BT-Drucksache 16/12053

Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses zum Europäischen Haftbefehl und Nachbesserungsbedarf

Vom 25. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12053
16. Wahlperiode 25. 02. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jerzy Montag, Manuel Sarrazin, Volker Beck (Köln),
Dr. Uschi Eid, Hans-Christian Ströbele, Jürgen Trittin, Josef Philip Winkler
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses zum Europäischen Haftbefehl und
Nachbesserungsbedarf

Nach einer Pressemeldung vom 21. Januar 2009 sieht die Bundesministerin der
Justiz, Brigitte Zypries (SPD), Nachbearbeitungsbedarf beim europäischen
Haftbefehl. Sie kritisierte insbesondere, dass der Europäische Haftbefehl von
einigen Mitgliedstaaten schon bei Bagatelldelikten eingesetzt werde. So gebe es
etwa aus Polen und Rumänien Auslieferungsgesuche, die nur geringfügige
Straftaten mit einem Schaden von wenigen Hundert Euro beträfen. Auch hätten
EU-Staaten die deutschen Behörden auf Grundlage des Haftbefehls teilweise für
die bloße Vernehmung eines ihrer Staatsbürger um Überstellung gebeten. Daher
solle seine Umsetzung in nächster Zeit überprüft werden. Von einer Revision
wollte die Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, aber nicht sprechen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Europäische Haftbefehle sind seit Ablauf der Umsetzungsfrist am
31. Dezember 2003 in die Bundesrepublik Deutschland zum Zwecke der
Vollstreckung durch deutsche Behörden übersandt worden?

Aus welchen EU-Mitgliedstaaten stammen sie, und wie verteilen sie sich auf
die einzelnen Mitgliedstaaten (bitte Fallzahlen und in Prozent angeben)?

Wie viele wurden tatsächlich vollstreckt?

2. Wie viele Europäische Haftbefehle, die seit Ablauf der Umsetzungsfrist in
die Bundesrepublik Deutschland zur Vollstreckung durch deutsche Be-
hörden übersandt wurden, hatten die Überstellung zum Zweck der Voll-
streckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel
der Sicherung zum Ziel?

3. Wie viele dieser Europäischen Haftbefehle hatten die Überstellung zum
Zweck der Strafverfolgung zum Ziel?

Wie viele davon wurden mit dem bloßen Ziel der Vernehmung übersandt?
4. Wie hoch war der Anteil in der Bundesrepublik Deutschland wohnhafter Per-
sonen oder deutscher Staatsangehöriger an den übergebenen Personen (bitte
Fallzahlen und in Prozent angeben)?

5. Nach welchen Kriterien bewertet die Bundesregierung die Ausstellung eines
Europäischen Haftbefehls durch einen EU-Mitgliedstaat als aufgrund eines
Bagatelldelikts erlassen?

Drucksache 16/12053 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
6. Handelt es sich dabei aus Sicht der Bundesregierung um eine fehlerhafte
Umsetzung des Europäischen Haftbefehls durch andere EU-Mitgliedstaaten
in ihr jeweiliges nationales Recht oder um eine falsche Anwendung im
Einzelfall?

7. Wie viele Europäische Haftbefehle wurden auf der Grundlage von solcher-
art definierten Bagatelldelikten in die Bundesrepublik Deutschland zum
Zwecke der Vollstreckung durch deutsche Behörden übersandt?

Wie viele davon hatten die bloße Vernehmung zum Ziel, wie viele die Voll-
streckung einer Freiheitsentziehung?

Wie viele davon wurden jeweils tatsächlich vollstreckt?

8. Welche weiteren Fälle eines möglichen Missbrauchs oder Fehlgebrauchs
des Europäischen Haftbefehls durch andere EU-Mitgliedstaaten sind der
Bundesregierung bekannt?

Auf welche Straftatbestände beziehen diese sich?

Aus welchen Mitgliedstaaten stammen diese Haftbefehle?

9. Welche weiteren Mängel in der Umsetzung und Anwendung des Euro-
päischen Haftbefehls in anderen EU-Mitgliedstaaten sind der Bundesregie-
rung bekannt?

10. Welche Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen der Wegfall der
Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit zur Anerkennung und Voll-
streckung eines Europäischen Haftbefehls aufgrund einer Tat geführt hat,
die in der Bundesrepublik Deutschland nicht strafbewehrt ist?

11. Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um den oben bezeich-
neten Mängeln abzuhelfen?

12. In welchen konkreten und wie vielen Fällen ist der Vollzug eines Euro-
päischen Haftbefehls durch Vollstreckungsbehörden der Bundesrepublik
Deutschland seit dem 1. Januar 2004 abgelehnt worden?

Aus welchen Gründen erfolgte die Ablehnung?

13. Aus welchen Gründen kommt eine Revision des Rahmenbeschlusses über
den Europäischen Haftbefehl trotz festgestellter Mängel nach Auffassung
der Bundesregierung nicht in Betracht?

14. Könnte die Einführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den Voll-
streckungsstaat im Rahmenbeschluss nach Einschätzung der Bundesregie-
rung einen Beitrag zur Verringerung problematischer Fälle bei Europäi-
schen Haftbefehlen leisten?

15. Könnte die Einführung verbindlicher, EU-weit geltender Verfahrensrechte
im Strafverfahren einen Beitrag zur Verringerung problematischer Fälle
leisten?

Welche Rechte müssten hierfür gewährleistet sein?

16. Könnte eine Konkretisierung der Deliktsgruppen, bei denen bisher von der
Prüfung beidseitiger Strafbarkeit abgesehen wird, einen Beitrag zur Verrin-
gerung problematischer Fälle leisten?

Berlin, den 25. Februar 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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