 - Berichtspflicht zum Arbeitsmarkt nicht verwässern - Bestandsprüfungsklausel konkretisieren

Vom 6. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4553
16. Wahlperiode 06. 03. 2007

Antrag
der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Hüseyin-Kenan
Aydin, Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina Bunge, Werner Dreibus, Diana Golze,
Katja Kipping, Elke Reinke, Dr. Ilja Seifert, Frank Spieth, Dr. Axel Troost, Alexander
Ulrich, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Rente mit 67 – Berichtspflicht zum Arbeitsmarkt nicht verwässern –
Bestandsprüfungsklausel konkretisieren

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag lehnt die vorgeschlagene Bestandprüfungsklausel mit
dem Hinweis auf die gegenwärtige gesetzliche Regelung ab. Dem Gesetzent-
wurf zufolge (§ 154 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VI-E) soll die Bundesregierung ab
dem Jahr 2010 alle vier Jahre über die Beschäftigungs- und Arbeitsmarkt-
situation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berichten und eine Ein-
schätzung darüber abgeben, ob es bei der Anhebung der Regelaltersgrenze auf
67 Jahre bleiben kann. Dieser Vorschlag würde einen klaren Rückschritt gegen-
über der im Jahr 2003 im Rahmen des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes eingeführten
Berichtspflicht nach § 154 Abs. 4 SGB VI bedeuten. Hiernach soll vom Jahr
2008 an alle vier Jahre zuerst über die Arbeitsmarkt- und Sozialverträglichkeit
der Anhebung der Regelaltersgrenze berichtet und anschließend auf Grundlage
dieser Erkenntnisse eine Entscheidung getroffen werden. Das Hinausschieben
der Berichtspflicht auf das Jahr 2010 und das Vorziehen, der eigentlich erst auf
Grundlage dieses Berichts zu treffenden Entscheidung, machen deutlich, dass
die gravierenden beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitischen Bedenken gegen
die Rente ab 67 nicht hinreichend gewürdigt werden.

Berlin, den 6. März 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD hieß es: „Die Anhebung der

Altersgrenze setzt eine nachhaltige Verbesserung der Beschäftigungssituation
älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer voraus. Wir werden daher den
rechtlichen Rahmen für eine Erhöhung der Beschäftigungsquote älterer Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer verbessern und weitergehende Aktivitäten
hierzu einleiten. Zu Beginn des nächsten Jahrzehnts wird der Gesetzgeber
darüber zu befinden haben, ob die Anhebung der Regelaltersgrenze unter
Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage sowie der wirtschaftlichen und sozialen

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Situation älterer Arbeitnehmer vertretbar ist und die getroffenen gesetzlichen
Regelungen bestehen bleiben können.“ Dementsprechend muss auch der Nach-
weis geführt werden, dass eine solche nachhaltige Verbesserung tatsächlich
vorliegt. Eine konkrete Nachweisführung ist jedoch im Gesetzentwurf nach
Artikel 1 Nr. 44 sowie § 154 Abs. 4 nicht vorgeschrieben. Die im Altersgren-
zenanpassungsgesetz (Rente mit 67) getroffenen Regelungen enthalten somit
keine konkreten Vorgaben was zu tun ist, wenn sie nicht erreicht werden. Die im
Gesetz vorgesehene Bestandsprüfungsklausel hätte an harte und nachprüfbare
Fakten (z. B. Arbeitslosenquote bzw. Erwerbstätigenquote Älterer und Jüngerer,
Altersdurchschnitt in der Wirtschaft) gebunden werden müssen. Die Bestands-
prüfungsklausel ist in ihrer jetzigen Form deshalb völlig unzureichend. Im Ge-
genteil: die im Gesetzesentwurf enthaltene Berichtspflicht wurde im Vergleich
zum Referentenwurf sogar noch weiter abgeschwächt und verwässert. So hieß
es ursprünglich: „Hält sie (die Bundesregierung) die getroffenen gesetzlichen
Regelungen nicht mehr für vertretbar, hat sie geeignete Maßnahmen vorzuschla-
gen.“ Dieser Satz ist in der Begründung des Gesetzesentwurfs nicht mehr zu fin-
den. Damit bleibt die Bestandsprüfungsklausel völlig unverbindlich. Hieraus
wird deutlich, dass die Anhebung der Regelaltersgrenze gerade ohne Rücksicht
auf ihre Arbeitsmarkt- und Sozialverträglichkeit durchgesetzt werden soll. Jede
Bundesregierung steht ständig vor der Aufgabe, die Ergebnisse ihrer Politik zu
überprüfen und daraus Konsequenzen zu ziehen. Eine folgenlose Berichtspflicht
zu beschließen macht daher keinen Sinn und ist zudem unredlich.

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